Protocol of the Session on June 16, 2010

Das Thema Elterngeld: Das Absenken von 67 auf 65 % ist schmerzlich. Aber es ist auch kein Weltuntergang. Ich glaube, das kann man verkraften.

Die Anrechnung auf das Arbeitslosengeld II ist aus meiner Sicht auch gerechtfertigt. Ich habe eine Modellrechnung gemacht, bei der ich selber gestaunt habe. Eine alleinerziehende Langzeitarbeitslose mit einem Kind bekommt 1 003 Euro plus Wohnkosten. Eine Verkäuferin oder Friseuse, die relativ schlecht verdient, bekommt 524 Euro. Das ist die Logik, die wir derzeit haben. Das einmal zu hinterfragen, warum die Friseuse die Hälfte von dem erhält, was ein Langzeitarbeitsloser erhält, finde ich schon gerecht.

Herr Krauß, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Krauß, wären Sie bereit, endlich einzusehen, dass – so Ihr Gerede – der nicht vorhandene Lohnabstand gegenüber Hartz-IVBetroffenen, nämlich der Friseuse, die Sie eben wieder genannt haben, schlicht und ergreifend daran liegt, dass Hartz IV das schlimmste gesamtvolkswirtschaftliche Lohndumpingprogramm ist und dass es endlich nötig wäre, darüber zu diskutieren, dass wir die Löhne der Friseuse oder auch des Wachmanns, der die Kaufhalle bewacht, endlich anheben? Dann müsste man über das, was Sie ständig kritisieren, nicht mehr permanent reden.

(Beifall bei der Linksfraktion und der NPD)

Herr Pellmann, die Löhne stehen außer Frage. Ich habe nur darauf hingewiesen, wie es sich derzeit verhält. Das wird man doch noch einmal so sagen dürfen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn das die Bundesregierung angeht und kritisiert, ist das doch legitim, gerade im Interesse derjenigen, die 6 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen.

Lassen Sie mich kurz zu den Rentenanwartschaften kommen: Herr Pellmann, bekanntermaßen werden derzeit 2 Euro für Langzeitarbeitslose in die Rentenkasse eingezahlt. Wir wissen aber alle, dass jemand, der langzeitarbeitslos ist, keine Rente bekommen wird, die über dem Grundsicherungsniveau im Alter liegen wird. Sie kennen meine Rechnung, Herr Kollege Pellmann, wenn Sie heute 8 Euro Stundenlohn verdienen, 45 Jahre alt sind, Ihr Leben lang gearbeitet haben, dann werden Sie keine Rente am Lebensende haben, die über dem Grundsicherungsniveau liegt.

Gestatten Sie noch eine weitere Zwischenfrage?

Nein, danke! – Wir werden uns zuerst um die Menschen kümmern, die wirklich ein Leben lang arbeiten und keine Rente haben. Das andere ist eine Einzahlung von 1,8 Milliarden Euro, die man derzeit vorgenommen hat, die aber letztlich keine Auswirkung hatte.

Sie kommen zum Schluss.

Klar ist, dass jemand, der keine Arbeit hat, ein Anrecht auf Grundsicherung im Alter und auf ein würdiges Leben hat. Das ist weiterhin gewährleistet. Insofern sind die Einstellungen aus meiner Sicht richtig und sozial ausgewogen. Es ist vertretbar und schmerzhaft, aber es ist in Ordnung, wie es die Bundesregierung vorhat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Fraktion der SPD spricht Herr Abg. Dulig. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten sind wir mit vielen Superlativen beschäftigt gewesen, wenn man überlegt, wie viele Milliarden wir zur Rettung in die Banken gesteckt haben, wie viel Milliarden wir organisiert haben, um jetzt den Euro zu stabilisieren, Superlative über Superlative. Es kommt ein neuer Superlativ hinzu: Schwarz-Gelb ist die schlechteste Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Dieser schnelle Niedergang hat uns alle überrascht.

Nun ist die Herausforderung gegeben, egal, ob wir eine schlechte Bundesregierung haben oder nicht. Wir müssen uns Gedanken machen. Die Schuldenbremse ist beschlossen, egal, wie man dazu steht. Nun ist die Frage: Gehe ich eindeutig auf die Belastung der sozial Schwachen oder schaffe ich wirklich einen Ausgleich? Ich sage Ihnen, dieses Sparpaket ist ein Paket der sozialen Schieflage.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Sie gehen in die Streichung beim Zuschuss zur Rentenversicherung für Hartz-IV-Empfänger. Sie gehen an das Elterngeld von SGB-II-Empfängern. Dort sind sie sich sicher, das Geld zu holen. Auf der anderen Seite machen sie Luftbuchungen, indem sie sich hinstellen und sagen: Wir haben ja die Wirtschaft und sie trägt ihren Beitrag. Dummerweise sind das reine Luftbuchungen, denn die 9 Milliarden Euro, die sie aus der Kernwirtschaft haben wollen, sind mit der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke verbunden. Entschuldigung, dafür werden sie von uns nie Unterstützung bekommen.

4 Milliarden Euro wollen sie als Luftverkehrsabgabe haben, ohne dass dafür ein Konzept vorliegt. Sie wollen 4 Milliarden Euro aus der Streitkräftereform haben. Das ist ja gerade der aktuelle Tanz, den Frau Merkel mit Herrn zu Guttenberg hat. Sie sind sich ja selbst noch nicht einig, wie die Reform aussehen soll, aber es wird eingebucht; und wenn sie sich noch die 2 Milliarden Euro vornehmen, die sie über die Bankenabgabe reinholen wollen – na, entschuldigen Sie mal! –, schauen Sie, was die Bundesregierung damals beschlossen hat!

Die 2 Milliarden Euro über die Bankenabgabe gehen über einen Branchensicherungsfonds für die Banken und werden eben nicht zur Konsolidierung des Haushalts genutzt. Das sind alles Luftbuchungen, eine reine Mogelpackung. Sie organisieren damit eine soziale Schieflage.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion, der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und des Abg. Alexander Delle, NPD)

Der große Unterschied ist, dass Sie nur auf die Ausgabenseite schauen. Schauen wir doch auf die Einnahmenseite. Herr Krauß, Sie sind Vorsitzender der CDA. Ich habe von Ihnen schon sozialere Bekenntnisse gehört, als Sie in den letzten Wochen verkündeten. Selbst Ihre Kollegen von der CDA sind weiter. Wenn selbst der Wirtschaftsrat der CDU der Meinung ist, dass man an den Spitzensteuersatz ran muss, damit man einen sozialen Ausgleich schaffen kann, dann sind Sie meilenweit hinter dem her, was Ihre Kolleginnen und Kollegen sagen. Wir müssen an den Spitzensteuersatz heran, weil starke Schultern auch stärkere Lasten schultern müssen. Es geht auch darum, dass Sie die Fehler der ersten Monate korrigieren. Schauen Sie sich doch Ihr Wachstumsbeschleunigungsgesetz an. Es war ein großer Fehler, Ihre reine Klientelpolitik durchzuziehen. Nehmen Sie doch die Mehrwertsteuersenkung für Ihre Klientel zurück! Sie würden sich Milliarden holen.

(Alexander Krauß, CDU: War der Spitzensteuersatz nicht unter Rot-Grün gesenkt worden?)

Wenn Sie es mit der Finanzmarkttransaktionssteuer ernst meinen, dann machen Sie es auch. Elf Milliarden Euro möchte ich mir nicht durch die Lappen gehen lassen, weil ich es mir bei denen hole, die die Krise mit zu verantworten haben.

Kurz und gut: Es ist eine Mogelpackung, die uns hier vorgelegt wurde. Man tut so, als sei es ein Ausgleich. Dabei ist es eine einseitige Belastung. Seien Sie sich sicher, wir hinterfragen das genauso bei dem, was hier in Sachsen passiert. Vor allen Dingen dürfen wir uns nicht Sand in die Augen streuen lassen: Es geht nicht um Sparen, sondern um Kürzen. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Deshalb werden wir Ihre Kürzungspolitik kritisieren, gerade wenn sie einseitig auf dem Rücken der sozial Schwachen ausgetragen wird. Dazu wird mein Kollege Holger Mann dann noch Stellung nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Vielen Dank, Herr Dulig. – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Zastrow.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Steuersenkung ist das Wort!)

– Nach wie vor eine sehr gute Idee. Da haben Sie völlig recht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Pellmann, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, wir sind hier nicht in Griechenland.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Was soll denn das jetzt?)

Wir sind Gott sei Dank nicht in Griechenland. Es gibt zum Sparen keine Alternative.

(Beifall bei der FDP)

Der Bund hat aus meiner Sicht und auch aus sächsischer Sicht viel zu spät die Schuldenbremse beschlossen. Aber sie ist richtig. Deswegen müssen wir die Kriterien dieser Schuldenbremse erfüllen. Daran kommen wir, wenn wir an die Zukunft denken, nicht vorbei. Es ist völlig richtig, dass der Bund bis zum Jahr 2014 80 Milliarden Euro weniger Schulden machen will. Das ist das größte Sparpaket, das es in der Nachkriegsgeschichte gegeben hat. Ich bin sehr froh, dass der Bund sich dieses ehrgeizige Ziel vorgenommen hat.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde es sehr wichtig – und da sind wir wieder bei Griechenland, Herr Pellmann –, dass wir ab 2013 endlich wieder die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes erfüllen wollen;

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Abwarten!)

denn Sie wissen ganz genau, dass die Situation auch bei uns keineswegs so befriedigend ist und dass wir auch in Deutschland anfangen müssen, unsere Hausaufgaben endlich wieder zu erfüllen. Das ist die oberste Aufgabe. Dazu gehört auch, dass ich spare und kürze. Das ist ein und dasselbe, und wir stehen dazu, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Sparen ist im Übrigen alternativlos, liebe Kollegen von der Linkspartei, wenn uns das Schicksal unserer Kinder und Enkel nicht egal ist. Der FDP ist dieses Schicksal nicht egal. Wir müssen in Deutschland und in Sachsen – Gott sei Dank sind wir es schon – ein Vorbild für Generationengerechtigkeit sein. Dazu gehört, dass wir die Verschuldung nicht weiter in die Höhe treiben. Dazu gehört für uns in Sachsen ein Neuverschuldungsverbot. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir es auch im jetzigen Doppelhaushalt trotz Krise und trotz auslaufender Solidarpaktmittel geschafft haben, ohne einen Euro Schulden klarzukommen. Das ist vorbildlich und das ist zukunftsfeste Politik.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielleicht hätte man um das Sparen in diesem Umfang herumkommen können, wenn man in guten Zeiten Vorsorge für schlechte Zeiten getroffen hätte, wenn man in Zeiten von sprudelnden Steuereinnahmen dieses Geld genutzt hätte, um unser Land umzubauen, um die Haushalte zu konsolidieren und unser Land fit für die Zukunft zu machen, anstatt es in oft nicht so sinnvollen Maßnahmen zu verfrühstücken. Bis zum Jahr 2008 – das weiß jeder in diesem Raum – konnte man sich im Land, beim Bund und vielen Kommunen über Rekordsteuereinnahmen freuen. Man hat diese für den Staat sehr guten wirtschaftlichen Zeiten im Bund nicht zum Umbau genutzt,

(Dr. Monika Runge Linksfraktion: Das stimmt doch nicht!)