Protocol of the Session on January 19, 2011

Staatsregierung muss Winterschlaf beenden: Sachsen braucht ein Soforthilfeprogramm für kommunale Straßen. Bedarfsgerechten Winterdienst für die Kommunen ermöglichen!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Es beginnt die Antragstellerin, danach folgen CDU, FDP, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung. Ich erteile nun der Linksfraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch an einen alten Witz erinnern, bei dem es hieß: Bitte seid vorsichtig, wenn ihr mit Autos an Schlaglöcher heranfahrt, es könnten unsere Kinder darin spielen. – Wir alle erinnern uns noch dunkel.

Mittlerweile haben wir – Frau Köpping hat es vorhin schon angedeutet – ähnliche Verhältnisse: Zickzackkurs wird gefahren und statt die Schäden beheben zu können, werden Schilder aufgestellt, um davor zu warnen.

Nein, der Winter ist nicht schuld an den Löchern – er offenbart sie nur. Er offenbart, dass auf allen drei Ebenen dieser staatlichen Verwaltung mittlerweile ein und dasselbe Szenario vorherrscht: der Mangel;

(Alexander Krauß, CDU: Wie viel Geld wollen Sie denn mehr in den Straßenbau stecken? Sie wollten doch weniger bei den Haushaltsverhandlungen!)

der Mangel an Geld. Die Ursache ist die chronische Unterfinanzierung der Infrastrukturerhaltung und -sanierung. Wir haben keine Reserven mehr; wir haben keine Züge mehr, die zusätzlich fahren können; keine Mittel mehr für die Netzsanierung; keine Mittel für die grundhafte Erneuerung von Straßen.

(Thomas Jurk, SPD: Kubicki hat recht!)

Der Winterdienst und der Werterhalt – also tatsächlich witterungsbedingte Leistungen – laufen mittlerweile gegeneinander und gegen die erforderlichen Investmentvorhaben der Kommunen. Wir haben, und das muss man dem Staatsminister deutlich sagen, somit keine Grundlage für eine tatsächliche Sicherung unserer Verkehrsinfrastruktur, gerade wenn er so sehr auf den Autoverkehr setzt.

Wir haben als Fraktion vor einiger Zeit einen Antrag zur Auflegung eines Bundesprogramms zur Förderung des kommunalen Brückenbaus gestellt. Meine Damen und Herren, damals haben Sie uns gesagt, wir brauchen so ein Bundesprogramm nicht, das gestalten wir in Sachsen aus eigener Kraft. In der Schlussfolgerung dieser Ankündigung haben Sie gleich noch den Haushaltstitel von 24 Millionen Euro auf 8 Millionen Euro zusammengestrichen. Das nenne ich konsequent. Im nächsten Jahr sind es 9 Millionen Euro. Damit haben Sie gezeigt, was Sie aus eigener Kraft können: Kürzen – statt das umsetzen, was Sie irgendwann einmal versprochen haben.

Ihr Kompromiss mit den Kommunen zum FAG ist schon wenige Tage, nach dem er geschlossen wurde, sozusagen durch Sie unterlaufen worden. Sie haben nicht auf den Kompromiss gesetzt, sondern darauf, den Kommunen das zugesagte Geld zu 19 Millionen Euro wieder aus der Tasche zu ziehen und ihnen zu den verbliebenen

51 Millionen Euro einen eng anliegenden Themenkatalog mitzugeben, wofür sie das Geld überhaupt noch ausgeben dürfen. Ich halte es für eine bodenlose Frechheit, die 28,5 Millionen Euro, die nichts weiter sind als eine vorgezogene Verausgabung der Mittel für Bundes- und Staatsstraßen, den Kommunen durchzureichen, ihnen zu sagen, macht mal, und am Ende sie selbst mit ihren eigenen Löchern allein zu lassen.

Sicher – ich kenne Ihre Position. Schlaglöcher haben tatsächlich Verwaltungszugehörigkeit. Da gibt es das Bundesschlagloch, das Staatsschlagloch und auch das kommunal selbstverwaltete Schlagloch, für das die Kommunen am Ende selbst zuständig sind.

Also: Wir fordern Sie auf – ganz klar –, geben Sie den Kommunen das Geld, was Sie ihnen beim FAG weggenommen haben, zurück! Es steht ihnen nach dem Kompromiss zu. Also bauen wir ein Sofortprogramm von 20 Millionen Euro für die Sanierung.

(Beifall bei den LINKEN)

Es ist nichts weiter als recht und billig, diese Wiedergutmachung zu leisten.

Lassen Sie mich noch etwas sagen, was mir meine Kollegin Roth aufgetragen hat: Bereiten Sie sich auf ganz normale Folgen der Klimaerwärmung vor. Wir werden in den kommenden Jahren im Winter mehr Schnee haben, als wir in den vergangenen Jahren kannten.

(Torsten Herbst, FDP: Woher wissen Sie das?)

Sie müssen sich mal mit dem Landesamt für Umwelt in Verbindung setzen. Die können Ihnen das erklären.

Nur haben wir nicht die Mittel eingestellt, damit die Kommunen alles leisten können: Straßensanierung, grundhafte Erneuerung und dazu auch noch den Winterdienst in ausreichendem Maß. Hier muss die Finanzgrundlage wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Wir fordern dieses Sofortprogramm.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich rufe die CDUFraktion. Frau Abg. Springer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Die von Ihnen beantragte Aktuelle Debatte ist schon eher eine etwas plakative Debatte, denn wir als CDU-Fraktion sind nachweislich in den Regionen sehr massiv verankert,

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Wir auch!)

und es scheint auf den ersten Blick so, dass wir gegen diese Debatte und Ihre Forderungen nichts einwenden könnten. Auch die Auswirkungen des Winters und die Schlaglöcher im Speziellen werden von uns nicht bestritten. Natürlich erhöht sich die Unfallgefahr. Natürlich entsteht ein wirtschaftlicher Schaden. Natürlich wird unsere gewohnte Bequemlichkeit durch Schlaglöcher

beeinflusst. Ich erinnere an den letzten Montag: Alle A-4Benutzer durften die Gesamtstrecke nur mit 100 Kilometern pro Stunde absolvieren.

(Unruhe bei den LINKEN)

Ich bin begeistert, dass Sie mir so gut zuhören.

Aber Sie geben mir sicher recht, es ist nicht unsere Haltung zu fragen – wie Ihr Kollege gerade ausgeführt hat –, wem die Schlaglöcher gehören, sondern es ist Gesetzeslage. Winterdienst und die Verantwortung für die Instandhaltung der Straßen obliegen nun mal den Straßenbaulastträgern. Winterdienst – das möchte ich hier noch einmal deutlich sagen – ist eine Verkehrssicherungspflicht. Heute gab es hier schon einmal Literaturhinweise. Um das Ganze nachlesen zu können, empfehle ich Ihnen Manfred Wichmanns „Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis – Rechtsgrundlagen, Organisation und Aufgaben“.

Aber nun noch zu ein paar Fakten, die das Ganze etwas gerade rücken. Selbstverständlich werden unsere Straßen durch Salz, Frost und Schnee beansprucht, aber auch durch das Verlegen von Leitungen. Ich habe von Ihnen noch kein einziges Mal gehört, dass Sie Versorgungsträger zur Verantwortung ziehen wollen. Straßen werden auch durch Hitze und Nässe beansprucht. Ich freue mich auf die Debatten im Sommer. Nun, meine Damen und Herren, Straßen sind nicht nur volkswirtschaftliches, sondern auch kommunales Vermögen. Es gilt der Rechtsgrundsatz: Eigentum verpflichtet.

(Eva Jähnigen, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Ich beantworte jetzt keine Fragen. Sie haben dann Zeit.

Der Substanzerhalt der Straßen ist nicht mit einem populistischen Sofortprogramm zu bewerkstelligen. Straßenbau und -erhaltung wurden in den letzten Jahren von uns nachhaltig unterstützt. Wir haben dafür gesorgt, dass auch im kommunalen Bereich umfassend mitfinanziert wurde.

Jetzt zur aktuellen Schadensbegrenzung. Sie haben die 28,5 Millionen Euro bereits angesprochen, die in der ersten Januarwoche für die erste Reparatur von Staats- und Bundesstraßen freigegeben wurden. Die Gemeinden erhalten als Straßenbaulastträger insgesamt im laufenden Jahr aus dem FAG 89 Millionen Euro. Davon werden zum 15.02.2011 bereits 75 % bewilligt. Auf Antrag der Kommunen bzw. der Spitzenverbände kann eine Prüfung beantragt werden, ob die letzten 25 % vorzeitig ausgezahlt werden können. Weiter stehen aus dem FAG 20 Millionen Euro aus der Richtlinie für kommunalen Straßen- und Brückenbau des SMWA sofort zur Verfügung. Gemeinden, die in der Gebietskulisse ILE sind, haben auch im aktuellen Jahr wieder die Möglichkeit, über 26 Millionen Euro zu verfügen und daraus Gemeinde- und Verbindungsstraßen zwischen Gemeinden zu finanzieren.

Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass die Spitzenverbände selbst die Priorität gesetzt haben, dass 45,9 Millionen Euro aus den zusätzlichen Investitionspau

schalen für den laufenden Haushalt im Straßenbau eingesetzt werden können. Die Kommunen haben aus meiner Sicht Planungssicherheit. Es ist nicht redlich, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, wie furchtbar die Welt ist.

(Widerspruch des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Das ist nicht konstruktiv und trägt nicht dazu bei, dass wir den normalen Ablauf im Straßenbau – denn der Winter ist noch nicht zu Ende – überhaupt vernünftig analysieren können.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Reden Sie mal mit den CDU-Landräten!)

Für die SPDFraktion spricht der Abg. Mario Pecher.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Springer, in der Debatte geht es doch nicht um Gesetzeslagen, sondern es geht um Hilfe, und es geht auch um Hilferufe. Ich kenne diese Hilferufe von den Landräten. Nach meinem Kenntnisstand sind diese alle sehr stark in der CDU verankert.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Leider!)

Die Kommunen sind in dem Bereich, was den Zustand der Straßen betrifft, dreifach belastet, nämlich dass der Druck ständig erhöht wird, dass die Kreise Staatsstraßen übernehmen und dass die Kommunen Kreisstraßen übernehmen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dieser Prozess findet zurzeit statt.

Ja, bitte, Herr Heidan.

Herr Heidan, bitte.

Herr Pecher, Sie haben gerade ausgeführt, dass alle Landräte der CDU angehören. Gibt es nach Ihrer Meinung CDU-Schlaglöcher und SPDSchlaglöcher in unseren sächsischen Straßen oder ist das eine Aufgabe insgesamt von unserer Gesellschaft und unserer Verantwortung hier im Hohen Hause?