Keine Zuwanderungsanreize durch die Hintertür schaffen – Sachleistungen für Asylbewerber durchsetzen
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: NPD, CDU, Linksfraktion, FDP, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der NPD-Fraktion als Einreicherin das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Ende der Achtziger der berechtigte Volkszorn über das Asylantenunwesen hochkochte und inländerfreundliche Parteien nach langer Abstinenz wieder in Parlamente einzogen, zeigte man sich genauso betroffen, entsetzt und schockiert wie die heutigen Systemparteien, wenn der Wählerwille in konkreten Wahlergebnissen zum Ausdruck kommt. Dabei wäre es schon damals angebracht gewesen, nicht über den Rechtsruck zu klagen, sondern sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen, sich zu fragen, warum die Masseneinwanderung durch die Scheinasylantenwelle nicht schon vorher Thema der Etablierten war und wie es so weit kommen konnte, dass jedes Jahr kulturfremde Ausländer in einer Zahl einwanderten, die die Dimensionen ganzer Großstädte erreicht.
Wie immer, wenn es um Daseinsfragen des eigenen Volkes geht, reagierten die Systemparteien erst, als es schon fast zu spät war. 1993 beschlossen sie endlich verschärfende, einschränkende Neuregelungen, die sich in einer Änderung des Grundgesetzes mit der Einführung des Artikel 16 a, der Änderung des Asylverfahrens und der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes niederschlugen. Obwohl danach die Asylbewerberzahl deutlich sank, wissen wir alle, dass die Zahl der Ausländer und der Passdeutschen mit Migrationshintergrund seit dem Asylkompromiss 1993 weiter gestiegen ist.
Die Masseneinwanderung verlagerte sich zum Beispiel durch den Familiennachzug von bereits in Deutschland lebenden Ausländern oder illegale Einwanderung. Die vergleichsweise hohe Reproduktionsrate der Fremden tut ihr Übriges.
Dabei hat schon Altbundeskanzler Helmut Schmidt in der Diskussion um die Überalterung unseres Volkes im Jahre 2005 wie folgt gewarnt: „Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst das Problem nicht. Sie schafft nur ein zusätzliches dickes Problem. Mit der Zuwanderung habe sich Deutschland in den letzten 15 Jahren übernommen.“
Wie lange die Blockparteien die Themen Zuwanderung und Überfremdung verschlafen haben, macht auch eine Aussage des Altkanzlers im Jahre 2008 deutlich: „Als ich 1974 von Willy Brandt die Regierung übernahm, gab es hier dreieinhalb Millionen Ausländer, die Hälfte davon Türken. Ich sah damals voraus, dass es die Deutschen
nicht fertigbringen würden, alle Türken zu integrieren.“ Schmidt wies dabei auch auf die Rolle der Union hin, indem er feststellte: „Zu Zeiten von Helmut Kohl hat sich die Zahl der Ausländer verdoppelt. Jetzt sind wir bei siebeneinhalb Millionen und haben große Probleme.“
Damit wären wir bei einem Punkt, um den es im heutigen NPD-Antrag geht. Seit Jahrzehnten besteht die CDUStrategie darin, Entwicklungen, die den Bestand und die ethnische Identität unseres Volkes gefährden, erst zu ignorieren, dann zu leugnen und schließlich für eigene Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. Vor Wahlen rechts blinken, um dann nach links abzubiegen, lautet die Devise.
In Wirklichkeit findet klammheimlich eine Aufweichung mühsam errungener Zuwanderungshürden statt. Das sehen wir zurzeit bei der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland bisher nur unter dem Vorbehalt akzeptiert hat, dass sie das Asylrecht nicht tangiere. CDU und FDP lassen diese Einschränkung jetzt fallen und erschweren so die Abschiebung von Asylbetrügern unter dem Vorwand des Kinderschutzes.
Das werden wir bei der immer noch geltenden Residenzpflicht für Asylbewerber erleben, die ohnehin ständig unterlaufen wird und deren Missachtung auch in CDUgeführten Ländern nicht konsequent geahndet wird.
Schließlich müssen wir mit ansehen, wie eine klare gesetzliche Regelung von der Staatsregierung im Schulterschluss von CDU-Landräten und Bürgermeistern konsequent unterlaufen wird. Gemeint ist das Sachleistungsprinzip bei der Asylbewerberverpflegung nach Artikel 3 Asylbewerberleistungsgesetz. Konkret heißt das: Fast alle Landkreise und kreisfreien Städte zahlen Bargeld. Einige liefern Wertgutscheine. Kein einziger Kreis hält sich heute noch an das Sachleistungsprinzip.
Dabei durften wir in der Beantwortung einer Anfrage vom März 2006 vom Innenminister vernehmen, dass die Grundleistung zur Deckung des Unterhalts vorrangig als Sachleistung zu gewähren sei, da – Zitat – „durch Art, Umfang und Form der Leistungsgewährung keine Anreize geschaffen werden sollen, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen. Daher sollen möglichst keine Barmittel in die Hände der Leistungsberechtigten gelangen.“ Weiterhin solle Schlepperbanden der Nährboden entzogen werden.
Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren der Union: Was hat sich seitdem geändert? Ist die Gefahr des kriminellen Schlepperunwesens gebannt? Oder meinen Sie, unser Land durch Ihre Politik wirtschaftlich schon so weit ruiniert zu haben, dass es für Wirtschaftsflüchtlinge
Ich kann Ihnen sagen, was sich geändert hat. Es sind vor allem zwei Dinge. Erstens ist nach Jahren des Rückgangs die Zahl der Asylbewerber wieder ansteigend. Im letzten Jahr wurden beim Bundesamt für Migration schon wieder 27 500 Erstanträge gestellt. Das sind 25 % mehr als in den Vorjahren. Im März 2010 stieg die Zahl der Asylanträge erneut um 34 % gegenüber dem Vormonat. Von einer Entwarnung an der Überfremdungsfront kann also nicht die Rede sein.
Zweitens hat sich auch noch etwas anderes geändert: die offizielle Haltung der Union zu diesem Thema, die Sachsen nun offen zum Zuwanderungsland erklärt hat, zum Beispiel durch ihren Ausländerbeauftragten.
Klar ist: Es steht in Sachsen keine Wahl vor der Tür. Da kann man schon einmal etwas klarer aussprechen, wohin die Reise gehen soll. Fakten werden geschaffen eben durch die CDU-Landesregierung im Verbund mit den CDU-Landräten. Aus der Verwaltung des Landkreises Meißen hieß es: Die Gewährung für Asylbewerber erfolgt in Form von Bargeld. Hierfür erhielt der Landkreis als letzter durch die Landesdirektion Dresden eine Ausnahmegenehmigung.
Herr Ulbig schreibt nur wenige Wochen später am 05.02. hingegen: „Über die Leistungsform entscheiden die zuständigen Unterbringungsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte gemäß Artikel 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz nach pflichtgemäßem Ermessen. Einer Ausnahmegenehmigung unter Angabe von Gründen bedarf es nicht.“
Damit, meine Damen und Herren, erweist sich die Union einmal mehr als Partei der organisierten Verantwortungslosigkeit. Die NPD wird ihr das nicht durchgehen lassen und unsere Landsleute im Freistaat auf Dauer auch nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sachsen braucht Zuwanderung, und die Einzigen, die das noch nicht begriffen haben, sind die Damen und Herren von der NPD.
Was Sie hier gerade geäußert haben, zeigt einmal mehr, wessen Geistes Kind Sie sind. Es ist einfach nur primitiv, polemisierend und schließt nahtlos an die Debatten der letzten zwei Tage an.
Der Freistaat Sachsen hat derzeit noch 4,2 Millionen Einwohner. Bereits in zehn Jahren werden es nur
noch 3,9 Millionen sein. Der Fachkräftemangel ist in der Wirtschaft schon spürbar. Deshalb müssen wir beim Thema Zuwanderung neue Wege gehen und auf eine Willkommenskultur setzen.
Wir Liberalen haben Migration schon immer als Chance und Integration seit jeher als eine wesentliche Aufgabe von Politik und Gesellschaft verstanden.
Aber Integration findet nicht einfach statt, sondern muss gestaltet werden. Ziel liberaler Integrationspolitik ist es, Ausländern und Menschen mit Migrationshintergrund gleiche Bildungs- und Berufschancen in unserer Gesellschaft zu gewähren und sie möglichst umfassend am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben zu beteiligen. Das liegt im Interesse unseres Landes. Jede freiheitliche Gesellschaft beruht dabei auf fundamentalen Gemeinsamkeiten. Hierzu gehören die deutsche Sprache sowie die Akzeptanz der freiheitlich demokratischen Grundordnung und deren Grundwerte.
Dabei stellen wir uns der Herausforderung wie der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, der Reform des Bleiberechtes oder auch der Evaluierung des Sachleistungsprinzips. Hierzu haben sich CDU und FDP auf Bundesebene im Koalitionsvertrag bekannt.
Der Sächsische Ausländerbeauftragte, Prof. Dr. Martin Gillo, hat im März dieses Jahres sieben Anregungen für ein weltoffenes Sachsen veröffentlicht. Ein Punkt dabei ist die Möglichkeit der Bargeldauszahlung bei Leistungen für Asylbewerber. Nachdem bereits neun von 13 Landkreisen die kostengünstigere und bedarfsgerechtere Bargeldauszahlung nutzen, prüfen auch übrige Landkreise deren Einführung.
Beides – Bargeldauszahlung oder Sachleistung – ist möglich. Es ist ausschließlich Sache der kommunalen Ebene, dies zu entscheiden. Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der NPD-Fraktion, ist daher überflüssig.
Auch bei weiteren Punkten hat Herr Prof. Gillo unsere volle Unterstützung, zum Beispiel die Möglichkeiten der dezentralen Unterbringung zu prüfen und besser zu nutzen. Zwar sind schon viele Familien in individuellen Wohnungen untergebracht, dennoch sollten dezentrale Unterkünfte für alle Familien, deren Kinder in der Schule erfolgreich integriert sind, zur Verfügung gestellt werden. Auch hierbei ist beides möglich:
zentrale oder dezentrale Unterbringung. Es ist wiederum Sache der kommunalen Ebene, dies zu entscheiden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sachsen und ganz Deutschland brauchen Zuwanderung. Sie muss sich dabei insbesondere an dem Bedarf unserer Wirtschaft orientieren. Nur so geben wir denjenigen Menschen, die in unser Land kommen, eine echte Perspektive und Chancen auf Selbstverwirklichung und Integration. Wir wollen die Einwanderung nach Deutschland, um so gezielt unseren Wirtschaftsstandort zu stärken.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Zum Glück hat Frau Jonas schon sehr viele Argumente vorweggenommen, was die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag angeht. Ich kann mich darauf beschränken, kurz darauf einzugehen, was wohl die Ursache ist, dass die NPD solch absurde Anträge stellt, die mit kommunaler Selbstverwaltung überhaupt nichts mehr am Hut haben.
Als ich darüber nachgedacht habe, ist mir eine Studie eingefallen, nämlich die Studie „Not am Mann“. Da wird ein Beispiel genannt für eine Kommune in Sachsen, die leider ein sehr hohes Ergebnis der NPD bei den Landtagswahlen hat, und zwar in der Altersgruppe der 18- bis 39-Jährigen kommen auf 100 Männer lediglich 56 Frauen.