Protocol of the Session on May 20, 2010

dass Einstellungsmöglichkeiten für junge Lehrer geschaffen werden.

Ich möchte noch einmal deutlich machen, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Wir haben die Herausforderung Demografie mit einer halbierten Schülergeneration. Wir stehen vor der Herausforderung der Konsolidierung unserer Staatsfinanzen im Hinblick auf die wegbrechenden Steuereinnahmen und das Zurückführen des Solidarpaktes II eben im Sinne einer Generationengerechtigkeit. Wir haben des Weiteren die Beschäftigung der vorhandenen Lehrer umzusetzen und natürlich Einstellungsmöglichkeiten für junge Lehrer zu schaffen, damit wir langfristig den Lehrerbedarf auch in Zukunft schaffen.

Meine Damen und Herren! Das sind Ziele, die nicht einfach zu erreichen sind. Das sind Ziele, die in einem Spannungsverhältnis stehen. Deswegen ist es wichtig, dass wir nicht mit Polemik und mit Schuldzuweisungen reagieren, sondern es als verantwortungsvolle Politik umsetzen.

Weil in der Debatte auch die Äußerung des Ministerpräsidenten zum Thema Bildung angesprochen wurde, möchte ich das noch einmal klarstellen. Er hat nicht nur im Rahmen der Regierungserklärung ausgeführt, dass Bildungspolitik, dass Bildung und Schule eine ganz klare Priorität dieser Regierung ist. Dabei wird es auch bleiben.

Der Maßstab bei der Umsetzung dieser Politik ist das Wohl von Eltern, ist das Wohl von Schülern, nicht nur im Sinne der Zukunft der Betroffenen, sondern vor allem im Sinne der Zukunft unseres Landes, und daran werden wir auch in künftigen Zeiten festhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich frage, ob es zur 1. Aktuellen Debatte noch Wortmeldungen gibt. – Das kann ich nicht erkennen. Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umsetzen – Landesaktionsplan jetzt initiieren

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion GRÜNE das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD; die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Frau Herrmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 26. März des vergangenen Jahres gilt in Deutschland die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen. Ich möchte am Beginn der Debatte ganz kurz auf diese Konvention eingehen.

Die Entstehungsgeschichte im Bereich der UNO geht einige Zeit zurück. Ich möchte nur erwähnen, dass die UN-Vollversammlung 2006 die Konvention verabschiedet hat und dass die Konvention am 3. Mai 2008 nach Vorliegen der Unterschriften der erforderlichen Anzahl von Staaten in Kraft getreten ist. Wie gesagt, seit März des vergangenen Jahres gilt diese Konvention in Deutschland. Das heißt, sie ist in Deutschland innerstaatliches Recht.

Um Ihnen die Bedeutung der Konvention deutlich zu machen, möchte ich darauf eingehen, dass mit der Konvention ein Paradigmenwechsel in der Politik für und mit Menschen mit Behinderungen eingetreten ist. Diese Menschen sind nicht mehr ein Objekt der Fürsorge, sondern die UN-Konvention stellt klar, dass jetzt von der Politik der Fürsorge zu einer Politik der Menschenrechte umgeschwenkt wird. Das heißt, die UN-Konvention steht in einer Reihe mit anderen Gruppenkonventionen der UNO, zum Beispiel mit der Frauenkonvention oder auch mit der Kinderrechtskonvention.

Sie werden vielleicht die Frage stellen, welche Sonderrechte für Menschen mit Behinderungen diese Konvention eventuell beinhaltet. Die Antwort lautet: Diese Konvention hat überhaupt keine Sonderrechte für Menschen mit Behinderungen zum Ziel, sondern sie präzisiert und konkretisiert Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen, also für Menschen, die besonderen Gefährdungen und besonderen Beschwernissen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind.

Das besonders Tolle an der Erarbeitung der Konvention auch in der UNO war, dass viel stärker als bei den ande

ren Konventionen Betroffene an der Ausarbeitung beteiligt waren. Die leitenden Prinzipien der Konvention sind die volle gesellschaftliche Teilhabe, auch Inklusion genannt, verbunden mit der Achtung der Autonomie und der sozialen Wertschätzung von Menschen mit Behinderungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir versuchen, Behinderung zu definieren – vielleicht nimmt man auch an, dass das die Konvention am Anfang tut, um uns deutlich zu machen, um welche Menschen es sich handelt –, dann ist das fast immer stigmatisierend. Deshalb verzichtet die Konvention auch auf eine solche Beschreibung, sondern sie sagt in Artikel 1 – ich zitiere das jetzt –: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigung haben, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren ihre volle und wirksame Teilhabe gleichberechtigt mit anderen an der Gesellschaft behindern können.“

Das ist Artikel 1 der UN-Konvention. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich selbst einmal mit der Konvention zu beschäftigen, sie zu lesen, weil Sie damit ein gutes Gefühl dafür bekommen, was die Konvention bezweckt.

Wenn in der Konvention zum Beispiel von dem Begriff „Diskriminierung“ die Rede ist, dann ist damit nicht nur die Vorenthaltung gleicher Rechte gemeint, sondern die Konvention bezieht die Diskriminierung, wie wir es eben schon gehört haben, auf Vorurteile, Barrieren und fehlende Unterstützung.

Wenn Sie die Konvention lesen, dann lesen Sie sie am besten in Englisch oder vielleicht auch in Spanisch; denn das sind zwei UN-Sprachen. Wenn Sie sie in Deutsch lesen wollen, empfehle ich Ihnen allerdings die sogenannte Schattenübersetzung, weil bei der Übertragung der Konvention aus den UN-Sprachen ins Deutsche einige Ungenauigkeiten passiert sind. Beispielsweise wurde „inclusion“ mit „Integration“ übersetzt. So etwas findet man an verschiedenen Stellen. Ich würde Ihnen also die Schattenübersetzung empfehlen, wenn Sie es lesen wollen.

Wir müssen uns über die Umsetzung der Konvention Gedanken machen. Seit März letzten Jahres ist die Konvention in Kraft. Im zweiten Teil meiner Rede werde ich darauf eingehen, was notwendig ist, damit wir auch in Sachsen die Konvention umsetzen. Das ist unsere Aufgabe. Ich habe schon gesagt, dass es sich um innerstaatliches Recht handelt.

Frau Herrmann, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Ja, ich bin schon dabei.

Es handelt sich um innerstaatliches Recht. Das betrifft also nicht nur den Bund, sondern auch die Länder, die die Aufgabe haben, die Konvention umzusetzen. Im Übrigen ist im nächsten Jahr ein Bericht an die UN-Kommission fällig, –

Ihre Redezeit in der ersten Runde ist jetzt abgelaufen!

– wo auch Sachsen deutlich – –

(Der Präsident stellt das Mikrofon ab. – Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krasselt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir mit der heutigen Aktuellen Debatte nach gestern das zweite Mal Menschen mit Behinderungen in den Fokus des politischen Interesses stellen, halte ich für ganz besonders gut und wichtig, und ich freue mich darüber.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist – meine Vorrednerin sagte es bereits – seit mehr als einem Jahr auch in Deutschland Wirklichkeit geworden, weil wir dieser Vereinbarung beigetreten sind. Damit sind die gesetzlichen Grundlagen für eine völlige Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen fixiert, und das nicht nur in Deutschland, sondern in allen Unterzeichnerstaaten. Ich denke, es ist eine großartige Leistung, dass Menschen mit Behinderungen auf dieser Welt einen ganz anderen Status bekommen, als sie ihn bisher hatten.

Das Diskriminierungsverbot, das mit dieser UNKonvention ausgesprochen ist – meine Vorrednerin hat es deutlich erläutert –, gilt für alle Bereiche. Wir haben in unserer Sächsischen Verfassung in den Artikeln 14 bis 38 die Grundrechte für die Bürgerinnen und Bürger geregelt. Diese Grundrechte gelten selbstverständlich für alle Menschen mit Behinderungen, auch wenn dies nicht explizit im Text deutlich wird.

Die Konvention der Vereinten Nationen enthält selbstverständlich diese Grundrechte. Sie geht aber weit darüber

hinaus, weil sie auf alle Lebensbereiche Bezug nimmt und ganz dezidiert sagt, wo Beeinträchtigungen für Menschen mit Behinderungen in Zukunft auszuschließen sind.

Der Gesetzgeber ist aufgefordert, diese Konvention anzuwenden, das heißt, seine Gesetze daraufhin zu überarbeiten, dort Fehler zu korrigieren, wo sie gemacht worden sind, und Lücken zu schließen, wo sie noch vorhanden sind.

Dass wir in Sachsen diesbezüglich Lücken haben, ist, denke ich, unbestreitbar. Mängel sind aufzuzeigen. Es ist kritisch zu analysieren, wo diese Mängel sind. Einen Aktionsplan dazu zu initiieren halte ich dennoch für übertrieben. Abgeleitet aus der Situationsanalyse, meine Damen und Herren, ist das Parlament aufgefordert, Gesetze zu erlassen und anzupassen sowie deutliche Aussagen zu formulieren. Da wir dieses Parlament sind, das die Gesetze bestimmt, sage ich Ihnen einfach: Lassen Sie es uns doch tun!

Wir haben in Sachsen einen Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen. Dieser Beauftragte ist gemäß § 10 des Integrationsgesetzes dazu da, die Landesregierung in Fragen der Menschen mit Behinderungen zu beraten.

Zu Referentenentwürfen zu Gesetzen wird – das ist guter Brauch in diesem Haus – –

Herr Krasselt, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Ich möchte Sie gern fragen, ob Sie tatsächlich glauben, dass der Beauftragte, also ein Mensch, der diese Position ehrenamtlich bekleidet, tatsächlich in der Lage ist, diese große Aufgabe zu übernehmen, ein UN-Werk, eine UN-Konvention für Sachsen allein beratend für Sie mit umzusetzen?

Allein selbstverständlich nicht. Aber dass es ihn gibt, dass er berät und die Verbindung hält, ist eine hervorragende Sache. Er leistet auch eine gute Arbeit. Aber wenn wir ihn allein lassen – da bin ich sofort bei Ihnen –, dann ist er wirklich allein gelassen.

(Beifall bei der CDU)

Sicherlich gibt es in Sachsen noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Ich denke nur an die frühkindliche Bildung. Mit der von mir geforderten Analyse wird dieser Bedarf beratbar und ist am Ende gesetzlich so zu korrigieren, dass er nicht mehr besteht.

Ich will abschließend zur Verdeutlichung ein Beispiel dafür vorbringen, dass es neben den gesamten gesetzlichen Regelungen vor allem darauf ankommt, den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land die Problematik, mit der sich behinderte Menschen zu beschäftigen haben, deutlich zu machen.

Ich habe im Jahr 1994 in meiner Stadt einen behinderten Bürger angesprochen, für den Stadtrat zu kandidieren. Er

tat es, wurde gewählt und hat – jetzt kommt das Beispiel – auf scheinbare Kleinigkeiten hingewiesen, die auch ich – Entschuldigung! – als Nichtbehinderter einfach nicht gesehen habe: Ein Auto parkt vor einem Geschäft und fährt dazu auf den Fußweg, weil der Fahrer den flüssigen Verkehr nicht mehr als nötig behindern will.