Dem Missbrauch des Gedenkens an den 13. Februar durch Neonazis auch 2011 in Dresden engagiert und friedlich entgegentreten!
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Das Wort ergreift Herr Kollege Hahn; bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 13. Februar 2010, vor knapp einem Jahr, gingen Bilder und Nachrichten von Dresden aus, die im ganzen Land und auch international Beachtung gefunden haben. Diesmal aber ging es nicht um den europaweit größten Naziaufmarsch, wie leider in früheren Jahren.
Diesmal gingen überaus positive Signale von der sächsischen Landeshauptstadt aus: Naziaufmarsch fand nicht statt, Zivilcourage verhinderte Missbrauch des Gedenkens,
Dresden setzt Nazis schachmatt – so oder ähnlich lauteten die Überschriften in den Medien. In diversen Kommentaren, meine Damen und Herren, war von einem großen Erfolg für die Demokratie ebenso die Rede wie von der Notwendigkeit und der Berechtigung des zivilen Ungehorsams gegen neofaschistische Bestrebungen.
Selbst der Polizeipräsident dieses Landes hat öffentlich erklärt, dass von den Blockaden keinerlei Gewalt ausgegangen ist.
(Empörung und Zurufe von der NPD: Überhaupt nicht! In welcher Welt leben Sie denn? Unglaublich! Solche Lügen!)
Ich sage es ganz deutlich, meine Damen und Herren: Ich wünsche mir solche Schlagzeilen und solche Kommentare auch in diesem Jahr, auch 2011.
Der Landtag ist nach unserer Verfassung nicht nur der Gesetzgeber, er ist auch Stätte der politischen Willensbildung. Wenn wir heute, wenige Tage vor dem 13. Februar, hier zusammen sind, dann denke ich, dass es richtig ist, dass wir uns zu dieser Problematik auch hier positionieren. Wir als LINKE hätten uns eigentlich – das ist kein Geheimnis – einen fraktionsübergreifenden Antrag für Zivilcourage und Weltoffenheit gewünscht,
wie 2009 in Thüringen oder auch wie vor wenigen Tagen in Sachsen-Anhalt geschehen. Wir hatten ja in der letzten Sitzung des Innenausschusses auch einen entsprechenden Text vorgelegt.
Ich darf vielleicht mal auszugsweise aus diesem Antrag zitieren: „1. Der Landtag spricht sich gegen den fortgesetzten Missbrauch des Gedenkens zum 13. Februar durch geschichtsverfälschende, fremdenfeindliche, antisemitische und neonazistische Kräfte aus. 2. Der Landtag unterstützt das breite zivilgesellschaftliche Bündnis von Dresdnerinnen und Dresdnern, Kirchen, Gewerkschaften, Vereinen und demokratischen Parteien in seinen Aktivitäten, den am 13. und 19. Februar 2011 von Neonazis angemeldeten Kundgebungen und Aufmärschen durch friedlichen Protest in Sicht- und Hörweite entgegenzutreten.“ Es folgt im dritten Punkt noch die Aufforderung an die Behörden, auch an die Polizeiführung, auch in diesem Jahr besonnen zu handeln.
Meine Damen und Herren, ich habe nicht verstanden, warum die CDU-Fraktion diesen Antrag im Innenausschuss nicht behandeln wollte.
Aber vielleicht gibt es in dieser Aktuellen Debatte die Möglichkeit, eine gemeinsame Position zu finden.
Ich bin sehr froh, dass der diesjährige Aufruf zur Menschenkette auch die Neustadt-Seite umfassen wird und dass er von allen demokratischen Fraktionen des Dresdner Stadtrates mitgetragen wird. Ich danke ausdrücklich der Dresdner Oberbürgermeisterin für ihre Initiative, und persönlich – sicher auch im Namen des gesamten Landtages – möchte ich ihr von dieser Stelle auch die besten Genesungswünsche übermitteln.
Ich selbst werde mich in diesem Jahr sowohl an der Menschenkette als auch an anderen friedlichen Protestaktionen beteiligen,
egal, ob am 13. oder am 19. Februar; und ich lasse mich dabei auch durch das eigentümliche Vorgehen der Dresdner Staatsanwaltschaft nicht einschüchtern. Die Polizeiführung hat im vergangenen Jahr in Dresden sehr besonnen agiert;
sie hat deeskalierend gewirkt und das Gebot der Verhältnismäßigkeit eingehalten. Ich hoffe sehr, dass dies auch in den kommenden Tagen so sein wird. Wir als LINKE bieten unsere Kooperation ausdrücklich an.
Ich komme zum Schluss. Vor einigen Jahren wurde aus Tausenden Kerzen auf dem Dresdner Altmarkt ein Schriftzug geformt: „Diese Stadt hat Nazis satt“. 2010 reihten sich mehr als 10 000 Bürger in eine Menschenkette in der Dresdner Altstadt ein – ein beeindruckendes Bild und ein ermutigendes Zeichen –, und auf der Neustadtseite stellten sich viele Tausend Menschen den Nazis erfolgreich entgegen, verhinderten letztlich den geplanten Aufmarsch und damit den Missbrauch des Gedenkens an die Opfer des 13. Februar.
Lassen Sie uns diesen Erfolg – das ist meine abschließende Bitte – 2011 wiederholen – natürlich friedlich, aber mit der nötigen Entschlossenheit.
Für die einbringende Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Hahn. – Als Nächstes spricht für die CDU-Fraktion – –
Ganz genau, ich würde gern vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen, weil Dr. Hahn jetzt wieder von den friedlichen Mitteln sprach, die gegen den JLO-Gedenkmarsch am 13. Februar angewendet wurden. In dieser Nacht wurde ein Farbanschlag gegen mein Wohnhaus verübt, – –
Ja, das gefällt Ihnen natürlich, einem Rechtsbrecher wie Ihnen. – Mein Wohnhaus, in dem übrigens auch der Kollege Torsten Herbst wohnt. Das zeigt wieder einmal, dass es den LINKEN und ihrem Anhang nicht um Rechtsstaat und Demokratie geht, sondern um Macht – und zwar um Macht, die errungen werden soll, indem man die verbrieften Verfassungs- und Grundrechte anderer unterdrückt.
Und Herr Piwarz, wenn man eine genehmigte Demonstration unter dem Werfen von Glasflaschen und Gleisbettsteinen letzten Endes zu einem Spießrutenlauf für die Demonstranten macht, dann ist das kein Sieg für Demokratie und Rechtsstaat; dann ist das vielmehr eine Verhöhnung von Demokratie und Rechtsstaat. Das hat auch Prof. Jesse aus Chemnitz ganz klar artikuliert, indem er gesagt hat: „Der letzte 13. Februar, an dem mit Gewalt der JLO-Gedenkmarsch verhindert wurde, war eine Niederlage für den Rechtsstaat.“
Ich muss sagen: Diejenigen, die mit Gewalt politisch Andersdenkende an ihrem Versammlungsrecht hindern, wurden früher als Mob bezeichnet, als Mob! Das sind
diejenigen, die heute in Ägypten im Namen von Mubarak Oppositionelle zusammenknüppeln. Und heute wird das als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet – besten Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der 13. Februar steht vor der Tür. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ob Sie sich gelegentlich daran erinnern, wie dieser Tag bis zum Jahr 2004 hier in Dresden stattfand. Auch damals wurden im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Heidefriedhof Kränze niedergelegt. Auch damals läuteten abends die Glocken. Im Radio hörte man: „Heute vor soundso viel Jahren wurde Dresden bombardiert.“ Mein Mutter erzählte mir im 100 km entfernten Erzgebirge immer, dass an jenem Abend der Himmel rot war und dass man erzählte: „Dresden brennt!“