Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion sprach die Abg. Neukirch. Gibt es Redebedarf bei der Fraktion GRÜNE? – Nein. Die Fraktion NPD? – Kein Redebedarf. Gibt es Redebedarf aus den einbringenden Fraktionen, der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion? – Das sehe ich ebenfalls nicht. Damit hat die Staatsregierung das Wort; Frau Staatsministerin Clauß, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Jahr Pflege-TÜV – Zeit für eine Bilanz? Nein, ich sage sehr wohl: Zeit für eine Zwischenbilanz. So, wie die Aktuelle Debatte verlief, möchte ich nochmals auf die drei Bereiche zurückschauen. Was sollte mit der Einführung erreicht werden?
Die Reform im SGB XI 2008 hatte zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, zum einen die Pflegequalität zu verbessern, aber vor allen Dingen die Transparenz in der Pflege herzustellen bzw. sie zu erhöhen. Auch ich hatte gewisse Bedenken und Zweifel, als ich „Pflege-TÜV“ hörte. Das Wort TÜV erinnert sehr wohl an technische Sicherheitskontrollen, ist aber der Tatsache geschuldet, dass wir in diesen Prüfergebnissen wichtige Bausteine aufnehmen: die sogenannten Transparenzkriterien. Aufgrund dessen bin ich jetzt zu der Überzeugung gelangt, das Wort Pflege-TÜV zu gebrauchen.
Ich möchte nochmals den Unterschied, wie er angesprochen wurde, aufzeigen. Es geht um die Beurteilung einer Dienstleistung, von Menschen an Menschen erbracht. Das ist der Unterschied zu den Dienstleistungen bei techni
schen Sicherheitskontrollen, und aus dieser Begründung heraus ist dies mit besonderer Sensibilität zu betrachten.
Aber diese Prüfung, die ja unangemeldet durchgeführt wird, ist letztendlich dafür gedacht, dass die Qualität unserer Heime und ambulanten Pflegeeinrichtungen im Interesse unserer Seniorinnen und Senioren, im Interesse der Angehörigen und im Interesse des Verbraucherschutzes geprüft wird. Dies geschieht vor allem dahin gehend, dass die Betroffenen die Beurteilung verstehen und danach entscheiden können, inwieweit sie Vertrauen zu diesem Pflegeheim haben, und dass sie sich darauf verlassen können, sobald sie die Entscheidung getroffen haben, in dieses Heim nicht nur zur Probe einzuziehen, sondern – und das ist häufig – bis zum Lebensende dort eine neue Behausung zu finden. „Behausung“ sage ich sehr wohl; denn wir wissen, welcher Schritte es bedarf, bevor ein solch tiefgreifender Entschluss gefasst wird.
Wir haben gehört, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden. Das ist auch gut so. Die Ergebnisse sind in den Webseiten der Pflegekassen einsehbar, aber sie sind auch in den Pflegeheimen selbst sichtbar.
Wichtig ist mir noch, die Beurteilung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen zu nennen. Wir haben nicht irgendjemanden damit beauftragt, sondern sehr wohl die Fachexperten; denn inzwischen ist Pflege eine Pflegewissenschaft und nicht irgendetwas, das früher zwischen Tür und Angel geleistet wurde. Inzwischen wissen wir, dass Kriterien in der Pflegequalität herangezogen werden müssen, die die Evaluation untersetzen.
Wo stehen wir heute? Auch dazu wurde einiges gesagt. Wo schneidet Sachsen ab? Unser MDK liegt gut im Plan. Bis zum Jahresende werden alle 564 Altenheime und 1 037 Pflegeanbieter geprüft sein. Die Bewertung bundesweit ist gut: mit unserem Durchschnitt von 1,8 im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt von 1,9 oder im ambulanten Bereich von 2,2 im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt von 2,1.
Wie kommen die Noten zustande? Was zeigen sie? Wie bereits erwähnt, ermittelt der MDK anhand der vorgegebenen Kategorien die Qualitätsbereiche Pflege und medizinische Versorgung, den Umgang mit Demenzerkrankten, soziale Betreuung, Alltagsgestaltung, Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft, Hygiene und – das ist besonders wichtig – die Befragung der Bewohner. In diesen Qualitätskriterien sind 82 Einzelfragen zu beantworten, die sogenannten Transparenzkriterien. Geprüft wird, wie Bewohner ihre ärztlich verordneten Medikamente erhalten, ebenso die Dekubitus-Prophylaxe, Sturzrisiken, die Flüssigkeitsversorgung, um nur einige Beispiele zu nennen. Sehr wichtig ist auch die Pflegedokumentation, das Pflegekonzept, das Leitbild, die Dienstpläne, die Übergabeprotokolle; denn – ich betone nochmals – hier wird kein Auto kontrolliert, sondern hier geht es um Menschen. Aus den Einzelnoten wird dann die Note der
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Eine solche Prüfung von Qualität hat es in Deutschland und in Sachsen noch nie gegeben. Dennoch gibt es kritische Anmerkungen, die berechtigt sind. Zu Recht wird bemängelt – das kann auch nicht toleriert werden –, dass schlechte Pflegeergebnisse mit einem schönen Zimmer ausgeglichen werden können, oder dass frische Blumen – ich sage es bewusst so – von verwelkter Haut ablenken. Wer schlecht pflegt, darf keine gute Gesamtnote erhalten. Das heißt, die zentralen Kriterien von Pflegemängeln oder unzureichender Ernährung müssen in die Gesamtnote einfließen und anders berücksichtigt werden. Pflegerische Risiken müssen Priorität haben. Deshalb braucht es diese zusätzliche Bewertungsregelung.
Zurzeit sind wir dabei, die Bewertungskriterien bundesweit zu überarbeiten. 2010 soll es noch einmal auf diesen alten Standards beruhen. Ab 2011 sollen alle Heime, Pflegeeinrichtungen und Pflegeanbieter einmal jährlich anhand der neuen Kriterien begutachtet werden, um eine Vergleichbarkeit herstellen zu können.
Meine Damen und Herren! Dieser Pflege-TÜV ist ein wichtiger Schritt und eine wichtige Weichenstellung für den Verbraucherschutz, aber auch für unsere Seniorinnen und Senioren und ihre Angehörigen. Die Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und dieser Kriterien ist jetzt unsere Aufgabe. Als Sachsen – das versichere ich Ihnen – werden wir uns dort konsequent einbringen. Ich betone nochmals, dass gerade unser Bewohner- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz und die Bedarfsplanung sehr wohl auf unserer Agenda stehen.
Bei all den Diskussionen möchte ich nochmals unterstreichen, dass keine Note ein tröstendes Wort, ein liebevolles Streicheln ersetzen kann. Der Maßstab allen Handelns ist immer die Würde jedes Einzelnen, der im Heim ein neues Zuhause gefunden hat. Unsere ethische Verantwortung wird damit nochmals untersetzt.
Ich hatte gerade in dieser Woche ein Gespräch mit Geriatern aus unserem Freistaat Sachsen. Einen Satz habe ich mir für heute aufgeschrieben. Der Geriater sagte: „Man muss alte Menschen mögen und vielleicht auch lieben.“
Für die Staatsregierung sprach Frau Staatsministerin Clauß. Meine Damen und Herren! Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Diese Debatte ist damit abgeschlossen.
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Ich bitte den Abg. Tischendorf ans Rednerpult.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am heutigen Nachmittag werden wir es wieder erleben, wie vor den Türen des Sächsischen Landtages viele Bürger mit den Füßen darüber abstimmen, was sie von der Politik der Sächsischen Staatsregierung und den Haushaltsvorschlägen halten. Ich füge hinzu, und ich weiß es, dass nicht wenige Beschäftigte des öffentlichen Dienstes darunter sein werden, hat doch die Staatsregierung alles dafür getan, dass in den letzten Wochen der öffentliche Dienst als Staatsdiener dargestellt wird, der im Grunde nur Geld kostet, dessen Leistungen der Allgemeinheit kaum zu vermitteln sind und der im Übrigen zufrieden sein sollte, weil er doch staatlich alimentiert ist.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Zusammenfassung der Debatte der Regierung Tillich zum Thema öffentlicher Dienst in Sachsen im Vorfeld der Haushaltsdebatte. Ich füge hinzu: Es ist eine Neiddebatte, eine Neiddebatte, die niemandem etwas bringt, die die Mehrheit der Bürger gegen den öffentlichen Dienst in Stellung bringen soll. Ich gebe auch zu, Herr Tillich, dass ich nicht gedacht hätte, dass die CDU so schnell vor dieser hoheitlichen Aufgabe der FDP einknickt, die sie immer gern erfüllt, wenn es gegen die staatlichen Bediensteten geht.
Aber konkretisieren wir das Ganze einmal. Heute Nachmittag werden auch viele Polizisten für Ordnung sorgen, damit wir hier weiter tagen können. Ich füge hinzu – Sie werden es heute erleben, gekennzeichnet durch Westen –, dass auch viele Polizisten auf der anderen Seite stehen, die darum kämpfen, dass ihr Gehalt weiter erhalten bleibt und nicht die Vorstellungen der Staatsregierung und der Mehrheitskoalition so durchgehen.
Konkret dazu: Ein Polizeimeister erhält, wenn er beginnt, 1 856,97 Euro brutto. Nach Adam Ries sind das im Jahr 22 283,64 Euro brutto, und dem wollen Sie jetzt 1 025 Euro streitig machen, meine sehr geehrten Damen und Herren – damit wir das einmal konkretisieren?
Der Finanzminister hat am 8. September den Brief von Herrn Zastrow und Herrn Flath beantwortet, der zur Beruhigung beitragen soll. Für meinen Polizeibeamten würde das bedeuten – wenn man den Brief liest, ich habe ihn hier –, dass er beachten muss, dass die Regierung das Große und Ganze im Blick behält und dass er sein „ungezügeltes Besitzstandsdenken“, den Behalt der 1 025 Euro, den großen sächsischen Herausforderungen entgegen
stellt. Das ist jetzt Regierungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Behauptung ist unwahr, sie ist lebensfremd und eine Zumutung für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ja gewillt anzunehmen, dass der Finanzminister heute genau dafür ein paar Worte der Entschuldigung findet, und zwar noch vor der Demonstration vor diesem Hohen Hause.
Aber dieser bestellte Brief – solange mir noch Zeit bleibt – hat ja noch einige Halbwahrheiten, mit denen er gespickt ist. Hoffentlich haben Herr Flath und Herr Zastrow diese auch herausgefunden.
Zweite Frage: Wird denn mit der Streichung nicht gegen das Alimentationsprinzip verstoßen, wie es von Verbänden und der Fraktion DIE LINKE geäußert wird? – Logische Antwort des Ministers: Nein, natürlich nicht! Angemessene Alimentation muss sich an dem Gesamtverdienst der Bevölkerung orientieren, und die Beamten hätten auch ihren Anteil daran, dass die Arbeitslosigkeit bei uns im Osten so hoch ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben überhaupt nicht verstanden, was Branche bedeutet. Branche bedeutet, man vergleicht die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in einer Branche und nicht mit der Gesamtbevölkerung. Dass die Verdienste im privaten Bereich so niedrig sind, liegt im Wesentlichen daran, dass es keinen Mindestlohn gibt und dass Sie eine unsoziale Arbeitsmarktpolitik machen.
Das können Sie doch aber nun nicht ernsthaft den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes anbieten, dass Sie darauf verzichten wollen. Das ist so. Da ergibt sich für mich beim Lesen dieses Briefes die Frage, dass es entweder Unvermögen oder Absicht des Finanzministers ist. Beides ist aber für unsere Fraktion überhaupt nicht tragbar.
Ich könnte Ihnen noch erzählen, dass die Beamten in den letzten Jahren Einbußen hinnehmen mussten. Meine Kollegin wird noch für die Lehrer dazu sprechen. Erinnern Sie sich! Tarifvereinbarungen, also Absenkungen im öffentlichen Dienst, waren immer zeitlich befristet, nämlich auf drei Jahre, und sie waren immer damit
verbunden, dass das Entgelt gleichgeblieben ist. Mit der Arbeitszeit ist also das Entgelt gesunken. Was Sie machen, ist eigentlich Lohnklau, und Sie nutzen es zur Haushaltskonsolidierung.
Ja, meine Redezeit ist um, werter Herr Präsident. – Der Brief enthält noch vieles. Ich sage nur: Sie machen den öffentlichen Dienst in Sachsen kaputt. Sie bieten jungen Leuten keine Perspektive, und wir werden Ihnen das als Linke nicht durchgehen lassen.