Protocol of the Session on May 20, 2010

Lassen Sie mich doch ausreden! – Das liegt an unserem unflexiblen Kündigungsschutzgesetz.

(Thomas Schmidt, CDU: Genau, richtig!)

Unser unflexibles Kündigungsschutzgesetz hat das zum Inhalt, sodass heute keine Unternehmen Arbeitnehmer mehr fest einstellen, weil sie sie nachher, wenn es eine Auftragsdelle gibt, nicht mehr losbekommen.

(Jürgen Gansel, NPD: Sie verwechseln Ursache und Wirkung!)

Herr Kind, Sie haben überhaupt keine Ahnung, wie sich Auftragsvorlauf heute in sächsischen Firmen definiert. Es gibt teilweise Firmen, die nächste Woche nicht wissen, was sie für ihre Mitarbeiter zu tun haben. Da ist Zeitarbeit das flexible System, um Leute korrelieren zu lassen und – –

(Karl-Friedrich Zais, Linksfraktion: Dafür gibt es die Kurzarbeiterregelung!)

Natürlich haben wir die Kurzarbeiterregelung. Es ist auch gut so, dass wir sie haben. Ich kann durchaus sagen, dass das gut ist. Aber Sie wissen auch, welchen Aufwand es bedeutet, das Kurzarbeitergeld zu beantragen. Dafür sollte man über Vereinfachungen noch einmal nachdenken.

Herr Heidan, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Kind.

Herr Heidan, ist Ihnen bekannt, dass zum Beispiel BMW und Porsche in Leipzig über Jahre hinweg – bis zu 30 % bei BMW – Leiharbeiter einsetzen? Ist Ihnen bekannt, dass Porsche in der Cayenne-Produktion 150 Leiharbeiter über Jahre hinweg einsetzt? Das hat mit Auftragsspitzen zu tun? Das hat damit zu tun, dass sie nicht wissen, wie viele Fahrzeuge sie nächste Woche zu produzieren haben? Ich denke, das kann nicht die Wahrheit sein.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Das hat ja nicht nur etwas mit der Auftragshöhe und den notwendig abzuarbeitenden Aufträgen zu tun, sondern das hat sicherlich noch andere betriebswirtschaftliche Gründe.

(Zurufe von der Linksfraktion: Ja! Genau! Richtig!)

Natürlich, da brauchen wir hier gar nicht drum herumzureden.

(Thomas Kind, Linksfraktion: Arbeitnehmerrechte!)

Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass genau diese Firmen, die Sie soeben genannt haben, sich außerhalb des Tarifvertrages verhalten würden. Das glauben Sie doch im Ernst nicht!

(Klaus Bartl, Linksfraktion: Mit Leiharbeitern doch! – Volker Bandmann, CDU: Porsche macht regelmäßig Sonderzahlungen an die Leiharbeiter! – Unruhe im Saal)

Meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion! Ich sage Ihnen eines: Dauerbeschäftigung hier zu verdammen, auch in der Zeitarbeitsbranche, kann doch nicht in Ihrem Sinne sein. Und ebenso nicht, Leute aus regulärer Arbeit auszuschließen und zu sagen, es ist Schluss, weil deine Zeit beendet ist. Wir sollten doch eher darum werben, dass gearbeitet werden muss, wenn Arbeit da ist. Wenn keine Arbeit vorhanden ist, dann müssen wir Regelungen finden. Das, was Sie, meine Damen und Herren, hier vorschlagen, finde ich schon ein wenig abstrus.

(Beifall bei der CDU, FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Das war Herr Heidan für die CDU-Fraktion. Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort? – Der Abg. Zais verzichtet auf seinen Redebeitrag. Ich frage die Fraktion der FDP. – Kein Redewunsch. Die GRÜNEN haben keine Redezeit mehr. Die NPD? –

Auch nicht. Ich frage erneut die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Morlok, bitte.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Oh, jetzt!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Heidan hat bezüglich der Ausführungen von Herrn Brangs das Wort Unwahrheiten gebraucht. Ich denke, so weit muss man nicht gehen. Aber, Herr Brangs, vielleicht sind Sie in einigen Punkten nicht richtig informiert.

(Stefan Brangs, SPD: Oh!)

Ich würde deshalb eher von Unrichtigkeiten sprechen. Nachfolgend möchte ich Ihnen gern darlegen, wo Sie offensichtlich ein Informationsdefizit haben.

Ein Informationsdefizit hat Kollege Heidan bereits angesprochen. In Ihrem zweiten Redebeitrag haben Sie die City-Post in Plauen erwähnt. Die City-Post in Plauen ist mitnichten ein Unternehmen der Zeitarbeitsbranche.

(Stefan Brangs, SPD: Aber die Lebenswirklichkeit der Menschen!)

Von daher sind Sie auch hier einer Unrichtigkeit aufgesessen. Sie sollten nicht die Entlohnung eines Unternehmens außerhalb der Zeitarbeitsbranche als Argument dafür anführen, dass Zeitarbeit schlecht sei.

Ich möchte ebenso auf die Ausführungen von Herrn Kind eingehen. Sie haben die Beschäftigungsentwicklung der Zeitarbeit mit der Beschäftigungsentwicklung im verarbeitenden Gewerbe verglichen und daraus einen Schluss gezogen. Das ist eine typische Milchmädchenrechnung; denn das verarbeitende Gewerbe stellt nur einen Teil der Beschäftigung im Freistaat Sachsen dar. Wenn Sie die Zeitarbeit im Freistaat Sachsen insgesamt mit etwas vergleichen wollen, dann müssen Sie diese richtigerweise mit der Beschäftigungsentwicklung im Freistaat Sachsen vergleichen; denn sonst kommen Sie zu falschen Schlüssen.

Herr Jennerjahn hat diese Zahlen angesprochen. Ich möchte herausstellen, dass wir im Freistaat Sachsen eine sehr erfreuliche Entwicklung haben, was die Beschäftigung angeht. Wir haben einen Beschäftigungszuwachs im Freistaat Sachsen bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Vergleich von April dieses Jahres zum April letzten Jahres. Insbesondere haben wir über 6 000 Beschäftigte weniger in den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Ich denke, die Staatsregierung hat richtig gehandelt, dass sie mit ihren Maßnahmen darauf reagiert hat. Denn in dem Maße, wie weniger Leute in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind, muss auch die Staatsregierung

(Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

letztendlich ihre Arbeitsförderung zurückführen. Das ist sachgerecht.

(Thomas Kind, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Sie, liebe Kollegen von der SPD, begehren eine Bundesratsinitiative der Staatsregierung. Ich möchte gern auf die einzelnen Punkte, die Sie begehren, eingehen.

Bevor Sie das tun, Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das passt jetzt vermutlich nicht mehr, weil ich bereits bei den einzelnen Punkten des Antrages angelangt bin. Ich möchte darum bitten, auf diese späte Frage jetzt nicht eingehen zu müssen.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Wir können ja noch mal darauf zurückkommen!)

Also nein.

Im Punkt 1 heißt es: Leiharbeit soll keine Dauerbeschäftigung sein. Ich bin sehr wohl der Auffassung – das ist in der Debatte auch angesprochen worden –, Leiharbeit muss gerade in den Unternehmen eine Dauerbeschäftigung sein, die diese Arbeitskräfte entleihen. Denn das ist gerade der Sinn der Zeitarbeiter: dass sie in einem Zeitarbeitsunternehmen fest beschäftigt sind, also einen festen Arbeitsplatz haben, und anderen Unternehmen flexibel zur Verfügung stehen.

Sie müssen auch einsehen, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, in Ihrem Antrag ausschließlich mit den sogenannten Auftragsspitzen argumentieren. Wenn man dies tut – Herr Kollege Brangs, wenn Sie einmal zuhören könnten, würde das sicherlich auch Ihren Informationsdefiziten abhelfen –,

(Beifall bei der FDP)

dann kommt man auch zu falschen Ergebnissen, weil es mitnichten die alleinige Aufgabe der Zeitarbeit ist, Auftragsspitzen abzudecken, sondern es geht auch darum, dass man temporäre Arbeitsausfälle – seien sie durch längere Krankheit oder durch Mutterschutz bedingt – im Unternehmen ausgleicht. Auch das ist Aufgabe der Zeitarbeit; und wenn Sie dies berücksichtigen, kommen Sie zu ganz anderen Ergebnissen.

Eine Studie des Instituts für Arbeit und Beschäftigung, die bereits angesprochen wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass nur 25 % der Zeitarbeiter länger als 206 Tage im Unternehmen beschäftigt sind. Das unterstreicht gerade, dass in der großen Masse die Zeitarbeitnehmer eben nicht dauerhaft in ein und demselben Unternehmen tätig sind, sondern die Zeitarbeit genau diese Aufgaben erfüllt: Beschäftigungsschwankungen auszugleichen und Vertretungen bei Mutterschutz oder Krankheit abzufedern. – Dies zum Thema Ihres ersten Punktes.

Sie fordern, dass wir uns dafür einsetzen, dass die Zeitarbeitsbranche in den Geltungsbereich des ArbeitnehmerEntsendegesetzes aufgenommen werden soll. Hierzu muss ich Ihnen allerdings sagen, dass es gerade die Zeitarbeit

ist – dies ist ebenfalls schon angesprochen worden –, bei der es die größte Tarifbindung überhaupt gibt. Weit über 95 % sind im Bereich der Zeitarbeit tarifgebunden. Das ist weit, weit mehr, als wir im Freistaat Sachsen im Bereich der Branchentarifverträge des verarbeitenden Gewerbes haben.

Außerdem ist in diesem Zusammenhang auch angesprochen worden, dass Gewerkschaften – Sie nannten die Christliche Gewerkschaft – einen Tarifvertrag mit 4,00 Euro – so habe ich Sie verstanden, Herr Brangs – abgeschlossen haben sollen. Mir liegt der Entgelttarifvertrag Ost vor, den die Christliche Gewerkschaft Metall abgeschlossen hat.

(Stefan Brangs, SPD: Zeitarbeit! Sie haben „Metall“ gesagt!)

Ja, für Zeitarbeit. Sehr geehrter Herr Kollege Brangs! Um Missverständnisse zu vermeiden, zitiere ich: „Entgelttarifvertrag (Ost) zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V., Kronenstraße 3, 10117 Berlin, nachfolgend AMP genannt, und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagentur (CGZP), Olbernhauer Straße 57 in 10963 Berlin, nachfolgend CGZP genannt, der Christlichen Gewerkschaft Metall, Jahnstraße 12, 70597 Stuttgart, nachfolgend CGM genannt...“ Ich zähle jetzt die vielen anderen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände nicht auf, die diesen Tarifvertrag mit unterschrieben haben.

Darin finden Sie unter Punkt 2, Tarifentgelte, ab dem 01.01.2010 in der niedersten Entgeltgruppe E 1 den Betrag von 6,15 Euro, ab dem 01.07.2010 in der niedersten Tarifgruppe den Betrag von 6,40 Euro und ab dem 01.07.2011 in der niedersten Tarifgruppe den Betrag von 6,56 Euro. – So viel aus diesem abgeschlossenen Tarifvertrag. Es ist also durchaus richtig, dass die christlichen Gewerkschaften Tarifverträge – wie es auch Kollege Heidan bereits angesprochen hat – mit einem Entgelt in der untersten Entgeltgruppe von deutlich über 6,00 Euro abschließen. Also, dieser Eindruck, den Sie hier mit Ihren 4,00 Euro suggerieren, ist sicherlich zumindest unrichtig.

(Beifall bei der FDP)