Protocol of the Session on January 20, 2011

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Gegen fünf Vorstände ermittelt sie!)

aber sie wird uns über das Ergebnis ihrer Ermittlungen dann Kenntnis geben, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Im zivilrechtlichen Prozess – und um diesen geht es hier –, welchen Sie mit Ihrem Antrag fordern, geht es nicht um die Feststellung von Schuld, sondern lediglich darum, ob Schadenersatz von einer beklagten Person gefordert werden kann und in welcher Höhe. Eben genau an der Stelle des Schadenersatzes hinkt Ihr Antrag.

Darüber hinaus muss man wissen, dass die Klagen gegen Aufsichtsratsgremien infolge der Finanzkrise juristisches Neuland sind. Da sollte man sich gut beraten.

Die Exekutive, insbesondere die Staatsregierung, hat in diesem Fall am 22. Dezember im Haushalts- und Finanzausschuss eine klare und einwandfreie Begründung dazu abgegeben, warum sie es gegen die verantwortlichen Mitglieder des Verwaltungsrates und damit des Kreditausschusses eben nicht zu einer Klage auf Schadenersatz kommen lassen wird.

Es hat sich herausgestellt – wir haben bereits im Haushalts- und Finanzausschuss darüber diskutiert: Eine solche Klage würde unserem Freistaat mehr Schaden zufügen, als dass sie nützen würde. Das hat nichts mit Verantwortung zu tun.

(Zuruf des Abg. Thomas Kind, DIE LINKE)

In den Fällen, in denen eine solche zivilrechtliche Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit von Erfolg gekrönt sein kann, hat die Staatsregierung Klage eingereicht. Dies werden im Fall der Sachsen LB die ehemaligen Mitglieder des Vorstandes sein. Darüber haben die Medien bereits berichtet.

Anders sieht es hingegen bei den Mitgliedern des Verwaltungsrates oder des Kreditausschusses aus. Prinzipiell ist es möglich, dass jeder gegen jeden klagen kann. Aber auch hier wird jeder Privatmann im Vorfeld Kosten und Nutzen abwägen.

Auch dies hat die Staatsregierung in ihrer Verantwortung getan. Es ist durchaus möglich, auch in Ihrem Fall eine Klage anzustrengen. Allerdings könnte dies dem Freistaat bekanntlich teuer zu stehen kommen. Die Angelegenheit muss ganz rational und nüchtern betrachtet werden. Man muss feststellen, dass die Rechts- und Prozessrisiken in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg der Klage stehen. Der Freistaat müsste im sehr wahrscheinlichen Fall die Prozesskosten tragen und würde keinerlei Schadenersatz sehen. Dies kann nicht das Interesse der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sein.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

In diesem Sinne will ich noch einmal daran erinnern, dass der Minister nicht erst am 22. Dezember letzten Jahres den Haushalts- und Finanzausschuss informiert hat,

sondern dass wir bereits in der Mai-Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses eine erste Information zur möglichen Regressforderung infolge der Sachsen LB hatten.

Im Haushalts- und Finanzausschuss waren wir uns weitgehend einig. Auch die Vertreterin der GRÜNEN hat dort gesagt, eine Klage um jeden Preis hielte sie nicht für sinnvoll. Man müsse schauen, dass es ein Kosten-NutzenVerhältnis ist. Davon wollte man in der DezemberSitzung nichts mehr wissen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Rohwer, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Wenn Herr Lichdi eine Zwischenfrage stellen will, gern.

Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwer. Sie haben jetzt sehr wortreich auszuführen versucht, warum eine Klage gegen die Mitglieder des Kreditausschusses nachteilig wäre, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Sie wiederholen bisher die Botschaft, die der Finanzminister gemacht hat; Sie haben es allerdings bisher unterlassen, dafür eine Begründung zu geben.

Deswegen möchte ich Sie jetzt ausdrücklich danach fragen, wo Sie die finanziellen Nachteile des Freistaates in einer solchen Klage erblicken.

Herr Kollege Lichdi, Sie sind ja meines Wissens Rechtsanwalt, und da wissen Sie, dass Sie natürlich auch in einer Auseinandersetzung gewisse Kosten haben – nicht nur auf der Klägerseite, sondern auch auf der Gerichtsseite und auf der Verteidigungsseite –, und Sie können es sich ausrechnen, dass es zu immensen Kosten für den Freistaat Sachsen käme. Darauf haben wir alle hingewiesen und das ist kein Geheimnis. Das ist auch ganz transparent – der Finanzminister hat es vorgetragen – und ich teile diese Auffassung.

Gestatten Sie noch eine Frage?

Nun ist Ihnen ja sicher bekannt bzw. wäre das meine erste Frage: Bestreiten Sie denn, dass sowohl die Anwälte als auch Herr Prof. Unland in seinem Statement festgestellt haben, dass aus rechtlicher Sicht die Klage gegen die Kreditausschussmitglieder Erfolg versprechend ist? Bestreiten Sie denn diesen Umstand?

Herr Lichdi, Sie waren in der Haushalts- und Finanzausschusssitzung meines Wissens nicht dabei. Wenn es Ihnen aber richtig transportiert worden ist, dann ist es nach meiner Kenntnis so gewesen,

dass der Finanzminister darauf hingewiesen hat, dass er nicht nur die juristische, sondern auch die wirtschaftliche Seite zu betrachten hat, und auf dieses Argument habe ich mich gerade noch einmal gestützt. Denn – das habe ich vorher auch schon gesagt, wenn Sie mir richtig zugehört haben – wir betreten in dieser Sache juristisches Neuland, und es ist alles andere als sicher, dass das, was Sie sich wahrscheinlich wünschen, zum Erfolg führt. – Vielleicht können Sie in der Debatte noch einmal das Wort ergreifen; ich würde jetzt gern in meinen Ausführungen fortfahren.

Niemand will mit der Entscheidung, keine Klagen gegen die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Kreditausschusses zuzulassen, irgendetwas vertuschen. Aufklärung steht in dieser Angelegenheit an erster Stelle. Auch in dieser Sache hat die Exekutive vollkommen transparent agiert und aus nachvollziehbaren und plausiblen Gründen eine Anklage gegen Mitglieder des Verwaltungsrates und Kreditausschusses als nicht sinnvoll angesehen. Die mittlerweile bekannt gegebene und, wie ich finde, geglückte Einigung des Freistaates Sachsen mit den Wirtschaftsprüfern der Sachsen LB zeigt, wie es gehen kann, hier unter Wahrung der finanziellen Ressourcen zu Geld zu kommen, was den Schaden für den Freistaat verringert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prof. Unland hatte eine schwierige Entscheidung zu treffen. Es galt abzuwägen und Augenmaß zu nehmen, um weitere Kosten für den Freistaat zu minimieren. Hierbei zeigte er ein selbstbewusstes Verantwortungsgefühl für das Wohl des Freistaates Sachsen.

Schlussendlich bleibt mir nur, leidenschaftlich zu sagen, dass der Antrag der GRÜNEN aus oben genannten Gründen abzulehnen ist.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE ist an der Reihe und es spricht Herr Abg. Scheel. Herr Scheel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Rohwer, in einer Frage sind wir uns einig: Es geht heute und hier um die Kategorie Verantwortung – Verantwortung vor allen Dingen von denjenigen, die in Gremien Aufsichtsfunktionen wahrnehmen sollen. Das, was wir in der Sachsen-LB-Krise beobachten durften, hat etwas von einer griechischen Tragödie. Insofern werde ich hier drei Teile vortragen dürfen.

Erstens, den Prolog; der Prolog, der sich vor allen Dingen mit einer Frage beschäftigt in der Jahrtausendwende: Die wunderschöne Landesbank, die wir hatten, erschien zu klein; das Geschäftsmodell erschien nicht ausreichend; die finanzielle Untersetzung der Geschäfte war nicht ausreichend gesichert. So hat man dann nach Möglichkei

ten von Geschäftserweiterungen gesucht. Man hat im Jahr 2001 eine Geschäftsstrategie verabschiedet, die zu einem Umbau dieser eigentlich staatseigenen Landesbank zu einer Kapitalmarktbank geführt hat, und genau dieser Umbau war am Ende der Kern des Übels.

(Beifall des Abg. Mario Pecher, SPD)

Man hat solche kleinen Unternehmen gegründet wie die Mitteldeutsche Leasing AG. Sie war leider nicht eine der Ersten, die Leasinggeschäfte machen wollte; insofern war es nicht ganz erfolgreich. Man hat Unternehmen wie Real gegründet – auch das war nicht gerade ein Erfolgsmodell –, und man hat Unternehmen wie die Sachsen LB Europe, die SLBE, gegründet, und die hat uns dann wohl einige Probleme bereitet.

Weiter ist zu lesen, dass der Verwaltungsrat diese strategische Neuausrichtung gebilligt hat, ohne eine Risikoeinschätzung vorliegen zu haben, ohne nachzufragen, wo die Risiken liegen, wenn man denn diesen Weg beschreitet. Genau hier liegt die Verantwortungslosigkeit von einzelnen Mitgliedern des Verwaltungsrates, und hier geht es um die Verantwortung des jeweils einzelnen Verwaltungsratsmitgliedes. Ich zitiere hier den Rechnungshof, der sagt: Der Verwaltungsrat hat bei seiner Aufgabe versagt. Das ist doch ein Armutszeugnis. Hier muss der Anteilseigner handeln, hier muss der Anteilseigner Schritte unternehmen, um dieses Versagen zu sanktionieren.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: … und auch die Staatsanwaltschaft!)

Auch die Staatsanwaltschaft, aber die ist nun einmal frei in ihren Entscheidungen; insofern können wir keinen Einfluss darauf nehmen.

Nachdem das also geschehen war und diese Kapitalmarktbank gegründet wurde, ist in einem rasanten Tempo ein Volumen in dieses Geschäft hineingelegt worden, bei dem wir allein von 2001 bis 2007 von 41 Milliarden Euro Volumen im Kapitalmarktgeschäft sprechen. Dort ist etwas umgruppiert worden, von dem man gar keine Vorstellungen haben kann, von dem auch niemand mehr in den ganzen Aufsichtsgremien eine Vorstellung hatte.

Worin lag denn eigentlich die Grundlage dieses Geschäftsmodells, die Staatshaftung; dass also der Steuerzahler am Ende für die Geschäfte dieser Bank haftet? Diese Staatshaftung hat doch erst möglich gemacht, dass ein Zinsvorteil von dieser Bank erwirtschaftet wurde, die uns am Ende in diese Probleme hineingebracht hat. – So viel zum Prolog.

Kommen wir zum Hauptteil. 2005 Wegfall der Staatshaftung; Gewährträgerhaftung, Anstaltslast ist weggefallen. Dort haben sich natürlich unsere Kollegen gedacht, wir müssen noch ganz schnell die Chance nutzen und geben einen Freibrief – einen Freibrief in eine außerbilanzielle, nicht in der Bilanz vorkommende Zweckgesellschaft; ein Freibrief über 1,7 Milliarden Euro, die nach Aussage von Horst Metz bis zum Jahr 2014/2015 dazu geführt hätten, dass wir ein Volumen von 43 Milliarden Euro zum Groß

teil in amerikanischen Hypothekenverbriefungen gehabt hätten. Wir können nur froh sein, dass diese Krise 2007 eingetreten ist. Ein paar Jahre später und wir hätten ein Problem eines Ausmaßes gehabt, in dem uns niemand mehr für ein Stück Brot diese Bank abgenommen hätte.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: So ist es!)

Diese außerbilanziellen Zweckgesellschaften haben es bis 2007 auf ganze 26 Milliarden Euro gebracht. Ormond Quay ist nur ein Teil mit 17,3 Milliarden Euro.

Die Konstruktion, die dieses Problem auch verursacht, dass sich in diesem Ausschussgremium, im Kreditausschuss Leute auf Aussagen von Vorständen verlassen haben, die gesagt haben, es ist doch alles Triple A, Ausfallrisiko gleich null – dass hinter diesem Triple A eine Wette auf steigende Hauspreise in Amerika stand, hat niemand hinterfragt. Man hätte sich doch fragen können, ob dort gerade eine Blase im Entstehen ist. Man hätte sich doch fragen können, ob es sinnvoll ist, ein Klumpenrisiko in diesem gigantischen Ausmaß anzuhäufen.

(Unruhe und Zurufe von der CDU und der FDP)

Da fängt doch die Verantwortung von Gremienmitgliedern an, ob sie bereit sind, sich in diese Thematik hineinzuvertiefen und aus eigener Anschauung Wissen anzueignen. Wenn sie dazu nicht bereit sind, dann sind sie doch fehl am Platze.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie hätten ein solches Schneeballsystem niemals unterstützen dürfen, vor allem nicht in einer Höhe, die die Risikotragfähigkeit dieser Bank nicht hergegeben hat.