Eine kurze Frage, Frau Kollegin Friedel: Ist Ihnen entgangen, dass das Vorhaben, dass der Rechnungshof nach Döbeln kommen soll, ein Ausgleich für den Verlust ist, dass das Finanzamt nach Freiberg geht und auch das Straßenbauamt,
und dass das ein ordentliches Konzept ist, über die gesamte Fläche von Sachsen verteilt? Dann macht es natürlich auch Sinn, dass es eine gewisse Kompensation geben sollte.
Herr Liebhauser, diese offizielle Begründung ist mir nicht entgangen. Der Volksmund kennt dafür ein Wort, das heißt: Kuhhandel.
Herr Zastrow war in seiner ersten Reaktion weitaus euphorischer als Herr Flath. Er sagte: Einmal mehr beweist die schwarz-gelbe Koalition Mut und Kraft bei der Realisierung großer politischer Ziele.
Wort halten, Herr Zastrow, ist ein gutes Beispiel für die Umstrukturierung im Polizeibereich. Da schreiben Sie gemeinsam mit der CDU in der Koalitionsvereinbarung: Wir werden die flächendeckende Präsenz und Einsatzfähigkeit der Polizei insbesondere in den Grenzregionen garantieren.
Dann gehen wir einmal nicht in die Grenzregion Ostsachsen, über deren Situation wir oft genug gesprochen haben. Gehen wir einmal in den Kurort Bad Brambach. Dort gibt es nicht nur Einwohner, sondern auch Touristen. Wenn man die Polizei ruft, klingelt künftig wahrscheinlich im nächstgelegenen Polizeirevier Auerbach das Telefon. Das ist 55 Autominuten entfernt. Dann kann man einmal schauen, wie die flächendeckende Präsenz und die Bürgernähe der Polizei aussehen.
Gerade der Bereich Polizei ist ein besonders gravierender Punkt. Fast die Hälfte aller Reviere wird geschlossen, und dann heißt es aus dem Innenministerium: Es wird noch Standorte geben.
Was aus diesen Standorten wird, wie die sein werden, hat der Bürgermeister von Großschönau vor zwei Wochen erfahren. Da kündigt die Immobilienverwaltung den Mietvertrag für den Polizeiposten und fragt an: Wir bräuchten für den künftigen Standort Großschönau ein Zimmer von zwölf Quadratmetern für einen Bürgerpolizisten. – Alles klar, das sind die Standorte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist an all dem wirtschaftlich? Ich habe schon oft gehört, das soll wirtschaftlich sein. In der Polizeidirektion Oberes ElbtalOsterzgebirge wurden erst vor wenigen Wochen die Baumaßnahmen fertiggestellt: 28 Millionen Euro wurden hier investiert.
Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die Kündigung der Räume in Großschönau mittlerweile zurückgenommen wurde und in der Feinkonzeption dieser Standort noch ausgestaltet und der Bürgermeister einbezogen wird?
Ich war bei dem Punkt: Was ist bei all dem wirtschaftlich? Bei der Polizeidirektion Westsachsen wird zurzeit noch gebaut: 40 Millionen Euro, die werden weg sein. Die SAB hat erst vor Kurzem die Immobilie erworben und für ihre eigenen Bedürfnisse umgebaut. Die Unverständlichkeit dieser SAB-Entscheidung ist schon mehrfach angesprochen worden. Was spricht für die Verlagerung der SAB?
Gut, es muss ja vielleicht nicht wirtschaftlich sein. Aber was ist daran modern? Ich habe keine Antworten auf die eigentlichen Fragen von Staatsmodernisierung gehört. Welche Vorschriften können wir abschaffen? Welche Verordnungen können wir vereinfachen, welche Formulare kürzen, welche Entscheidungen schneller treffen? Wie können wir den Bürgern besser zu Diensten sein?
Stattdessen fragt die Regierung: Wo können wir etwas einsparen? Wem müssen wir etwas geben, damit er ruhig ist? Die jetzt vorgelegte Antwort gibt keine Auskunft darüber, was gespart wird. Auf Nachfrage hat die Staatsregierung immerhin zugegeben: Es könnte erst einmal so um die 300 Millionen Euro kosten. Aber mal schauen, was dann im Feinkonzept noch kommt.
Meine Damen und Herren! Das ist politisch einfallslos und arm. Wir haben im Bereich der Polizei gezeigt, dass
es bessere Antworten gibt, dass man Dezentralisierung statt Zentralisierung ins Augen fassen sollte, dass man kleine, aber starke und flexible Polizeiwachen in ganz Sachsen rund um die Uhr einrichtet. Das heißt Bürgernähe und Modernisierung gleichermaßen. Wir denken, die Koalition wäre gut beraten, –
gegenüber ihrer Staatsregierung selbstbewusst aufzutreten und ein tatsächlich bürgerfreundliches, wirtschaftliches und modernes Konzept einzufordern. Wir werden das weiterhin tun.
Für die SPD-Fraktion war das die Abg. Frau Friedel. – Als Nächstes spricht für die Fraktion GRÜNE die Frau Abg. Jähnigen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So viel Selbstlob, Herr Flath, Herr Zastrow, nach drei Jahren Verwaltungs- und Funktionalreform: Warum trauen Sie sich eigentlich nicht, die angeblichen Erfolge dieser Reform zu evaluieren?
Nichts liegt uns vor, auch nicht von der Polizeireform 2005. Jetzt hat nach mehrstündigen Pressegesprächen die Regierung ein großes Überraschungspaket zur Staatsmodernisierung präsentiert. Was findet man nach dem Entfernen von vielen Schichten Einwickelpapier darin? Eine Karte mit einem Umzugskonzept.
Es ist von den Wahlkreisabgeordneten schon gelobt worden. Es gibt natürlich auch interne Kritik. Bei allen konkreten Fragen wird auf die Zukunft verwiesen. In den nicht einbezogenen Behörden fragen sich die Mitarbeiter: Was soll das? Mit Staatsmodernisierung hat das natürlich nichts zu tun.
Wir meinen die Grundlagen dieser Herangehensweise. Die Analysen, die Zahlen, die Behördenaufgaben gehören hier in die Volksvertretung. Heute wäre eine Regierungserklärung zur Staatsmodernisierung angesagt gewesen und kein freundliches Selbstlob der Koalitionsparteien.
Natürlich kann man den vorgeschlagenen Umzug des Rechnungshofes nach Döbeln als verzweifelten Versuch werten, den Verlust von Selbstverwaltung und ortsnaher Verwaltung durch eine Behörde zu kompensieren, die der örtlichen Bürgerschaft nichts bringen wird, so wichtig sie ist. Aber mit Staatsmodernisierung hat auch das nichts zu tun.
Her Justizminister, Sie wollten einen Fahrplan zur Staatsmodernisierung vorlegen. Fahrpläne macht man doch nicht so, dass man auf der Karte neue Bahnhöfe plant. Fahrpläne macht man so, dass man sich überlegt, wer von A nach B fährt, welche Züge schon wo lang fahren und wo man dann die Bahnhöfe braucht oder ausbauen muss. Sie legen sanierte Bahnhöfe still und planen Bahnhöfe, wo gar keine Züge fahren. Das hat mit Staatsmodernisierung wirklich nichts zu tun.
Ein Negativbeispiel ist die SAB. Die SAB als Förderbank hat ihre Bezüge nach Dresden zu den Ministerien. Sie hat sämtliche Beteiligungsunternehmen, die SAENA, die Bürgschaftsbank, futureSax, hier in der Region. Warum soll die SAB nach Leipzig? Ich würde es der Stadt Leipzig ja gönnen. Aber es macht keinen Sinn, weil die Kundschaft der SAB auch zu den Ministerien will und weil wir keine SAB-Daueraußenstelle haben wollen, wie sie bei vielen Bundesministerien nach dem Umzug nach Berlin in Bonn immer noch vorhanden ist. Das können wir uns in Sachsen überhaupt nicht leisten.
Ihre sogenannte Staatsmodernisierung ist in Wirklichkeit eine Staatszentralisierung. Besonders gut sieht man das an den drei Landesdirektionen.