Protocol of the Session on September 2, 2010

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

und deswegen schwerlich auf die sächsischen Verhältnisse anzuwenden ist?

Ich habe auch zum Unterschied der Farbe zwischen Küstenkormoran und Landkormoran nichts gefunden, Herr Lichdi.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Es gibt eine weitere Zwischenfrage. Möchten Sie diese zulassen?

Herr Piwarz, bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Kollege von Breitenbuch, sind Sie genauso begeistert wie ich davon, wie viel ornithologischer Sach- und Fachverstand hier und heute im Hohen Hause vorhanden ist?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir bleiben hoffentlich auch so begeistert.

(Mario Pecher, SPD: Es geht um den Sachsen-Kormoran! Der muss sparen und frisst nur 200 Gramm! – Heiterkeit)

Darf ich jetzt fortfahren?

Sie dürfen fortfahren.

Gut. – Mit der Rückkehr des Kormorans nach Mitteleuropa wuchs wieder die Sorge um die Fischbestände. Die Schäden durch den Kormoran sind unterschiedlich, zum einen, weil er einfach den Fisch auffrisst und er damit weg ist; gerade in der Fischzucht ist das wichtig. Dann beschädigt er die Fische, wenn er sie nicht trifft, sondern anhackt. Damit verenden diese Fische. Als dritter Punkt des Schadens ist zu sagen, dass in die Nahrungsecken, in denen die Fische sitzen, der Kormoran taucht. Die Fische werden vergrämt, kommen nicht mehr zu den guten Nahrungsecken unter Wasser, und der Zuwachs ist nicht mehr entsprechend.

Im EU-Parlament hat man sich 2008 mit einem gesamteuropäischen Managementplan beschäftigt – das ist noch im Fluss –, weil das Problem nur europäisch zu lösen ist. Ich werde darauf noch einmal zu sprechen kommen. Im Gegensatz dazu haben der NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern ein Signal setzen wollen und den Kormoran zum Vogel des Jahres 2010 gemacht. Sie

sehen: Wir haben nicht nur heute Abend dazu eine Aktuelle Debatte.

Auch hier in Sachsen ist der Konflikt zwischen hochwertigem Artenschutz und Fischereiwirtschaft in der Kulturlandschaft, aber auch mit Fischbesatz in den frei fließenden Gewässern angekommen. Durch die milden Winter haben wir hier ganzjährig Kormoranbesatz und damit Schäden auch in Fließgewässern, also nicht nur in Teichen und Seen. Auch in meinem Wahlkreis gibt es große Klagen der Fischer über enorme Verluste. Ganze Satzfischproduktionen eines Jahres fallen dem Kormoran zum Opfer. Damit leiden die Fischer wirklich unter diesem Vogel.

Außerdem besteht die Gefahr, dass bei einseitigem Schutz des Kormorans die Kulturlandschaft insgesamt leidet, der Fischbesatz in den Teichen völlig verschwindet und damit das Gesamtbiotop umkippt. Es nimmt Schaden, weil man nur diese eine Art in den Fokus genommen hat. Der Anblick der Brut- und Koloniebäume, die durch Überkotung absterben und an den Teichen stehen bleiben, verdunkelt das helle Bild des „Vogels des Jahres“.

2007 hat man versucht, diesem Konflikt zwischen dem europäischen Artenschutz und der Fischerei Rechnung zu tragen, und in Sachsen die Kormoranverordnung eingeführt. Sie war befristet. Es geht heute darum, diese Befristung zu entfristen, sprich: zeitlich nach vorn zu öffnen. Die Vergrämung sollte möglich sein, um die Fischwirtschaft an den Gewässern am Leben zu erhalten. Miteinander, nicht gegeneinander sollte die Entwicklung ab jetzt laufen. Das Pendel, das sich sehr weit zugunsten des Kormorans bewegt hatte, sollte wieder mehr in die Mitte, zum Ausgleich mit der Fischpopulation, aber auch zum Ausgleich des Gesamtbiotops kommen.

Seit 1996 wurde die Population des Kormorans genau erfasst und dokumentiert. Bis 2005 in Sachsen ansteigend, haben wir seitdem schwankende Bestände auf hohem Niveau. Teilweise, wie bei mir im Wahlkreis, gibt es sogar Bestände, die aus Thüringen einfliegen und sächsische Gewässer plündern.

Die seit 2007 mögliche Vergrämung wurde von den Berechtigten intensiv genutzt. Sie ersehen das aus der Anlage zum Antrag. Der Verwaltungsaufwand wurde seit 2007 entsprechend abgesenkt.

Artenschutz kann man machen. Man muss natürlich die Eigentumsrechte anderer, aber auch die Anforderungen des Gesamtbiotops ernst nehmen wollen und dann Regelungen zum Ausgleich schaffen. Bei einseitiger Populationssteigerung einer Art – am Beispiel des Kormorans sehen wir das sehr gut – greift auch nicht der Härtefallausgleich. Die De-minimis-Regelung der EU – der Kormoran-Artenschutz ist schon von der EU gekommen, auf der anderen Seite jetzt de minimis – begrenzt die Ausgleichszahlung in drei Jahren auf 30 000 Euro. Das reicht nicht aus, damit der Fischer den Schaden wirtschaftlich tragen kann, wenn der gesamte Fischbestand aufgefressen wurde. Auch die Flankierung durch die möglichen Agrarumweltmaßnahmen – Teichwirtschaft wird teilweise

gefördert – reicht nicht aus, um die Betriebe bei punktuellem, massivem Schaden wirtschaftlich stabil zu halten.

Die Kormoranverordnung war also in unseren Augen 2007 der richtige Schritt nach vorn, um den Fischern Gelegenheit zu geben, selbst Einfluss auf die Bestände und auch deren Konzentration nehmen zu können.

Schwierigkeiten gibt es durch Überlappungen mit anderen Arten, so zum Beispiel dem Seeadler, aber auch durch Überlappungen mit anderen Verordnungen. Wenn Gebiete um einen Teich FFH- bzw. Vogelschutzgebiet sind, gibt es unterschiedliche Auslegungen und Ermessensentscheidungen von Naturschutzbehörden. Dadurch ergibt sich ein uneinheitliches Bild. In diese Mühlen kommt dann im Einzelfall auch der Fischer, teilweise zu seinem großen Schaden. Ich denke, hier muss in nächster Zeit auch mit den Landkreisebenen nachgearbeitet werden, um genereller im Sinne dieses Ausgleichs Regelungen zu untersetzen.

Die Kormoranverordnung war 2007 eine notwendige Hilfe zur Selbsthilfe – ich will es einmal so bezeichnen –, da durch die EU-De-minimis-Regelung der Härtefallausgleich zahnlos geblieben ist. Der EU-Artenschutz zeigt sich in diesem Punkt als einseitig und zu sehr auf eine Art fokussiert. Der Gesamtblick auf das Gesamtbiotop bleibt außen vor. Die Rechte Dritter wie auch der Nutzen der Nutzer für den Gesamtverbund des Biotops wurden zu gering eingeschätzt. Der Ausgleich wird nötig, und da ist die EU, das Parlament gefragt, aktiv zu werden. Gestern hat der NABU eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er das angestrebte Ziel des Managementplanes, die Bestände in Europa wieder zu halbieren, massiv angreift. Die Debatte ist also wieder in Europa, in Brüssel gelandet, und das ist auch gut so. Ich denke, das ist aktuell.

Ziel ist es, in Sachsen neben Kormoranen gleichzeitig Fischer zu haben, die die Gewässer pflegen, und nicht nur für die Kormorane, sondern auch für andere Arten anspruchsvolle Biotope in Sachsen erhalten. Wir müssen den Fischern dankbar sein, die die Biotope erhalten und pflegen. Wir sind in Sachsen mit der Kormoranverordnung und mit der Entfristung auf einem guten Weg. Diese Entfristung soll deshalb heute abgestimmt und verabschiedet werden.

Mit der Entfristung ist ein Monitoring verbunden, das seit 1996 schon läuft, um einfach weiterhin beurteilen zu können: Wie entwickeln sich die Bestände, und liegt man mit den Regelungen richtig? Ich denke, das ist verantwortungsvoller Artenschutz ganzheitlich betrachtet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Als nächster Redner für die einreichenden Fraktionen spricht der Abg. Günther, FDP. Herr Günther, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kormoran ist der Vogel des Jahres 2010.

Mit diesem Titel wird ihm die Aufmerksamkeit zuteil, die er verdient. Deshalb möchte ich mich in der Folge kurz dem ausgesprochen interessanten „Viech“ widmen.

Anhand dieses Beispieles kann gezeigt werden, dass Natur- und Artenschutz in Europa Früchte tragen. In den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts galt der Kormoran als annähernd ausgestorben. In den vergangenen beiden Jahrzehnten ist aufgrund vielfältiger Schutzbestimmungen eine deutliche Bestandszunahme zu verzeichnen. Diese auf der einen Seite sehr erfreuliche Erkenntnis führt auf der anderen Seite jedoch zu erheblichen Problemen.

Liebe Kollegen, ich möchte nicht mit Ihnen darüber streiten, ob man im Freistaat Sachsen 2 000, 3 000 oder 5 000 Exemplare hat.

(Zurufe von der Linksfraktion und der SPD)

Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Tiere zum Überleben circa ein halbes Kilogramm Fisch pro Tag benötigen. Experten gehen davon aus, dass demnach mehr als 250 Tonnen Fisch in sächsischen Flüssen, Teichen und Seen gefressen werden. Damit kommen wir zum Problem dieser einseitigen Artenschutzbemühung.

Der Kormoran unterscheidet bei seiner Jagd nach Fischen nicht zwischen geschützten und ungeschützten Tieren. Er differenziert auch nicht zwischen Biotopen oder fischereigenutzten Flüssen und Seen, in denen gerade wieder die Wiederansiedlung der Forelle oder des Aals stattfindet. Er kennt auch die Gesetzeslage nicht.

(Heiterkeit bei den Fraktionen)

Welche schwierige Aufgabe es ist, Fischereiwirtschaft zu betreiben, ohne auf die Mittel der Vergrämung zurückgreifen zu müssen, erlebt der NABU bereits seit Jahren selbst am eigenen Leib. Der Naturschutzbund betreibt mit der Blumberger Mühle im Nordosten des Landes Brandenburg eine Karpfenwirtschaft. Auch sie haben die gleichen Probleme wie alle anderen Teichwirte in Deutschland. Aus diesem Grund muss der NABU seine Satzfische jedes Mal aus dem Ausland importieren, denn der Covus marinus holt sich eben, was er zum Leben und zur Fortpflanzung benötigt, überall.

Verantwortungsvoller Natur- und Artenschutz geschieht nicht einseitig, sondern berücksichtigt die vielfältigen Wechselwirkungen in der Natur. Mit diesem Blickwinkel wird bei uns eben nicht der Grundkonflikt zwischen Kormoran und den Interessen der Teichwirtschaft gesehen, der uns gern unterstellt wird. Wir möchten einen umfassenden Artenschutz, der einen angemessenen Bestand der Meerraben genauso vorsieht wie die Wiederansiedlung ausgestorbener Fischarten in sächsischen Flüssen und Seen. Die Mühe besteht darin, erfolgreich zu sein. Gleichzeitig möchten wir aber den Teichwirten einen Rahmen vorgeben, wie sie sich artenschutzgerecht gegen einen ihrer größten Feinde schützen können. Dazu hat die Staatsregierung im Jahr 2007 die Kormoranverordnung

eingeführt, der wir damals in der Opposition zugestimmt haben.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Man kann auch in der Opposition durchaus gute Ideen entwickeln.

Dies hat zweifellos dazu geführt, dass ein erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schaden abgewendet werden konnte und ein geeigneter Schutz der heimischen Tierwelt stattfand.

Aufgrund der hohen Wirksamkeit der Kormoranverordnung beantragen die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP die fristlose Verlängerung dieses nachhaltigen Mittels und bitten um breite Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir fahren in der allgemeinen Aussprache fort. Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Günther, wir haben im Parlament darüber diskutiert; das stimmt. Aber die Sächsische Kormoranverordnung war meines Wissens nicht im Parlament 2007, denn sie wurde damals im Kabinett verabschiedet. Wir haben bei einem anderen Antrag dazu gesprochen.

Nun gibt es den Antrag der Koalitionsparteien und damit soll offensichtlich eine inhaltliche Befassung des Parlaments mit dem Kormoranproblem in Sachsen suggeriert werden, die eben so nicht stattgefunden hat. Um nicht missverstanden zu werden, werte Angler, der Interessenkonflikt zwischen Artenschutz und Fischereiwirtschaft ist real. Die Schutzmaßnahmen für den Kormoran haben seit den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts zu einer kontinuierlichen Bestandszunahme geführt, die nun besonders den Teichwirten Probleme bereitet. Eine Diskussion über einen praktikablen nachhaltigen Interessenausgleich ist deshalb dringend notwendig.