Deswegen ist es auch nicht erforderlich, dass die Staatsregierung im Bundesrat aus unserer Sicht entsprechend aktiv wird.
Weiterhin habe ich zu Ihrem Punkt 3 bereits angesprochen, dass wir im Bereich der Zeitarbeit eine sehr, sehr hohe Tarifbindung haben, da wir gerade die Situation haben, dass für den betreffenden Mitarbeiter, wenn ein Zeitarbeitsunternehmen keinen Tarifvertrag abgeschlossen hat und nicht der Tarifbindung unterliegt, automatisch der Tarifvertrag im Entleiherunternehmen gilt. Da wir verschiedene Anforderungen haben – im Entleiherunternehmen Dauerbeschäftigung, im Verleiherunternehmen eine Beschäftigung an wechselnden Einsatzorten –, ist es durchaus sachgerecht, diese unterschiedlichen Sachver
Sie haben das Thema konzerninterne Leihe angesprochen, und auch die Negativbeispiele sind in der Diskussion bereits angeführt worden. Die Staatsregierung verurteilt den Missbrauch der Zeitarbeit auf das Nachdrücklichste.
Herr Kind, wenn Sie jetzt einfach zuhören würden, anstatt mit Herrn Brangs zu reden, würden vielleicht auch Sie die Chance haben, es zu verstehen.
Allerdings müssen wir uns überlegen, ob dazu eine Gesetzesinitiative der Staatsregierung erforderlich ist. Ein Handeln der Staatsorgane ist in Zeiten von Tarifautonomie immer dann erforderlich, wenn die Tarifpartner nicht in der Lage sind, diese Auswüchse selbstständig zu regeln und in Ordnung zu bringen, und – das wurde ebenfalls bereits angesprochen – dies ist geschehen. Es gibt einen Tarifvertrag, der von der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossen worden ist. Der Tarifvertrag ist vom April dieses Jahres, und darin wurde eine sogenannte Schlecker-Klausel aufgenommen, um genau diesen Missbrauch zu verhindern. Sie sehen, das bewährte System der Tarifautonomie in der Bundesrepublik Deutschland hat auch in diesem Bereich funktioniert, sodass die Staatsregierung der Auffassung ist, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein staatliches Handeln in diesem Bereich nicht erforderlich ist.
Sie sagen, dass die Mitbestimmungsrechte der Zeitarbeitnehmer erhöht werden müssten. Die Zeitarbeitnehmer haben selbstverständlich in ihrem Entleiherunternehmen dieselben Mitbestimmungsrechte wie alle anderen auch. Die Unternehmen sind hierbei gleichgestellt. Es ist auch so, dass, wenn ein Mitarbeiter länger als drei Monate in einem bestimmten Unternehmen entliehen ist, dieser für den Betriebsrat im Entleiherunternehmen wahlberechtigt ist. Daher ist es für die Staatsregierung nur schwer nachvollziehbar, wie man durch den dauerhaften Einsatz eines Zeitarbeitnehmers Mitbestimmungsregelungen unterlaufen kann.
Der Einsatz eines Zeitarbeiters ist mitbestimmungspflichtig, das heißt, der Betriebsrat muss ihm zugestimmt haben. Wenn er dann länger als drei Monate im Unternehmen beschäftigt ist und Sozialwahlen anstehen, ist er in dem Entleiherunternehmen wahlberechtigt. Wie also durch eine dauerhafte Beschäftigung von Zeitarbeitnehmern Mitbestimmungsrechte ausgehöhlt werden können, kann die Staatsregierung nicht nachvollziehen.
Nach all den Dingen, die ich zu den einzelnen Punkten des Antrages genannt habe, sieht die Staatsregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anlass, im Deutschen Bundesrat aktiv zu werden.
Meine Damen und Herren! Das war die Stellungnahme der Staatsregierung zu dem vorliegenden Antrag. Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich: Gibt es nochmals den Wunsch, in der Aussprache zu sprechen? – Das kann ich nicht feststellen. Wir kommen zum Schlusswort. Dieses hat die Fraktion der SPD; Herr Abg. Brangs, bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich freue mich, dass ich zur Belebung des Abends beitragen kann; da kommt der Blutdruck ein wenig in Wallung. Aber ein paar Punkte fallen mir dann doch schon auf.
Sich hier hinzustellen und etwas vorzulesen und mich dann noch einmal anzusprechen, weil ich mich mit dem Kollegen sachlich auseinandersetze, ich solle jetzt zuhören, dann würde ich es auch verstehen – also, ich habe Sie schon verstanden, aber das, was Sie gesagt haben, trifft nun einmal nicht den Kern des Problems.
Der Kern des Problems ist nach wie vor, dass die Lebenswirklichkeit eben anders aussieht. Gerichtet an Kollegen Heidan, warum ich diese 3,6 Cent erwähnt habe: Ich habe sie deshalb erwähnt, weil das kein Beispiel der Zeitarbeit, sondern ein Beispiel von Arbeit ist – von Menschen in Sachsen aus Ihrem Wahlkreis. Aus Ihrem Wahlkreis müssen Menschen diese Arbeit leisten, weil sie teilweise keine andere Arbeit bekommen, aber auch, weil sie unter einem gewissen Druck stehen, keine andere Arbeit angeboten zu bekommen. Und Sie tun so, als sei das in Ordnung, Hauptsache, die Menschen hätten Arbeit.
Ich kritisiere das und sage, das sind keine Löhne, von denen Menschen leben können, und dabei bleibe ich.
An den Wirtschaftsminister gerichtet: Ich kann mich gut an Ihren Aufruf zum 1. Mai dieses Jahres erinnern; ich habe auch schon meinen Kommentar dazu abgegeben. Ich glaube, wir brauchen in diesem Land einen Wirtschaftsminister, der nicht ausschließlich die Interessen der Unternehmen, sondern vor allem auch die Interessen der abhängig Beschäftigten in diesem Land vertritt und der vor allen Dingen das zur Kenntnis nimmt, was in diesem Land passiert.
Es gibt eine Reihe von Menschen, die tagtäglich für Löhne arbeiten, von denen sie nicht leben können. Sie haben in Ihrem Aufruf am 1. Mai nicht einmal das Wort Arbeitnehmer, Gewerkschaften, Tarife oder die Tradition des 1. Mai genannt; Sie haben ausschließlich von Unternehmen und in späteren Aussagen sogar davon gesprochen, dass Tarifverträge auch Behinderung für die Entwicklung Sachsens seien.
Das ist nicht meine Vorstellung von Arbeits- und Wirtschaftspolitik in diesem Land, so wie sie vertreten werden sollte.
Ein Vergleich, den Sie anstellen, der wirklich allem trotzt, was ich bisher gehört habe, ist, dass Sie allen Ernstes behaupten, weil das ABM-Gesetz ausgelaufen sei, gebe es diese Anzahl von Stellen nicht mehr. Man kann auch nicht sagen, weil das Gesetz ausläuft und wir die Stellen nicht mehr haben, hat es ein Anwachsen in einem anderen Bereich gegeben. Das ist einfach eine gesetzliche Grundlage, die weggefallen ist; das ist kein Erfolg.
Vor allem Kollege Heidan hat gesagt; aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit könne er nicht von guten Unternehmen sprechen. Ich habe eines verstanden: Es ist bei der CDU so üblich: Sie sprechen immer nur dann über Unternehmen, wenn Sie dafür auch Geld bekommen; das hat ja Ihre Veranstaltung vor einiger Zeit gezeigt.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. – Bevor wir das tun, verweise ich noch auf einen Änderungsantrag, der Ihnen mit der Drucksache 5/2535 vorliegt. Es ist ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der noch eingebracht werden soll. Herr Abg. Jennerjahn, Sie haben dazu das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Forderungen im Antrag der SPD sind notwendig und gut; das hatte ich in meiner Rede bereits erwähnt. Doch Gutes kann man immer noch besser machen, und aus diesem Grund haben wir uns kurzfristig entschlossen, einen Änderungsantrag einzubringen, für den ich um Ihre Zustimmung bitten möchte.
Wir greifen darin zwei Aspekte auf, die nach unserer Ansicht im Antrag der SPD verbesserungswürdig sind. Das wäre zum Ersten: Statt, wie von der SPD in Punkt 3 vorgeschlagen, wollen wir das Equal-Pay-Prinzip vom ersten Tag an verwirklicht wissen. An dieser Stelle ist uns der Antrag der SPD nicht konsequent genug, zumal er keine Aussage darüber enthält, wie lange die kurze Einarbeitungszeit dauern soll, in der die SPD eine abweichende Regelung will.
Durch die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 2002 wollte Rot-Grün mit der Zeitarbeit den Arbeitslosen eine Brücke in den Arbeitsmarkt bauen. Das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ wurde damals eingeführt und sollte nur in Ausnahmefällen keine Anwendung finden. Leider wurde aus der Ausnahme die Regel. Das war damals nicht absehbar und muss nun korrigiert werden. Eine Korrektur kann aber an der Stelle meines
Erachtens nicht heißen, schon wieder eine Schlechterstellung der Leiharbeitnehmer(innen) zu zementieren.
Der zweite Punkt: Wir wollen weiterhin die Einführung einer Prämie von 10 % des Bruttolohnes als Ausgleich für die hohen Flexibilitätsanforderungen in der Zeitarbeitsbranche. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise haben uns eines deutlich vor Augen geführt: So schnell, wie ein Arbeitsverhältnis bei guter konjunktureller Lage geschlossen wird, so schnell wird es in Krisenzeiten auch wieder aufgelöst. Hinzu kommt, dass Zeitarbeiternehmer(innen) oft besonders mobil sein müssen, um den Anforderungen des Arbeitgebers gerecht werden zu können. Dieser besondere Aufwand muss aus Sicht meiner Fraktion entsprechend honoriert werden. Ich hoffe bei diesem Punkt insbesondere auch auf die Zustimmung aus den Reihen der FDP-Fraktion. Schließlich haben die Liberalen im Wahlkampf gebetsmühlenartig gefordert, dass sich Leistung wieder lohnen müsse.
Der Unterschied zu den Konzepten der SPD ist nur, dass diese Prämie, die wir hier wollen, den Steuerzahler kein Geld kostet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir schon wichtig, dass ich dazu noch kurz etwas sagen darf. Der Änderungsantrag ist praxisfremd, er ist ein bürokratisches Monster und sogar in sich widersprüchlich.
Der Leiharbeiter hat einen – oftmals auch langjährigen – Vertrag mit der Leihfirma. Er bekommt auch Lohn, wenn gar kein Einsatz für ihn da ist. Deswegen muss man es auch richtig bewerten. Er hat wechselnde Leihbetriebe, soll dann auch wechselnde Löhne bekommen – wie soll man das denn ordentlich vereinbaren? Eine rechtssichere Eingruppierung ist unmöglich für das, was Sie fordern. Der Urlaubsanspruch, das Urlaubsgeld, das Weihnachts
geld, die Qualifikation der Vergleichsbeschäftigten, die genaue Stellenbeschreibung, betriebsinterne Boni – wie will man das denn rechtssicher definieren?
Was ist mit der freien Vertragsgestaltung? Was ist mit der Tarifautonomie? Wozu brauchen wir denn noch Tarifverträge, wenn das, was Ihr Änderungsantrag aussagt, durchkommen würde? Facharbeiter, Ingenieure haben oftmals deutlich höhere Löhne – allerdings auch durch die andere Entgeltstruktur. Die Leiharbeiter bekommen oftmals Auslösungen, Zulagen usw., sie haben eine andere Betriebszugehörigkeit. All das müsste berücksichtigt werden. 10 % Aufschlag – worauf? Auf den Lohn des Stammarbeiters, auf den persönlichen Lohn? Wie will man das rechtssicher klären?
Daraus folgt für uns: Dieser Antrag scheint aus dem Froschteich gefischt, und da sollte er auch wieder hin.