Protocol of the Session on September 15, 2011

Martin Dulig Gesagte an. Für das, was mit Karl Nolle angestellt wurde, sollten sich die Verantwortlichen einfach nur schämen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vom Strafverfahren gegen meine Person will ich heute gar nicht reden.

Viertens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik, das zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen derart misstraut, dass vor der Vergabe von Fördermitteln die Unterschrift unter eine sogenannte Extremismuserklärung abgefordert wird?

(Jürgen Gansel, NPD: Steuergeld wollen sie aber trotzdem! Millionenbeträge!)

Fünftens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik, in dem derart viele Verfahren wegen angeblicher Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet werden, die dann im Regelfall aber eingestellt werden müssen, nachdem man vorher unter offenkundig falschem Vorwand Abhörmaßnahmen, Durchsuchungsbeschlüsse und Ähnliches erwirkt hat und dabei nicht einmal den besonderen Schutz eines Pfarrers respektiert.

(Andreas Storr, NPD: Das ist ja Quatsch! Das ist damals ausführlich im Rechtsausschuss diskutiert worden! – Zuruf des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Sechstens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik, in dem der Oberbürgermeister einer Stadt – hier von Jena – einen Offenen Brief an den Ministerpräsidenten schreibt und daraufhin ein Antwortschreiben vom Generalstaatsanwalt erhält? – So viel zum Thema Gewaltenteilung.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Am 1. August dieses Jahres gab es einen viel beachteten Artikel im „Spiegel“ – Martin Dulig hat darauf hingewiesen –, aus dem ich abschließend zitieren möchte. Dort heißt es: „Wie kein anderes Bundesland hat Sachsen über Jahre hinweg eine Serie unglaublicher Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien produziert. Im Südosten der Republik gelten offenbar auch zwei Jahrzehnte nach dem Untergang der DDR eigene Regeln. Immer wieder werden eklatante Fälle staatlichen Machtmissbrauchs und polizeilicher Willkür bekannt, ohne dass sich die Verhältnisse grundlegend bessern würden. Der Freistaat, so diagnostiziert der Berliner Geschichtsprofessor Wolfgang Wippermann, sei das rechtskonservativste und unfreieste Bundesland der Republik.“

Genau darüber – –

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

– Herr Präsident, ich weiß. – Genau darüber sollten wir heute debattieren und genau das müssen wir dringend ändern.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Für die Fraktion DIE LINKE war das Kollege Hahn. – Jetzt sehe ich eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention am Mikrofon 7. Bitte, Herr Gansel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Redebeitrag von Herrn Hahn und auch das, was Herr Dulig vorhin gesagt hat, aus unserer Sicht noch einmal kurz zusammenfassen.

(Zurufe von der SPD)

Dann beziehe ich mich auf Herrn Hahn und dann habe ich meine Kurzintervention. Jetzt bitte keine Geschäftsordnungstricks. – Das, was die linken Parteien in diesem Landtag aufführen, ist nichts anderes als absurdes Theater mit einer Mischung aus Dämonisierungs- und Verharmlosungspolemik. Die Dämonisierungspolemik besteht darin, dass Polizei und Justiz unter einen quasi-faschistischen Generalverdacht gestellt werden, unter den Generalverdacht, vermeintlich friedfertige Demonstranten zu Unrecht auszuschnüffeln oder strafrechtliche Vergehen zu ahnden. Die Verharmlosungsstrategie besteht gleichzeitig darin, offenkundig linke Gewalttäter zu schützen und mit einem Moralbonus zu versehen, um staatliche Stellen zu hindern, hier überhaupt noch staatsanwaltschaftlich und polizeilich in Erscheinung zu treten. Diese Doppelmoral stinkt wirklich bis zur Decke dieses Hauses.

Gestern hat sich ausgerechnet der frühere Frontmann der SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt Bartl zum Hüter der Demokratie aufgeschwungen. Es fehlt nicht mehr viel und da meldet sich gleich noch Stasi-Spitzel Külow zu Wort und meint, die Demokratie verteidigen zu müssen. Das, was an Heuchelei auf der linken Seite im Spiel ist, ist widerlich. Seien Sie doch ehrlich, dass es Ihnen nicht um die Verteidigung des Rechtsstaates geht! Sie wollen den noch bestehenden deutschen Rechtsstaat in einen Linksstaat verwandeln,

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

einen Linksstaat, der ein Gesinnungsstaat ist und in dem die Grundrechte nur noch für die Menschen und die deutschen Bürger gelten, die Ihre verqueren Gesellschaftsauffassungen vertreten. Da machen wir nicht mit – und hoffentlich auch alle rechtsstaatlich gesinnten Bürger in diesem Land nicht.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es eine Reaktion auf die Kurzintervention? – Das kann ich nicht erkennen. Damit fahren wir fort in der Rednerreihung. – Als Nächstes spricht für die FDP-Fraktion Herr Kollege Herbst.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben zwei bizarre Auftritte von den Fraktionsvorsitzenden der SPD und der LINKEN erlebt. Wenn

ich mir Ihre Beschreibung Sachsens anhöre, habe ich das Gefühl, in einem weltweiten Demokratievergleich rangiert der Freistaat irgendwo zwischen Weißrussland und Burkina Faso. Das war Ihre Dramatik der Beschreibung.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der NPD)

Nur, ich bin mir in einem Punkt sicher: Die Menschen draußen teilen dieses Zerrbild von Ihnen nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. André Hahn, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Ich finde – und das möchte ich hinzufügen –, das ist eine Beleidigung für all diejenigen, die im Herbst 1989 hier in Sachsen auf die Straße gegangen sind und für Freiheit und Demokratie gekämpft haben.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hahn?

Nein. Herr Hahn kann dann im nächsten Redebeitrag reagieren.

Wir können uns gern einmal anschauen, wie das Verhältnis der SPD zu Demokratie und Rechtsstaat ist. Da gab es einen Bundestagsvizepräsidenten, der am 19. Februar hier in Dresden war und in die Kameras gesagt hat: „Die Polizei ist vollauf damit beschäftigt, sächsische Neonazis zu beschützen. Das ist sächsische Demokratie.“ Ein Bundestagsvizepräsident, für den offenbar Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht zählen, meine Damen und Herren. Ist das die Demokratie der SPD?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von der NPD: Richtig!)

Ich sage Ihnen eines: Mir ist die sächsische Demokratie, die auf dem Erbe von 1989 aufbaut, viel lieber als die Thierse-Demokratie, die Grundrechte mit Füßen tritt.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Jürgen Gansel, NPD: So sieht es aus!)

Schauen wir uns doch einmal andere hochrangige SPDDemokratieexperten an. Da gab es einen, der hat Libyen besucht, und er sprach dort von „beeindruckenden politischen Fortschritten“. „Das Land hat sich politisch verändert.“ „Die Richtung stimmt.“ Kleine Fußnote: Das war 2004 Bundeskanzler Schröder. In einem Land, in dem Regimekritiker verfolgt, gefoltert, ermordet werden, stimmt die Richtung? Ist das die Demokratie, die die SPD meint, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD – Unruhe)

Ich glaube, selbiger Bundeskanzler sprach auch einmal über Putin als „lupenreinen Demokraten“ und über Russland als lupenreine Demokratie.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht mehr, wo Sachsen dann im Maßstab von Herrn Schröder eigentlich steht. Vielleicht sollten Sie einmal anfangen, Ihr eigenes Verhältnis zur Demokratie zu klären.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Bevor die SPD sich hier als selbsternannter Experte in Demokratiefragen aufspielt, wird jeder Kannibale zum Ernährungsberater für Vegetarier, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Unruhe)

Bei der Beantragung der Aktuellen Debatte habe ich mich lange gefragt: Mensch, welches Problem hat eigentlich die SPD mit der sächsischen Demokratie? Was stört sie daran? Warum sind die so sauer?

(Christian Piwarz, CDU: Die werden nicht gewählt!)

Ich habe lange nachgedacht, und dann bin ich darauf gekommen. Klar, wenn man sich die SPD-Landtagswahlergebnisse im bundesweiten Vergleich anschaut, dann hält die Sachsen-SPD die rote Laterne! Sie sind die Letzten! Das stört sie an sächsischer Demokratie!

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Starke Unruhe)

Ich glaube, das ist kein Konstruktionsfehler der sächsischen Demokratie. Ich glaube, das ist die Cleverness der sächsischen Wähler und deshalb fühlen wir uns in dieser Demokratie sehr wohl, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Starke Unruhe – Dr. André Hahn, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Das war für die FDPFraktion der Kollege Herbst. Aber jetzt sehe ich am Mikrofon 1 eine weitere Kurzintervention.