Protocol of the Session on November 11, 2009

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein ausgereichter Apfel – das ist Fakt – kostet mehr, als wenn der Lehrer

zwei Schritte über den Marktplatz geht und den Apfel im Laden nebenan kauft.

Dazu muss man klar und deutlich sagen: Ein Großteil dieser Kosten sind Bürokratie-, Nachweis- und Kontrollauflagen, die uns durch die EU auferlegt würden.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Die CDU-Fraktion ist deshalb der Meinung: Es ist richtig, Obst und Gemüse an Schülerinnen und Schüler auszureichen. Es ist richtig, dauerhaft zur gesunden frugalen Ernährung zu erziehen. Es ist richtig, verantwortungsbewusst mit den Steuergeldern umzugehen, denn das sind genau die Gelder, die die Bürgerinnen und Bürger uns in die Hand gegeben und uns anvertraut haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN, ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen, wie man dieses Programm besser verwirklichen könnte, anstatt diesem Antrag zuzustimmen.

(Sabine Friedel, SPD: Machen Sie doch einen Änderungsantrag!)

Der erste Punkt, der mir wichtig erscheint: Im Freistaat Sachsen gibt es die Möglichkeit des Ernährungsführerscheins. Hier werden die Schülerinnen und Schüler gezielt für die gesunde Ernährung sensibilisiert und gezielt geschult. Auch als Abgeordneter des Sächsischen Landtages kann man eine Menge tun. Ich werde nächsten Montag zusammen mit den Kindern des Kindergartens St. Katharina in Großenhain die Obstpause vorbereiten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Dort kann man den Kindern sehr gut zeigen, dass es Spaß macht, sich um die eigene Ernährung zu kümmern,

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

und dass es richtig und wichtig ist, sich dafür zu interessieren. Wir stehen für eine nachhaltige Investition in die Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler. Ich möchte Sie daher bitten, den Antrag der SPD und den Änderungsantrag der GRÜNEN abzulehnen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Als nächste Rednerin ist Frau Abg. Falken von der Fraktion DIE LINKE gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Fischer, es ist schon erstaunlich, wie viele Umstände Sie sich machen und wie viele Handstände Sie hier vorn am Pult veranstaltet haben, um Begründungen zu finden, dieses Programm nicht aufzulegen.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Alle Begründungen sind scheinheilig. Wenn Sie in einem Kindergarten mit den Kindern über das gesunde Essen sprechen, haben Sie noch keine flächendeckende Möglichkeit in Sachsen geschaffen, ein gesundes Essen an die Kinder auszugeben bzw. auf Obst und Gemüse Einfluss zu nehmen.

(Christian Piwarz, CDU: Was ist mit den Eltern?)

Nun zu dem, was ich mir für den heutigen Redebeitrag vorgenommen habe. Ich bin genau wie Frau Stange heute davon ausgegangen, dass es ein formaler Antrag sein wird. Ich habe mich sogar gewundert, warum die SPD diesen Antrag ins Plenum bringt, denn das hätten wir auch im Ausschuss behandeln können.

Vielleicht noch einmal zum Hintergrund. Wir haben zu Beginn dieses Jahres im Schulausschuss zu diesem Thema bereits debattiert und waren uns nach meiner Auffassung ziemlich einig, dass ein solches Programm sehr wichtig ist. Das wurde von den demokratischen Fraktionen damals im Ausschuss klar fixiert. Ich bin davon ausgegangen, dass der Ministerpräsident Herr Tillich im Bundesrat selbstverständlich diesem Programm zustimmen wird, damit wir die Möglichkeit haben, diese 900 000 Euro in Sachsen für das Schulobst zu verwenden.

Wir haben dann im Bundestagswahlkampf am 18. September 2009 erlebt, dass die Bundesländer und auch der Freistaat Sachsen diesem Programm zugestimmt haben. Logisch, keine Frage – Haken dran und fertig. Die Frage ist nur: Wie wird es verteilt, und welche Möglichkeiten gibt es?

Auch der Sächsische Städte- und Gemeindetag ist davon ausgegangen, dass es genau so ablaufen wird. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 hat er an die Kommunen und die Bürgermeister ein Schreiben geschickt und erklärt, wie die Umsetzung erfolgen soll, wie viele Mittel dafür zur Verfügung stehen und dass im zweiten Schulhalbjahr damit begonnen werde, das Obst an den Schulen zu verteilen. Ferner wurde mitgeteilt, dass es noch ein paar organisatorische Fragen gebe, die aber sicherlich zu klären seien.

Seit Dienstag ist nun alles ganz anders. Wir brauchen gesundes Obst an unseren sächsischen Schulen offensichtlich nicht, weil die CDU und die FDP der Auffassung sind, die bürokratischen Hürden seien zu groß. Haben Sie sich eigentlich schon einmal überlegt, wie viele bürokratische Hürden Sie in Förderprogrammen des Freistaates Sachsen oftmals aufgelegt und dabei erwartet haben, dass diejenigen, die die Anträge stellen, dieses trotzdem umsetzen? Sie haben noch nie daran gedacht, dass es dort vielleicht Veränderungen geben müsste.

Die Linksfraktion ist der Auffassung: Dieses Programm kann man nicht einfach so wegschieben. Es geht um die Gesundheit der Kinder im Freistaat Sachsen. Es ist nicht notwendig, eine Studie in Auftrag zu geben, um festzustellen, wie gesund die Schulspeisung an unseren sächsi

schen Schulen ist. Diesbezüglich möchte ich Frau Stange voll und ganz beipflichten. Wir wissen, wie das Essen in der Schule aussieht. Wer es nicht weiß, sollte mal eine Woche in der Schule essen gehen. Obst und Gemüse fehlen an sächsischen Schulen. Damit kann eine gesundheitsbewusste Ernährung nicht gewährleistet werden.

(Zuruf der Abg. Uta Windisch, CDU)

Ich möchte noch zwei Dinge erwähnen. Der Ministerpräsident hat sich heute in seiner Regierungserklärung zu zwei Punkten klar geäußert. Er hat uns erklärt, dass es ein Konzept geben wird, um die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss an den sächsischen Schulen zu verringern.

Ich frage Sie hier und heute: Welchen Stellenwert soll die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen des Freistaates Sachsen in diesem Konzept haben, wenn wir uns die Möglichkeiten, die auch über EU-Mittel gefördert werden, entgehen lassen und es hier keine Möglichkeit gibt, eine entsprechend gesunde Ernährung durchzuführen?

Der Ministerpräsident hat heute in seiner Regierungserklärung verkündet, dass es unpopuläre Entscheidungen im Bildungsbereich geben wird. Ich habe es mir extra wörtlich aufgeschrieben. Ist das die erste unpopuläre Entscheidung im Bildungsbereich, die hier getroffen werden soll? Ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird. Der Druck seitens der demokratischen Parteien wird hoffentlich so groß, dass man das noch verändert.

(Beifall bei der Linksfraktion und der SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abg. Bläsner; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, außer Frage steht, dass Handlungsbedarf besteht. Jeder dritte Jugendliche und jedes fünfte Kind ist übergewichtig. Auch die motorische Leistungsfähigkeit hat sich erheblich verschlechtert. Dass diese Probleme auch in der Schule angegangen werden müssen, steht außer Zweifel.

Die SPD-Fraktion schlägt vor, mittels des EU-Programms Obst an sächsische Schüler zu verteilen. Das klingt gut, und ich denke, das ist auch gut gemeint.

(Zuruf von der Linksfraktion: Das stimmt!)

Das Programm hat leider – ich sage: leider – entscheidende Mängel. Es ist unpraktikabel, ineffizient und viel zu bürokratisch.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Die Kosten für die Verteilung, die Überwachung, das Berichtswesen und die Beschaffung stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen. Es geht nicht nur um die 300 000 Euro Landesanteil, sondern auch um die

900 000 Euro EU-Anteil. Auch das sind Steuermittel, sehr geehrte Frau Stange.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Ich möchte noch auf einige wenige Beispiele eingehen, die die Bürokratie beschreiben. Davon gibt es unzählige. Es muss europaweit ausgeschrieben werden – das wurde schon genannt —, die Verteilung des Obst und Gemüses sowie die Qualitätskontrolle müssen in regelmäßigen Abständen erfolgen und überwacht werden.

(Michael Weichert, GRÜNE: Besser ist es!)

Die Bearbeitung der Beihilfeanträge zieht – wir wissen es – einen extrem hohen Verwaltungsaufwand nach sich. Das Gleiche haben wir bei der Auszahlung der bewilligten Gelder. Jährlich müssen – wie soll es anders sein – Überwachungs- und Ergebnisberichte erstellt und der EU zugeschickt werden. Und das alles für 24 Cent pro Woche und Schüler. Dafür bekommt man gerade mal einen Apfel. Ich frage mich, ob es das wirklich wert ist, einen ganzen Verwaltungsapparat und großen Bürokratieaufwand wegen der 24 Cent pro Woche und Schüler in Gang zu setzen.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)

Das Programm, wie es von der EU angedacht ist, ist leider nur der Tropfen auf den heißen Stein. Deshalb rechtfertigt der Aufwand den Nutzen nicht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Wenn wir die Gelder vor allem in die Bürokratie – also in Papier und Bleistifte – statt in Obst und Gemüse stecken, dann sollten wir dieses Programm in Sachsen nicht machen. Wir wollen nachhaltige und effiziente Lösungen. Das ist ein Markenzeichen unserer Koalition und das ist auch im Gesundheitsbereich der Fall.

Wir in Sachsen müssen uns mit den Vorhaben, die wir bereits haben, nicht verstecken. Es ist falsch, wenn gesagt wird, dass wir an der Gesundheit der Kinder sparen würden. Die SPD müsste es wissen. Einige Maßnahmen existieren schon lange. Auch in der Regierungszeit von CDU und SPD gab es weitere Initiativen. Ich möchte nur eine nennen: Wir haben jetzt den Schulgartenunterricht an den sächsischen Schulen. Er animiert sächsische Schüler dazu, heimisches Obst und Gemüse anzubauen, zu pflegen, zu ernten und natürlich zu essen. Damit erleben sie es hautnah.