Es ist deshalb nicht ausreichend für eine solche gemeinsame erfolgreiche Bewerbung, wenn die Staatsregierung nicht weiterhin bremst, sondern sie muss beschleunigen. Herr Staatsminister Ulbig, ich freue mich ja über Ihre Entwicklung in dieser Frage. Im Juli haben Sie noch erklärt, man werde Tschechien in diesem Jahr nicht einladen. Inzwischen hat es hier offensichtlich eine Wende gegeben. Ich denke, sie wurde durch die Region und ihre einheitliche Haltung erzwungen. Aber Sie sind bekannt dafür, Dinge mit ruhiger Hand anzugehen. Politik der ruhigen Hand ist aber zu wenig. Welterbe braucht heißes Herz und kühlen Kopf.
Deshalb bitte ich Sie, hier und heute zu sagen, mit welchen Schritten und in welcher Form Sie diese gemeinsame Bewerbung voranbringen können.
Der Dresdner muss noch einen Schlusssatz sagen: Es war das Silber aus dem Erzgebirge, der vom Bergbau geschaffene Reichtum, der den Dresdner Hof reich und berühmt gemacht hat. Heute haben wir daraus eine Verpflichtung: Es darf nicht dazu kommen, dass die Menschen im Erzgebirge sagen: Wir haben alles für dieses Projekt getan, aber die in Dresden haben es verhindert!
Für die einbringende Fraktion sprach Herr Kollege Gerstenberg. Jetzt hat die CDU-Fraktion das Wort, und Kollege Prof. Schneider wird es ergreifen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Erzgebirge ist in Gänze von einer unglaublichen Wechselwirkung des Montanwesens mit Kunst, Kultur, Technik, Wissenschaft, Wirtschaft, aber auch Stadtentwicklung geprägt. Hinzu kommt – das möchte ich besonders betonen – eine nahezu einzigartige Identifikation der Menschen vor Ort mit ihrer Heimat. Ich bin froh darüber. Ich bin froh darüber, Herr Gerstenberg, dass wir an dieser Stelle Gemeinsamkeiten haben, die aber bald enden.
Herr Gerstenberg, die Staatsregierung unterstützt das Vorhaben nachhaltig. Sie hätten ein wenig in die Tiefe gehen und einfach noch einmal den Zeitstrang beleuchten sollen. Wer war denn 1998 an der Stelle, nicht etwa nur das Vorhaben Montanregion, sondern – Zitat – „Erzgebirge – Montan- und Kulturlandschaft“ voranzubringen? Das war die Kultusministerkonferenz auf Initiative der Staats
regierung des Freistaates Sachsen. Das war 1998. Das ist Grundlage der Nominierung, und das ist Grundlage für das gesamte Verfahren, das seither läuft und das auch in der Zukunft laufen wird.
Es geht dabei um eine Summe – das ist das einzigartige, aber auch komplizierte und aufwendige, Gründlichkeit erfordernde Vorhaben, meine Damen und Herren – von Einzeldenkmalen, von Sachgesamtheiten, die in ihrer Gänze ein wirklich außerordentliches, universelles Projekt bedingen.
Lieber Kollege Prof. Schneider, unsere Gemeinsamkeiten enden nicht an dieser Stelle. Ich begrüße es sehr, dass die damalige Staatsregierung unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Minister Meyer diesen Antrag angeregt und auch in die Kultusministerkonferenz eingebracht hat.
Aber stimmen Sie mir zu, dass daraus selbstverständlich auch eine Verpflichtung für den Freistaat erwächst, dieses Projekt zu begleiten und ohne Wenn und Aber die Akteure im Erzgebirge zu unterstützen?
Herr Kollege Dr. Gerstenberg, natürlich pflichte ich Ihnen bei. Warum denn nicht? Selbstverständlich! Aber genau das geschieht doch. Ihr – ich möchte sagen – politisch fehlerhafter Ansatz liegt gerade darin, dass wir es hier mit einem Vorhaben zu tun haben, das aus der Region stammt, sich in der Region entwickelt hat, in wunderbarer Weise vorangekommen ist, und dass Sie jetzt – ich möchte es einmal so sagen – von oben nach unten etwas durchstellen wollen, was auf der ganz falschen Schiene liefe. Es ist ein Vorhaben vor Ort – so viel zu meiner Antwort –, das von der Staatsregierung selbstverständlich begleitet werden muss, das aber von der Staatsregierung tatsächlich begleitet wird.
Meine Damen und Herren, weiterhin zur Staatsregierung: Wer war es denn, der seinerzeit, im Jahr 2000, die Einrichtung der Projektgruppe an der TU Bergakademie Freiberg mit Herrn Prof. Dr. Albrecht auf den Weg gebracht hat? Das war das SMWK. Wer war es denn, der 2003 eine klare Zuständigkeitsregelung innerhalb der Staatsregierung dahin gehend getroffen hat, dass seitdem
die Zuständigkeit des SMI festgelegt ist, was auch ein Stück dazu beigetragen hat, dass seinerzeit der Förderverein Montanregion Erzgebirge e. V. gegründet worden ist?
Und schließlich: Wer war es denn, der im Jahr 2006 mit den damaligen vier erzgebirgischen Landräten die Erarbeitung repräsentativer Pilotstudien und Umsetzungsstudien, die bis heute laufen und weiter in Arbeit sind, in Auftrag gegeben hat? Das war der Innenminister, damals Herr Dr. Buttolo, nunmehr Markus Ulbig. Wenn Sie hier von Untätigkeit und fehlender Unterstützung reden, dann liegen Sie völlig neben der Sache.
Meine Damen und Herren, das Besondere an diesem Vorhaben ist: Sämtliche beteiligten Kommunen, Städte und Gemeinden, sämtliche Gemeinde- und Stadträte stehen vollauf dahinter. Es ist ein Vorhaben, das regional verantwortet ist.
Sie haben die Welterbekonferenz im Juni in Marienberg, in meiner Wahlkreisstadt, angesprochen mit einem klaren Bekenntnis zum Vorhaben mit Finanzierung und Trägerschaft. Die weitere Antragstellung ist sozusagen auf dem Weg. Sie wird in Verbindung mit dem Förderverein, in dem ich selbst Mitglied bin – darauf bin ich stolz –, mit der Staatsregierung, mit dem SMI auf den Weg gebracht. Ich sage Ihnen: Wenn Sie jetzt an den Oktober, an den November 2011 und die anstehenden Vor-OrtKonferenzen denken: Hier wird das Richtige zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Art und Weise getan.
Noch einmal, Herr Gerstenberg: Es geht hier um ein Vorhaben, das lokal verantwortet ist, ein deutsches Projekt. Da gehört es auch hin. Es eignet sich nicht für die Politisierung, es eignet sich nicht für den politischen Missbrauch, und es eignet sich auch nicht dazu, hier etwas hochzupushen, was nicht der Sache Rechnung trüge.
Schließlich, meine Damen und Herren, wenn Sie mir diese Bemerkung noch gestatten: Herr Gerstenberg, ich sage Ihnen, die Beteiligung der GRÜNEN braucht es in dieser Weise nicht.
Was es braucht, ist die Beteiligung, und zwar nicht in der Art und Weise, wie Sie das mit der heutigen Aktuellen Stunde auf den Weg bringen wollen. Die Erzgebirger wissen selbst sehr genau, was sie gerade mit diesem UNESCO-Vorhaben wollen. Sie wissen das sehr genau. Sie wissen, dass dieses Vorhaben Gründlichkeit und keine Politisierung braucht, schon gar nicht den politischen Missbrauch.
Ich kann Ihnen nur sagen, ich bin froh und dankbar dafür, dass die Erzgebirger, der Förderverein, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Gemeinde- und Stadträte hier etwas auf den Weg gebracht haben, das von der
Frau Kollegin, wollen Sie eine Kurzinformation vortragen? – Nein, das war der Versuch einer Zwischenfrage.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich nicht die ureigenste Aufgabe der LINKEN, die GRÜNEN vor der CDU zu beschützen, wenn ich die Techtelmechtel und die Angebote von Frau Hermenau in Richtung der CDU betrachte. Aber an dieser Stelle, Herr Prof. Schneider, haben Sie eindeutig den Bogen überspannt. Herrn Dr. Gerstenberg „politischen Missbrauch“, einen „politisch fehlerhaften Ansatz“ vorzuwerfen geht voll daneben.
Wenn man sich die Rolle der Staatsregierung in den Jahren seit 1998 anschaut – wenn Sie etwas zu sagen haben, dann können Sie gern eine Zwischenfrage stellen, Ihren Zwischenruf kann ich nämlich hier nicht verstehen, Herr Prof. Schneider –, hat sich die Staatsregierung seit 1998 bei der Bewerbung der Montanregion Erzgebirge als UNESCO-Welterbe sehr zurückhaltend verhalten. Sie benutzen den alten Trick: Wenn man etwas nicht mehr aufhalten kann, dann stellt man sich einfach an die Spitze. – Das ist aber zu großen Teilen geheuchelt.
Ich möchte Ihnen vortragen, was der Innenminister, Herr Ulbig, im Jahr 2010, also noch vor etwa ein und einem Vierteljahr auf unseren Antrag „Aufnahme der Montanregion Erzgebirge in das UNESCO-Welterbe unterstützen“ gesagt hat. – Es wäre übrigens ein Gebot der Redlichkeit gewesen, Herr Gerstenberg, das zu benennen, auch dass die Anhörung von uns initiiert war. Aber das sei an dieser Stelle geschenkt.
Da schrieb Herr Ulbig in einer Mischung von Rabulistik und Desinteresse, dass das überhaupt kein offizielles Projekt des Freistaates sei und im Übrigen grundsätzlich der Antragsteller selbst für alles verantwortlich sei und das Vorhaben nur vom Freistaat geprüft werden müsse, solange es landespolitischen Zielen nicht widerspreche. Ich zitiere Sie, Herr Ulbig. Die Staatsregierung werde die Bewerbung insoweit auch in Zukunft beratend begleiten.
Man hat sich also in eine Zaungastrolle hineinmanövriert und dort auch sehr lange an ihr festgehalten. Nachdem jetzt der Druck aus der Region – auch der lokalen CDU – dankenswerterweise derart groß geworden ist, muss man im Grunde genommen diese Widerstandshaltung aufgeben. Zum Glück ist auch dieser rätselhafte Begriff der
Käseglocke – heute fiel er noch gar nicht – nicht in den Mund genommen worden. Jeder weiß, dass es diese Käseglocke gar nicht gibt. 0,1 % des Territoriums des Erzgebirges sollen geschützt werden, und eine Käseglocke, die löchriger ist als der Käse, der darunter aufbewahrt werden soll, ist selbstverständlich keine Käseglocke.
Noch kurioser sind partiell die Argumentationen der FDP. Ich habe gelesen, dass Tino Günther das Reifendrehen und die erzgebirgische Mundart als immaterielles Kulturgut gewissermaßen als Alternative vorgeschlagen hat. Wie sich dieser Irrwitz erklärt? – Ich kann mir nur vorstellen, dass der Fraktionsvorsitzende Zastrow derart viel in Berlin zu tun hat, die schwarz-gelbe Koalition zu beerdigen, dass er sich hier im Haus nicht mehr um seine Leute kümmern kann. Aber dazu werden wir vielleicht gleich noch etwas von der FDP hören.
Herr Ulbig, vorhin fiel irgendwo der Begriff der „ruhigen Hand“ – ich weiß nicht, ob das ernst gemeint war –, ich glaube, von Herrn Dr. Gerstenberg. Ich habe immer das Gefühl, dass man Sie in dieser gesamten Angelegenheit wie einen Hund zum Jagen tragen muss. Da Sie gestern sehr viel Wert auf den Status „ehemaliger Oberbürgermeister“ legten – Sie haben sehr schnell interveniert, als nur der Begriff Bürgermeister fiel –; das Bild mag ein bisschen schräg sein: Aber Sie dürfen sich nicht wie ein Hund zum Jagen tragen lassen, werden Sie doch vielmehr der Leitwolf der Bewerbung!