Es gibt noch weitere Vorhaben, die wir planen, zum Beispiel das Projekt „Sachsen is(s)t Apfel“. Das klingt zunächst vielleicht etwas lustig. Es sind sicher keine braunen Äpfel dabei, sondern es geht einfach darum, dass die Schüler zu den Landwirten in die Obstplantagen gehen und dort lernen, wie die Äpfel geerntet werden, was man mit ihnen alles machen kann und wie sie verarbeitet werden. Sicher können sie von den Äpfeln auch einmal kosten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden das Thema Ernährungsbildung auch in den Bildungsplänen der Kindertagesstätten weiter umsetzen und wir werden es auch in die Informationen der Schulen aufnehmen. Die Realität ist oftmals viel weiter, als wir hier im Landtag denken. Vor Kurzem war ich bei einem Kindergartenfest. Dort gab es eine Apfelpresse. Man muss die ganz praktischen Beispiele bringen, da sie zeigen, was hier in Sachsen gemacht wird, meine Damen und Herren.
Auf einem Kindergartenfest gab es eine Apfelpresse und die Kinder waren begeistert. Dort lernen sie praktisch, mit Obst umzugehen und danach den Apfelsaft zu trinken.
Sie können dazu später noch sprechen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eine Studie zum Schulessen. Es wurde kritisiert. Aber ich möchte noch einmal daran erinnern: In der letzten Legislatur gab es eine Studie zum Essen in den Kindertagesstätten. Das Hohe Haus hat diese Studie gelobt, da sie wirklich wichtige Erkenntnisse gebracht hat. Ich denke, die Studie zum Essen in den Schulen wird ebenfalls wichtige Erkenntnisse bringen. Das ist eine nachhaltige Maßnahme.
Wenn die Kinder durch Ihre tollen Maßnahmen lernen – sicher stimmt das, denn wir waren alle schon bei solchen Festivitäten im Kindergarten –, wie gut es ist, sich gesund zu ernähren, aus Äpfeln Apfelsaft zu machen, zu trinken, die Vitamine zu genießen, und wenn sie das gut finden, warum geben Sie ihnen dann nicht die Äpfel?
Das klingt natürlich sehr populär, aber ich muss Ihnen sagen, dass die Eltern diese Äpfel auch gern in die Schule mitgeben können. Die Eltern sind dafür verantwortlich.
Wir dürfen eines nicht vergessen: Letztlich liegt die Verantwortung bei den Eltern. Übrigens werden auch die
meisten Kalorien zu Hause und nicht in der Schule gegessen. Das müssen wir bei allen Maßnahmen, die wir machen, bedenken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht nur die Ernährung gehört zum gesunden Aufwachsen, sondern auch der Sport. Ich denke, dabei sind wir in Sachsen vorbildlich. Wir als Koalition haben uns vorgenommen, das Programm „Komm in den Sportverein!“ weiter auszubauen. Damit geben wir allen Schülern die Gelegenheit, ihren Lieblingssport auszuprobieren und sich zu bewegen. Das macht nicht nur Spaß, sondern ist auch die beste Gesundheitsprävention, die es gibt.
Lassen Sie mich zum Schluss meiner Rede noch einmal darauf zurückkommen, was zum Thema, wir würden das Geld wegschmeißen, gesagt wurde. Wir schmeißen es nicht weg, sondern wir schauen, wie wir es klug investieren, auch in Gesundheit und Bildung. Aber es ist falsch gedacht, wenn wir sagen, wir bekommen etwas geschenkt, also haben wir es auch zu nehmen. Ich denke, dieses Prinzip können wir bei Steuermitteln nicht anwenden und erst recht nicht bei Fördermitteln, die wir mit Landesmitteln ergänzen müssen. Wir müssen wirklich schauen, ob es sinnvoll ist.
Wir haben lange Zeit geprüft, ob es sinnvoll ist. Danach sind wir zu dem Schluss gekommen, es nicht zu machen. Wir werden deshalb den Antrag der SPD ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Gähnen konnte ich mir nicht verkneifen, als ich den vorliegenden Antrag der SPD zum ersten Mal gelesen habe. Schon wieder diese ewige Diskussion ums Schulobst, und diesmal von denen angestoßen, die unseren Antrag vom 16.01.2009, Drucksache 4/14458, mit weitgehend gleichem Inhalt seinerzeit abgelehnt haben.
Meine Damen und Herren! Seit gestern ist das Thema für Sachsen hochaktuell. Wie Staatsminister Kupfer verkündete, hat das Kabinett beschlossen, dass EU-Schulobstprogramm in Sachsen nicht umzusetzen.
Wir GRÜNEN hatten wenigstens befürchtet, die Staatsregierung könnte ihre Blockadehaltung durch die Überbürokratisierung der Umsetzung fortsetzen. Die Realität ist aber noch trauriger. Der finanzielle und bürokratische
Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen, hieß es in der Begründung. So hatte ich mir den im Koalitionsvertrag angekündigten Bürokratieabbau nicht vorgestellt.
Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung verfährt hier nach dem Prinzip: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“. Einerseits wird sie nicht müde, von der Vorbildfunktion der Schulspeisung zu sprechen, bei der regionale, saisonale und ökologische Produkte auf den Tisch kommen sollen – O-Ton Frau Staatsministerin Clauß. Andererseits ist sie nicht bereit, für dieses Ziel zu arbeiten.
Was hat denn die seit über einem Jahr existierende Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Schulobstprogramms während der ganzen Zeit getan? – Herr Kupfer, das können Sie uns vielleicht nachher noch einmal erklären.
Mit ihrer Verweigerungshaltung hat die Staatsregierung die Chance verspielt, etwas Konkretes zur Verbesserung der Ernährung sächsischer Schülerinnen und Schüler zu tun.
Es ist schön und gut, den Kindern die Arbeitsabläufe beim Obstbau näherzubringen, wie das geplante Projekt „Sachsen is(s)t Apfel“ vorsieht. Sie wissen danach aber immer noch nicht, wie ein Apfel schmeckt.
Meine Damen und Herren, was bringt es den Kindern aus einkommensschwachen Haushalten, wenn sich Pädagogen beim Lernportal des Kultusministeriums über Genussfragen informieren?
Das klingt für mich schon fast zynisch. Das hilft den Kindern genauso viel, als wenn sie sich eine Kochsendung im Fernsehen anschauen.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, mir klingen Ihre salbungsvollen Worte aus dem Wahlkampf noch in den Ohren. Wer Kinder in seinen Sonntagsreden „unsere Zukunft“ nennt, sollte im Alltag endlich Taten folgen lassen.
Was wir in Sachsen nicht hinbekommen, ist in anderen Ländern längst Alltag. In Norwegen gibt es beispielsweise seit 2004 ein nationales Schulobstprogramm. Auch in Belgien, Schweden, Dänemark, Spanien, Frankreich, Ungarn, Italien, Großbritannien und den Niederlanden hat man den Sinn einer solchen Maßnahme erkannt und dementsprechend gehandelt. Dies geschieht aus gutem Grund.
Der Verzehr von Obst und Gemüse ging in den letzten Jahren in der EU immer weiter zurück. Gleichzeitig nehmen Übergewicht und Fettleibigkeit unseres Nachwuchses zu. Laut einer aktuellen Studie wird deshalb in Europa von 2005 bis 2020 die Zahl zuckerkranker Kinder unter 15 Jahren um 70 % ansteigen. Allein in Deutschland sind heute bereits 2 Millionen Kinder und Jugendliche übergewichtig. Jedes dritte Kind geht ohne Frühstück in die Schule. Viele nehmen nicht am Mittagessen teil und ernähren sich von Süßigkeiten und Fastfood.
Die Folgekosten ernährungsbedingter Krankheiten sind um ein Vielfaches höher als die Kosten, die durch die Ausgabe kostenlosen Schulobstes entstehen würden. Bundesweit laufen durch Fehlernährung jährlich Behandlungskosten in Höhe von 70 Milliarden Euro auf. Experten rechnen in den kommenden Jahren mit einem Anstieg auf 100 Milliarden Euro. Das sollten Sie bei den Kalkulationsvorschlägen berücksichtigen, Herr Fischer.
Meine Damen und Herren! Diese und weitere Untersuchungsergebnisse können Sie in zahlreichen Studien nachlesen, die ich der Staatsregierung dringend zur Lektüre empfehle. Es ist skandalös, dass unsere moderne Gesellschaft für gesunde Lebensmittel keinen Cent übrig hat und sich um die Finanzierung von Schulobst monatelang streiten muss.
Entgegen anderslautender Beteuerungen tut die Staatsregierung viel zu wenig für eine genussvolle und natürliche Esskultur in Sachsen. Analogkäse, Schinkenimitate, gepresster Fisch als Garnele – die lange Liste der industriellen Irrwege als Folge des „Geiz-ist-geil“-Dumpings ist sehr lang.
Meine Damen und Herren, wir hätten mit der Umsetzung des EU-Schulobstprogramms einen ersten aktiven Schritt in die richtige Richtung machen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hat sich aus unserer Sicht der SPDAntrag mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss erledigt und wir hätten diesen Tagesordnungspunkt wirklich absetzen können.
Übrigens wollten wir ursprünglich zustimmen – zwar mit erheblichen Bauchschmerzen; aber da uns die gesunde Ernährung unserer Kinder genauso am Herzen liegt wie Ihnen, hätten wir diese Bedenken zurückgestellt.
Ich kann aber auch eine gewisse Genugtuung über diesen Kabinettsbeschluss nicht verhehlen: ein Kabinettsstück sozusagen, das dieser EU mit ihrer unglaublichen Bürokratie klar ihre Grenzen zeigt.
Als Bürokratie verstehen wir vor allem die sogenannten flankierenden Maßnahmen, die die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, „auf nationaler oder regionaler Ebene eine Strategie in Konsultation mit den Gesundheits- und Bildungsbehörden der Industrie und interessierten Parteien zu entwickeln“. In dieser Strategie sollte nicht nur festgelegt werden, wie ein Schulobstprogramm am besten umgesetzt und in den Lehrplan integriert werden kann, nein, sondern „im Rahmen der Umsetzung müsste die Beteiligung der Europäischen Union hervorgehoben werden“. Die Lobeshymne auf die größte EU aller Zeiten war schon im Voraus geplant. Die Umsetzung dieser flankierenden Maßnahmen wäre in erster Linie aus nationalen Mitteln zu finanzieren. Kein Wunder, dass sich