Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was bewegt Sachsens Jugend? Was ist Ziel der jungen Menschen? Wie leben sie eigentlich hier in Sachsen? Auf diese und andere Fragen hat die Jugendstudie 2009, die vor einigen Tagen vorgestellt wurde, Antworten gefunden. Über viele der Antworten war ich sehr glücklich. Ich habe gesehen, dass sich unsere Jugend in unserer Gesellschaft und vor allem in Sachsen wohlfühlt und in vielerlei Hinsicht den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist, sich diesen gewachsen fühlt. Damit meine ich ein stabiles Selbstbewusstsein und -vertrauen.
Beides ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Damit meine ich auch mehrheitlich eine aktive Auseinandersetzung mit der Zukunft und selbstbewusste Lebensentwürfe. Damit meine ich auch, Ziele zu setzen und danach zu streben, glücklich zu sein und es im Leben zu etwas zu bringen. Letztlich gehören zum Glücklichsein aber auch das Genießen am Leben und die Freizeitgestaltung; ganz klar. Hier können, dürfen und sollen sich unsere Kinder und Jugendlichen entfalten.
Wie die Jugendlichen ihre Freizeit verbringen, wurde uns in dieser Studie vor Augen geführt: Als Erstes Freunde treffen, Vereinsangebote nutzen oder Einrichtungen der Jugendarbeit besuchen. Das sind einige der Antworten.
Dass der Freistaat diesbezüglich verschiedene Versorgungsdichten aufweist, ist uns klar. Davor verschließen wir die Augen nicht. Ich denke, hier unterscheiden wir uns aber auch von keinem anderen Flächenstaat in der Bundesrepublik. Es ist naturgemäß, dass die urbanen Zentren oder auch der ländliche Raum kulturell viel zu bieten haben, wovon die sogenannten Verdichtungsgebiete um die Städte herum profitieren. Die ländlichen Regionen Sachsens – immerhin 83,5 % der Gesamtfläche des Freistaates – sind aber auch von hohen Abwanderungsraten geprägt, stärker als es bei den Städten der Fall ist. Dementsprechend sind auch die Freizeitangebote unterschiedlich. Sie ballen sich letzten Endes quantitativ in den Zentren. Ich denke, dazu brauche ich nichts weiter auszuführen. Es gibt genügend Berichte wie den aktuellen Sozialstrukturatlas, den Sie sicherlich alle schon gelesen haben, oder auch die Untersuchungen des Landesjugendamtes.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir den ländlichen Raum nachhaltig entwickeln. Das ist unter verschiedenen Blickwinkeln möglich und auch notwendig. Ich nenne hier nur die Förderung der Existenzgründungen im ländlichen Raum, wie es das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz konkret für Frauen tut, die integrierten ländlichen Entwicklungskonzepte unter
originärer Zuständigkeit des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und die Unterstützung von Verbandsstrukturen im Jugendbereich, wie es durch das Programm „Flexibles Jugendmanagement“ geschieht.
In den drei Pilotlandkreisen – Sächsische SchweizOsterzgebirge, Erzgebirgskreis und Meißen – wird dieses Projekt durch Landesmittel bezuschusst. In diesem Jahr sind bereits mehr als 180 000 Euro an Mitteln ausgezahlt worden. Damit sollen – und das ist ja heute schon mehrfach betont worden – vor allem Fachkräfte, die sogenannten Jugendmanager, gefördert werden.
Ich habe mir die jeweilige Homepage angeschaut. In der Sächsischen Schweiz sind beispielsweise drei Diplomsozialpädagoginnen für die Interessen und Wünsche der Jugendlichen ansprechbar und bieten auch die entsprechenden inhaltlichen Angebote von jugendpolitischer Bildungsarbeit. Bis hin zu erlebnispädagogisch sportlich kreativen Angeboten zeigen sie ein großes Engagement. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch recht herzlich bedanken.
Für uns trägt das Konzept des „Flexiblen Jugendmanagements“ zur Förderung des ländlichen Raumes bei; keine Frage. Das ist aber nur die eine Seite. Auf der anderen Seite steht die aktuelle Haushaltssituation, die ich Ihnen hier nicht weiter zu erläutern brauche. Trotzdem fordern Sie, sehr geehrte Damen und Herren der Linksfraktion, die flächendeckende Einführung dieses Konzepts, ohne eine finanzielle Deckung zu erwähnen. Aber das überrascht nicht, so ist es ja häufiger.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat unserer Meinung nach nichts mit Verantwortung zu tun. Sie greifen hier der Haushaltsdebatte vor, wollen Verpflichtungen eingehen, ohne die tatsächliche Deckung aufweisen zu können. Wenn Sie der Jugend ein flächendeckendes Konzept versprechen, dann sollten Sie auch wissen, wie und wo wir es bezahlen sollen.
Nichtsdestotrotz hege ich eine gewisse Sympathie insgesamt dafür. Aber unter den Prämissen, wie er jetzt gestellt ist, werden wir diesen Antrag ablehnen.
Frau Herrmann steht schon bereit für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Herrmann, ich erteile Ihnen das Wort.
Danke, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag und das Modellprojekt „Flexibles Jugendmanagement“ insgesamt zeigen, denke ich, ganz deutlich das Dilemma, vor dem wir in der Jugendarbeit nicht erst unmittelbar vor dieser Haushaltsdiskussion stehen.
man kann über „Flexibles Jugendmanagement“ nicht losgelöst von der aktuellen Debatte zum Haushalt und von der finanziellen Situation diskutieren. Denn es ist eingebettet in ein Netzwerk der Jugendarbeit und hat auch etwas damit zu tun, wie Jugendarbeit insgesamt ausfinanziert ist.
Ich teile nicht ganz die Auffassung von Henning Homann, immer neue Modellprojekte wären sozusagen – per se schlecht, so hast du es nicht gesagt – eher nicht wünschenswert. Ich denke, Modellprojekte haben durchaus ihre Berechtigung genau in dem Moment, in dem man sieht, dass eine Entwicklung stattfindet, auf die man reagieren und für die man vielleicht neue Modelle ausprobieren muss. Natürlich gehört eine Evaluation dazu, so wie es DIE LINKE auch in dem Antrag vorschlägt. Deshalb unterstützen wir die Evaluation ganz besonders.
Wir haben die beschriebene Situation vor allem im ländlichen Raum. Aber ich würde auch die Stadt Chemnitz noch dazuzählen, weil nämlich die Städte, die eine zurückgehende Zahl von Jugendlichen haben, mit genau demselben Dilemma konfrontiert sind. Sie sind etwas dichter als der ländliche Raum, aber sie haben mittlerweile – gerade was Chemnitz betrifft – dasselbe Problem, dass sie nämlich sehen müssen, wie sie eine Jugendarbeit in der Fläche hinbekommen. Unter der Prämisse der zurückgehenden Finanzierung durch die Jugendpauschale können gewachsene Strukturen nicht aufrechterhalten werden.
Aber „Flexibles Jugendmanagement“ funktioniert nur, wenn es sich auf die ausfinanzierte Jugendarbeit stützen kann. Das ist die Voraussetzung dafür – das stellt der Antrag auch nicht infrage – und gleichzeitig ist es eine Möglichkeit, auf die Situation, dass die Wege länger werden und Jugendliche vielleicht schwieriger an Angebote der Jugendhilfe herankommen, hinzuweisen, diese aufzugreifen und damit umzugehen.
Es ist eine Fehlinterpretation, wenn man annimmt, das könnte alles heilen. Das kann es tatsächlich überhaupt nicht, weil die Voraussetzung, „Flexibles Jugendmanagement“ für sich zu nutzen, ist, dass Jugendliche an sich schon engagiert sind. Es ist eine Komm-Struktur. Das hat Herr Patrick Schreiber gesagt. Das bedeutet, Jugendliche müssen von sich aus ein Interesse haben und losgegangen sein. Das wiederum setzt voraus, dass sie Beteiligung schon irgendwo einmal erfahren haben, dass sie damit Erfolg verbinden. Deshalb brauchen wir die professionelle Jugendarbeit, die durch die Jugendpauschale finanziert ist.
Wir können diesem Antrag zustimmen, auch wenn er bestimmte Haushaltsstellen festklopft. Das bedeutet heute auch, dass wir dem „Flexiblen Jugendmanagement“ so viel Priorität einräumen, dass wir im Haushalt und an anderer Stelle Einsparungen vornehmen, um das zu
finanzieren, bzw. neue Prioritäten setzen, die beispielsweise im Bereich der Jugend liegen und nicht im Bereich der Investitionen.
Den Abschluss in der ersten Runde der allgemeinen Aussprache bildet Frau Schüßler für die Fraktion der NPD.
Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Der Antrag der Linken kommt zunächst sehr sympathisch daher.
Was könnte es Besseres geben, als die Jugend in allen Landkreisen möglichst flexibel zu fördern, dieses Vorhaben professionell und nachhaltig zu organisieren und das Pilotprojekt auf ganz Sachsen auszuweiten? Besonders Punkt 4, der Berichtsantrag, hat es uns wirklich angetan.
Was kann es denn Schöneres geben, als wenn sozialpädagogische Fachkräfte über den Kampf für Toleranz und Demokratie berichten?
Wir werden trotzdem nicht zustimmen. Ich möchte das kurz begründen. Die Pilotstandorte, also Erzgebirge, Meißen, Sächsische Schweiz, sind nicht nur die Regionen, in denen die NPD durch die gute Verankerung regen Zuspruch unter der Jugend hat, sondern auch strukturschwache Regionen. An der Perspektivlosigkeit der Jugend in diesen Teilen Sachsens kann auch Ihr „Flexibles Jugendmanagement“ nichts ändern. Sie schaffen weder wohnortnahe Schulen, noch Ausbildungs- oder Arbeitsplätze, außer natürlich für Ihre eigene Klientel.
Da agiert zum Beispiel als Vorsitzender des Kinder- und Jugendringes Sachsen e. V. Herr André Schnabel, der zugleich Bezirksjugendsekretär des DGB in Dresden ist. Ihn treffen diese Kürzungen direkt ins Girokonto. Entsprechend laut ist natürlich auch sein Geschrei über Ausländerfeindlichkeit unter den Heranwachsenden. Am 03.08.2009 äußerte Frau Staatsministerin Clauß, dass antidemokratische und extremistische Organisationen in Sachsen zunehmend junge Menschen als Zielgruppe ihres Wirkens entdeckt haben. Und weiter wörtlich: „Beim Fehlen alternativer identitätsstiftender Angebote vor Ort besteht die Gefahr, dass junge Menschen eher geneigt sind, sich antidemokratischen Ideologien zu öffnen und Angebote in Anspruch zu nehmen. Diesem soll entgegengewirkt werden.“ Frau Staatsministerin, ich erlaube mir an dieser Stelle, Sie zu korrigieren. Nicht die antidemokratischen Organisationen, mit denen ja vermutlich meine Partei und ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten gemeint sind, entdecken die Jugend. Es ist gerade andersherum: Die Jugendlichen entdecken die nationale Idee als Alternative zu Ihrer demokratischen und multitoleranten Realität. Und dabei sind wir den jungen Menschen natürlich gern behilflich.
Punkt 2 und 3 des Antrages beschäftigen sich mit der Finanzierung. Hier halte ich es angesichts der Mittelkürzungen für völlig illusorisch, eine wenn auch nur 20prozentige Kofinanzierung zu fordern. Mein eigener Landkreis – sicher keiner der ärmsten, wenn man das überhaupt noch so sagen kann – musste erst letzte Woche weit über 1,6 Millionen Euro nachschießen, um überhaupt seine Pflichtaufgaben im Bereich der Jugendhilfe finanzieren zu können. Da ist für Ihre Politkommissare wirklich kein Geld mehr übrig.
Im Grunde ist es auch ein Armutszeugnis für Ihre Partei, DIE LINKE, wenn Sie sich schon öffentlicher Gelder bedienen wollen, um Ihren Kampf gegen Rechts zu finanzieren. Dazu möchte ich einmal einen Ihrer „flexiblen Jugendmanager“, Herrn Andreas Schönn, zitieren: „Insbesondere geht es mir darum, die Demokratieentwicklung nachhaltig und positiv zu beeinflussen. Gerade vor dem Hintergrund des Wiedereinzugs der NPD in den Sächsischen Landtag halte ich dies für sehr wichtig.“ Wie ein linksgestricktes Demokratieverständnis funktioniert, lässt sich am Reden und Handeln eines Walter Ulbricht am Vorabend der SED-Gründung und Machtübernahme sehen. Zitat: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“
Meine Damen und Herren! Der Antrag der Linken dient unserer Ansicht nach nur dazu, von den wirklichen Problemen in diesem Lande abzulenken. Nebenbei möchte man sich seine Pfründe sichern und sich mithilfe des Steuerzahlers der politischen Gegner entledigen. Wir können also nicht zustimmen.
Damit sind wir am Ende der ersten Runde der allgemeinen Aussprache. Möchte die Staatsregierung nach der ersten Runde das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen. Jetzt kommt die zweite Runde. Frau Klepsch, möchten Sie sprechen? – Nein. CDU? – SPD? – Auch nicht. FDP? – GRÜNE? – NPD? – Auch nicht. Damit ist die zweite Runde beendet. Ich frage die Staatsregierung. – Die Staatsregierung möchte jetzt sprechen. Bitte schön, Frau Staatsministerin Clauß.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist über das Konzept des „Flexiblen Jugendmanagements“ bereits viel gesagt worden. Klar ist: Das Konzept kann einen wichtigen Beitrag zur Strukturverbesserung der örtlichen Kinder- und Jugendhilfe sowie zur Demokratiebildung leisten. Damit gibt es auch eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen unserer demografischen Entwicklung. In den ländlichen Regionen werden andere Räume und Strukturen benötigt, Räume, in denen junge Menschen einerseits ihre individuellen Bedürfnisse artikulieren und ausleben können, und Räume, in denen Jugendliche andererseits ihrer gesellschaftlichen Mitbe
stimmung und Beteiligung Ausdruck verleihen können. Auch deshalb stehen einige Landkreise und kreisfreie Städte einer Weiterführung bzw. Implementierung des Konzepts in ihrer Gebietskörperschaft aufgeschlossen gegenüber.
Offen ist allerdings derzeit die weitere Finanzierung. Damit kommen wir zu der eigentlichen Frage, die der Antrag aufwirft.
Die bisherige Begrenzung auf drei Pilotstandorte war begründet in den bekannten Bewirtschaftungsmaßnahmen im Haushaltsvollzug. Vom Freistaat Sachsen wurden dafür im Jahr 2009 rund 120 000 Euro zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2010 waren es 260 000 Euro. Den Freistaat Sachsen würde eine flächendeckende Einführung des Konzepts circa 1,3 Millionen Euro pro Jahr kosten. Damit wären nicht nur die ländlichen Regionen bedacht, sondern auch die kreisfreien Städte mit ihren spezifisch gelagerten Situationen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Eine solche Förderung des Landes ist keine Entlastung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe von der Verpflichtung zur Förderung. Es ist eine flankierende Unterstützung. Es sei noch einmal deutlich gesagt: Die Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe auf der örtlichen Ebene ist und bleibt eine kommunale Pflichtaufgabe.
Sie hatten eingangs ein Zitat aus der Jugendstudie 2009 gebracht. Ich möchte mit diesem schließen: „Sachsen hat eine selbstbewusste Jugend, die durchaus zielstrebig ist und sich mit ihrer Lebenswelt positiv auseinandersetzt.“
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich würde eine dritte Runde aufrufen. Gibt es dafür Gesprächsbedarf vonseiten der Fraktionen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann kommt jetzt das Schlusswort durch Frau Klepsch.