Meine Damen und Herren! Für uns als Koalition bedeutet Hochschule, bedeutet Studium nicht nur Bildung und Ausbildung in der Breite, sondern es geht uns letztlich auch um das Schaffen von Exzellenz. Das geht nicht lediglich – wohl auch, aber nicht lediglich – über BAföG, das geht eben auch und gerade mit einem Stipendienmodell. Wir wollen damit Exzellenz fördern und wir wollen damit nicht zuletzt auch – ich sage es mal auf gut Deutsch – die Fleißigen fördern.
Meine Damen und Herren! Das vorliegende Stipendienmodell ist genau der richtige Schritt in die richtige Richtung. Wir lehnen beide Anträge ab.
Das war Herr Prof. Schneider für die Fraktion der CDU. Soweit ich das hier vernommen habe, hat Herr Prof. Schneider für die Koalition gesprochen.
Es besteht aber trotzdem Redebedarf bei der FDP. – Entschuldigung. Frau Dr. Stange, Sie möchten sprechen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich würde gern von dem Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen, da eine Frage von Herrn Prof. Schneider nicht zugelassen worden ist.
Ich finde es erstaunlich, Herr Prof. Schneider, welchen Erkenntnisgewinn die CDU-Fraktion und Sie persönlich innerhalb von wenigen Monaten vollzogen haben. Denn ich erinnere mich noch ganz genau an die Abstimmung hier im Hause über den Antrag der FDP-Fraktion zur Einführung eines nationalen Stipendiensystems, wie es gerade eingeführt wird, der zum damaligen Zeitpunkt einstimmig von den Fraktionen CDU, SPD und DIE LINKE abgelehnt worden ist.
Weil Sie auf mein vorheriges Amt angespielt hatten: Es hat dadurch gar keine Legitimation vonseiten des Plenums gegeben, in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz das nationale Stipendiensystem auf den Weg zu bringen.
Insofern ist es schon erstaunlich, dass man, wenn man einen anderen Koalitionspartner hat – auch auf Bundesebene –, plötzlich zu völlig neuen Erkenntnissen kommt und sich sogar um 180 Grad wenden kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kürzlich war ich bei einer hochschulpolitischen Diskussion und am Rande der Veranstaltung kam ich ins Gespräch mit einer Studentin. Da wir unter anderem auch auf das Thema Stipendium kamen, passt das ganz gut zu unserer heutigen Debatte, denn die Studentin erzählte mir voller Stolz, dass
sie gerade die Zusage für ein Stipendium erhalten habe. Für sie war das ein bedeutender Moment. Es bedeutet nämlich für sie, zukünftig nicht weiter auf BAföGZahlungen angewiesen zu sein, aber dennoch staatlich unterstützt zu werden.
Solche Momente, meine sehr geehrten Damen und Herren, prägen sich ein. Sie spornen mich als Mitglied des Landtages an, dafür zu sorgen, dass viel mehr Studenten solche Anreize erhalten. Es ist gut, hervorragende Leistungen von Studenten zu honorieren, nicht nur mit sehr guten Noten, sondern auch mit finanzieller Motivation.
Die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag begrüßt deshalb ausdrücklich die Bestrebungen der Bundesregierung, ein nationales Stipendienprogramm einzuführen. Auch die sächsische Koalition aus CDU und FDP hat sich bereits im Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, den Bund bei der Verbesserung der Studienfinanzierung zu unterstützen und gemeinsam mit der Wirtschaft ein Stipendienprogramm aufzulegen.
Durch das Stipendienprogramm werden Talente und Begabungen junger Studierender frühzeitig gefördert. Sie haben recht, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, das Stipendienprogramm fördert in erster Linie leistungsstarke Studierende, und Sie stellen in der Begründung im SPD-Antrag richtig heraus – ich zitiere –: „Gegebenenfalls stärkt es den Anreiz bei Studierenden, effizienter zu studieren.“ Genau davon bin ich überzeugt. Die Hochschulen haben aber auch die Möglichkeit, weitere Kriterien einfließen zu lassen. Das Ehrenamt oder die familiäre Herkunft bzw. ein Migrationshintergrund kann ebenfalls berücksichtigt werden.
Die Universitäten akquirieren die Hälfte der Gelder selbst aus der Wirtschaft bzw. von Privatpersonen, die andere Hälfte wird jeweils von Bund und Ländern finanziert. Schließlich bekommen die Stipendiaten 300 Euro monatlich für einen festgelegten Zeitraum. Dafür können die Hochschulen wiederum die entsprechenden Studenten selbst auswählen. Sie können so eigene Schwerpunkte bei der Vergabe der Stipendien setzen.
Aktuell erhalten gerade einmal circa 2 % aller Studierenden ein Stipendium über eines der zahlreichen Begabtenförderungswerke. Ziel des nun vorgelegten nationalen Stipendienprogramms ist es, diesen Anteil auf insgesamt 10 % zu vergrößern. Was bedeutet das für Sachsen? Aktuell studieren an Sachsens Hochschulen mehr als 100 000 Studenten. Der Aufbau eines Stipendiensystems würde dazu beitragen, den Personenkreis derer, die mittels eines Stipendiums finanziell unterstützt werden, auf mehr als 10 000 zu erweitern. Das sind in der endgültigen
Stipendien sollen dazu dienen, auch denen ein Studium zu ermöglichen, deren finanzieller Hintergrund es bisher nicht erlaubt hat. Gerade deshalb soll das von Bund und Ländern vorgesehene Stipendienprogramm unabhängig vom Einkommen der Eltern und zusätzlich zu etwaigen BAföG-Leistungen gezahlt werden. Das nationale Stipendienprogramm wird zu einer tragenden dritten Säule im Gesamtpaket der Studienfinanzierung in Deutschland. Es gibt das BAföG, das einkommensabhängig ist, das Stipendienprogramm, das einkommensunabhängig, aber leistungsorientiert ist, und das Bildungsdarlehen. Damit wird gewährleistet, dass in Deutschland jeder studierfähige junge Mensch auch ein Studium aufnehmen kann.
Das Argument, der BAföG-Förderung würden dringend notwendige Mittel durch das Stipendienprogramm entzogen, ist nicht haltbar. Bereits im Jahr 2008 gab es BAföGErhöhungen. Die nächste BAföG-Anpassung in Form eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung liegt bereits auf dem Tisch.
Nach unserer Auffassung kann das BAföG nicht das einzige Mittel der Studienfinanzierung sein. Es müssen Schwerpunkte gesetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sicherzustellen.
Wer so argumentiert wie Sie, werte Kollegen der Opposition, vergisst, dass Deutschland mit anderen Hochschulstandorten national und international im direkten Wettbewerb um die besten Köpfe steht. Gleichzeitig wird durch die nach Leistungskriterien geförderten Stipendien der Wettbewerb um die besten Prüfungsergebnisse begünstigt. Das bedeutet zusätzliche Vorteile im Wettbewerb um die besten Köpfe. Außerdem setzen wir den Grundstein für den Auf- und Ausbau einer Stipendien- und AlumniNetzwerkkultur in Deutschland.
Für die sächsischen Hochschulen besteht die Möglichkeit, sich die Stipendiaten eigenständig aussuchen zu können. Privatpersonen, Unternehmen und Vereine erhalten die Möglichkeit, sich für mehr Bildung in Deutschland zu engagieren und damit dem drohenden Fachkräftemangel mit vereinten Kräften zu begegnen. Die Herausforderung der Hochschulen wird es sein, die von Bund und Land bereitgestellten Mittel zu kofinanzieren und Gelder aus der Wirtschaft, von privaten Geldgebern und Ehemaligen zu akquirieren.
Sehr geehrte Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, gern erinnere ich Sie an Ihren Antrag mit dem Titel „Ausgaben für Bildung und Forschung dauerhaft steigern, Vorschläge der Staatsregierung zur Finanzierung des auf dem Bildungsgipfel vereinbarten 10-%Ziels rechtzeitig vorlegen“, den wir erst kürzlich hier im Hohen Haus hatten.
Für uns ist das Stipendienprogramm ein wichtiger Schritt in Richtung 10-%-Ziel. Es wird eine gemeinsame Initiative von Bund und Land sein, die dazu beitragen wird, dass sich die Wirtschaft an Investitionen in Bildung beteiligt. Das ist also eine Initiative, die auch ganz dem Anliegen der Fraktion GRÜNE entspricht. Was wollen Sie eigentlich mehr?
Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition! Ich fordere Sie auf, Ihre Scheuklappen abzulegen. Bringen Sie den gleichen Mut auf, wie wir ihn haben. Sprechen Sie sich für ein Stipendienprogramm aus. Wir stehen dazu: Leistung muss sich lohnen!
Meine Damen und Herren! In der ersten Runde sehe ich keine weiteren Wortmeldungen. Bevor ich zur zweiten Runde aufrufe, frage ich zunächst die Staatsregierung: Wird jetzt das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe immer gehofft und hoffe es noch, Herr Kollege Schneider, dass wenigstens in dem Bereich Wissenschaftspolitik Argumente zählen, dass wir die Argumente abwägen, dass es Gegenargumente gibt und Ähnliches mehr.
Ich habe bei keinem der Redner der Oppositionsfraktionen irgendeine Polemik gehört. Es geht doch um Sachfragen, um Argumente, die in der Öffentlichkeit ausgesprochen werden. Ich habe mich darum bemüht zu verdeutlichen, dass bei der „FAZ“ und in den Wirtschaftsverbänden erhebliche Bedenken genannt wurden.
Ich wollte nicht über den Verwaltungsaufwand sprechen, da die Fachleute unter uns, die im Wissenschaftsausschuss sitzen, darüber genau Bescheid wissen. Der Verwaltungsaufwand wird dazu führen, dass man bei der Auswahl eben nicht, Herr Kollege Tippelt, auf soziales Ehrenamt, auf Migrationshintergrund und Ähnliches achten wird, sondern es wird nach Noten gehen. Anders schaffen es die Hochschulen nicht. Die großen Universitäten sagen selbst, dass sie bei einem ohnehin hohen Verwaltungsaufwand nur noch ein wenig mehr in dieser Richtung tun können.
Kollege Gerstenberg hat bereits darauf hingewiesen, dass die sächsischen Hochschulen beim Einwerben von Geld – ganz davon abgesehen, dass dies ebenfalls einen Riesenaufwand bedeutet – ins Hintertreffen geraten werden. Das ist ein Argument, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Das kann man nicht übergehen. Die wirtschaftsstarken Bundesländer werden hier in der Tat im Vorteil sein und nicht wir im östlichen Deutschland.
Wir sind ebenfalls für Bildungsqualität. Sie machen hier eine falsche Alternative auf, als wollten die Oppositionsfraktionen nur Breiten- und keine Exzellenzförderung. Die Breitenförderung ist aber die Grundlage; das habe ich ausgeführt.
Wir brauchen mehr Hochschulabsolventen. Darüber gibt es unter uns keinen Dissens. Auf dieser Breite aufbauend muss Exzellenz gefördert werden. Aber wenn wir es nicht schaffen, die Basis zu verbreitern, dann wird es nach oben immer dünner, und das können wir uns angesichts der Sozialstruktur in unserem Land nicht leisten. Darum müssen wir zuallererst die Breitenförderung durchführen und darauf aufbauend Leistungsstipendien vergeben. Das eine kann aber nicht vor dem anderen geleistet werden. Hier sehen wir das Problem.
Kollege Gerstenberg und Kollege Mann haben schon erwähnt, dass wir der prekären wirtschaftlichen Situation damit Rechnung tragen. Wenn Sie die BAföG-Sätze vielleicht nicht auf 10 % – das ist sicher etwas zu hoch gegriffen –, sondern auf 7 % erhöhen, dann wäre es angemessen. Wenn wir das durchgesetzt haben, dann können wir selbstverständlich über Leistungsstipendien reden. Aber es kann doch nicht angehen, dass wir mit diesen lächerlichen 2 %, die in diesem Bereich nichts bewirken, versuchen wollen, beides durchzuziehen.
Wir sind nicht gegen Zuschüsse für die Besten. Deshalb bitte ich Sie, diese Klischees zu lassen. Das Problem ist doch, dass es uns in der Vergangenheit nicht gelungen ist, ein Finanzierungssystem für Studierende zu schaffen, das in die Breite geht. Wir stehen am unteren Ende jener Staaten, mit denen wir uns vergleichen könnten, also den Industriestaaten, was die Hochschulabsolventen anbelangt. Wir müssen diesen Prozentsatz erhöhen. Dies können wir nur tun, indem wir breiter absichern und damit Ermutigungen aussprechen.
Im Wesentlichen sind die Argumente ausgetauscht. Ich denke, wir verstehen uns doch, auch dann, wenn Sie natürlich – das ist eben so und darüber sind wir nicht verwundert – unsere Anträge ablehnen werden. Aber respektieren Sie doch wenigstens die Argumente.