Das ist der eigentliche Hintergrund, und ich glaube nicht, dass das Quatsch ist. Es gibt ja tatsächlich Behörden, in denen es erforderlich ist umzustrukturieren, wenn weniger Personal zur Verfügung steht. Da ist Herr Dr. Martens mit einer Gerichtsstruktur betroffen, die über die gesamte Fläche des Landes verteilt ist. Da ist Herr Ulbig mit einer Polizeistruktur betroffen, die über die gesamte Fläche des Landes verteilt ist. Da ist es logisch, dass ich, wenn ich dort Stellen abbaue, auch die Struktur anpassen muss. Die Frage ist nur: Ist man da auf dem richtigen Weg oder auf dem Holzweg?
Aber wir haben auch Behörden, die in Sachsen nur einen Sitz haben. Die SAB sitzt nur in Dresden. Da ist es relativ egal, wo sie sitzt, wenn ich das Personal abbaue. Ich kann das Personal abbauen, wenn sie in Dresden sitzt; ich kann das Personal abbauen, wenn sie in Leipzig sitzt. Nehmen Sie den Rechnungshof, ein anderes Beispiel. Er hat nur einen Sitz in Sachsen. Man kann dort theoretisch Personal abbauen, egal ob der in Leipzig, in Dresden, in Döbeln oder sonstwo sitzt.
Gerade an diesen Behörden, die nur einen Sitz in Sachsen haben, wird sehr deutlich, dass dort all das, was Sie jetzt gerade zu erzählen versucht haben, überhaupt nicht greift, denn dort haben wir es nicht mit strukturpolitisch erforderlichen Entscheidungen zu tun, sondern einfach mit einer politischen Machtfrage oder mit einer ganzen Reihe von politischen Machtfragen der CDU-Fraktion mit dem Koalitionspartner, innerhalb der CDU-Fraktion, der CDUFraktion mit ihren Landräten, Bürgermeistern oder all denen, die eben nicht so in die CDU eingebunden sind oder die aus irgendeinem Grund in Ungnade gefallen sind und wo es dann in manchen Fällen wirklich keine rationale Erklärung mehr gibt, warum das Polizeirevier in Dippoldiswalde bleibt, aber das Revier in Freital geschlossen wird, obwohl die Kriminalität, obwohl die geografische Lage, obwohl die Einwohnerzahl usw. nahelegen, dass die Entscheidung, wenn überhaupt, andersherum fallen müsste.
Aber, Herr Gebhardt, Sie haben sich vorhin darüber aufgeregt, dass Herr Morlok im März gesagt hat, es werde keine Änderungen mehr an der Standortkonzeption geben. Das verstehe ich, das regt mich auch sehr auf. Noch mehr regt mich auf, wenn das nicht nur in einer Rede einmal so gesagt wird, sondern wenn das schon richtig fest Regierungsmeinung ist. Ich bin Mitglied im Petitionsausschuss. Uns haben viele Petitionen zur Standortkonzeption erreicht. Wir bekommen zu diesen Petitionen dann immer die Stellungnahmen der Staatsregierung, in denen sie zu
erklären versucht, warum es trotzdem besser ist, das Amt jetzt dorthin zu bringen und nicht mehr da zu lassen.
Die meisten dieser Stellungnahmen kommen vom „Staatsmodernisierungsminister“ Herrn Dr. Martens. Da sind Stellungnahmen dabei – es ging dabei um die SAB und um den Sitz der Landesdirektionen –, in denen zum Schluss erklärt wird: Die Petition ist erledigt. Da war ich ein wenig überrascht, denn die Formulierung „Die Petition ist erledigt“ heißt ja, dass die Entscheidungen schon gefallen sind. Ich habe in der Geschäftsordnung des Petitionsausschusses noch einmal nachgeschaut. Dort steht auch drin, dass man eine Petition dann für erledigt erklären kann, wenn sie wegen bestimmter Ereignisse, also beispielsweise Zeitablauf, abgeschlossen wird. Nun ist die Frage, wo die SAB sitzt, eigentlich noch keine abgeschlossene Frage. Herr Patt, Sie haben selbst gesagt, dass der Landtag darüber noch zu befinden hat. Wir haben dazu ein Gesetz zu verabschieden. Aber der Staatsmodernisierungsminister erzählt: Die Petition ist erledigt, die Sache ist schon gegessen, der Drops ist gelutscht!
Noch schlimmer wird es, wenn die Staatsregierung nicht nur sagt: „Es ist eigentlich wurscht, was der Landtag hier beschließen will, wir halten das schon für erledigt!“, sondern wenn sie auch noch so handelt. Wir haben eine Petition von Mitarbeitern der Straßenbauverwaltung gehabt. Die sollen ja in ein Landesamt für Straßenbau und Verkehr. Dieses Amt gibt es noch gar nicht. Auch das müssen wir irgendwann per Gesetz einrichten, wenn wir das dann beschließen.
Es sind dazu zwei Gesetzesänderungen nötig, und die hat der Landtag noch nicht beschlossen, Herr Staatsminister. Die wird der Landtag wahrscheinlich im Herbst dieses Jahres beschließen.
Aber in der Stellungnahme zur Petition lese ich: „Den Bediensteten der Straßenbauverwaltung wurde“ – „wurde“, also Vergangenheit! – „Gelegenheit gegeben, ihre Wünsche hinsichtlich des Arbeitsortes mitzuteilen. Diese Wünsche werden im Rahmen des Möglichen berücksichtigt. Man sucht individuelle Lösungen. Das ist im Einzelfall bereits gelungen.“
Es ist also nicht nur so, dass sich die Staatsregierung denkt: „Es ist egal, was der Landtag will, wir werden diese Standortkonzeption durchsetzen“, sondern es ist auch so, dass sich die Staatsregierung denkt: „Wahrscheinlich wird der Landtag sowieso nichts mehr ändern. Wir fangen schon jetzt mal an, das, was der Landtag im Herbst beschließen soll, umzusetzen.“
Das ist natürlich ein Armutszeugnis für die Staatsregierung, was die Achtung des Parlaments angeht. Aber das sind wir gewohnt. Es ist, finde ich, auch ein bedenkliches Armutszeugnis für Sie als Koalitionsfraktionen, weil Sie dadurch vorgeführt bekommen, wie ernst sie die eigentlich von Ihnen eingesetzte und kontrollierte Exekutive wirklich nimmt.
Insofern halten wir den Antrag für sehr vernünftig, weil ein solches Rechnungshofgutachten aufzeigen wird, an welchen Punkten wirklich sachliche Gründe für Umstrukturierungen sprechen und an welchen Punkten es eigentlich um etwas ganz anderes geht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion fordert ein Rechnungshofgutachten zum Standortkonzept der Staatsregierung, wahlweise auch zu den Folgen des Notverkaufs der Sachsen LB oder zur Stiftung „Wald für Sachsen“ oder zur funktionalen Kreisgebietsreform. Entsprechende Anträge gab es in der Vergangenheit bereits zuhauf.
Sie wissen doch ganz genau, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, dass es dem Rechnungshof auch ohne ein entsprechendes Ersuchen des Landtags unbenommen ist, im Rahmen seiner Zuständigkeiten nach § 88 Abs. 1 der Sächsischen Haushaltsordnung Prüfungshandlungen völlig allein durchzuführen. Der Antrag ist also völlig überflüssig, meine Damen und Herren.
Am 25. Januar 2011 wurde vom Kabinett das Standortkonzept mit der künftigen Verteilung der Behörden und Ämter im Freistaat Sachsen beschlossen. Die neue Struktur ist eine zukunftsfähige Lösung, die weit über die Legislaturperiode hinaus Bestand haben wird. Ziel ist es, den Freistaat für die Zeit nach 2019 fit zu machen. Wir wollen eine schlanke und effektive Verwaltung sowie eine bürgerfreundliche und unternehmerfreundliche öffentliche Verwaltung mit rund 70 000 Mitarbeitern im Jahr 2020 haben statt mit aktuell 87 000. Das Standortkonzept ist die notwendige Reaktion auf sinkende Einwohnerzahlen und rückläufige Einnahmen.
Ein wesentlicher Aspekt der Konzeption ist die Fusion der drei Landesdirektionen zu einer Landesdirektion Sachsen. Die FDP hat sich zudem für ein dezentrales Standortkonzept stark gemacht, das alle Regionen angemessen berücksichtigt. Statt alle Behörden und Institutionen in den drei Großstädten zu konzentrieren, dezentralisieren wir die Verwaltung in die Region hinein. So wird beispielsweise der Sitz des Landesrechnungshofes von Leipzig nach Döbeln wechseln, die Sächsische Umweltstiftung zieht von Dresden nach Grillenburg,
und durch den Umzug der Straßenbauverwaltung von Chemnitz nach Zschopau wird das Erzgebirge gestärkt. Diese Umzüge, Frau Friedel, sind notwendig, um eine gleichmäßige Verteilung von Ämtern und entsprechenden Arbeitsplätzen in der Verwaltung im gesamten Freistaat zu erreichen und diese nicht nur, wie Sie es wollen,
Sanierung und Umbau der benötigten Immobilien werden circa 310 Millionen Euro kosten. Allein durch die Personalreduzierung von 87 000 auf 70 000 Mitarbeiter spart der Freistaat aber jährlich 1,1 Milliarden Euro. Daraus resultiert bereits bis zur vollständigen Umsetzung der Standortkonzeption im Jahr 2021 ein finanzieller Vorteil von circa 842 Millionen Euro. Nach der vollständigen Umsetzung sind darüber hinaus jährliche Einsparungen von etwa 285 Millionen Euro an Personal-, Sach- und Mietkosten zu erwarten.
Wie schwierig es ist, eine solche Reform auf den Weg zu bringen und damit letztendlich den Freistaat auf einem soliden finanzpolitischen Weg zu halten, zeigt der vorliegende Antrag. Selbstverständlich greift das Konzept in regionale Befindlichkeiten ein und selbstverständlich regt sich zwangsläufig damit auch Widerstand bei den regional betroffenen Abgeordneten, bei den Landräten und Bürgermeistern. Es geht jedoch nicht um einzelne Regionen, sondern um den Freistaat Sachsen insgesamt
und um die Frage, ob wir – wie andere Bundesländer – auf Pump leben wollen oder nicht. Als Liberaler stehe ich zu der Devise: Der Staat darf nur so viel Geld ausgeben, wie er auch einnimmt. Schulden sind für mich keine Alternative. Ich weiß, dass Sie das anders sehen.
Ich kann Sie alle nur bitten, den vorliegenden Antrag abzulehnen, weil er nämlich nicht, wie hier zu suggerieren versucht wird, dazu dient, mittels eines Gutachtens die Standortkonzeption zu bewerten. Der einzige Zweck, den er hat, ist die Verhinderung der Standortkonzeption, zumal sich der Rechnungshofpräsident als selbst Betroffener bereits gegen den Umzug nach Döbeln geäußert hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, jetzt solch ein Gutachten zu machen.
Eine Prüfung des Sachverhalts durch den Sächsischen Rechnungshof nach § 88 Abs. 3 der Sächsischen Haushaltsordnung halte ich für nicht sinnvoll. Wir werden den Antrag ablehnen, und Ihnen allen empfehle ich das auch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Märchenstunde der sogenannten Staatsmodernisierung hat – trotz des vernünftigen Antrages – leider wieder begonnen. Der eine Koalitionsabgeordnete erzählt uns, dass wir in einem
In der Tat, dieses Umzugskonzept, das Sie uns anstelle der sogenannten Staatsmodernisierung bieten, zeigt schon deutlich, dass es ein Konzept ohne jede ordentliche Kostenfolgeschätzung ist, und das ist das Problem. Sie wollen Personalkosten sparen und Sie werden wahrscheinlich Sachkosten erzeugen, die Sie selbst noch nicht einschätzen können. Die Auflistung in der Pressemitteilung der Staatsregierung zum Feinkonzept spricht Bände. So etwas bin ich nicht einmal von meiner häuslichen Stadtverwaltung gewöhnt. Da werden Personalkosten mit Einmalsachkosten und wiederkehrenden Sachkosten auf eine Art und Weise vermischt, dass das Ergebnis politisch für Sie stimmt, aber in Wirklichkeit nicht nachvollziehbar ist.
Wenn man sich anschaut, dass die Kostenentwicklung zu einzelnen Standorten noch nicht einmal prognostizierbar ist – Beispiel Freital/Döbeln –, dass aber die Kreise diese Standorte politisch als Kompensation für den Wegfall der örtlichen Verwaltung schon fest versprochen bekommen haben, dann sieht man, dass Sie sich jetzt in einem politischen Dilemma befinden und gar keine Kostendebatte mehr führen können. Das ist für eine Regierung, die eigentlich sparen und den Haushalt konsolidieren will, ein wahrer politischer Fehlschlag. Da helfen wir gern. Wir haben dazu eine Große Anfrage gestellt, die es Ihnen möglich machen wird, die tatsächlichen Effizienzgewinne der einzelnen Standorte zu beziffern.
Wir halten aber auch den Vorschlag der Linksfraktion für einen guten Vorschlag, denn der Sächsische Rechnungshof hat die Kompetenz, hat das Wissen, um das zu beurteilen, wenn ihm nur alle Zahlen vorgelegt werden – wenn es denn Zahlen gibt. Wenn nicht, wird er das auch sagen. Die Frage, ob sein eigener Standort wirtschaftlich ist, wird seine Neutralität nicht beeinflussen. Deswegen werden wir dem gern zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion begrüßt das Grundanliegen des Antrages der LINKEN. Auch wir sind der Meinung, dass vor der Umsetzung der zahlreichen Standortverlagerungen sächsischer Behörden eine unabhängige Prüfung erforderlich ist. Ich möchte heute nicht die Debatte um die sogenannte Staatsmodernisierung vorwegnehmen, die uns im Herbst noch intensiv beschäftigen wird. Doch einige grundsätzliche Bemerkungen seien mir gestattet.
Unbestritten ist, dass der von den einflussreichen gesellschaftlichen Kräften über Jahrzehnte herbeigeführte Prozess der geistigen und biologischen Selbstauflösung unseres Volkes und der sich als Folge daraus abzeichnende demografische Niedergang auch Auswirkungen auf den Justiz- und Verwaltungsaufbau in Sachsen haben werden. Doch ob alle von der Staatsregierung geplanten Maßnahmen wirklich sinnvoll sind, muss stark bezweifelt werden. Wie bei der Kreisreform vor drei Jahren, wird wieder einmal herumreformiert, und keiner kann sagen, welche Einsparungen am Ende dadurch wirklich erreicht werden. Jedenfalls warten wir bis heute auf entsprechende Zahlen von der Reform von 2008. Inzwischen müssen wir erfahren, dass die Landkreise sogar Mehrausgaben bei den Personalkosten haben, so zum Beispiel der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge.
Nun konkret zum Antrag der LINKEN. Die NPD-Fraktion teilt die Befürchtung, dass ohne objektive Prüfung der geplanten zahlreichen Standortverlagerungen von Behörden die Haushaltsmittel nicht sparsam und im Interesse der Bürger eingesetzt werden können. Angesichts der eingangs skizzierten Erfahrung mit der letzten großen Verwaltungsreform, an die wir uns alle noch gut erinnern können, ist das nicht nur eine aus der Luft gegriffene Annahme, sondern eine ernst zu nehmende Hypothese, der sich auch die Koalitionsfraktionen nicht ernsthaft verweigern können.
Derzeit ist der Landtag, der letztendlich über die wegen der Verlagerung zu ändernden Gesetze zu entscheiden hat, in die Planung noch nicht ausreichend einbezogen. Besonders ärgerlich und typisch für Ihre Art zu regieren ist aber der Umgang der Staatsregierung mit besorgten Anfragen von Abgeordneten zu diesem Thema. Ich selbst erhielt zum Beispiel nur nichtssagende oder völlig unkonkrete Antworten auf meine Anfrage zur Neuordnung der Staatsanwaltschaften in Bautzen und Görlitz. Es ist nicht nur NPD-Abgeordneten so gegangen, sondern auch Mitglieder anderer Fraktionen mussten die gleiche Erfahrung machen.
Die Staatsregierung ist kaum in der Lage, bezifferbare Einsparungen zu benennen, die eine solche Reform rechtfertigen würden. Deshalb ist eine unabhängige Prüfung ganz sicher notwendig.