Aber ich wiederhole sehr gern noch einmal die Größenordnung für ehrenamtliches Engagement in Deutschland: Mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung ist bürgerschaftlich aktiv. Das zeigt uns, dass die ehrenamtlichen Strukturen in unserer Gesellschaft fest verankert sind. Diese Leistung ist für uns von wesentlicher Bedeutung für das gesellschaftliche Miteinander.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ehrenamt mit einer sinnvollen Aufgabe für das Gemeinwesen zu koppeln für Menschen, die unter dem gegenwärtigen Arbeitsbedingungen keine Beschäftigung finden – das war die Aufgabe des Projektes TAURIS, wie es auch im Antrag der GRÜNEN richtigerweise formuliert wird.
Unzählige Kritikpunkte sind vorgetragen worden. Herr Krauß ist darauf eingegangen, und deshalb möchte ich das an dieser Stelle nicht wiederholen.
Umso erfreuter bin ich mit Blick auf die damaligen Argumente, dass der sächsische Arbeitsmarkt erste positive Signale sendet. Nach Einschätzung der sächsischen Arbeitsagentur zeichnet sich ab, dass die Zahl der Arbeitslosen deutlich zurückgeht und damit auch Arbeitsplatzchancen für Langzeitarbeitslose entstehen werden.
Die Gelder des Projektes TAURIS – auch das ist immer wieder angesprochen worden – werden verstärkt in das Programm LOS – „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ – integriert. Aber – und genau das ist der Unterschied – das ist ein Programm, das neue Arbeitsplätze nicht allein für Langzeitarbeitslose eröffnet. Das ist der Unterschied, nach dem mehrfach gefragt worden ist. Von Ausgrenzung sind nämlich auch Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und psychisch erkrankte Menschen betroffen. Sie haben jetzt durch dieses Projekt die Chance, in Beschäftigung zu kommen. Für diese Menschen die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen, ihre sozialen Kompetenzen zu stärken, Eigenmotivation zu erreichen und entsprechende Initiativen zu erhöhen, das ist unser Konzept.
Niederschwellige Angebote für eine breite Gruppe von Benachteiligten zu schaffen und auszubauen und gleichzeitig unsere sächsischen Förderprogramme zu straffen, ist in unseren Augen wesentlich zielführender, als für eine kleine, konkrete Zielgruppe die Plätze zu halten.
Trotzdem ist die Integration von Langzeitarbeitslosen noch immer ein wichtiges Anliegen für die Menschen selbst und für unseren Arbeitsmarkt. Es gibt mehrere Initiativen, die genau an diesem Punkt ansetzen. Es gibt Jobcenter, regionale Sozialpartner und verschiedene Arbeitgeber, die sich auf diesen Bereich konzentrieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es bei TAURIS wirklich nur um die Förderung des Ehrenamtes ginge, wie es im Antrag der GRÜNEN heißt, wäre Ihnen die Zustimmung zu diesem Antrag sicher. Leider ist es aber so, dass die Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit von Langzeitarbeitslosen in gemeinnützigen Einrichtungen in erster Linie eine willkommene Entlastung öffentlicher Haushalte darstellt.
Eines ist es jedenfalls mit Sicherheit nicht: nämlich eine angemessene Würdigung einer dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeit oder gar eine echte berufliche Perspektive für Langzeitarbeitlose mit der Chance, kurz- und mittelfristig wieder im regionalen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Monatlich 78 Euro bei viermal 14 Stunden sind ein Hohn, meine Damen und Herren, und kein angemessener Lohn für wichtige gemeinnützige Aufgaben. Wer sich ehrenamtlich betätigen will, der wird dies zur Not auch ohne eine solche Aufwandsentschädigung tun. In der vorliegenden Form ist TAURIS jedenfalls nichts weiter als Augenwischerei. Wenn wir hier einmal den Stundenlohn ausrechnen, kommen wir auf 1,39 Euro, und das Ganze auf eine Beschäftigungsdauer von maximal 56 Stunden monatlich begrenzt. Für wen bitte soll denn das attraktiv sein, und wessen Arbeit soll damit eigentlich anerkannt oder gewürdigt werden? Da ist jeder Ein-Euro-Job attraktiver, zumal die Betroffenen von den 78 Euro auch noch die Fahrtkosten für die oftmals nicht gerade kurzen Anfahrtswege bezahlen müssen.
Meine Damen und Herren, es führt kein Weg daran vorbei, dass in Sachsen endlich wieder vollwertige Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen werden müssen. Jetzt ist viel vom Fachkräftemangel die Rede. Vielleicht sollte man, statt Almosen zu verteilen oder die Zuwanderungspropagandatrommel zu rühren, über vernünftige Neu- und Zusatzqualifikationen nachdenken. Der Herr Ministerpräsident hat ja mit der Kampagne „5 000 mal 50“ einen vielversprechenden Ansatz geliefert.
Wenn man schon über den öffentlichen Beschäftigungssektor nachdenkt – was unter bestimmten Voraussetzungen und für einen begrenzten Zeitraum auch die Zustimmung der NPD-Fraktion finden würde –, sollte man auch beachten: Jeder Arbeitsplatz, der im Freistaat Sachsen neu entsteht, ob in der Privatwirtschaft oder öffentlich gefördert, sollte nicht nur sinnvoll, also Sinn schaffend für den zu Vermittelnden, sein – er muss auch genug Einkommen zum Auskommen bieten, sozialversicherungspflichtig
Wir als NPD können jedenfalls den vorliegenden Antrag nicht unterstützen, weil TAURIS nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist oder vielleicht doch nur eine Nebelkerze.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Ministerin, ich übergebe Ihnen jetzt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Freistaat stellt die Förderung der sogenannten TAURIS-Projekte zum 15. Dezember 2010 ein. Klarstellend weise ich nochmals darauf hin, dass dies weder für die Trägerlandschaft noch für die Teilnehmer des Projektes unerwartet geschah. Die Projekte waren von Anfang an befristet. Darüber hinaus haben wir über die TAURISStiftung bereits im Mai 2009 alle Beteiligten und auch die Projektträger informiert. Gleiches geschah im Herbst auch im Lenkungsausschuss, wie ich in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten ausgeführt habe. Unabhängig davon haben wir uns bei der Entscheidung über die Zukunft des Programms nur von inhaltlichen Argumenten leiten lassen.
Erstens. Es gibt positive Signale auf dem Arbeitsmarkt auch bei uns in Sachsen. Die neuesten Zahlen der Arbeitsagentur sagen, dass Langzeitarbeitslose perspektivisch wieder in Arbeit kommen werden.
Zweitens. Wir wollen eine strukturelle und inhaltliche Weiterentwicklung solcher Programme. Im Ergebnis tun wir genau das, was uns das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung ebenso wie das Evaluato empfohlen hat. Wir werden dem Interesse der Teilnehmer nach mehr Unterstützung bei der Suche nach beruflichen Perspektiven verstärkt Rechnung tragen.
Mit dem Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ erfolgt eine inhaltliche und qualitative Weiterentwicklung des Projektansatzes. Dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, zeigen auch bereits über hundert neue Projektvorschläge von Trägern, die bei der Bewilligungsstelle schon eingegangen sind. LOS ermöglicht gerade Schwerpunktprojekte mit beschäftigungsförderndem Hintergrund, die mehr als bisher an lokalen Gegebenheiten ausgerichtet sind. Aus den vielen Gesprächen mit Trägern in den letzten Wochen wissen wir, dass dies ausdrücklich durch die Trägerlandschaft begrüßt und auch unterstützt wird.
Natürlich bringt jede Veränderung zunächst einmal Verunsicherung. Aber unsere politische Verantwortung ist nicht, Verunsicherung noch zu befeuern, sondern nach besseren Lösungen zu suchen und diese dann auch zu
vermitteln. Das haben wir in den vergangenen Monaten und Wochen mit der Neuausrichtung des Förderprogramms LOS getan. Dabei haben wir auf die positiven Einschätzungen von Teilnehmern, Projektträgern und Kommunen, welche im Rahmen der Evaluierung bestätigt wurden, aufgebaut. Aber auch die harten Fakten, sprich Vermittlungserfolge, sind beachtlich. So sind 6 % auf den ersten Arbeitsmarkt, 25 % auf den zweiten Arbeitsmarkt und immerhin 5 % in Ausbildung gegangen.
Unserer Ansicht nach partizipieren darüber hinaus auch kleine Vereine und Verbände vor Ort besser von dieser Art der Förderung. Sie erhalten durch LOS nicht nur generelle Arbeitsfähigkeit, sondern ihnen werden auch angemessene Sach- und Verwaltungskosten des Trägers – anders als bei TAURIS – erstattet. 100-prozentige Förderung ohne Eigenanteil bis 20 000 Euro – es ist für mich nicht nachvollziehbar, wenn man das nicht als positiv einschätzt. Sie erhalten dank der Projekte gezielte Hilfe bei ihrer sozialen, schulischen und beruflichen Integration und somit auch höhere Chancen auf Bildung, Erwerbstätigkeit und gesellschaftliche Teilhabe. Zusätzlich erhält jeder Teilnehmer eben auch – genau wie bei TAURIS – eine Aufwandsentschädigung und erstmals eine projektspezifische Schulung, um die Fähigkeiten und Kenntnisse zu erlangen, die er für seine Betätigung benötigt.
LOS unterstützt damit das Engagement der Teilnehmer vor Ort, erhöht die Beschäftigungsfähigkeit und ermöglicht es, gleichzeitig soziale Netzwerke zu knüpfen. Wie Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, bedarf es keines neuen Antrages. Wir haben das, was mit dem Antrag vorgeschlagen wurde, bereits umgesetzt.
Noch einmal kurz zusammengefasst: Über das Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ erhält ein viel breiter angelegter Teilnehmerkreis als bislang die Möglichkeit, sich regional zu engagieren. Zusätzlich erhält jeder Teilnehmer über den beschäftigungspolitischen Ansatz Unterstützung bei der Suche nach neuen persönlichen Betätigungsfeldern und somit Teilnahme und Teilhabe und Integration vor Ort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche an manchen Stellen noch immer nachzuvollziehen, wie in einzelnen Ministerien Entscheidungen zustande kommen, wie die Entscheidungen getroffen werden. Wir haben ja eine Evaluation, die zu einer fachlichen Einschätzung kommt. Diese fachliche Einschätzung lautet eindeutig: TAURIS fortführen. Diese fachliche Einschätzung wird ignoriert. Das könnte ich ja verstehen, wenn es begründete Zweifel daran gäbe. Aber die Argumente müssten dann auch einmal offengelegt werden. Das habe ich bisher
nicht ernsthaft gehört. Deshalb frage ich dann natürlich schon nach, wozu überhaupt solche Evaluationen in Auftrag gegeben werden, wenn die Ergebnisse ohnehin ignoriert werden. Dann könnte man sich nämlich auch das Geld für die Evaluation sparen und lieber direkt in die Maßnahmen weiterleiten.
Noch ganz kurz zum Kollegen Krauß: Sie haben auf die veränderte Arbeitsmarktsituation abgestellt. Natürlich ist es erfreulich, wenn die Zahl der Langzeitarbeitslosen zurückgeht. Sie haben als ein Argument genannt, dass Unternehmen zunehmend auch den Wert älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schätzen lernen. Ich glaube durchaus, dass es einen partiellen Bewusstseinswandel bei Unternehmen in der Hinsicht gibt. Aber wir sollten auch nicht verschweigen, dass im Wesentlichen der demografische Faktor Einfluss auf die Entwicklung der Langzeitarbeitslosenzahlen hat: Leute, die aus dem Arbeitsmarkt herausfallen. Auch wenn jetzt Unternehmen umsteuern, werden immer noch viele Leute übrig bleiben, die aufgrund vieler Vermittlungshemmnisse nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Wir sollten uns auch Gedanken darüber machen, wie wir mit diesen Leuten umgehen.
Ich habe vorhin als ein Argument genannt, dass Langzeitarbeitslosigkeit krank macht. Ich glaube, das sollte man nicht so einfach vom Tisch wischen, und es hat schlichtweg auch etwas mit dem sozialen Zusammenhalt und dem sozialen Frieden zu tun, wenn wir diesen Menschen eine Perspektive geben.
Frau Staatsministerin Clauß, natürlich kann man auch mit dem LOS arbeiten, aber das wesentliche Argument habe ich genannt: LOS arbeitet mit kurzfristigen Projektanträgen, TAURIS hatte eine längerfristige Perspektive. Man konnte Strukturen aufbauen und insofern ist der Übergang zum LOS ganz eindeutig ein Rückschritt. An dieser Stelle bitte ich noch einmal darum, dem Antrag meiner Fraktion zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Drucksache. Mir liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4445 vor. Herr Abg. Pellmann, ich bitte um Einbringung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, die Projekte, die Frau Franke und andere hier dargestellt haben, die bisher mit TAURIS gefördert wurden, sind gefährdet und – auch das ist an uns herangetragen worden – es herrscht verbreitete Verunsicherung unter denen, die dort bisher tätig waren, und bei den Projektträgern selbst. Wer länger in diesem Haus ist, weiß, dass ich an diesem Pult schon gestanden und das TAURIS-Programm vor vielen Jahren heftig bekämpft habe – und mit Recht. Denn es war
damals von Herrn Milbradt mit entwickelt worden, als – so könnte man heute sagen – eine Vorstufe von Hartz IV. Ich habe zugleich Verständnis dafür, dass viele Vereine, deren Förderung immer wieder gekürzt wurde, nach diesem Rettungsanker gegriffen haben und weiterhin greifen würden. Insofern meinen wir – die Staatsregierung hat sich ja dazu bekannt –, sollte sie dazu auffordern, unserem Antrag zuzustimmen, nämlich Projekte weiterzuführen, Menschen weiter in Beschäftigung zu halten, aber bitte schön existenzsichernd. Das ist das Problem. Dort könnten wir weiterkommen.
Was TAURIS selbst betrifft, haben wir in der Fraktion unterschiedliche Meinungen. Wir sind eine demokratische Partei. Das muss man aushalten. Die Mehrheit wird sich enthalten, aber unmittelbar Betroffene werden möglicherweise auch dem Antrag der GRÜNEN zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank. Ich möchte nur ganz kurz dazu Stellung beziehen. Sie möchten einen weiteren Punkt in dem Antrag verankert haben, der sich allerdings im Kern aus zwei Teilelementen zusammensetzt. Dem ersten Punkt, dass eine unmittelbare Fortführung zum 01.01.2011 stattfinden soll, kann ich ohne Umschweife zustimmen. Das ist überhaupt nicht das Problem. Für den zweiten Punkt, die existenzsichernde Entlohnung, habe ich zwar eine hohe inhaltliche Sympathie, aber mit der Forderung nehmen Sie einen handstreichartigen tiefen Eingriff in das System, das dahintersteht, vor und die Konsequenzen, die damit verbunden sind, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Deshalb kann ich dem Teil so spontan nicht zustimmen, weil ich mir erst einmal eine Diskussion darüber wünschen würde, wie die Konsequenzen überhaupt aussehen. In der Summe werde ich deshalb meiner Fraktion die Enthaltung zu diesem Antrag empfehlen.