Protocol of the Session on January 20, 2011

Richtig, Sie wollen sich ja noch – –

– oder den Plenarsaal verlassen.

– entscheiden, wie Sie abstimmen werden.

(Beifall des Abg. Miro Jennerjahn, GRÜNE)

Darum wollen wir den bevorzugten Zuschlag für Netzinitiativen vor teuren privatwirtschaftlichen Initiativen. Mit denen verbindet sich nämlich zugleich die Vermittlung von technischer Kompetenz und bürgerschaftlicher Kooperation. Diese Möglichkeiten werden noch viel zu wenig genutzt.

Mit der Verbreitung des Internets wird auch die Frage diskutiert: Was können wir tun, um das häufig beklagte Beteiligungsdefizit der repräsentativen Demokratie zu verringern? Das möchte ich der Idee der Daseinsvorsorge noch hinzufügen. Denn die Nutzung des Internets für politische Beteiligung entspricht dem gewachsenen Kommunikationsstandard der Gesellschaft.

Bereits mehrfach habe ich in diesem Haus darauf hingewiesen. Wir haben die entsprechenden Initiativen im Geschäftsgang, damit auch der Landtag dies stärker nutzen kann.

So wie der Zugang für die Daseinsvorsorge im Privaten wichtig ist, können wir es nicht zulassen, dass diese Mitbestimmungs- und Demokratiepotenziale davon abhängig sind, wo man im Lande wohnt und ob man sich einen Internetanschluss leisten kann, meine Damen und Herren.

Die in Ihrem Änderungsantrag vorgenommenen Konkretisierungen sind sinnvoll. Auch den Bericht zum IT-Gipfel zu hören ist eine Bereicherung für die Öffentlichkeit.

Selbst wenn die Kolleginnen und Kollegen der Koalition diesem Punkt zustimmen werden, bleibt als Unterschied zwischen uns bestehen, dass wir fest davon überzeugt sind, dass das Internet als Aufgabe der Daseinsvorsorge zu betrachten und zu verankern ist. Unsere Fraktion im Bundestag hat die Internetversorgung als Teil der Daseinsvorsorge in einem Antrag schon im Jahre 2008 im Bundestag gefordert. Daher findet dieses Vorhaben der SPD natürlich unsere grundlegende Unterstützung.

Gerade in den Regionen, wo kommerzielle Anbieter keine ausreichenden Internetdienstleistungen zur Verfügung stellen können oder wollen, sollten kurzfristig alternative Lösungen wie Freifunk öffentlich gefördert und beworben werden können.

In einem Fachgespräch mit den Netzinitiativen des Freistaates haben wir Situationen und Perspektiven diskutiert. Da werden auch die Möglichkeiten der KISA, die das Portal breitbandberatungsstelle-sachsen.de betreibt, aus unserer Sicht noch nicht ausgeschöpft. In einer Verfügbarkeits- und Bedarfsanalyse zum Beispiel zum Ort Nauendorf kamen solche Anbieter gar nicht vor, wobei – und das betone ich – gerade von ihnen die technische Kompetenz bei den Bürgerinnen und Bürgern verbreitet werden kann und bürgerschaftliche Kooperation gefordert wird. Genau deswegen dürfen diese Anbieter nicht aus dem Blick geraten.

Aus ihrer Perspektive ist eine weitere Frage zu diskutieren. Durch den Wegfall des analogen Fernsehens wurden Frequenzen frei, die zum Beispiel auch für den Freifunk als kurzfristige Lösung für die Probleme im ländlichen Raum genutzt werden könnten. Bislang werden diese aber fast nicht für ein freies Internet genutzt. Deshalb unterstützen wir die Forderung, die freien Frequenzen zu erhalten und sie öffentlich zur Verfügung zu stellen. Vor allem die ländlichen Räume, die zurzeit weder mobile noch stationäre Breitbandanschlüsse haben, könnten damit endlich mit schnellen Internetverbindungen versorgt werden. Es wird Zeit, die strukturelle Benachteiligung dieser Gebiete zu beenden. Im Vorfeld sollte allerdings bedacht werden, dass der Nutzen für die Internetsurfer natürlich nicht zum Nachteil für den Empfänger des terrestrischen Fernsehens werden darf. Darin sind wir uns völlig einig.

Verbraucherschützer und Programmanbieter kritisieren zu Recht, dass die neue Mobilfunktechnik LTE Störungen anderer Funkdienste, wie zum Beispiel des terrestrischen Digitalfernsehens, verursachen kann. Für dieses Problem muss eine technische Lösung gefunden werden.

Aber, meine Damen und Herren, dass die Kommunen führend sind bei der Umsetzung der Breitbandinitiative, ist auch ein Hinweis darauf, dass es sich um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge handelt und handeln muss. Es kann nicht angehen, kulturelle, soziale und demokratische Teilhabe von der Geldbörse und von der Wohnregion abhängig zu machen. Der digitale Horizont von niemandem darf an der Sanduhr auf dem Bildschirm scheitern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Herr Karabinski als nächster Redner für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jurk, es hat natürlich Gründe, dass sich vor Kurzem hier in Dresden so viel bei den Breitbandoffensiven konzentriert hat. Der Grund ist ganz einfach: Dresden war in der Vergangenheit schlichtweg unterentwickelt. Dresden war zuweilen schlechter angebunden als so manche ländliche Region, und das ist eben auch der Grund, warum man in Dresden-Striesen jetzt vor Kurzem mit einem relativ großen Tamtam die Breitbandoffensive gestartet und das eingeführt hat.

(Christian Piwarz, CDU: Teile von Dresden!)

Teile von Dresden, nicht ganz Dresden.

Deswegen ist es völlig normal, Herr Jurk, dass ein Staatssekretär des SMWA das verkündet. Das ist gut so.

(Beifall bei der FDP)

Grundsätzlich muss man sagen, dass es sich hierbei um einen inhaltlich interessanten Antrag der SPD handelt. Das trifft sowohl auf den ursprünglichen Antrag als auch auf Ihren Ersetzungsantrag zu. Er ist nicht nur interessant, sondern auch tatsächlich diskussionswürdig, meine Damen und Herren, da die Probleme für die Bevölkerung und die Wirtschaft nicht unerheblich sind, wenn das schnelle Internet nicht verfügbar ist.

Aber vielleicht betrachten wir zunächst einmal die Diskussion über die Grundlage der Daseinsvorsorge. Was ist Daseinsvorsorge? Was ist ihr eigentlicher Inhalt und welche Ziele verfolgt die Daseinsvorsorge? Der Begriff Daseinsvorsorge wird in Deutschland verwendet, um die Tätigkeit von Staat und Gemeinden zur Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit lebenswichtigen Gütern zu beschreiben. Zu diesen Tätigkeiten zählen öffentlich zugängige Versorgung mit Energie und Wasser, dazu gehören Abfallbeseitigung, Katastrophenschutz, Verkehrsinfrastruktur, dazu gehören die Bereitstellung eines grundlegenden Sozial-, Bildungs- und Ausbildungswesens, zahlreiche sozial motivierte Dienste, die Gewährleistung der äußeren und inneren Sicherheit, das Justiz- und Personenstandswesen sowie das Zurverfügungstellen von Bibliotheken, Kindergärten und Schwimmbädern.

Die Bundesregierung hält eine Erweiterung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft für nicht notwendig. Die Entwicklung hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse soll nicht in den Zielkatalog der Gemeinschaft aufgenommen werden; denn dies würde einen weiteren Eingriff in den Wettbewerb zum Inhalt haben, wobei sich der Markt für Mitbewerber verschließen würde.

An dieser Stelle müssen wir uns die Frage stellen: Gehört Highspeed-Internet tatsächlich zur Grundversorgung?

Mit dem Ziel der finanziellen Entlastung der Kommunen wurde die Privatisierungspolitik der kommunalen Daseinsvorsorge zielstrebig vorangetrieben. Es erfolgte dadurch eine Konzentration der kommunalen Aufgaben auf tatsächliche Herausforderungen der Daseinsvorsorge. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, muss beibehalten werden. Es muss vermieden werden, die Kommunen mit neuen Aufgaben zu belasten.

Die Grundversorgung der Bürger – und eben nur die Grundversorgung – gehört zum Kernbereich der kommunalen Daseinsvorsorge. Zur Erinnerung möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass eine neue Aufgabenübertragung an die Kommunen durch die jeweiligen Länder finanziell abgesichert sein muss; denn es gilt ja in Deutschland das Konnexitätsprinzip.

Vielleicht können Sie uns in der nächsten Runde mitteilen, woher Sie das Geld für den notwendigen Lastenausgleich nehmen wollen. Würden wir das jetzt in den Katalog der Grundversorgung aufnehmen, müssten wir auch darüber reden, wer es letztendlich bezahlen soll.

Aber – und damit komme ich zurück zu meinen anfänglichen Bemerkungen – aufgrund der hohen Priorität der Breitbandversorgung sind wir, die christlich-liberale Koalition, natürlich nicht untätig geblieben. Erstmals sind im Haushalt 2011/2012 948 000 Euro jährlich als Förderung für die Breitbandversorgung im ländlichen Raum vorgesehen. Dies dient der Unterstützung der Kommunen zur Beantragung und Abrufung der Fördermittel beim Bund. Die Notwendigkeit unterstützender Maßnahmen wurde von uns erkannt und umgesetzt. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um perspektivisch die Versorgung mit schnellem Internet flächendeckend zu gewährleisten.

Jetzt müsste man sich die Frage stellen: Was haben Sie denn in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung getan, um dieses Thema voranzubringen?

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Jennerjahn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat mich ein bisschen erstaunt, weil sie sehr technisch geführt wurde. Im Kern reden wir hier nämlich nicht über eine technische Frage, die politisch gelöst werden muss, sondern über eine explizit politische Frage, deren Beantwortung technische Konsequenzen hat. Deswegen reicht es auch nicht aus, die zentrale Forderung des Antragstitels „Schnelles Internet als Aufgabe der Daseinsvorsorge verankern“ mit dem Hinweis zu beantworten, dass ohnehin schon weite Teile der deutschen Haushalte die Möglichkeit hätten, auf breitbandiges Internet zurückzugreifen.

Erstens heißt das, dass man der politischen Frage, die dahintersteht, bewusst ausweicht. Zweitens wird dabei

auch ausgeblendet, dass es sehr unterschiedliche Definitionen der Begrifflichkeit Breitband gibt. Diese breite Streuung der Definitionen wird nicht mit der ausreichenden Differenziertheit erfasst.

Kommen wir kurz zur politischen Frage. Dass wir an der Thematik breitbandiges Internet nicht mehr vorbeikommen, ist ein Allgemeinplatz. Die Bedeutung, die das Thema zu Recht mittlerweile im politischen Raum einnimmt, lässt sich an der Breitbandstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 oder auch der Digitalen Agenda für Europa der EU-Kommission aus dem Frühjahr 2010 ablesen.

Dass der Ausbau schnellen Internets dabei eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat, ist ebenso Grundlage für die Erarbeitung dieser Dokumente wie die Gewissheit, dass eine entsprechende Versorgung erhebliche gesellschaftliche Bedeutung hat, etwa bei den daraus resultierenden Möglichkeiten der Beteiligung und der Informationsbeschaffung.

Die eminent politische Frage, die wir zu beantworten haben, lautet: Ist die Bedeutung der vergleichsweise jungen technologischen Errungenschaft Internet so hoch zu bewerten, dass wir den Zugang zu schnellem Internet als Bestandteil der Daseinsvorsorge definieren, wie es bei Telefonanschlüssen oder der Versorgung mit Postdienstleistungen der Fall ist, und wir daraus resultierend die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen? Jeder Haushalt hätte damit Anspruch auf einen entsprechend schnellen Zugang zum Internet zu erschwinglichen Preisen.

Das Internet durchdringt in zunehmendem Maße den Alltag der Menschen. Wer keinen Zugang zum Internet hat, wird zunehmend von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sein – das ist schon mehrfach angeklungen. Deshalb müssen wir aufpassen, dass es nicht zur digitalen Spaltung der Gesellschaft kommt, auf der einen Seite diejenigen, die auf diese Ressource zurückgreifen können, auf der anderen Seite diejenigen, die sich das nicht leisten können. Es gibt aber auch die tatsächliche Gefahr, dass die digitale Spaltung nicht zwischen Arm und Reich oder Alt und Jung verläuft, sondern zwischen Stadt und Land. Aus dieser Problemstellung heraus sind wir davon überzeugt, dass es tatsächlich an der Zeit ist, den Zugang zu schnellem Internet als Teil der Daseinsvorsorge zu definieren.

Erst aus der Beantwortung dieser politischen Frage ergibt sich die Folgefrage, welcher technische Mindeststandard denn als Daseinsvorsorge gelten soll. Schaut man auf die Antworten der Staatsregierung auf Kleine Anfragen, findet man dort beispielsweise noch im Juni 2010 die Antwort: „Mehr als 98 % der sächsischen Haushalte sind mit Breitband versorgt.“ Die Zahl relativiert sich aber sehr schnell, wenn man die zugrunde gelegte Definition von Breitband anschaut; denn dort gilt noch alles als Breitband, was eine Geschwindigkeit von 384 Kilobit/Sekunde oder mehr im Downloadbereich aufweist. Das ist aus meiner Sicht schlichtweg ein Witz. Das ist so,

als würde man von den vielfältigen Möglichkeiten des Telefons schwärmen, um den Menschen dann Morseapparate anzubieten. Die derzeitige Praxis der Bundesregierung, vom Breitband ab einer Kapazität von 1 Megabit/Sekunde zu sprechen, ist schon besser, aber auch nicht mehr ausreichend. Es reicht auch nicht aus, um beispielsweise ein Video auf einer gängigen Nachrichtenseite ruckelfrei anzuschauen. Der Datendurchfluss reicht dafür schlichtweg nicht aus.

Insofern begrüße ich es, dass die Staatsregierung ihrem eigenen Sprachgebrauch zum Trotz aktuell von einer Unterversorgung ausgeht, wenn nicht mindestens eine Kapazität von 2 Megabit/Sekunde erreicht wird.

Ich bin auch erfreut, dass die Kollegen der SPD mit ihrem Antrag eine 180-Grad-Wende vollzogen haben. Kollege Jurk hat in seiner Zeit als Wirtschaftsminister auf den Antrag meiner Fraktion Drucksache 4/8247 „Breitbandoffensive Sachsen“ in der letzten Legislatur noch die Antwort gegeben, der Wettbewerb werde schon alles regeln. Hier ist eine deutliche Weiterentwicklung zu erkennen, die ich nur begrüßen kann. Allerdings ist der vorgelegte Antrag trotz der richtigen politischen Stoßrichtung in der ursprünglichen Form mehr als schwach gewesen. Ich nehme an, dass es deswegen auch einen großflächig angelegten Änderungsantrag gegeben hat, mit dem im Grunde der Wesensgehalt des ursprünglichen Antrages überschrieben wurde.

Aus unserer Sicht ist der Änderungsantrag allerdings auch nicht ganz zufriedenstellend. Deswegen haben wir noch einen eigenen Änderungsantrag eingebracht, von dessen Annahme wir die Zustimmung zu Ihrem Antrag abhängig machen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Abschließender Redner in der ersten Runde ist Herr Schimmer für die NPD-Fraktion.