Nun gibt es den Antrag der Koalitionsparteien und damit soll offensichtlich eine inhaltliche Befassung des Parlaments mit dem Kormoranproblem in Sachsen suggeriert werden, die eben so nicht stattgefunden hat. Um nicht missverstanden zu werden, werte Angler, der Interessenkonflikt zwischen Artenschutz und Fischereiwirtschaft ist real. Die Schutzmaßnahmen für den Kormoran haben seit den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts zu einer kontinuierlichen Bestandszunahme geführt, die nun besonders den Teichwirten Probleme bereitet. Eine Diskussion über einen praktikablen nachhaltigen Interessenausgleich ist deshalb dringend notwendig.
Wenn dabei das Parlament über einen Antrag einbezogen werden soll, umso besser, aber dann nicht als lobbyistische Alibiveranstaltung, sondern bitte schön ernsthaft. Dazu gehört ja wohl mindestens eine Befassung mit Sachverständigenanhörung im Fachausschuss. Damit aber wollten sich die Koalitionsparteien nicht aufhalten, denn pünktlich zum parlamentarischen Abend der Fischer, Angler und Jäger sollten die Abgeordneten der CDU und FDP die frohe Botschaft der Entfristung der Kormoranverordnung verkünden können.
Was uns als Entscheidungsgrundlage jetzt vorliegt, ist eine mehr als magere Stellungnahme der Staatsregierung. Der Monitoring-Jahresbericht 2009 zum Kormoran liegt
dagegen noch nicht vor. Aber selbst in der dünnen Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag stößt man auf Aussagen, die eine nähere Befassung notwendig gemacht hätten. Beispielsweise heißt es da, dass „das begleitende Monitoring erschwert wurde, da die Kormorane vermutlich durch die Vergrämungsabschüsse ihr räumliches Verteilungsmuster verändert haben“.
Schaut man in den Monitoring-Jahresbericht 2008, findet man unter anderem solche Aussagen: „Aufgrund des späten Zeitpunktes der Auftragsvergaben konnten 2008 systematische Bestandserfassungen erst ab August erfolgen.“ Unverhältnismäßig sinkende Brutpaarzahlen werden im Bericht durch vermutete illegale Vergrämungsaktionen erklärt. Spezielle wissenschaftliche Untersuchungen, wie beispielsweise Magenanalysen bei Kormoranen zur Feststellung der Nahrungszusammensetzung, erfolgen überhaupt nicht.
Es fehlen also elementare Grundlagen einer fachlich fundierten Entscheidung zur Entfristung der Kormoranverordnung, nämlich verlässliche Bestandszahlen und konkrete Nachweise für Gefährdungen von Fischarten. Nach wie vor ist es eben nicht belegt, in welcher Größenordnung welche geschützten Fischarten durch den Kormoran vertilgt werden. Dies nachzuweisen, nicht nur zu mutmaßen, verehrte Kollegen Angler von CDU und FDP, ist jedoch unbedingte Voraussetzung, um Kormorane schießen zu dürfen. Hier geht es um nicht weniger als durch das Bundesnaturschutzgesetz gerechtfertigte Ausnahmen vom Tötungsverbot.
Frau Kollegin, bedeutet das, dass Sie der Feststellung der großen Kormorankonferenz der Universität Weihenstephan von vor fünf Jahren widersprechen, dass über 80 % – und diese Zahl ist konservativ geschätzt – des deutschen Äschenbestandes, des Fisches, der den lateinischen Namen Thymallus thymallus trägt, durch den Kormoranfraß ausgerottet worden ist?
Herr Kollege, es geht um das Monitoringsystem in Sachsen. Ich erwarte, dass ein Monitoringsystem in Sachsen zur Überwachung der Bestandszahlen des Kormorans und auch zur Überwachung der Bestandszahlen geschützter Fischarten belegbare Nachweise über die Gefährdungsursachen und die Gefährdungsgrade erbringt.
Es geht also nicht um bundesdeutsche Zahlen, sondern es geht um ein sächsisches Monitoring. Da wir das seit 1996 durchführen, ist es möglicherweise nicht zu viel verlangt, dass auch die Opposition über genaue Zahlen informiert wird.
Die unzureichende Gesamtdatenlage lässt einen schon stutzig werden, denn eine erleichterte Bestandsregulierung durch Abschüsse nach der Kormoranverordnung erfordert zwingend ein zuverlässiges überregionales Monitoringsystem. Zu diesem Widerspruch hätte ich schon gern Sachverständige befragt. Zudem gibt es inzwischen hinreichende nationale und internationale Studien, die dokumentieren, dass Vergrämungsmaßnahmen bei Kormoranen eine geringe temporäre Wirkung entfalten, ohne dass die Population nachhaltig reguliert werden kann. Das Problem wird also zwischen den Gewässern, zwischen den Regionen hin- und hergeschoben, und die Vergrämungsmaßnahmen müssen dauerhaft fortgesetzt werden. Das bedeutet praktisch, dass fortgesetzt rumgeballert werden muss – auch in Schutzgebieten unter Inkaufnahme der Beeinträchtigungen für die Tierwelt.
Die ursprüngliche Befristung der Verordnung von 2007 bis Ende 2010 hatte meines Erachtens den Sinn, zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Nun sehen wir – das Ergebnis ist eindeutig –, dass trotz verdoppelter Abschusszahlen keine wesentliche Bestandsreduzierung erfolgt.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Teichwirte – bei den Hobbyanglern mag das etwas anders sein – über die Verordnung wirklich so glücklich sind; denn die gleichzeitige Reduzierung der Härtefallausgleichsmittel für Kormoranschäden war dann doch eine gewaltige Kröte, die sie zu schlucken hatten, um jetzt krampfhaft Jäger zu suchen, die überhaupt Lust haben, den nicht genießbaren Vogel regelmäßig zu bejagen. Außerdem plagen die Teichwirte gegenwärtig Sorgen in ganz anderem Ausmaß – Stichwort Koi-Herpes-Virus.
Angesichts der Halbierung der Mittel für den Härtefallausgleich im aktuellen Haushaltsentwurf und der noch ungeklärten Entschädigung aus Mitteln der Tierseuchenkasse dürfte die Entfristung der Kormoranverordnung also eher einem miesen Tauschgeschäft „Gold gegen Steine“ gleichen.
Wer den Konflikt zwischen Vogelschutz und Teichwirtschaft wirklich auflösen will, darf nicht nur Beruhigungspillen an Lobbyverbände verteilen, sondern muss ein Monitoringsystem installieren, das diesen Namen verdient und das dafür mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet wird.
Nach der fast vollständigen Ausrottung des Kormorans Anfang des vorigen Jahrhunderts kann doch nicht der flächendeckende unsystematische Abschuss die einzige Antwort sein, die uns zur Konfliktentschärfung einfällt. Da muss man sich schon etwas mehr anstrengen, meine Damen und Herren.
Ein Lösungsansatz besteht aus unserer Sicht in einem großräumig abgestimmten System der Bestandskontrolle und gegebenenfalls -regulierung des Kormorans, am besten abgestimmt mit anderen Bundesländern – Stich
wort Thüringer Kormorane. Außerdem müssen stärker passive und nicht letale Abwehrmaßnahmen erprobt und gefördert werden, wie Überspannungen oder auch die Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten. Darüber sollte tatsächlich mit allen Betroffenen intensiv gestritten werden, und zwar bevor man eine Verordnung kritiklos entfristet. Dieses Spiel macht DIE LINKE jedenfalls nicht mit.
Aber, meine Damen und Herren, wir nehmen die Sorgen der Teichwirte, der Angler, aber auch der Naturschützer sehr ernst. Deshalb haben wir uns trotz der späten Behandlung des Tagesordnungspunktes die Mühe gemacht, Änderungen der Kormoranverordnung vorzuschlagen, die einen tragfähigen Kompromiss zwischen unterschiedlichen Betroffenengruppen darstellen und so künftig zu einem wirklichen Interessenausgleich beitragen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist noch nicht allzu lange her, dass der Kormoran fast ausgerottet war. Er frisst nun einmal Fische, und das schädigt die Fischbestände mehr oder weniger. Wir haben es also mit einem Interessenkonflikt zu tun. Einerseits ist der Kormoran besonders geschützt, andererseits besteht bei Fischern und Teichwirten ein legitimes Interesse zur wirtschaftlichen Nutzung von Fischbeständen.
Dass der Kormoran der Vogel des Jahres 2010 ist, haben sicherlich alle schon mitbekommen, die meinen Vorrednern zugehört haben. Nach Meinung des NABUPräsidenten ist das Comeback des Kormorans an Küsten, Seen und Flüssen aber trotz regionaler Probleme an Teichwirtschaften kein Anlass, die Vögel im großen Stil zu verfolgen und abzuschießen. Wer dies fordere, zeige ein rückwärts gewandtes Verhältnis zu Natur und ökologischen Zusammenhängen. Befürchtungen, der Kormoran würde sich übervermehren, seien unbegründet und durch die dokumentierte Bestandsentwicklung der letzten Jahre widerlegt.
Dieser Auffassung hat sich im März dieses Jahres auch die Bundesregierung angeschlossen. Sie hat nämlich in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage erklärt, dass sich die Zahl der Kormoranbrutpaare in den nächsten Jahren nicht weiter erhöhen werde, da diese Vogelart in Deutschland die Kapazitätsgrenzen ihres Lebensraumes inzwischen erreicht habe.
Der Bestand an Kormoranen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die damit verbundenen Probleme werden mittlerweile auch auf europäischer Ebene diskutiert. Dazu ist hier schon einiges gesagt worden. Der Deutsche Fischereiverband forderte vor Kurzem ein
Von der EU wird der Weg von lokal angepassten Lösungen verfolgt, um mögliche Schäden vor Ort abzuwehren. Einfach den Vogel abzuschießen hilft da wenig. Das konnte in Mecklenburg-Vorpommern belegt werden. Dort führte selbst der Abschuss von – man horche auf! – 10 000 Jungvögeln im Jahr 2005 drei Jahre später, als die überlebenden Vögel erstmals gebrütet hatten, zu keiner Bestandsabnahme. Die Ursachen werden in der Biologie der Vögel gesehen. Kormorane können nämlich Eingriffe in ihre Population in sehr hohem Maße ausgleichen. Das heißt, sie reagieren sofort mit mehr Nachwuchs als üblich. Eingriffe, die bestandswirksam sein sollen, müssten daher einem Vernichtungsfeldzug gleichen, wie er schon einmal vor mehr als hundert Jahren geführt worden ist. Damals hat man ja gesehen, wohin das geführt hat.
Natürlich finden wir es richtig und wichtig, das Kormoranmonitoring fortzusetzen, denn dies ist eine wichtige Grundlage, um die Kormorankonfliktlage sachlich bewerten zu können. Was jedoch die Entfristung der Kormoranverordnung ohne Änderungen anbelangt, so hat die Staatsregierung das entsprechende Verfahren bereits auf den Weg gebracht. Eines Beschlusses des Landtages hat es dazu gar nicht bedurft. Herr Günther, Sie haben ja auch erwähnt, dass die FDP damals zugestimmt hat. Auch das ist ein falscher Zungenschlag von Ihnen, denn über die Verordnung befinden wir hier im Landtag überhaupt nicht.
Insofern ist der Antrag der Koalitionsfraktionen entbehrlich. Er kommt auch viel zu spät. Wenn der Antrag nur dazu dienen soll, festzustellen, dass die Koalitionsfraktionen hinter dem Handeln der Staatsregierung stehen, brauchen wir Ihren Antrag nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute behandeln wir mal wieder einen Antrag aus der Mottenkiste der naturfeindlichen und populistischen Giftküche der FDP.
Die CDU macht da gerne mit, wie der Kollege Clemen. Sind Sie immer noch Vorsitzender vom Anglerverband? Ich habe es nicht mehr mitbekommen, ich glaube schon.