Protocol of the Session on November 12, 2009

(Beifall bei den GRÜNEN – Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Nach der Ankündigung dieser Gesetzesinitiative war von Kritikern zu hören, es würde sich um einen Schnellschuss handeln. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis: Die Diätenerhöhung tritt zum 1. Januar 2010 in Kraft. Wenn wir sie verschieben wollen, dann ist jetzt der späteste Zeitpunkt zum Handeln. Ich hoffe deshalb, dass insbesondere die CDU-Fraktion über ihren – bekannten – Schatten springen kann und diesen Gesetzentwurf nicht nur deshalb ablehnt, weil er aus der Opposition kommt.

Meine Damen und Herren! Sie haben doch die Mehrheit. Sie haben damit alle Möglichkeiten in der Hand. Sie können den Gesetzentwurf im Ausschuss modifizieren. Sie können mit der Direktüberweisung an den Ausschuss auch einen eigenen Gesetzentwurf einbringen. Das alles können Sie tun. Nur eines sollten Sie bitte angesichts der aktuellen Krise nicht tun – sich zurücklehnen nach dem Motto: Nichts sehen, nichts hören, nicht handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tageordnungspunkt 3

1. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Sächsische Härtefallkommission (Sächsisches Härtefallkommissionsgesetz – SächsHFKG)

Drucksache 5/308, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auch hier wird nur Einbringung gewünscht. Bitte, Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass für unseren Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, ist die Tatsache, dass die Verordnung, die die Sächsische Härtefallkommission regelt, zum Ende des Jahres ausläuft. Damit ist die Grundlage für die Härtefallkommission nicht mehr gegeben. Wir geben dem Hohen Haus die Gelegenheit, die Härtefallkommission auf der Grundlage

eines Gesetzes weiterzuführen und damit auch Einfluss auf die Gestaltung dieser Grundlage zu nehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgesetzgeber hat den entsprechenden Paragrafen im Aufenthaltsgesetz, der die Einrichtung der Härtefallkommission in den Ländern ermöglicht, schon vor einiger Zeit entfristet. In Sachsen ist dies bisher nicht geschehen. Um die Arbeit der Härtefallkommission auch in Zukunft zu sichern, legt Ihnen unsere Fraktion deshalb diesen Gesetzentwurf vor. Ich möchte einiges zu den Kernpunkten des Entwurfs sagen.

Erstens geht es uns dabei um den Abbau von Hürden. Die jetzt noch aktuelle Verordnung in Sachsen benennt eine lange Reihe von Vorbedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Fall überhaupt in der Härtefallkommission besprochen werden kann. Aus unserer Sicht widerspricht das dem humanitären Auftrag der Kommission, der gerade auch vom Bundesgesetzgeber so gewollt ist. Bedingungen wie die selbstständige Sicherung des Lebensunterhaltes sind für viele Menschen mit Duldung eine viel zu hohe Hürde, gerade wenn man weiß, dass Asylbewerber generell vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden oder nur solche Jobs bekommen, in denen wenig zu verdienen ist, zu wenig jedenfalls, um damit den Lebensunterhalt einer Familie sichern zu können. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie in diesen sind Asylbewerber und Menschen mit Duldung obendrein die Ersten, die keine Jobs mehr erhalten oder entlassen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die selbstständige Sicherung des Lebensunterhaltes bedeutet gerade auch für junge Menschen, dass sie nicht studieren können oder ihre Ausbildung abbrechen, um zum Familieneinkommen beizutragen. Deshalb ist es unsinnig, auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten, junge Männer und Frauen abzuschieben, die seit Jahren hier leben, junge Männer und Frauen, die Deutsch besser sprechen als die Sprache ihres Herkunftslandes und die in vielen Fällen erfolgreich das deutsche Schul- bzw. Ausbildungssystem durchlaufen haben. Es ist unsinnig, diese jungen Menschen von Ausbildung und Studium fernzuhalten, bloß weil die Familie mit einer Duldung in Deutschland lebt und nur deshalb nicht dauerhaft bleiben kann, weil sie in der derzeitigen Situation – davon müssen wir ausgehen – auf soziale Transfers angewiesen ist. Wir brauchen mehr Fachkräfte, und deshalb müssen wir auch jungen Menschen, die als Migranten in dieses Land kommen, eine Ausbildung ermöglichen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Gitta Schüßler, NPD: Müssen wir gar nicht!)

Der Wegfall eines Teils der Vorbedingungen heißt nicht, dass nun alle Personen, die von Abschiebung bedroht sind, eine Aufenthaltserlaubnis durch die Härtefallkommission erhalten. Die Kommission erhält aber ihrem Auftrag gemäß die Möglichkeit, tatsächlich aus humanitären Gründen zu entscheiden.

Der zweite Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Zusammensetzung der Kommission. Darüber gibt es verschiedene Ideen, wer Mitglied in der Härtefallkommission sein sollte. Klar ist aber, dass Expertinnen und Experten aus der Flüchtlingsarbeit bei diesem Thema mit am Tisch sitzen müssen. Daher sollen sowohl der Sächsische Flüchtlingsrat als auch KOBRAnet, eine Initiative gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution, vertreten sein. Die Liga der Spitzenverbände, die Kirchen, deren Beratungsstellen mit Flüchtlingen, Asylbewerberinnen und Asylbewerbern arbeiten, gehören mit an den Tisch.

Wir wollen aber auch die staatlichen Institutionen in den Ministerien in die Härtefallkommission einbeziehen. Am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheidet das Innenministerium über die Gewährung der Aufenthaltserlaubnis. Deshalb ist es sinnvoll, dass das Innenministerium genauso wie das für die Integrationspolitik zuständige Sozialministerium von Anfang an aktiv in die Arbeit der Kommission einbezogen werden. Gleiches gilt auch für die Kommunen.

Wir wollen darüber hinaus auch die Ausländerbeauftragte, die bisher in der Härtefallkommission war, vertreten wissen. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen aller hier lebenden Menschen, aller Migrantinnen und Migranten zu vertreten. Dazu gehören auch abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber. Darüber hinaus ist die oder der Ausländerbeauftragte als Abgeordnete oder Abgeordneter ein Repräsentant dieses Landtages in dieser Kommission.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetz verbinden wir die Hoffnung, dass das Innenministerium dem Härtefallersuchen stattgibt, wenn die Kommission zu einer positiven Entscheidung gekommen ist. Wir haben den Weg, der zu einem positiven Votum führt, nicht leicht gemacht. Die Härtefallkommission muss mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder entscheiden. Die Ministerien sind am gesamten Prozess der Entscheidungsfindung und auch an der Abstimmung beteiligt. Dann kann es aber nicht sein, dass, wie es in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen ist, von der Härtefallkommission positiv beschiedene Fälle vom Innenministerium abgelehnt werden. Das ist zum einen für die Betroffenen eine Katastrophe, für die Mitglieder der Kommission ist das frustrierend, und nach außen ist es schwer zu vermitteln.

Sie wissen, dass es auch immer wieder Proteste aus der Bevölkerung gegen die Entscheidung des Innenministers gab. Dieser Druck hat ja auch dazu geführt, dass der Innenminister in manchen Fällen sein Votum geändert hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mitglieder der Härtefallkommission haben in den vergangenen Jahren eine engagierte Arbeit geleistet. Um diese nicht zu gefährden, bitten wir um die Behandlung unseres Gesetzentwurfs im Ausschuss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben eingebrachten Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen.

Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen, und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

1. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz über Versammlungen und Demonstrationen (Versammlungsgesetz – SächsVersG)

Drucksache 5/314, Gesetzentwurf der Fraktion der NPD

Es spricht nur die einreichende Fraktion. Herr Abg. Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jede Inquisition hat ihre Maxime. Die in Goethes Faust aufgeworfene Gretchenfrage – „Wie hältst du es mit der Religion?“ – findet in der gegenwärtigen Verfolgung Andersdenkender im Freistaat Sachsen ihre Entsprechung, nämlich in der Frage: Wie hältst du es mit dem Grundgesetz?

Die alleinige Deutungshoheit hat bekanntlich immer das Inquisitionsgericht selbst. Zu einem solchen Inquisitionsgericht sollen nach dem Willen der Staatsregierung die sächsischen Versammlungsbehörden oder, treffender, Verbotsbehörden werden, die in Zukunft alle Zusammenkünfte friedlicher Menschen unterbinden können, auch wenn das Grundgesetz zumindest redaktionell noch Versammlungsfreiheit verspricht.

Die NPD-Fraktion hat daher einen eigenen Entwurf eines Versammlungsgesetzes erarbeitet, der Ihnen vorliegt, einen Entwurf, der an den berechtigten Stolz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Wolfgang HoffmannRiem anknüpft, als dieser vor anderthalb Jahren äußerte, er sei ein bisschen stolz, nicht auf die Rechtsprechung seines Gerichtes zur Terrorismusbekämpfung, sondern auf jene zur Demonstrationsfreiheit, mit dem das Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht gerettet habe.

In der Tat: Es ist immer wieder das Bundesverfassungsgericht, das den verfassungsfeindlichen Teilen der etablierten Blockparteien Einhalt gebietet. So ist es diesem höchsten Gericht zu danken, dass das erste Versammlungsgesetz eines Bundeslandes, kaum dass die Kompetenz vom Bund auf die Länder überging, sofort wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz gestoppt wurde. Die Rede ist vom Freistaat Bayern und dessen untauglichem Versuch, den Kampf gegen Rechts über ein Versammlungsverbotsgesetz sogar zum Staatsprinzip zu erheben. Dabei hat dieser Schritt, die faktische Abschaffung des Versammlungsgrundrechtes, jedenfalls uns als NPDFraktion mitnichten überrascht.

Denn bereits das Grundgesetz selbst relativiert dieses für Machthaber vermutlich unliebsame Recht, indem Artikel 8 Abs. 2 ausdrücklich Einschränkungen für Versammlungen unter freiem Himmel zulässt.

In der Sache selbst ist jedenfalls festzustellen, dass Volkes Stimme kaum jemals so ausdrucksvoll zur Geltung kommt wie bei öffentlichen Versammlungen und Demonstrationen. Selbst bei Wahlen scheinen etablierte

Machthaber weniger Angst vor dem Volk zu haben als bei Versammlungen, da doch das Wahlrecht sogar für patriotische Deutsche noch nicht abgeschafft wurde. Bekanntlich lassen sich ja Wahlen durch millionenschwere Propaganda und andere Tricks leicht manipulieren, öffentliche Versammlungen hingegen nicht.

Genau das schreit in der Logik der Etablierten dringend nach dem wichtigsten Instrument ihres Machterhaltes, dem Verbot. Da passt es wie die schwarze Faust aufs gelbe Auge, dass sich auch bei den selbsternannten Liberalen im Freistaat kein Widerstand regt, wenn das Versammlungsrecht, wie geplant, durch eine sächsische Lex Antigermania beseitigt werden soll.

Ebenso erklärbar wie absolut typisch ist das Gebaren der Staatsregierung, statt eines ausgewogenen und in sich stimmigen Gesetzes, wie es die NPD-Fraktion heute vorlegt, in aller Eile einen Schnellschuss zu produzieren, der allein darauf abzielt, ein würdiges Gedenken an die Hunderttausenden deutschen Opfer zu verhindern, die durch anglo-amerikanischen Vernichtungsexzess von ihrem Leben und von ihrem Hab und Gut befreit worden sind.

Sie haben Angst vor dem eindrucksvollen Gedenkmarsch der jungen Landsmannschaft „Ostdeutschland“, die wie alle Jahre – so auch am kommenden 13. Februar in Dresden – dieses stille Gedenken veranstaltet. Aus ihrer Angst und Ohnmacht heraus wissen sie sich nicht anderes zu helfen als durch ein Verbotsgesetz. Dass ein solches Verhalten so primitiv wie perfide ist, scheint sie dabei nicht zu stören.

Wie ausgewogen und grundgesetztreu ist dagegen der heute vorgelegte NPD-Entwurf des Sächsischen Versammlungsgesetzes. Denn uns geht es gerade nicht darum, Andersdenkende, Andersmeinende und Andersglaubende zu diskriminieren, sondern die Durchführung friedlicher Demonstrationen und damit das Grundrecht der Versammlungsfreiheit vor dem Zugriff gewalttätiger Randalierer in Dresden und anderenorts, zumeist linkskrimineller Antifaschisten, zu schützen.

(Beifall des Abg. Andreas Storr, NPD)

Das ist in Wahrheit menschenverachtend und unwürdig, die Opfer des Kommunismus und die Opfer der Kriege zu Instrumenten zu degradieren, um ihrem Einzelfallgesetz den juristischen Schein eines allgemeinen Gesetzes zu verleihen. Dieses Vorgehen ist absolut durchsichtig und sollte diejenigen, die sich jetzt womöglich in Vorfreude die Hände reiben, sich schämen lassen.

Die NPD-Fraktion kündigt bereits jetzt an, alle rechtlichen Schritte auf dem Gang vor die Verfassungsgerichte auszuschöpfen, um das neuerliche Machwerk der Staatsregierung als das zu enttarnen, was es ist, ein willkürlicher Ausschluss von Grundrechten, ein Pogrom gegen die deutschen Rechte und die Offenbarung einer Selbstherrlichkeit, die sich niedrigsten Niveaus zu bedienen bereit ist.

Da sich die NPD-Fraktion jedoch nicht auf bloße Kritik an Regierung und Scheinopposition beschränkt, haben wir ein eigenes Versammlungsgesetz vorgelegt, das auch den juristischen Diskussionen der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte seit dem Brokdorf-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 1985 Rechnung trägt. Im Gegensatz zum Heckenschuss der Staatsregierung trägt unser Gesetzentwurf dem Umstand Rechnung, dass das Bundesverfassungsgericht zwischen öffentlicher Ordnung und öffentlicher Sicherheit vehement zu unterscheiden auffordert. Denn während die öffentliche Ordnung als Gesamtheit der ungeschriebenen Anstandsregeln ein Versammlungsverbot gerade nicht zu begründen vermag, lässt die Staatsregierung für ein Verbot bereits ein bestimmtes Datum genügen. Durchsichtiger, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, geht es nimmer.

(Beifall bei der NPD)

Während also der Koalitionsentwurf auf den Grundrechten der Deutschen primitiv herumtrampelt, erfüllt unser NPD-Entwurf diese Grundrechte nicht nur mit Leben, sondern schützt das Grundgesetz vor seinen Gegnern in den Reihen der gegenwärtigen Blockparteien.

Was wir als volkstreue Abgeordnete der NPD wollen, ist die tatsächliche Umsetzung dessen, was das Grundgesetz an zentralen Grundrechten beinhaltet: echte Meinungsfreiheit für alle friedlichen politischen Akteure und ein Versammlungsrecht, das seinen Namen auch wirklich

verdient und nicht Spielball politischer Tagelöhner ist. Die NPD-Fraktion hat sich mit diesem Entwurf ganz der Versammlungsfreiheit nach dem Grundgesetz verschrieben und beweist einmal mehr, dass sie es ist, die in Wahrheit die Interessen der deutschen Wählerinnen und Wähler vertritt.