Protocol of the Session on May 25, 2011

Sollte sich eine Kammerzuständigkeit ergeben, ist es Sache des diensthabenden Richters, die erforderlichen Schritte einzuleiten. Dies bleibt weiterhin in der Organisationshoheit des betreffenden Gerichtes. Von einer rechtswidrigen Zuordnung kann aber keine Rede sein. Es handelt sich also um ein Pseudoargument, weil der Entwurf von der NPD ist.

Außerdem werfen Sie uns vor, es läge ein unzulässiger Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit vor. Das wirft natürlich die Frage auf, ob die richterliche Unabhängigkeit die Richter davor schützen soll, arbeiten zu müssen. Meinen Sie ernsthaft, dass der Bürger Verständnis hat, wenn er eine Eilentscheidung deswegen nicht bekommt, weil ihre Unabhängigkeit Richter davor schützt, das Recht ausnahmsweise auch am Freitagnachmittag oder am Wochenende zu finden?

In der Anhörung am 6. April 2011, an der leider, bezeichnend für Ihr Demokratieverständnis, nur ein von der NPD benannter Experte teilnahm, wies der Leipziger Rechtsanwalt Arnd Hohnstädter darauf hin, dass in der Zivilgerichtsbarkeit im § 5 der Justizorganisationsverordnung längst eine annehmbare Regelung besteht, von der auch niemand behauptet, dass sie in die Unabhängigkeit der Gerichte eingreife. Die richterliche Unabhängigkeit, meine Damen und Herren, schützt nicht vor Arbeit, und sie ist auch vor allem im Lichte des verfassungsrechtlichen Rechtsgewinnungsanspruchs des Bürgers zu sehen. Nicht der Richter hat Anspruch, vor unbequemen Arbeitszeiten ohne Ausnahme gefeit zu sein, sondern der Bürger hat einen Anspruch, zu jeder Zeit, das heißt eben auch am Freitagnachmittag oder am Wochenende, rechtliches Gehör und effektiven Rechtsschutz zu finden. Im Übrigen erkennt unser Gesetzentwurf auch die Autonomie der Gerichte und der Richter ohne Weiteres an.

Aber genauso wie die Gerichte durch den Geschäftsverteilungsplan die Zuständigkeiten der Richter regeln, was auch kein Eingriff in die Unabhängigkeit ist, so sollte auch ein richterlicher Notdienst im Wege der gerichtsinternen Geschäftsverteilung geregelt werden.

Unser Gesetzentwurf versteht sich insoweit als eine Rahmenvorgabe, die die Interessen des Bürgers an effektivem Rechtsschutz sichern soll. Innerhalb dieses Rahmens sind die Gerichte frei, ihre Geschäftsverteilung so vorzunehmen, dass die Belastung der Richter ein erträgli

ches Maß nicht überschreitet. Wer wie Sie die Unabhängigkeit eines Berufsstandes gegen die Notwendigkeit ausspielt, Arbeit zu verrichten, führt sie spätestens dann ad absurdum, wenn ihm mit der gleichen Begründung einmal der Notarzt die Hilfe verweigern sollte.

Meine Damen und Herren! Nur in einer parlamentarischen Schwatzbude würde ein solches Arbeits- und Unabhängigkeitsethos nicht überraschen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Biesok, bitte.

Herr Abg. Apfel, wenn Sie hier schon in der Sache ausnahmsweise argumentieren und nicht nur braune Sprüche verbreiten, dann machen Sie es bitte einmal ordentlich und lesen Sie in Ihrem eigenen Gesetzentwurf.

§ 27a Abs. 3: Das zuständige Gericht stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die Erreichbarkeit eines Verwaltungsrichters – Singular, nicht Plural – sichergestellt ist. Damit ist das Ding verfassungswidrig, weil es gegen Bundesrecht verstößt. Es muss eine Kammer erreichbar sein. Diese Kammer muss sich den Fall ansehen und dann sagen, ob das eine Sache für den Einzelrichter ist oder ob das keine Sache für den Einzelrichter ist. Dann kann es auf den Einzelrichter übertragen werden. Das, was Sie hier erzählt haben, ist schlicht und einfach falsch.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir von den Fraktionen nicht vor. Ich frage dennoch, ob das Wort

gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob Redebedarf besteht. – Auch das kann ich nicht feststellen. So kommen wir zur Abstimmung.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Justizgesetzes, Gesetzentwurf der NPD-Fraktion, Drucksache 5/4020. Es liegt ein Änderungsantrag vor, Herr Apfel, den Sie schon eingebracht haben. Habe ich Sie richtig verstanden? – So können wir darüber abstimmen.

Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür hat der Änderungsantrag mit der Drucksache 5/5886 nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf, Drucksache 5/4020. Wir stimmen über die Überschrift ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist der Überschrift nicht zugestimmt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 1. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist Artikel 1 mit Mehrheit nicht zugestimmt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel 2. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 3 Stimmen dafür ist Artikel 2 nicht zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Da sämtliche Teile des Gesetzentwurfes abgelehnt wurden, erübrigt sich hier eine Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf nach unserer Geschäftsordnung. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

2. Lesung des Entwurfs Siebentes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes

Drucksache 5/5449, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/5755, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Wir beginnen mit der Aussprache in der gewohnten Reihenfolge: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren, für die Fraktion der CDU spricht Herr Abg. Michel. Herr Michel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Freistaat Sachsen heute mit der Änderung des Sächsischen Besol

dungsgesetzes eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifeinigung für die Beschäftigten der Länder auch für die sächsischen Beamten und Richter umsetzt, so ist das keine Selbstverständlichkeit.

Die Tarifeinigung erfolgte am 10. März dieses Jahres. Die Regierung hat per Kabinettsbeschluss ein verkürztes Verfahren eingeleitet, um noch möglichst zeitnah zum vereinbarten 31. Mai 2011 eine Einmalzahlung leisten zu können. Gemäß § 35 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung wurden die entsprechenden Stellungnahmen in einem schriftlichen Anhörungsverfahren eingeholt. Bei Be

schluss des Haushalts- und Finanzausschusses am 11. Mai lagen diese dann vor. Es war also schon allein zeitlich nicht selbstverständlich, heute hier zustimmen zu können.

Auch hat es, gebe ich unumwunden zu, in der Vergangenheit schon Besoldungsanpassungen gegeben, die aus finanzpolitischen Gründen nicht zeitgleich mit den Tarifabschlüssen erfolgten. Dadurch wurde auch den Besoldungsempfängern ein Beitrag zur finanziellen Konsolidierung im Freistaat Sachsen auferlegt. Dies ist in einem Bundesland, welches noch von innerdeutschen Transferleistungen auf dem Finanzsektor abhängt, richtig.

Auch sollten wir bei der Betrachtung des Gesetzes bedenken, dass sich heute Tausende von Selbstständigen und Angestellten der privaten Wirtschaft wünschen, ebenso eine Einmalzahlung von 360 Euro zum Monat Juni zu erhalten und heute schon zu wissen, dass pünktlich, ohne jegliches Insolvenzrisiko – sehen wir einmal davon ab, dass ein undenkbarer Fall eintreten könnte, dass andere als CDU und FDP regieren –,

(Heiterkeit und Beifall – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

zum Monatsanfang eine Besoldung von nunmehr mit einer Erhöhung von 1,5 % und ab Januar 2012 von 1,9 % vom Freistaat überwiesen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden trotzdem das Besoldungsgesetz ändern. Die Beamten im Freistaat Sachsen leisten eine gute Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Sie auch daran erinnern: Die Beamten haben mit dem Wegfall der Sonderzahlung erst kürzlich einen Konsolidierungsbeitrag geleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin überzeugt: Im Zuge der angestrebten Staatsmodernisierung werden die Beamten des Freistaates ihre hohe Flexibilität und Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Deshalb ist für mich auch aus diesem Grunde eine Anpassung des Besoldungsgesetzes richtig.

Nach meinen Kenntnissen wird in den anderen Bundesländern eine Anpassung der Besoldung für 2011 höchst unterschiedlich gehandhabt. Die Palette reicht von gestaffelten Anpassungen bis hin zu gar keiner Anpassung – wie zum Beispiel in Bayern – oder zu überhaupt noch keiner Entscheidung, wie in Hamburg. Allein diese Beispiele zeigen mir, dass eine zeit- und inhaltsgleiche Anpassung wirklich keine Selbstverständlichkeit ist.

Ich möchte auch davor warnen, einen Automatismus in unsere heutige Entscheidung hineinzudeuten. Jeder Tarifabschluss und jede Besoldungsanpassung wird stets eine gesonderte Entscheidung sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass eine umfassende Dienstrechtsreform geplant ist und ansteht: Eine Modernisierung unserer beamtenrechtlichen Regelungen tut auch dringend not. Jedoch

konnten wir mit der Anpassung der Besoldung nicht so lange warten. Deshalb werden wir heute das Besoldungsgesetz ändern. Bei den vielen anderen Punkten des Dienstrechtes empfehle ich aber dringend, eher auf Qualität als auf Populismus zu setzen. So sollten wir die Fragen des Dienstrechtes in einem gesonderten Verfahren behandeln und nicht mit anderen Dingen vermengen. Hier geht meine Bitte auch an die Opposition.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Wir sollen die Qualität unserer Gesetze verbessern!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns heute das nicht Selbstverständliche tun und stimmen Sie der vorgeschlagenen Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes zu.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und freue mich, wenn manche ihre Erheiterung hatten; danke.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Das war Herr Michel für die Fraktion der CDU. – Es folgt die Fraktion DIE LINKE mit Herrn Abg. Bartl. Herr Bartl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Zunächst einmal das Positive: Unmittelbar nachdem die Tarifeinigung für die Beschäftigten der Länder am 10. März 2011 unter Dach und Fach war, hat unsere Fraktion am 16. März einen Dringlichen Antrag eingebracht, der eigentlich in der März-Plenarsitzung behandelt werden sollte und der die Staatsregierung auffordern sollte, durch Beschluss des Landtages unverzüglich die erforderlichen Schritte für die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der im Arbeitskampf der im öffentlichen Dienst stehenden Beschäftigten erzielten Ergebnisse der Verhandlungen auf die Beamtinnen und Beamten, die Richterinnen und Richter und sonstigen Versorgungsempfänger im Freistaat Sachsen einzuleiten, also dem Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen.