Die erste Bilanz und die Studien stellen fest, dass tatsächlich eine Entlastung der Ärzte erfolgt, dass die Versorgungsqualität verbessert wird und dass die Zufriedenheit der Patienten steigt. Das sind also Ergebnisse, mit denen man zufrieden sein kann.
Wichtig ist aber nun, den Blick darauf zu richten, dass es diesen nicht ärztlichen Berufen gelingt, sich zu etablieren, Anerkennung zu finden und damit für Ärzte und Patienten eine sinnvolle Ergänzung in der Zukunft darzustellen. Dafür sind viele weitere Maßnahmen notwendig. Hier kann sich die Staatsregierung noch richtig ins Zeug legen.
Insbesondere ist es in einem ersten Schritt wichtig, den Überblick über die verschiedenen Modelle zu finden. Ganz verschiedene Qualifizierungsvoraussetzungen und auch Einsatzmöglichkeiten sind dabei zu beachten. Um hier keine unübersichtliche Helferlandschaft zu hinterlassen, wären ein sinnvolles Forschungs- und Entwicklungsprogramm und eine Verzahnung und Vernetzung dieser Berufsgruppen wichtig. Daneben geht es natürlich auch um die dauerhafte Absicherung dieser Berufe.
Zum Schluss möchte ich noch etwas erwähnen, was mir in der bisherigen Debatte fehlte. Frau Lauterbach hat es kurz angesprochen: Wir müssen auch darüber sprechen, wie wir die Situation der Hausärzte insgesamt stärken können. Wir können über Assistenten für Hausärzte sprechen; was tun wir aber, wenn die Hausärzte in ländlichen Regionen keine Unterstützung mehr erhalten, keine Nachfolger finden und von der Bildfläche verschwinden? Die Hausärzte sind ein zentrales Element bei der Sicherung der medizinischen Versorgung heute und in der Zukunft. Ich hoffe, dass sie es jetzt wenigstens an den Tisch des neuen Arbeitskreises der Staatsregierung schaffen und bei den Maßnahmen, die dort beraten werden, Zugang finden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, Sie haben sich vorgenommen, uns aller drei Monate mit einem Antrag zu beglücken – und sei er auch noch so an den Haaren herbeigezogen –, um nach außen den Eindruck zu erwecken, Sie würden sich irgendwie um die Verbesserung der medizinischen Betreuung in Sachsen kümmern.
Heute geht es um die „VERAHs „Evas“, „AGnES’“, „SARAHs“ und „MoNis“. So heißen die Versorgungs- und Praxisassistentinnen je nach Bundesland, die die Ärzte bei Hausbesuchen entlasten sollen.
Zu Punkt A: Wie viele Genehmigungen in Sachsen sind beim Einsatz von Praxisassistenten erteilt worden? Das können Sie sich eigentlich an fünf Fingern abzählen, wenn Sie bedenken, dass die Praxisassistentinnen lediglich in Gebieten drohender oder bestehender hausärztlicher Unterversorgung eingesetzt werden können. Das ist ganz klar. Das sind in Sachsen die Planungsbereiche Riesa-Großenhain, konkret die Gemeinden Gröditz, Zabeltitz und Glaubitz, der Planungsbereich Mittleres Erzgebirge, hier die Gemeinden um Zschopau, und der Planungsbereich Annaberg um die Gemeinde Jöhstadt. Dass dies nicht die Wirklichkeit der Unterversorgung wiedergibt, wissen auch Sie, da die Bedarfsplanung mit unrealistischen Zahlen rechnet.
Einsetzbar wären die Praxisassistentinnen übrigens auch noch in den Gebieten mit lokalem Versorgungsbedarf. Diese Gebiete gibt es in Sachsen jedoch nicht. Ein Vorstoß unsererseits hier im Plenum wurde von Ihnen abgelehnt.
Zu Punkt B zu den Vergütungsregelungen: Hausärzte, die alle Einsatzbedingungen einer „VERAH“ erfüllen, können nach EBM eine Kostenpauschale einschließlich Wegekosten in Höhe von 17 Euro bzw. 12,50 Euro pro Hausbesuch für ihre „VERAH“ abrechnen. Inwiefern es von Belang ist, ob die Staatsregierung diese Höhe für angemessen hält, erschließt sich mir nicht.
Zu Punkt C, zu den bundesweiten Erfahrungen: Hier gehen die Meinungen auseinander – es wurde bereits angedeutet –, je nachdem, wen man fragt – auch das ist keine Überraschung. Während im Magazin „Der Kassenarzt“ der Einsatz der „VERAHs“ aufgrund seiner speziellen Vergütung im Rahmen der AOK-Hausarzttarife in Baden-Württemberg als sehr lukrativ für Hausärzte gelobt wird – als Nettogewinn im Quartal werden 1 370 Euro angegeben –, kritisiert auf der anderen Seite der deutsche Pflegerat den Einsatz dieser Praxisassistenten, da der Versorgungsbedarf nicht mobiler Patienten in häuslicher Umgebung zu komplex sei, als dass sich medizinische Fachangestellte in Kurzkursen adäquat dafür qualifizieren könnten.
Was bleibt jetzt von Ihrem Antrag? Eigentlich nur noch die Aufforderung, die Staatsregierung möge sich auf Bundesebene für Modellvorhaben zur Erprobung der Delegation ärztlicher Leistungen einsetzen. Was das soll, erschließt sich mir nicht. Es ist gerade ein Fortschritt, dass die Modellvorhaben „Praxisassistentinnen“, ob sie nun „VERAH“, „AGnES“, „Eva“, „SAHRA“ oder „MoNi“ heißen, in die Regelversorgung bereits einbezogen wurden und auch über den EBM abrechenbar sind.
Sinnvoll erschiene mir eher der Vorstoß, dass diese „VERAHs“, „Evas“, „SAHRAs“ usw. eben auch in Bereichen einsetzbar sind, die nicht von Unterversorgung betroffen sind.
Es tut mir leid, ich habe den Eindruck, dass bei Ihnen die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Erinnert sei an die Debatte um die geforderte Kapazitätserhöhung an Medizinstudienplätzen am 16. Juni hier im Haus. Frau Strempel und Herr Prof. Schneider sprachen sich damals vehement dagegen aus. Zweieinhalb Monate später, also heute, können wir der Zeitung entnehmen, dass Frau Clauß ihren Kabinettskollegen eine Liste mit 20 Maßnahmen gegen den Ärztemangel vorgelegt hat, wobei eine Maßnahme vorschlägt, die Anzahl der Studienplätze im Fach Medizin zu erhöhen. Wir hoffen, Frau Clauß, dass Sie sich mit Ihren Vorschlägen sowohl bei Ihren Kabinettskollegen als auch bei Ihren Fraktionskollegen durchsetzen können, und wünschen Ihnen dafür viel Erfolg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon vieles von den Vorrednern gesagt. Der Antrag ist, wie so oft bei den Koalitionsanträgen, zwar nicht zielführend, aber wiederum unschädlich. Es wird ein Bericht gefordert und ein Modellversuch angeregt. Dem kann man sich eigentlich nicht verwehren. Aber das Problem Ärztemangel bzw. drohende medizinische Unterversorgung in verschiedenen Bereichen wird damit nicht wirklich gelöst.
Die Verlagerung von ärztlichen Aufgaben auf nicht ärztliches Fachpersonal ist in vielen Fragen aus meiner Sicht schwierig, und zwar nicht nur rechtlich. Ich kann mir vorstellen, dass man wiederkehrende Therapiemaßnahmen ohne Weiteres delegieren kann, aber Diagnosestellung und Therapiefestlegung hätte ich gern in meiner Hand. Das muss ich als Arzt schon sagen, denn ich muss die Verantwortung dafür übernehmen.
Was wäre wichtiger? Wir sollten die Anstellung von Ärzten in Praxen fördern. Es gibt eine ganze Menge ärztlicher Kollegen, die die eigene Niederlassung wegen des unternehmerischen Risikos scheuen und vielleicht im Anstellungsverhältnis, zum Beispiel in einer Nebenbetriebsstelle, ohne Weiteres tätig werden würden.
Man müsste die Budgetierung etwas lockern, zum Beispiel bei der Fallzahlbegrenzung und den Berechnungsgrundlagen für den Versorgungsgrad. Dazu gab es immer wieder Debatten und Artikel in der Zeitung. Das sollte nun endlich auch in der Praxis geändert werden. Die Bereiche, die bei uns noch als überversorgt gelten, sind in der Praxis schon lange unterversorgt. Da nehme ich meine Region gar nicht aus. Hausärzte sind in Rente gegangen, die Stellen wurden mehrmals ausgeschrieben, und nachdem sich im dritten Versuch immer noch niemand gefunden hatte, wurden sie sang- und klanglos fallen gelassen. In der Summe des Landkreises macht sich das noch nicht bemerkbar, weil es in der Kreisstadt immer noch eine gute Versorgung gibt, aber im ländlichen Raum ist der Mangel schon erheblich.
Interesse am Medizinstudium ist vorhanden. Es wäre eine sehr löbliche Sache, wenn es der Frau Staatsministerin gelingen würde, die Studentenzahlen im Bereich Humanmedizin deutlich anzuheben. Damit sind wir zielführender als mit solchen Alibiversuchen.
Das war die erste Runde in der allgemeinen Aussprache. Ich frage die Staatsministerin. Frau Clauß, möchten Sie nach der ersten Runde sprechen? – Das ist nicht der Fall.
Möchten die Fraktionen noch einmal das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen. Frau Staatsministerin, jetzt haben Sie die Chance.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Danke, dass Sie das Thema Arztentlastung durch Delegation von Aufgaben auf nicht ärztliches Personal aufgreifen, denn wir beschäftigen uns schon seit Jahren mit der Situation der Ärzte in unserem Land. Wie bereits erwähnt, wurde mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz die Möglichkeit geschaffen, in Modellvorhaben die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten auf nicht ärztliches Personal zu prüfen. Ich begrüße diese Regelung, denn die Arbeitsbedingungen der Ärzte müssen verbessert werden. Das kann und sollte aber auch durch eine Entlastung für andere nicht delegierbare Leistungen geschehen.
Aber nun zu den Praxisassistenten. Die Ärzteschaft stand der Idee ursprünglich skeptisch gegenüber. Sie hat aber die Vorteile inzwischen erkannt. Entscheidend ist, dass dem Arzt nichts aufgezwungen wird. Er entscheidet selbst, wo und wie er entlastet werden möchte. Deshalb unterstütze ich die Modellvorhaben, die vor allem Entlastung von Hausärzten in ländlichen Regionen testen. Das SMS hat das Modell Gemeindeschwester – hier auch wieder die „AGnES“, jetzt nicht ärztliche Praxisassistenten – für Sachsen initiiert und erfolgreich durchgeführt.
Die Erkenntnisse aus dem Modellvorhaben trugen dazu bei, dass arztentlastende Praxisassistenten überhaupt erst möglich wurden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Für eine bessere Einbeziehung nicht ärztlicher Heilberufe in Versorgungskonzepte brauchen wir gewisse Rahmenbedingungen. Diese sind jetzt durch die Modellklausel, wie auch schon gehört, im Sozialgesetzbuch vorhanden. Laut SGB V dürfen demnächst nicht ärztliche Leistungen vergütet werden. Auch der Hausärzteverband hat gemeinsam mit dem Verband medizinischer Fachberufe e. V. dafür das Modell „VERAH“ entwickelt. Es ist gut, dass sich alle wegen der Umsetzung Gedanken machen. Ich hoffe, dass viele Ärzte und Krankenkassen die neuen Möglichkeiten nutzen werden.
Warum die Möglichkeiten bisher nicht weiter genutzt werden, überprüfen wir gerade, denn wir haben alles dafür getan, damit die Möglichkeit der Vergütung nicht ärztlicher Leistungen in das Bundesgesetz aufgenommen wird. Wir tun alles, damit diese Möglichkeiten auch praxistauglich sind bzw. den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Nach der derzeit geltenden Rechtslage dürfen Hilfeleistungen von nicht ärztlichen Praxisassistenten nur in Einzelfällen abgerechnet werden, nämlich dann, wenn der Ort der Leistungserbringung eine ärztliche Unterversorgung aufweist oder von einer Unterversorgung bedroht ist.
Zur Sicherstellung einer wohnortnahen ärztlichen Versorgung sollten jedoch die nicht ärztlichen Praxisassistenten flächendeckend eingesetzt werden können, also auch in nicht unterversorgten Gebieten. Das Bundesgesundheitsministerium hat deshalb im März 2009 den Bewertungsausschuss um eine Prüfung gebeten, ob die Leistungen der Praxisassistenten auch auf Gebiete ausgeweitet werden können, in denen keine Unterversorgung festgestellt wurde oder droht. Das SMS ist mit dem Bundesgesundheitsministerium im Gespräch, inwieweit der Bewertungsausschuss seinem Prüfauftrag nachgekommen ist. Auch wir sind an der Nutzung dieser Möglichkeiten interessiert und werden diesem Hohen Haus gern über die weiteren Erkenntnisse und den Umsetzungsstand berichten.
Ich frage die Abgeordneten, ob noch jemand in einer dritten Runde das Wort ergreifen will. – Das ist nicht der Fall.
Damit kommen wir zum Schlusswort. Ich bitte die FDPFraktion, das Schlusswort zu halten. Frau Abg. Schütz, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind der Auffassung, dass eine gute Zusammenarbeit der Professionen für die gesundheitliche Versorgung der Menschen wichtig ist.
Unsere Ärzte zu entlasten und Möglichkeiten zu eröffnen, Aufgaben zu delegieren, halte ich für ein wichtiges Thema in der künftigen Gesundheitsversorgung. Nichtsdestotrotz – und da gebe ich Ihnen, Frau Neukirch, natürlich recht – steht der Ärztemangel dabei parallel daneben. Sie wissen, dass ich seit sechs Jahren hier auf diese Thematik aufmerksam mache und dass wir gemeinsam um Lösungen ringen. In diesem und auch im nächsten Jahr werden wir aber nur auf die Studenten des Medizinstudiengangs zurückgreifen können, die vor fünf bzw. sechs Jahren ihr Studium begonnen haben, sodass wir bei allen Entwicklungen, zum Beispiel der Erhöhung der Studienanfängerzahlen, die Ergebnisse davon erst in sechs Jahren sehen werden.
Auch über den Demografiefaktor ist schon gesprochen worden. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss an die Bedarfsrichtlinien herangegangen ist und der Demografiefaktor mit eingeführt wurde bzw. dass das nach der Anhörung im Bundesgesundheitsministerium so gesehen wird.