Protocol of the Session on January 20, 2011

(Beifall bei der NPD)

Das war der Abg. Müller von der NPD-Fraktion.

Wir sind am Ende der ersten Runde angekommen. Wir steigen in die zweite Runde ein. Zunächst hat die einreichende Fraktion das Wort. Herr Kollege Homann, Sie haben das Wort für die einbringende SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das aktuelle Hochwasser zeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gemeinwesen in den betroffenen Städten und Gemeinden ist. Trotz aller Hochwasserschutzmaßnahmen kann es und kommt es immer wieder zu lokalen Katastrophen, die die betroffenen Familien, Unternehmen und Kommunen vor große – manchmal existenzielle – Probleme stellen.

Eines der jüngeren Beispiele ist der Dammbruch in der Gemeinde Niederstriegis in Mittelsachsen. Am 8. Januar um 14:30 Uhr brach der Damm des Regenrückhaltebeckens oberhalb des Ortsteils Otzdorf an der B 169. 70 000 Kubikmeter Wasser fluteten innerhalb weniger Minuten das Dorf. Der Feuerwehr und dem Warnsystem war es zu verdanken, dass die Einwohner, Haustiere, Autos und wichtige Sachen in Sicherheit gebracht werden konnten. Weitere Feuerwehren anderer Ortsteile eilten zu Hilfe. Sandsäcke konnten gestapelt werden. Zwei Gruppen von Bereitschaftspolizisten warnten weitere Ortschaften.

Bereits eine Dreiviertelstunde nach dem Dammbruch begannen sechs Laster einer ansässigen Firma damit, in 70 Fuhren jeweils 20 Tonnen Gestein heranzuschaffen,

um das riesige Loch – zumindest provisorisch – zu schließen. Das war erfolgreich.

Der engen Zusammenarbeit aller Kräfte – der Feuerwehren in Striegis und Umland, der Polizei, der Gemeinde- sowie Kreisverwaltung, des Bürgermeisters, der Gemeinderäte, der Unternehmen und sowohl der betroffenen als auch der nicht betroffenen Anwohner – ist es zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Es ist exemplarisch dafür, wie wichtig ein guter Zusammenhalt und ein gut funktionierendes Gemeinwesen vor Ort sind. Das hat den allergrößten Dank verdient.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, der FDP und den GRÜNEN)

Unter dem selbst gewählten Motto „Ein Dorf – eine Hilfe“ hat man sich geholfen. Betroffene Familien, die nicht in ihren Häusern bleiben konnten, wohnen derzeit mietfrei in einem Neubau. Familie, Freunde und Bekannte halfen mit dem Nötigsten. Das nenne ich eine funktionierende Solidargemeinschaft.

Die Not vor Ort baut Brücken. Genauso wie ich könnte mein Kollege Sven Liebhauser das erzählen. In Niederstriegis wird parteiübergreifend an dem Problem gearbeitet. Dafür spreche ich meinen allerherzlichsten und persönlichsten Dank aus.

Wie selbstverständlich wurde erst geholfen. Danach wurde die Frage nach der Verantwortlichkeit für einen Dammbruch gestellt. Es stellt sich natürlich die Frage: Ist es ein Planungsfehler, ein Fehler beim Bau oder sind es Mängel bei der Dammpflege?

Ich finde es persönlich beeindruckend, mit welcher Souveränität Verantwortliche damit umgehen. Es beginnt nicht sofort die Suche nach dem Sündenbock. Auf der anderen Seite sind es auch die Verantwortungsträger, die nicht von Anfang an eine eigene Verantwortung kategorisch ausschließen. Ich finde, dass wir uns in der großen Politik von dieser Form der Souveränität die eine oder andere Scheibe abschneiden können.

(Beifall bei der SPD)

Damit sind wir bei der Verantwortlichkeit des Freistaates. Viele Bürger – die Zahlen wurden vorhin bereits genannt – warten immer noch auf den notwendigen Hochwasserschutz. 351 Maßnahmen wurden im Jahr 2002 mit Priorität eingestuft. Jede fünfte – also 72 – wurde bis heute umgesetzt. Der Ministerpräsident ist damit zu Recht nicht zufrieden. Wir begrüßen diese Selbstkritik außerordentlich.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es ist sowohl ein Zeichen persönlicher Integrität als auch politischer Größe, dass das bekannte Spiel von Gutachten und Gegengutachten ausbleibt.

Ich möchte noch einmal das Beispiel von Niederstriegis nennen. Ich finde es gut, wenn ein Bürgermeister bewusst

seinen Stellvertreter mit der Öffentlichkeitsarbeit in der Sache beauftragt, weil er sich selbst zum Kreis möglicher Verantwortlicher zählt.

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Der Fall Niederstriegis zeigt außerdem, dass der beste Damm keine Garantie ist. Deshalb ist es wichtig, dass wir einen wirksamen Versicherungsschutz haben, der für alle Bürger möglich und bezahlbar ist. Wer aufgrund von Elementarschäden der Risikoklasse ZÜRS 4 zugeordnet wurde, verlor in vielen Fällen seinen Versicherungsschutz oder konnte keine neue Versicherung abschließen. Das betrifft 17 000 Haushalte hier. Wir sind in der Pflicht, eine Versicherung für alle möglich zu machen.

Bitte achten Sie auf die Redezeit.

Bis dahin gilt: Solidargemeinschaft heißt, dort zu helfen, wo existenzielle Not herrscht. Wir im Freistaat stehen auch in der Verantwortung. Nehmen wir uns die fleißigen Fluthelfer als Vorbild.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das war die einbringende Fraktion. Es sprach Herr Kollege Homann. Als Nächstes ist die CDU-Fraktion an der Reihe. Gibt es Redebedarf? – Frau Kollegin Wissel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen zu der heutigen Debatte gern mit einem Dank beginnen. Ich möchte meinen Dank, meine Anerkennung und Wertschätzung für all diejenigen aussprechen, die im Hochwassereinsatz geholfen haben.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich möchte einen Dank all denjenigen sagen, die an ihre Grenzen gelangt sind – physisch und psychisch. Der Dank geht auch an alle haupt- und ehrenamtlichen Helfer und die Bürgermeister vor Ort. Ohne ihre schnelle Reaktion, ihren Einsatz und ihr Engagement wären die Schäden bei der Hochwasserkatastrophe weitaus größer gewesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Einen Dank möchte ich an dieser Stelle auch an die Staatsregierung aussprechen, die die betroffenen Landkreise Görlitz und Bautzen durch zusätzliche personelle Unterstützung bei der Schadensregulierung unterstützt hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Es steht außer Frage, dass wir weiterhin finanzielle Mittel für Hochwasserschutzmaßnahmen bereitstellen, ohne dabei jedoch die Kommunen von ihrer Eigenverantwortung zu entbinden. Dafür haben

wir sowohl in der Vergangenheit als auch im aktuellen Doppelhaushalt finanzielle Vorsorge getroffen. Außerdem haben wir mit der Einstellung von Verpflichtungsermächtigungen deutlich gemacht, dass auch über den Doppelhaushalt hinaus Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert werden können.

Hochwasserschutz, meine Damen und Herren, ist eine Generationenaufgabe. Wir haben schon viel dafür getan. Die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen. Seit 2002 wurden 800 Millionen Euro für nachhaltigen Hochwasserschutz investiert, 400 Millionen Euro für Hochwasserschutzmaßnahmen eingesetzt, davon im Schadensgebiet mit Schwerpunkt Ostsachsen circa 75 Millionen Euro.

Hochwasserschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine Frage der Einsicht. Wenn es lange keine Katastrophe gegeben hat – so ist es, der Mensch vergisst schnell –, dann ist die Einsicht für die Notwendigkeit von Schadensregulierungen oft sehr gering. Viele Verzögerungen bei der Umsetzung von Hochwasserschutzkonzepten entstehen durch Einsprüche von Anwohnern, von Naturschützern und den daraus resultierenden oft langwierigen Klageverfahren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich aber wieder zu den notwendigen Maßnahmen zurückkommen. Aus Gesprächen mit meinen Bürgermeistern vor Ort möchte ich Ihnen Folgendes berichten. Unser Melde- und Messsystem ist gut, aber es muss verbessert werden. Die Aufrüstung hochwassersicherer Pegel ist notwendig. Die Pegel auch in Hochwasserentstehungsgebieten und kleineren Gebieten müssen dort, wo es sinnvoll ist, verdichtet werden. Für beide Maßnahmen wurden im Doppelhaushalt auf Initiative der Koalitionsfraktionen zusätzliche Mittel bereitgestellt.

Hochwasser, das wissen wir, macht vor Ländergrenzen nicht halt. Daher – und da spreche ich als ostsächsische Abgeordnete – müssen wir ein gut abgestimmtes Hochwasserwarnsystem im Dreiländereck schaffen.

Lassen Sie mich nun – auch im Hinblick auf den Titel dieser Aktuellen Debatte – Folgendes zusammenfassen: Ja, wir haben aus den Hochwasserereignissen 2002, 2006 und 2010 gelernt und wir haben Konsequenzen daraus gezogen. Ja, wir verfügen heute über ein leistungsfähiges Hochwasserlagezentrum, ein effizientes Meldesystem sowie wirksame Maßnahmenpläne. Ja, ebenso wenig wie es in der Natur Stillstand gibt, dürfen wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Wir müssen unsere Instrumente weiterentwickeln und Feinjustierungen vornehmen. Ja, wir werden die Herausforderungen bewältigen, wenn Landesebene, Kommunen und Bürger intensiv und solidarisch zusammenarbeiten.

Hochwasserschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine Gemeinschaftsaufgabe und eine Generationenaufgabe zugleich und eignet sich daher nicht für den politischen Alltagsstreit. Lassen Sie uns den gemeinsam beschrittenen Weg konsequent fortsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war die Abg. Frau Wissel für die CDU-Fraktion. Jetzt sehe ich Frau Friedel am Mikrofon. Sie wollen vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?

Das ist richtig.

Bitte.

Vielen Dank. – Dieser Redebeitrag hatte einen wichtigen Punkt als Tenor: Wenn sich Verbände oder Bürger gegen Hochwasserschutzmaßnahmen engagieren, dann liege das daran, dass sie kein Verständnis mehr dafür hätten, dass sie die Folgen und die Schäden des Hochwassers vergessen hätten.

(Christian Piwarz, CDU: Nein, Frau Friedel!)