Und dann kommen 2007 die ersten Vorboten der Krise und einzelne Mitglieder im Kreditausschuss bekommen langsam ein Bauchgrummeln; sind wir mit betroffen. Und sie fragen noch rechtschaffen das Vorstandsmitglied: Na, sind wir mit betroffen? Das Vorstandsmitglied sagt, nein, sind wir nicht, und damit sind sie zufrieden. Sie hinterfragen gar nicht, warum denn das Vorstandsmitglied zu dieser Einschätzung kommt. Sie hinterfragen gar nicht, was da in Amerika gerade passiert. Sie hinterfragen nicht, welche Risiken die Bank dort eingegangen ist. Und auch hier liegt ein Versagen jedes einzelnen Mitglieds des Kreditausschusses vor.
Diese Mitglieder in diesen Gremien haben sich wohl ganz groß gefühlt. Sie haben sich groß gefühlt – ich sage einmal Horst Metz und Josef Ackermann Seit an Seit im globalen Finanzmarkt unterwegs.
Ganz toll. Mit stolzgeschwellter Brust hat an diesem Pult dieser Finanzminister gestanden und uns etwas vorgefaselt von Cost-Income-Ratio, dass es die bestaufgestellte kleine, aber feine Bank wäre, und hat jeden Kritiker, der hinterfragt hat, ob diese Geschäfte, die dort getätigt werden, noch im Aufgabengebiet dieser Landesbank liegen und in der Risikotragfähigkeit noch sinnvoll sind
Jetzt kommen wir zum traurigen Epilog. Der Untersuchungsausschuss zur Landesbank hat sich im Dezember 2008 mit den Kreditausschussmitgliedern beschäftigt. Gestern vor zwei Jahren hat Horst Metz als damaliger Finanzminister vor diesem Ausschuss Rede und Antwort stehen dürfen. Es ist so traurig, peinlich und klein, dass sie dagestanden haben und von eigener Schuld keine Spur mehr war. Es ging nur noch um Abstreiten und Kleinreden eigener Schuld und um das Beschuldigen anderer. Da waren die Vorstände schuld, die falsch informiert haben, die einen belogen haben. Da war die BaFin schuld, da war die Bundesbank schuld, aber auf jeden Fall man selbst hat keinen Anteil an diesem Riesenfiasko.
So wurden aus den Helden mit der stolzgeschwellten Brust auf einmal die Opfer von üblen Kapitalräubern. Danke schön. Insofern stehen wir jetzt vor der Aufgabe – und das ist auch der Sinngehalt, der reelle Nutzen dieses Antrages –, dass die entstandene Gerechtigkeitslücke geschlossen wird und wir Vertrauen in die Politik wiederherstellen können, dass es eben keinen Freibrief für Politiker und Aufsichtsgremien gibt, sich zu verhalten, als wären sie unschuldig an der gesamten Situation.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist es unter dem Stichwort Verantwortung richtig, dass die Landesbank, in welchem Zusammenhang auch immer es sich anbietet, in diesem Haus thematisiert wird. Ich greife dankbar diese Gelegenheit mit dem Antrag der GRÜNEN auf.
Ich möchte mit einem Zitat aus einem Buch beginnen, das Herr Milbradt und Herr Thode geschrieben haben. Der Titel lautet „Die sächsische Verbundlösung – Neuordnung der Sparkassen, der Landesbank Sachsen Girozentrale und der Sächsischen Aufbaubank“. Dort wird auf Seite 66/67 ausgeführt: „Zusammenfassend lässt sich der öffentliche Auftrag von Sparkassen und Landesbanken auf folgende Kernbereiche zurückführen: Sicherung kreditwirtschaftlicher Versorgung, Unterstützung der wirtschaftlichen Zielsetzung der Träger, insbesondere in der regionalen Strukturpolitik, Versorgung der Träger mit Krediten zum Zwecke der Finanzierung sonstiger gemeinwohlorientierter Aufgaben der Daseinsvorsorge und Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs, Wettbewerbsergänzungsfunktion.“
Interessant ist, dass dieses Buch 2001 herauskam, als die Autoren bereits wussten, dass sie genau diese Prinzipien im Bereich Landesbank schon längst gebrochen hatten. Es war das Ziel, mit der Landesbank und den Sparkassen eine sogenannte Verbundlösung 1998/99 zu einer Ein
heitssparkasse unter Führung der Landesbank, SachsenFinanzverbund genannt, hinzubekommen – später dann SFG und Beteiligungsverband.
Der Volksentscheid 2001 brachte große Teile dieses Vorhabens zum Scheitern, zum Wohle der damals nicht beteiligten Sparkassen. Unter anderem die Sparkassen Zwickau und Chemnitz sind nicht in diesen Sachsenverband gegangen, was sich im Nachhinein als großes Glück herausgestellt hat. Denn bereits 1999 reifte die Erkenntnis – mein Kollege Scheel hat das bereits ausgeführt –, dass die Landesbank in Sachsen keinen Markt hat und nicht überlebensfähig ist. Dieses Eingeständnis hätte im Nachhinein nicht nur dem Volksentscheid recht gegeben, es hätte auch die finanzpolitischen Visionen der Herren Milbradt und Thode, aber auch von so manchem Sparkassenmanager ad absurdum geführt.
Im Übrigen haben sich die Sparkassen in den letzten zehn bis 15 Jahren prächtig entwickelt und waren Stabilitätsgarant, insbesondere in der Finanzkrise. Natürlich war klar, nachdem dieser Plan entwickelt wurde, an den Kapitalmarkt zu gehen, dass das mit den Zielen, die ich eingangs genannt hatte, nicht vereinbar war, denn es lief auf reine Gewinnerzielung mit Inkaufnahme enormer Risiken hinaus und natürlich bestand die Aufgabe, die Ziele der Daseinsvorsorge zu erfüllen. Ein Vorstand damals hat den Mut gehabt und ist gegangen, weil er den Widerspruch erkannt hat. Herr Laible hat seinerzeit darauf hingewiesen und hat das auch im Untersuchungsausschuss bestätigt. Man wollte die Gewinne, und die damalige Staatsregierung war nicht bereit, eine Kurskorrektur vorzunehmen.
Deshalb LB Europe, deshalb Patronatserklärung und Schwerpunktbildung auf den internationalen Kapitalmarkt. Der Freistaat wurde das erste Mal verpfändet. 2004 war dann die Versuchsphase vorbei. Man weiß, wie das gelaufen ist. Man hat sich herangetastet mit noch überschaubaren Größenordnungen. Die Gewährträgerhaftung lief im Juni 2005 aus, und nun galt es, die Voraussetzungen zu schaffen, im Big Business mitzumischen, und das hat man getan. Auch das hat mein Kollege Scheel bereits ausgeführt. Man hat die Gewährträgerhaftung konserviert, indem man die Kreditvolumina beschlossen und damit die Voraussetzung geschaffen hat, dass die LB Europe auf dem Markt in dieser Größenordnung agieren konnte. Auch das haben Ernst & Young, der Rechnungshof und viele andere festgestellt. Das war die Voraussetzung. Man hat den Freistaat das zweite Mal verpfändet.
Meine Damen und Herren! Glaubt denn hier jemand ernsthaft, dass Vorstände das alles allein gemacht haben, egal, ob das Weiß, Süß oder Fuchs waren, die diese Kredite bearbeitet und die Kapitalmarktausrichtung betrieben haben?
Herr Kollege, habe ich das richtig in Erinnerung, dass Sie ebenfalls Mitglied in Gremien der Sachsen LB waren? Falls ich das richtig in Erinnerung habe: Was haben Sie konkret unternommen, um die Risikoausweitung zu vermeiden?
Sie haben das leider nicht konkret in Erinnerung. Deswegen kann ich Ihnen die letzte Frage auch nicht beantworten, die erste schon: Ich war seit Mitte 2006 Mitglied im Kreditausschuss. Das ist richtig.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Vorstände – da nützt auch diese Ablenkungsfrage nichts – ganz konkret nach politischen Vorgaben gehandelt haben.
Diese Vorgaben haben der damalige Finanzminister Milbradt und sein in diesem Buch so schön aufgeführter Ko-Autor Herr Thode und natürlich dann auch als Ministerpräsident in Tateinheit mit willfährigen Helfern, wie Weiß, Fuchs und Braun, angegangen. Das muss man ganz deutlich sagen.
Nun möchte ich zur Rolle der CDU-Fraktion kommen. Das hat sich ein wenig in diesem Untersuchungsausschuss herausgestellt.
Herr Kollege, habe ich das richtig in Erinnerung, dass gerade in der letzten Phase der Sachsen LB, wo Sie nach 2006 Mitglied des Kreditausschusses waren, eine deutliche Risikoausweitung stattgefunden hat? Dazu möchte ich gern den zweiten Teil meiner Frage wiederholen: Was haben Sie konkret gemacht, um diese Risikoausweitung zu verhindern?
Ich würde es ja noch begrüßen, wenn die Frage jemand stellen würde, der damals mit dabei gewesen ist, und nicht jemand, der sie einfach aufgeschrieben bekommen hat.
Ich kann gern die Zeit nutzen und Ihnen in einem entsprechenden halbstündigen Vortrag erläutern, welche Entscheidungen der Kreditausschuss, mein Kollege Rößler
Und wir können ganz konkret sagen, was wir damals getan haben, um das, was wir zu erkennen glaubten, zu verhindern. Ich kann das an einem Beispiel festmachen. Wir haben im Mai 2006 den damaligen Vorstand Raupach gefragt, welche Auswirkungen die Risiken, die sich in Amerika entwickeln, was durch die Medien geht, auf das Kreditengagement der Landesbank und auf die konkreten Vorlagen haben. Die Antwort von Herrn Raupach war – und das ist im Protokoll festgehalten –: Wir haben nur in Gewerbeimmobilien mit Triple A investiert und für die Landesbank Sachsen gibt es daraus keinerlei Risiko.
Ich weiß nicht, woher Sie die Behauptung nehmen, dass das eine Lüge ist. Das war die Antwort des damaligen Vorstandes Raupach.
Ich denke, damit ist der Teil der Frage beantwortet. Darüber hinaus ist es als Kreditausschussmitglied kaum möglich, mehr zu den konkreten Vorlagen zu tun, wenn man Fragen stellt und solche Antworten erhält. Das Rechtsanwaltsbüro, welches die Staatsregierung berät, hat im Finanzausschuss deutlich dargestellt, dass die entsprechende Prüfungsgesellschaft und das Risikocontrolling der Landesbank in den entsprechenden Sitzungen dazu schlichtweg geschwiegen haben.
Die Einigung mit der PwC, die jetzt erzielt worden ist, dokumentiert, dass sie sich ernsthaft darauf eingelassen hätten, wenn sie nicht genau in diesem Verfahren gewusst hätten, was sie da gemacht oder nicht gemacht hätten. Ich denke, in diesem Fall haben wir, die wir zu diesem Zeitpunkt dort gesessen haben, unsere Aufgabenverantwortung bewusst wahrgenommen.
Im Übrigen habe ich überhaupt kein Problem, wenn man mir nachweist und mir sagt, Herr Pecher, in diesem oder jenem Bereich hätten Sie mehr nachfragen können. Ich für mich bin mir meiner Verantwortung bewusst und bin auch bereit, sie zu übernehmen. Ich würde mich nie so erbärmlich wie Herr Milbradt im Untersuchungsausschuss verhalten und dann immer nur auf den anderen zeigen: Ich war nur Ministerpräsident und alles andere haben die anderen gemacht. Das würde ich nicht machen. Ich weiß, was ich getan habe. Dazu stehe ich auch.
Ich möchte in meiner Rede auf die Rolle der CDUFraktion zurückkommen. Die Bank wurde ja schon früher gegründet. Es fand 1999 dieser Richtungswechsel statt und 2004 die konzertierte Gewährträgerhaftung. Ich habe den Ministerpräsidenten damals gefragt: Wie ist denn das in Ihrer Fraktion, die bis 2004 allein regiert hat, rückgekoppelt worden? Gab es da Diskussionen? Wurde es
einmal vorgestellt? Ist das parlamentarisch kontrolliert worden? Antwort: Nein! Es gab bis 2004 nicht ein einziges Mal eine Diskussion der damals alleinregierenden CDU zur strategischen Ausrichtung und zur Zielsetzung, zu den Aufgaben der Landesbank Sachsen und der Sachsen-Finanzgruppe. Wenn das parlamentarische Kontrolle ist, dann Helm ab, wenn die CDU in diesem Land wieder einmal allein regiert.
Ich möchte auch auf den Verursacher ganz deutlich zu sprechen kommen, den Konstrukteur dieser Bank, der diese Bank mit den entsprechenden Fehlern ausgestattet hat: mangelndes Eigenkapital, dünner Heimatmarkt. Er hat auch noch das Kommando gegeben, eben unsicher in unbekannte Gewässer zu fahren, und das ohne jede Rückkopplung und Genehmigung des Parlaments oder zumindest seiner eigenen Fraktion. Dazu hat er noch teilweise verantwortungslose und überforderte Kapitäne und Offiziere an Deck gehabt. Das führte zum Crash und blitzartig zum Untergang der „LB Titanic“.