Protocol of the Session on September 1, 2010

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Stange. – Jetzt kommt die Fraktion der FDP mit dem Kollegen Herbst; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! SPD und Linke haben sich hier ja reichlich Mühe gegeben, Weltuntergangsszenarien für den ÖPNV in Sachsen zu entwerfen.

(Zurufe der Abg. Stefan Brangs, SPD, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren, wenn wir uns in einem Jahr den öffentlichen Nahverkehr in Sachsen anschauen, bin ich mir sicher, dass das, was Sie machen, nichts anderes als substanzlose Schwarzmalerei ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe)

Sachsen hat landesweit sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen

(Mario Pecher, SPD: Vorsicht, Abgrund!)

ein hervorragendes Angebot im öffentlichen Nahverkehr. In den letzten Jahren ist unheimlich viel passiert und wir brauchen uns auch im bundesweiten Vergleich überhaupt nicht zu verstecken.

(Zuruf von der Linksfraktion)

Die Diskussion, die Sie hier vorführen, ist ein Vorgriff auf die Haushaltsdiskussion.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Da müssen Sie mal Geld ranschaffen!)

Denn die Einsparung im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs – – Herr Lichdi, Sie haben dann die Möglichkeit, selbst einen Redebeitrag zu leisten oder eine Kurzintervention vorzunehmen. Sie sollten sich ein wenig zurückhalten, sodass die Kollegen die Debatte verstehen können; das hilft vielleicht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Einsparungen, über die wir jetzt sprechen, sind keine Laune des Ministers, sondern stehen selbstverständlich im Zusammenhang mit dem Gesamthaushalt. Wir müssen 1,2 Milliarden Euro einsparen.

(Mario Pecher, SPD: Wer sagt denn das?!)

Das trifft alle Bereiche. Wir sparen 1,2 Milliarden Euro ein, um eine Neuverschuldung zu vermeiden. Ich bin der Meinung, dass es nicht generationengerecht ist, wenn wir uns heute für laufende Zuschüsse im ÖPNV verschulden, aber kommende Generationen es bezahlen.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir haben uns im Rahmen des Haushalts auf klare Schwerpunkte verständigt. Das sind in diesem Land Bildung, Forschung und Innovation. Wenn wir Schwerpunkte setzen, dann bedeutet das natürlich, dass wir an anderer Stelle auch mehr sparen müssen. Das ist ein zwingender Zusammenhang, sonst muss man es mit der Methode Rasenmäher machen – das wollen Sie vielleicht, wir lehnen es ab, weil wir den Mut haben, klare Schwerpunkte zu setzen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu, Herr Kollege Herbst?

Bitte, Herr Kollege Pecher.

Danke, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. Würden Sie mir recht geben, Herr Kollege Morlok, – –

(Heiterkeit – Zuruf: Da gibt es gewisse Unterschiede!)

Entschuldigung; doch, in der Farbe der Krawatte schon.

Würden Sie mir recht geben, dass, wenn Instandsetzungs- und Abschreibungsbedarf – man wird ja von einem wirtschaftlich denkenden Menschen erwarten können, dass er das weiß –, der in bestimmten Zyklen pro Jahr notwendig ist, in die Zukunft verschoben wird, ähnlich wie wir es bei der Krankenhausfinanzierung machen –

dort sprechen wir über 70 Millionen Euro, die pro Jahr verschoben werden, hier sprechen wir über 80 bis 90 Millionen Euro, die verschoben werden –; dass dies eine Verschiebung von Lasten in die Zukunft ist und dass das mit einem generationengerechten Haushalt nichts mehr zu tun hat?

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: … und alles auf Kosten der jungen Leute geht?!)

Ich gebe Ihnen recht, dass betriebswirtschaftlich betrachtet natürlich Abschreibungen zu den Kosten dazugehören. Sachsen hat beispielsweise bei der Benutzung des Schienennetzes einen entsprechend hohen Preis zu zahlen. Das Problem ist nur, dass wir beispielsweise bei der Kalkulation der Bahntochter, die das Netz betreibt, mittlerweile so viel Geld zahlen, dass die Transparenz fehlt. Nicht umsonst gab es die entsprechende Vereinbarung auch mit der Bundesnetzagentur, wonach die Regionalzuschläge für unzulässig erklärt wurden, weil keine Transparenz in der tatsächlichen Kostenstruktur vorhanden war.

(Beifall bei der FDP – Johannes Lichdi, GRÜNE: Da sind wir uns doch einig!)

Lassen Sie mich fortsetzen, meine Damen und Herren. Der ÖPNV und dessen Finanzierung sind keine heilige Kuh, und wir sind bereit, über Effizienzsteigerung nachzudenken. Da hier als Vorwurf kam, warum der Minister nicht um jeden Cent gekämpft habe, sage ich Ihnen ganz ehrlich: Wenn jeder nur seines sieht, kommen wir in diesem Land keinen Millimeter voran.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Moment, bitte; ich möchte meinen Gedanken zu Ende führen. Wenn wir es nicht hinbekommen, dass sich die Regierung als Team versteht und dass der eine Kollege, um anderen Kollegen, zum Beispiel Kultus, zu ermöglichen, Lehrer zu finanzieren, auch bereit ist, bei sich tiefere Einschnitte zu machen, dann wäre das ein Armutszeugnis für diese Regierung. Aber sie hat genau das Gegenteil bewiesen: Sie hat solidarisch gehandelt und sie steht zu den Prioritäten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Jähnigen.

Sie haben gerade gesagt, dass der Minister nicht um jeden Cent kämpfen konnte, weil die Einsparung notwendig ist. Nun verändert sich ja bei der Ausgabe der Entflechtungsmittel, früher GVFGMittel, der Anteil von der Schiene von bisher 25 % – das war schon zu wenig – auf jetzt, neu, nur noch 12,5 %. Da bekommt der Straßenverkehr also mehr. Meine Frage: Warum ist das vorgenommen worden und ist das Ihrer Meinung nach richtig?

Wir treten mit dem Anspruch an, Mobilität im Land zu ermöglichen. Mobilität umfasst alle Verkehrsträger; sie umfasst genauso den ÖPNV wie den Individualverkehr, den Straßenbau und den Fahrradverkehr

(Zuruf: Da wird auch gekürzt!)

wie auch die Möglichkeit, Fußwege zu bauen. Wenn man sich nun nur auf einen Bereich fokussiert, verliert man natürlich den Blick auf das Ganze. Wir tragen Verantwortung für das Land und für die ganzheitliche Mobilität in diesem Land.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie wissen selbst, dass die Regionalisierungsmittel des Bundes im Landeshaushalt beispielsweise auf laufende Betriebskostenzuschüsse und Investitionen aufgeteilt werden. Die Einsparung bei den laufenden Zuschüssen befindet sich in der Höhe ziemlich genau im Rückgang des Gesamthaushaltes – nicht mehr. Es kann nicht davon gesprochen werden, dass der ÖPNV übermäßig bestraft oder benachteiligt würde.

Es gibt einen Unterschied zu vielen anderen Haushaltspositionen, die im Moment auch zurückgehen, denn genau bei den Mitteln gibt es eine Dynamisierung. Das heißt, wir werden im Jahr 2014 wieder ungefähr den Stand von 2010 erreicht haben. Ich glaube, viele andere Ressortkollegen von Herrn Morlok, die schwierige Anpassungen vorgenommen haben, wären froh darüber, wenn sie den Betroffenen sagen könnten, in vier Jahren habt ihr wieder das Geld von heute. Das ist eben auch die Wahrheit, zu der man stehen muss.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Man kann sich selbstverständlich zwischen Konsumieren und Investieren entscheiden. Man kann der Meinung sein, wir müssen heute mehr konsumieren.

Zur Wahrheit in dieser Debatte gehört auch, dass man einmal auf die Investitionsquote im ÖPNV-Bereich schauen muss. Sie steigt von 22,2 % in 2010 auf 28,1 % in 2012.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Darunter befinden sich viele Projekte – hören Sie mir zu, Herr Lichdi –, die Sie als Lokalpolitiker natürlich fordern. Ich denke an den S-Bahn-Ausbau in Leipzig und Dresden, an diverse Straßenbahnprojekte – ob es das Chemnitzer Modell ist oder in Dresden die Verlängerung der Straßenbahn zur Messe, die Elektrifizierung der SachsenFranken-Magistrale. In Ihren Wahlkreisen erzählen Sie, dass das alles sehr schnell kommen muss und dass der Freistaat all das fördern soll. Genau das tun wir. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass man, wenn man mehr für Investitionen ausgibt, man weniger konsumieren kann. Das ist nun einmal die einfache Mathematik, auch wenn das einige von Ihnen nicht verstehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Kollege Herbst?