Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Das kann ich nicht erkennen. Wünscht der Berichterstatter des Ausschusses das Wort? – Das kann ich auch nicht erkennen.
Meine Damen und Herren! Entsprechend § 46 Abs. 5 Satz 1 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise in der Fassung, wie sie durch den Ausschuss vorgeschlagen wurde und gegebenenfalls mit den beschlossenen Änderungsanträgen – Änderungsanträge liegen nicht vor – zu beraten und
Aufgerufen ist das Gesetz zum Bilgenentwässerungsverband-Staatsvertrag, Drucksache 5/3096, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft, Drucksache 5/3624. Noch einmal die Feststellung: Es liegen keine Änderungsanträge vor.
Wir stimmen zuerst über die Überschrift ab. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich der Stimme? – Keiner. Damit ist der Überschrift einstimmig zugestimmt.
Ich rufe auf Artikel 1. Wer dem Artikel 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich der Stimme? – Keiner. Damit ist der Artikel 1 einstimmig beschlossen.
Wer dem Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält
Ich bitte jetzt um die Schlussabstimmung. Da es in der 2. Lesung keine Änderungen gab, kommen wir zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Keiner. Wer enthält sich der Stimme? – Keiner. Damit ist das Gesetz beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist abgeschlossen.
2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Ausführung des Pass- und Personalausweisgesetzes sowie zur Aufhebung des Sächsischen Gesetzes über Personalausweise und zur Ausführung des Passgesetzes
Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Ich weise noch einmal darauf hin: Sie müssen das Wort nicht ergreifen. Wenn es Wortmeldungen geben sollte, dann in der Reihenfolge CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD, Staatsregierung, wenn gewünscht. Gibt es Wortmeldungen aus der CDU? Hier waren Redner gemeldet. – Das ist nicht der Fall. DIE LINKE hatte zurückgezogen. SPD? – Auch nicht. Die FDP? – Auch nicht. GRÜNE, NPD? – Auch keine Wortmeldungen? – Doch, Herr Lichdi. Sie dürfen natürlich, Herr Lichdi.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme an, Ihnen ist nicht klar, was wir heute mit diesem Gesetz beschließen. Es ist zu einer Unsitte geworden, dass im Sächsischen Landtag Gesetze ohne jegliche Aussprache im Parlament verabschiedet werden. Auch dieses Gesetz wird als technisches Ausführungsgesetz ohne jede grundrechtliche Bedeutung missverstanden und dementsprechend auch – wie so oft – am Rechtsausschuss vorbeigeschleust. So ist auch hier der Plan der Koalition. Ohne 1. Lesung kommt das Gesetz in den Innenausschuss. Nur meine Fraktionskollegin Frau Jähnigen hatte dort Interesse an einer Debatte. Der Vorschlag im Präsidium für die Behandlung in 2. und 3. Lesung lautet natürlich: Ohne Aussprache.
Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen ganz klar: Sie nehmen Ihre Verantwortung nicht ernst, wenn Sie solche Gesetze einfach durchwinken. Worum geht es bei diesem Ausführungsgesetz?
Der Personalausweis ist das Dokument, mit dem uns staatliche Stellen und der Rechtsverkehr eindeutig identifizieren können. Der Ausweis soll verhindern, dass jemand unsere Identität missbraucht.
Ab 1. November kommt der neue Personalausweis. Was bringt er nun? Der neue Personalausweis enthält erstens einen Bereich für das automatische Auslesen von Familienname, Vorname, Tag der Geburt, deutsche Staatsangehörigkeit, Gültigkeitsdauer, Seriennummer etc.
Der Personalausweis enthält zweitens ein elektronisches Speicher- und Verarbeitungsmedium, in dem auch biometrische Daten, wie unser Lichtbild und unsere elektronischen Fingerabdrücke, gespeichert werden sollen.
Polizeivollzugsbehörden, Zollbeamte, Pass- und Meldebehörden, die die Identität des Ausweisinhabers überprüfen dürfen, sind befugt, diese biometrischen und sonstigen Daten zu lesen und biometrische Daten miteinander zu vergleichen.
RFID-Chips ermöglichen aber ein Auslesen, ohne dass es der Betroffene bemerkt – eindeutig ein Verstoß gegen unsere informationelle Selbstbestimmung.
Meine Damen und Herren! Wenn Sie jetzt einwenden, Deutschland ist ein Rechtsstaat, dann mag das ja so sein. Wir sollten aber daran denken, dass wir uns auch in Staaten aufhalten, die nicht unsere Grundrechtsstandards haben.
Drittens schließlich hat der neue Personalausweis die neue zusätzliche Funktion des elektronischen Identitätsnachweises gegenüber öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen. Sie kann vom Passinhaber freiwillig aktiviert werden. Damit soll der althergebrachte Personalausweis in die Welt des E-Government und E-Commerce verlängert werden. Einsatzmöglichkeiten sollen etwa elektronische Genehmigungsverfahren sein oder die elektronische
Akteneinsicht. Eine eindeutige Identifizierung im elektronischen Rechtsverkehr soll ermöglicht werden, etwa Vertragsabschlüsse auf Onlineportalen wie eBay oder Amazon, Onlinebanking und anderes mehr.
Wo liegt das Problem? Die ePA schafft eine Infrastruktur, bei der die konkreten Anwendungen im Internet jetzt noch gar nicht absehbar sind. Mag sein, dass darin eine Chance des papierlosen Geschäftsverkehrs liegt. Möglicherweise werden aber auch die Potenziale des Internet, die eine anonyme oder pseudonymisierte Kommunikation zur Meinungsbildung bietet, zurückgedrängt. Wer garantiert uns denn, dass der Zutritt zu Kommunikationsforen nicht von der Identifizierung abhängig gemacht wird?
Meine Damen und Herren! Hier wird im Übrigen eine technische Lösung mit Steuergeldern finanziert, die mit den klassischen Aufgaben des Identitätsnachweises durch Personalausweis nichts zu tun hat und eigentlich Privatunternehmen wie eBay zugute kommt, da ihnen der Staat praktisch ein kostenloses Identifizierungstool zur Verfügung stellt.
Meine Damen und Herren! Was ist, wenn die eID gar nicht sicher ist? Möglicherweise – ich nehme fast an: nicht – haben Sie die Diskussion zwischen dem ChaosComputerclub und dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik wahrgenommen. Das BSI weist die Sicherheitsbedenken zwar strikt zurück – der CCC hatte diese entsprechende eID geknackt –, räumt aber ein, dass die eID nur sicher ist, wenn jeder Nutzer Sicherheitsstandards am heimischen Computer einstellt.
So finden sich auf der offiziellen Homepage des BSI etwa folgende Empfehlungen: Anwender sollten eine personal firewall und einen leistungsfähigen Virenscanner nutzen und diesen stets aktualisieren. Neben dem Browser sollte auch das Betriebssystem auf dem jeweils neuesten Stand gehalten werden. Der Ausweis sollte nur für die Dauer der tatsächlichen Nutzung auf das Lesegerät gelegt werden. Und – ganz nett –: Anwender, die das Gefühl haben, ihre PIN sei ausspioniert oder manipuliert worden, sollten diese an einem nicht infizierten PC ändern oder den Ausweis sperren lassen.
Meine Damen und Herren! Ich frage Sie einfach: Beachten Sie alle diese selbstverständlichen Anforderungen bei Ihrem persönlichen PC?
Meine Damen und Herren! Was hat das alles mit Sachsen zu tun? § 3 des Sächsischen Ausführungsgesetzes regelt, dass der Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste für die Übermittlung der Adressen und Zertifikatsinhalte der Ausweisbehörden an das Bundesverwaltungsamt und für deren Pflege zuständig ist. Zwar hat der Datenschutzbeauftragte Herr Schurig im Innenausschuss diese Regelung befürwortet, zugleich hat er aber auch daran erinnert, dass
die rechtlichen Verhältnisse zwischen den Ausweisbehörden, der Polizei und dem SID immer noch nicht geregelt sind.
Wie erfolgt etwa die Übermittlung welcher Daten? Wer hat in welchem Umfang Zugriff? Das ist zwar nicht Regelungsgegenstand des Ausführungsgesetzes, aber Anlass, das E-Government-Gesetz noch einmal dringlich anzumahnen.
Herr Ulbig ist zwar für die Ausweisbehörden zuständig, kann aber zum SID keine Auskünfte geben. Denn die SID befindet sich ja jetzt in der Zuständigkeit vom Staatsreformminister Dr. Martens. Der denkt sogar über eine Teilprivatisierung nach und ist wahrscheinlich deswegen nicht in der Lage, das Gesetz vorzulegen.
Meine Damen und Herren! Diese Gesellschaft trägt in naiver Technikgläubigkeit alles mit, was technisch möglich ist. Wir digitalisieren das öffentliche Gemeinwesen, ohne die Gefahren abzuschätzen. Es ist einfach naiv, unsere analoge Welt auf die digitale übertragen zu wollen und zu verkennen, dass sich ganz neue Gefahren auftun und alte potenzieren. Wir brauchen eine Freiheitsarchitektur für die digitale Welt, die die Grundrechte schon technisch-strukturell wahrt. Dieses Gesetz entspricht diesen Anforderungen bei Weitem nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist abzusehen, dass das hier vorliegende Gesetz von Ihnen als reines Durchwinkegesetz verstanden und behandelt wird.
Die Ausgangssituation erscheint klar. Eine Änderung des Grundgesetzes vor vier Jahren führte für das Ausweiswesen zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Von dieser Kompetenz hat der Bund im vergangenen Jahr durch das Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften Gebrauch gemacht. So erscheint es bequem und legitim zugleich, sich einfach auf geändertes Bundesrecht zu berufen und damit eine Gleichschaltung auch des sächsischen Landesrechts vorzunehmen. Oder mit politisch korrekteren Worten: Das Landesrecht wird dem Bundesrecht angepasst.
Wer aber einem solchen Gesetz ohne Protest zustimmt, der findet sich damit ab, dass die Länder – und damit auch der Freistaat Sachsen – nun auch im Passwesen zur Ja sagenden Marionette des Bundes werden, der akzeptiert, dass der Bund die Kompetenzregeln in den Artikel 70 ff. des Grundgesetzes gleichsam als Ermächtigungsgesetz missbraucht, um seine Wahnvorstellungen vom gläsernen Menschen bis in alle 16 Bundesländer durchzuschalten.
Die NPD-Fraktion akzeptiert die Regelung des Grundgesetzes über die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes. Aber die NPD-Fraktion erhebt politischen Protest dagegen, dass das Passwesen zum Spielball von Schäubles Durchleuchtungspolitik wird und der Freistaat Sachsen dies ohne Protest mitträgt.
Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten, da wir zwar die Notwendigkeit einer Rechtsänderung auf Landesebene sehr wohl sehen, aber nicht bereit sind, den Sächsischen Landtag zum Statisten zu entwerten.