Ich würde jetzt trotzdem fortfahren. Wenn Sie das dann hinbekommen haben, melden Sie es ans Patentamt, und dann haben Sie doch etwas geschafft.
Also, der Punkt 3 Ihres Antrags, Frau Dr. Stange, enthält eine konkrete Forderung. Das ist in Ordnung. Aber die Punkte 1 und 2 – das muss man deutlich sagen – sind problematisch, zumal es, wie in der Stellungnahme der Staatsregierung geschrieben, überhaupt nicht in der Kompetenz der Staatsregierung bzw. des Landes liegt.
Das Bildungs- und Teilhabepaket stellt einen wichtigen Baustein in der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dar. Es ist zu begrüßen, auch wenn wir uns natürlich alle immer wünschen, dass es mehr sein könnte. Das Bildungs- und Teilhabepaket stellt, wie gestern schon diskutiert, keine Diskriminierung dar, sondern es ermöglicht über die Form der Auszahlung durch Gutscheine, dass die Leistungen auch wirklich den Kindern zugute kommen.
Die Beteiligung des Bundes an den von den Kommunen zu tragenden Kosten der Unterkunft, über die die Leistun
gen ausgezahlt werden, wurde im Land Sachsen von 24,5 % auf 35,8 % erhöht. Von diesen 11,3 % Erhöhung werden 5,9 % für die Kosten des Mittagessens für Hortkinder, für die Schulsozialarbeit und für Verwaltungskosten eingesetzt.
Nun ist natürlich die Frage: Warum soll die Staatsregierung hier berichten, wie viele Bundesmittel für Schulsozialarbeiter eingesetzt werden können? Wie viele Bundesmittel dafür eingesetzt werden können, das haben Sie selbst genannt, Frau Dr. Stange. Aber – und da sind wir wieder bei der kommunalen Selbstverwaltung – es ist eben nicht Aufgabe der Staatsregierung, den Kommunen vorzuschreiben, wie viele Stellen sie tatsächlich mit Schulsozialarbeitern bestücken.
Fakt ist auch Folgendes: Wenn Sie hier Landkreise und Städte vergleichen – Sie haben erwähnt, dass in Leipzig 34 Sozialarbeiter und in Dresden 13 Schulsozialarbeiter finanziert werden sollen –, müssen Sie natürlich auch schauen, was dort vorher war. Es wurde eben auch vor diesem Bildungs- und Teilhabepaket Schulsozialarbeit in den Städten angeboten, und zwar finanziert über die Kinder- und Jugendhilfe.
Ich dachte, es sind die Stellen, die finanziert werden sollen. Gut, dann stimmt aber die Zahl 13 in Dresden auf keinen Fall. Dazu habe ich eine andere Aussage.
Ihr Antrag sagt ja auch, wir sollen ein Sofortprogramm für den Ausbau der Schulsozialarbeit auflegen, um vor allen Dingen in den Mittelschulen die Schulsozialarbeit auszubauen. Dazu muss ich Ihnen deutlich sagen, dass das ein Stück weit ins Leere geht. Daran zeigt sich, dass es nicht der Freistaat sein kann, der den Kommunen vorgibt, in dieser Richtung etwas zu tun, sondern dass wir an dieser Stelle auf die Kompetenz und auf den guten Willen der Kommunen vertrauen müssen; denn nur vor Ort weiß man, wo und in welcher Form Schulsozialarbeit gebraucht wird.
Ich mache Ihnen das an einem Beispiel deutlich. In Dresden gab es im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets eine Befragung bzw. eine Einschätzung durch Behörden, an welchen Schulen künftig noch Schulsozialarbeit am dringendsten benötigt wird. Daran ist deutlich geworden, dass es mittlerweile gerade nicht mehr die Mittelschulen sind, sondern dass es zunehmend die Grundschulen sind, wo Schulsozialarbeiter eingesetzt werden müssen. Ich sage das deshalb, weil Sie in Ihrem Antrag und vor allem in seiner Begründung auch vom Mittelschulbereich sprechen: „... vor allem im Mittelschulbereich“.
Was heißt das im Umkehrschluss? Im Umkehrschluss heißt das: Wenn wir den Schwerpunkt stärker auf Schulsozialarbeit legen müssen – und ich denke, dort liegen wir politisch überhaupt nicht weit auseinander –, müssen wir das gemeinsam mit den Kommunen machen, dann müssen wir gemeinsam mit den Kommunen Anreize schaffen,
dort entsprechend tätig zu werden. Aber wir können den Kommunen nicht vorschreiben, wo sie das tun, sondern wir müssen den Kommunen ihre Hoheit lassen, darüber selbst zu entscheiden, und dürfen das nicht von oben oktroyieren.
Sie haben die Jugendpauschale angesprochen. Selbstverständlich haben sie recht, die Jugendpauschale ist gekürzt worden. Es ist so, dass in der Vergangenheit aus der Jugendpauschale auch Schulsozialarbeit finanziert worden ist. Aber – ich sage das ganz deutlich und ich wiederhole mich da immer und immer wieder – die Jugendpauschale ist eine nicht gesetzliche Leistung, eine freiwillige Leistung des Freistaates, zu der wir uns bekennen. Ich werde auch nicht müde, das zu betonen. Aber was die Kommunen am Ende in der Umsetzung vor Ort machen, ist ihre Sache.
Damit sind wir bei dem entscheidenden Punkt. Das kann ich wieder am Beispiel Dresden sagen. Dresden als Kommune – aber ich denke, das gilt für die Landkreise genauso – muss es eben schaffen, die Jugendhilfeplanung weiterzuentwickeln und irgendwann auf den Trichter zu kommen, dass es besser ist, zwei Schulsozialarbeiter an einer Grundschule oder einer Mittelschule zu haben als ein halb leerstehendes Kinder- und Jugendhaus. Solange wir nicht zu dieser Einschätzung kommen, solange wir meinen, mit immer mehr Geld teilweise Parallelstrukturen finanzieren zu wollen, wird das nie der richtige Weg sein.
Dann wird der Knatsch immer gleich groß bleiben, und es wird nie genügend Geld da sein. Wir sind uns doch darüber einig, dass gerade im Sozialbereich nie genügend Geld da ist. Es ist immer die Frage, wie wir das Beste aus den Ressourcen machen können, die wir zur Verfügung haben.
Vielen Dank. – Herr Schreiber, können Sie sagen, warum die Stadt Dresden bis heute den Jugendhilfeplan nicht fortgeschrieben hat? Ich meine, er ist jetzt über zehn Jahre alt. Soweit ich weiß, wird das von den Jugendhilfeeinrichtungen und von den Trägern auch heftig kritisiert.
Frau Dr. Stange, das wird nicht nur von Jugendhilfeeinrichtungen und Trägern kritisiert, sondern es wird vor allen Dingen von der Politik kritisiert. Der Jugendhilfeplan der Landeshauptstadt Dresden ist zehn Jahre alt. Darin stehen Träger, die es schon lange nicht mehr gibt.Darin stehen Einrichtungen, die schon lange nicht mehr existieren.
Ja Gott, das ist ein schriftlicher Plan. Die Welt hat sich in zehn Jahren einfach weiter gedreht. Wenn so ein Plan zehn Jahre alt ist und nicht fortgeschrieben wurde, kann ich nie sagen, was unser Bedarf ist, weil sich der Bedarf in so einem Plan auch irgendwo definiert. Ich kann mich natürlich immer darauf zurückziehen und sagen: Ich brauche soundso viel Geld, um das, was es schon nicht mehr gibt, zu finanzieren. Da machen es sich gewisse Leute ziemlich einfach.
Ich sage Ihnen ganz deutlich, warum der Plan nicht fortgeschrieben ist: weil es das Jugendamt bisher einfach nicht vermocht hat. Das ging so weit, dass wir mittlerweile in der Landeshauptstadt Dresden die Fortschreibung des Kinder- und Jugendhilfeplans extern ausgeschrieben haben, weil die eigene Jugendamtsverwaltung das nicht hinbekommt.
Herr Dr. Pellmann, Sie haben immer noch nicht verstanden, wie das mit Schulden ist. Wenn Ihre Frau, Ihre Mutter oder wer auch immer Ihnen 20 Euro leiht, damit Sie sich irgendetwas kaufen können,
und Sie geben diese 20 Euro irgendwann zurück, dann haben Sie immer noch nicht mehr Geld im Portemonnaie. Genauso ist das bei der Landeshauptstadt Dresden. Nur weil Dresden keine Schulden mehr hat, heißt das nicht automatisch, dass die Stadt mehr Geld in der Tasche hat und wirtschaften kann, wie es gerade jedem passt. Das muss man endlich kapieren, und auch Sie müssen kapieren, dass Geld endlich ist und jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann.
Wir haben gestern schon sehr ausführlich darüber diskutiert, wie und in welcher Form die Staatsregierung zur Leistungserbringung des Bundes- und Teilhabepakets beigetragen hat. Ich muss das hier nicht alles wiederholen. Ich muss nicht die Verordnung wiederholen, ich muss nicht die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden wiederholen, und ich will vielleicht gar nicht wiederholen, in welchem Landkreis welche Anträge schon gestellt und beantwortet worden sind. Wir haben gestern – das hoffe ich wenigstens – eine Einigung dahin gehend bekommen, dass wir mit großen Augen und mit sehr viel Intensität beobachten, wie das ganze Thema umgesetzt wird. Ich bin gern bereit – und ich denke, auch die CDUFraktion ist dazu bereit –, über das Thema Schulsozialarbeit weiter zu diskutieren,
und zwar in dem Sinne zu diskutieren, dass man sich vielleicht irgendwann zu dieser Form der Kinder- und Jugendhilfe bekennt, dass man sie auch ausfinanziert.
Aber, sehr geehrte Frau Dr. Stange, das macht man eben nicht im Rahmen eines Antrags mitten in der Legislaturperiode, sondern wenn es darauf ankommt, die finanziellen Weichenstellungen vorzunehmen. Das geschieht nun einmal im Rahmen von Haushaltsverhandlungen. Wenn die politische Linie so aussieht, dass der Freistaat Sachsen, wenn es möglich sein wird, ein Programm zur Schulsozialarbeit, wie auch immer genannt, aufstellt, weil es die finanziellen Ressourcen hergeben und sich auch die Kommunen entsprechend beteiligen, werden wir auch darüber sprechen. Im Moment ist das die absolute Unzeit.
Zu Ihrem Antrag kann man nur sagen: Gut gemeint, Thema auf den Tisch gebracht, aber was Sie konkret fordern, liegt zum einen überhaupt nicht in der Kompetenz des Landtages bzw. ist an dieser Stelle durch die Landesregierung nicht zu erbringen. Zum anderen habe ich zu dem Thema Geld und Sofortprogramm alles gesagt.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bildungs- und Teilhabepaket hat uns bereits gestern in der Aktuellen Debatte beschäftigt. Es ist ein wenig schade, dass der Kultusminister jetzt weg ist, weil ich denke, er gehört hierher, wenn wir über Schulsozialarbeit reden.
Er steht draußen? Ja, vielleicht hört er mich und kommt noch herein. – Mit dem Antrag der SPD wenden wir uns heute einer der im Vermittlungsausschuss ausgehandelten Leistungen zu, die eben nicht individuell den Betroffenen, sondern allen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen sollen. Gestern wurde bereits deutlich, dass bis jetzt überhaupt nicht geklärt ist, wie viel Geld von den 400 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr für Schulsozialarbeit in Sachsen zur Verfügung stehen wird. Deshalb ist es zunächst auch konsequent, dass die SPD im Punkt 1 ihres Antrages die Staatsregierung auffordert zu berichten, wie viele Bundesmittel in diesem und in den nächsten zwei Jahren in Sachsen für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen werden.
Erwähnen will ich allerdings an dieser Stelle schon unser Unverständnis als Fraktion, dass der vorliegende Antrag zunächst auf der Tagesordnung im Schulausschuss stand, dort abgesetzt wurde, um sich dann im Plenum wiederzufinden, obwohl wir als Ausschuss eine Anhörung zur Schulsozialarbeit für September vereinbart haben. – Das als freundliche Anmerkung.
Punkt 2 des Antrages sagt, dass die Bundesmittel für die Schulsozialarbeit eingesetzt werden sollen. Das ist aus unserer Sicht mehr eine politische Willensbekundung als eine einfach festzulegende Aufgabe der Kommunen. Die Sozialdezernate in den Landkreisen scheuen sich gerade eher, die Schulsozialarbeit großzügig auszubauen, da sie eben nicht wissen, wie viel Geld nach der Finanzierung der nicht gedeckelten Essenszuschüsse im Hortbereich noch übrig bleibt und wie es nach der Evaluation 2013 weitergehen soll. Sozialpädagogische Arbeit ist aber – wir wissen es – Beziehungsarbeit, die personeller Kontinuität bedarf.
An der Notwendigkeit einer flächendeckenden Schulsozialarbeit in Sachsen und auch in allen Schularten besteht aus unserer Sicht bei den pädagogischen Fachkräften in den Schulen und in der Kinder- und Jugendhilfe kaum Zweifel. Dass die zuständige Ministerin, Frau Clauß, das anders sieht, wie der Stellungnahme des SMS zum Antrag meiner Fraktion zur Schulsozialarbeit zu entnehmen ist, ist bedauerlich, aber es zeugt wohl eher von der Unkenntnis der Situation an den Schulen und von der Angst vor zusätzlichen Kosten als von einer jugendpolitischen Steuerung. Aber das bemängeln wir ja schon länger. Vielleicht kann sich die Einschätzung des Sozialministeriums zum vorhandenen Bedarf noch ändern, da wir, wie gesagt, die Anhörung im Landtag zur Schulsozialarbeit beantragt haben. Frau Clauß, dazu möchte ich Sie und Ihre Mitarbeiterinnen an dieser Stelle einladen. Kommen Sie am 30. September zum Schulausschuss.
Wie nötig der Ausbau der Schulsozialarbeit ist, wurde bereits im Sächsischen Kinder- und Jugendbericht von 2009 dargelegt. Frau Dr. Stange hat daraus zitiert.
Die Staatsregierung macht es sich aus unserer Sicht zu einfach, wenn sie sich auf die Anregungs- und Unterstützungsfunktion nach § 82 SGB VIII zurückzieht und nur auf die Richtlinie „Weiterentwicklung“ zur Finanzierung verweist. Ich will auch gern noch einmal kurz aus dem Kinder- und Jugendbericht zitieren, aus der Stellungnahme der Staatsregierung. Dort heißt es nämlich: „Das Wissen um das Wohlbefinden in der Schule ist wichtig, weil die emotionale Befindlichkeit der Schüler/Innen den Schulerfolg maßgeblich beeinflusst und Schule als öffentliche Sozialisationsinstanz eine herausragende Bedeutung für das gelingende Aufwachsen junger Menschen hat. Die Ergebnisse deuten den Handlungsbedarf zur weiteren Verbesserung des Schulklimas, insbesondere an den Mittelschulen, an. Von daher ist der Anspruch der Kommission fachlich durchaus nachvollziehbar, Schulsozialarbeit nicht nur als ‚Feuerwehr’ bei verfestigten Problemlagen oder in sozialen Brennpunkten einzusetzen, sondern als notwendiges Qualitätsmerkmal von Schulen in Sachsen zu verstehen.“
Es bleibt die Frage, was die Staatsregierung, speziell das Kultusministerium, in den letzten zwei Jahren getan hat, um die Schulsozialarbeit auszubauen und die gewonnenen
Erkenntnisse aus der Befragung „Jugend in Sachsen“ einzubeziehen. Ich ahne schon, dass die Staatsregierung bei dieser Frage wieder auf die Planungshoheit der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 80 SGB VIII verweist und sich damit aus der Verantwortung auf eine Beobachterposition zurückziehen will. Doch dazu sage ich: Es ist dem Kultusministerium und dem Sozialministerium nicht verboten, ein zusätzliches Programm zur Schulsozialarbeit aufzulegen. Die Situation der Schulsozialarbeit stellt sich nämlich in Sachsen sehr unterschiedlich dar. Es ist den Jugendämtern der Landkreise und kreisfreien Städte zu danken, die die Bedarfe nicht nur erkannt, sondern auch finanziell untersetzt und Stellen geschaffen haben.
Wir haben das für die allgemeinbildenden Schulen ausgerechnet, also ohne Berufsschulen. Wir haben ausgerechnet, wie sich die Relation von Schulsozialarbeitern und Schülerzahlen pro Landkreis gestaltet. Schauen wir einmal nach Leipzig. Im Landkreis Leipzig muss eine Vollzeitstelle immerhin Ansprechpartner für 1 227 Schülerinnen und Schüler sein, in der Stadt Leipzig für 1 246 Schülerinnen und Schüler. Das klingt jetzt vielleicht viel, doch sind die Leipziger damit immerhin Vorbild in Sachsen, im Unterschied zu anderen Landkreisen wie Görlitz, wo wir von einem Verhältnis von 2 526 Schülerinnen und Schülern auf eine Vollzeitstelle sprechen und in Nordsachsen von 3 597 auf eine Vollzeitstelle Schulsozialarbeit. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch nicht einmal das Ende. Im Erzgebirgskreis – er trägt die rote Laterne – müssen sich rechnerisch betrachtet sogar 5 800 Schülerinnen und Schüler eine Vollzeitstelle Schulsozialarbeit teilen.