Wir müssen uns fragen – das hat die Praxis schon gezeigt –, ob die Studiengänge nicht inhaltlich überfrachtet sind.
Nicht all das, was fachlich für erforderlich gehalten wird, ist auch in der Schulpraxis erforderlich. Damit liegen wir im Gleichklang mit dem, was wir schon lange wissen. Sie wissen, die Kultusministerkonferenz hat die Kommission eingesetzt. Wir haben in Deutschland ein hohes fachliches Niveau der Lehrerausbildung, aber beim schulpraktischen Bezug haben wir noch Verbesserungsbedarf. Das betrifft insbesondere die Grundschullehrerausbildung.
Darüber hinaus müssen wir die Abbrecherquote senken. Sie steht im engen Zusammenhang mit den fachlichen Erfordernissen, die nicht immer notwendig sind. Ein weiteres Ziel muss sein – das wissen Sie auch, das habe ich hier mehrmals dargelegt und dafür kämpfe ich vehement in der Öffentlichkeit –, die Attraktivität des Lehrerberufes generell zu erhöhen und damit die Attraktivität, ein Studium aufzunehmen.
Meine Damen und Herren! Es geht aber nicht nur darum, quantitativ den Bedarf zu sichern, sondern wir müssen uns fragen: Bekommen wir auch die Lehrer für die richtigen Schulformen und die richtigen Fächerkombinationen?
Meine Damen und Herren von der Opposition, zu dem Eindruck, den Sie zu erwecken versucht haben: Natürlich handeln wir, das haben wir auch in der Vergangenheit getan. Wir haben 20 Jahre darauf Acht gegeben, die Beschäftigung derjenigen zu sichern, die im System sind, und wir haben jetzt umzusteuern und diejenigen in den Blick zu nehmen, die Beschäftigung wollen. Wir müssen auch an die jungen Menschen denken.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass wir im Sommer letzten Jahres im Kultusministerium öffentlich deutlich gemacht haben, dass wir in diesem Land ab 2012 erstmalig Übernahmegarantien für mindestens 50 % eines Jahrgangs ausgesprochen haben. Das sind nicht nur diejenigen, die einen fachlich guten Abschluss erreichen, sondern auch diejenigen, die für die Schularten Förderschule, Grundschule und Mittelschule einen Abschluss anstreben. Das werden diejenigen Schularten sein, bei denen wir zuerst einen Bedarf haben. 60 % studieren im Lehramt Gymnasium. Das sind zu viele, das heißt, wir brauchen auch einen Lenkungseffekt.
Dieses Signal haben wir als Staatsregierung bereits letztes Jahr gesetzt. Ich hoffe, dass sich dementsprechend viele bei der Wahl des schulartbezogenen Masters dann auch so verhalten werden.
Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Schorlemer hatte darauf hingewiesen, dass sich derzeit eine staatliche Kommission für Lehrerbildung inhaltlich und strukturell mit einer Konzeption beschäftigen will. Das betrifft sowohl die Kapazitäten als auch die Finanzen, aber auch die Frage der Standorte. Das Gremium wird entscheidende Impulse zur Weiterentwicklung und zur Umsetzung dieser Konzeption geben. Diese Konzeption wird zeitnah von der Regierung vorgelegt werden.
Meine Damen und Herren! Die Aussprache war offenbar noch nicht zu Ende. Ich frage: Gibt es noch weitere Wortmeldungen seitens der Staatsregierung? – Seitens der Abgeordneten? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ist die Aussprache beendet, und wir kommen zu den Schlussworten. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Falken. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn es ein Stöhnen gibt, wenn ich an dieses Pult gehe: Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Da müssen Sie jetzt einfach durch.
Sie verpassen eine große Chance, die Sie nach wie vor haben, den Masterstudiengang ab Herbst in Dresden zu belassen. Sie verpassen diese Chance, aber Sie werden es in irgendeinem Jahr einführen müssen, ob Sie es wollen oder nicht.
Frau Prof. Schorlemer, Sie haben hier klare Aussagen getroffen. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie von dem, was Sie heute dargestellt haben, wirklich überzeugt sind.
Herr Schreiber, wenn man den Lehrerinnen und Lehrern, die im Freistaat Sachsen arbeiten, Anerkennung zollen möchte und das zum x-ten Mal mit einer verbalen Attacke macht, reicht das einfach nicht aus. Sie haben die Chance, Sie haben die Möglichkeit, ganz aktuell: Geben Sie den Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat Sachsen eine Vollzeitstelle. Dann haben Sie den Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat Sachsen endlich einmal eine klassische Anerkennung gegeben. Sie geben den jungen Leuten, den Studenten, die heute im Hause sind und vor dem Hause stehen, mit einer Vollzeitstelle im Freistaat Sachsen eine Perspektive.
Herr Prof. Wöller sprach davon, dass es notwendig sei, a) bezogen auf die Mangelfächer zu werben und auszubilden und b) zu schauen, dass wir für die Schularten entsprechend dem Bedarf ausbilden. Hier haben wir eine konkre
te Situation – ich hoffe, dass Sie das in Ihrer Kommission entsprechend einbinden –; denn den Studentinnen und Studenten, die derzeit Lehramt Gymnasium studieren, muss man auch eine klare und saubere Perspektive geben, wenn sie sagen: Ich studiere weiter Mittelschullehramt. Das heißt natürlich, dass Sie auch mit der Besoldung etwas machen müssen. Ein Mittelschullehrer geht ins Eingangsamt mit der Entgeltstufe 11 und ein Gymnasiallehrer geht ins Eingangsamt mit der Entgeltstufe 13. Das ist ein wesentlicher Unterschied in der Bezahlung. Die anderen Bundesländer freuen sich, wenn wir die guten Gymnasiallehrer ausbilden und sie dann in die anderen Bundesländer gehen.
Wenn wir hier nicht klare Tatsachen schaffen, um die jungen Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen zu halten – also Bedingungen schaffen, um sie zu halten –, dann werden wir hier nur in einen luftleeren Raum reden. Diesbezüglich gibt es eine konkrete Geschichte: denjenigen, die jetzt ins Amt gehen, die klare Zusage zu geben. Sie haben die Möglichkeit, denn Sie haben keine Tarifregelung, sondern Sie können das über ein Gesetz oder über Festlegung machen. Das ist überhaupt kein Problem. Herr Prof. Wöller, Sie wissen das.
Ich werbe hier noch einmal für unsere Anträge, obwohl ich jetzt die Reden von der FDP und der CDU als auch von Frau Prof. Schorlemer und Herrn Prof. Wöller gehört habe. Diese deuten leider nicht darauf hin, dass das Lehramt in Dresden so weitergeführt wird, wie wir es uns vorstellen. Ich werbe aber trotzdem für unsere Anträge. Springen Sie über Ihren Schatten! Sie werden es perspektivisch – das wird nicht lange dauern – wirklich umsetzen müssen.
Einen letzten Hinweis. Das angekündigte Gesamtkonzept, das sowohl von dem Vertreter der FDP als auch von der CDU, aber auch von beiden Ministern angesprochen wurde, ist nun etwas, was man schon haben müsste. Na gut, Sie fangen damit jetzt an.
Für uns wäre es wichtig zu wissen, wann das Gesamtkonzept kommt. Frau Prof. Schorlemer hat von 2010 gesprochen. Ich hoffe, ich habe Sie diesbezüglich richtig verstanden. Das wäre ja noch in diesem Jahr und begrüßenswert. Ich erwarte, dass Sie sowohl die Betroffenen als auch die Abgeordneten in diesem Hohen Hause einbeziehen. Lassen Sie uns doch einmal eine gemeinsame Ausschusssitzung des Wissenschaftsausschusses und des Schulausschusses durchführen, um dieses Thema ausführlich zu erörtern und vielleicht auch die Hinweise der Opposition in dieses Konzept einfließen zu lassen. Ich halte das für eine sehr gute Idee.
Vielen Dank, Frau Falken. – Nun das Schlusswort. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Dr. Gerstenberg, bitte.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Wie lange soll denn das noch gehen?“, hörte ich vorhin aus den Reihen der CDU-Fraktion, als Frau Falken zum Schlusswort aufgerufen wurde. Meine Damen und Herren, Sie müssen das aushalten! Das gehört zum demokratischen Ablauf dazu. Sie müssen das aushalten, und das wird noch so lange gehen, bis die Probleme der Lehramtsausbildung in Sachsen gelöst sind.
Ich glaube, Sie stöhnen auch deshalb, weil in Ihren Reihen ein Stück schlechtes Gewissen vorhanden ist. Denn gerade eine CDU, die seit 20 Jahren hier in diesem Land regiert, kann nicht wegwischen, dass in den letzten zehn Jahren Zahlen, Daten und Fakten beiseitegelassen wurden und jetzt eine Situation besteht, die nach Rettung und nach Nothilfe schreit.
Herr Schreiber, Frau Fiedler und Herr Tippelt, ich habe nicht gehört, dass hier unterstellt wurde, dass die jungen Kollegen keine Ahnung haben. Ich habe es als sehr seltsam empfunden, dass hier neue, junge Kollegen ins Rennen geschickt werden, um die Fehler der Vergangenheit auszubaden. Ich glaube, da sind die Abgeordneten der CDU-Fraktion gefragt, die selbst an diesen Prognosen mitgearbeitet haben.
(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der Abg. Sabine Friedel, SPD – Christian Piwarz, CDU: Sehr dünn!)
Ich habe diesen ersten Teil, Herr Ministerpräsident, als Gespensterdebatte empfunden. Wir müssen erst einmal Ursachenforschung betreiben, meinte Frau Fiedler und verwies auf den Koalitionsvertrag. Wir sind hier nicht auf einem Parteitag. Wir sind in einem Parlament, und wir sind angehalten, in einer dringenden Situation zur Problemlösung beizutragen.
Herr Tippelt, es hilft auch nicht weiter, auf eine Stellungnahme der Ministerin zu unserem Antrag zu verweisen, die gar nicht existiert. Also, solche Anträge bitte erst einmal lesen und dann darüber diskutieren!
Wenn ich diese Debatte zurückverfolge, gibt es eine eigenartige Konstellation. Es gibt die Zusage von der Universität Leipzig in Person des Prorektors Prof. Holländer, die Dresdner Studierenden für das Masterstudium in Leipzig aufzunehmen, sofern sie Unterstützung erhalten. Diese Bedingung wird immer mit gestellt. Die Prorektoren – nicht nur Holländer, sondern auch Fach – haben wiederum erklärt: Den enormen Mehrbedarf, der aufgrund der demografischen Entwick
lung und des Ausscheidens vieler Lehrerinnen und Lehrer in den nächsten Jahren entstehen wird, kann die Universität Leipzig nicht allein decken. Dort gibt es ein ganz klares Defizit an Kapazitäten.
Die TU Dresden wiederum hat Vorbereitungen für die Masterausbildung getroffen. Die Professur ist bereitgestellt, die Ausschreibung gestoppt worden. Dort sind also Kapazitäten vorhanden, die genutzt werden könnten.
Ist es nicht völlig naheliegend, in einer solchen Situation die Kapazitäten in Leipzig und in Dresden auszubauen und für die nächsten Jahre zu nutzen?
Es ist für mich nur eine Frage der Logik. Einzig und allein, was dagegensteht, ist der Verweis auf die Hochschulvereinbarung aus dem Jahre 2003. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist offensichtlich nötig, diese Regelung in der Hochschulvereinbarung zu hinterfragen.
Offensichtlich wurden die Prognosezahlen damals nicht eingerechnet. Wir haben auch gehört, dass die Studien erst danach gekommen sind. Völlige Klarheit über den Ernst der Lage ist erst danach entstanden. Ist es jetzt nicht eine völlig falsche Entwicklung, wenn die Politik mit neuem Wissen und neuen Informationen nicht in der Lage ist, ihre Fehler zu korrigieren? Das steht jetzt an.
Frau von Schorlemer, Sie haben gesagt, die Kapazitäten stehen in Leipzig zur Verfügung. Ich hatte konkret nach Stellen gefragt. Sie haben nicht gesagt, dass neue Stellen zur Verfügung gestellt werden. Ich freue mich sehr, dass Sie eine Konzeption für die Lehramtsausbildung bereits für 2010 angekündigt haben. Ich bin auch sehr dafür – was Herr Schreiber angedeutet hat –, über viele Inhalte, den pädagogischen Anteil, Anteile der Psychologie und Didaktik zu diskutieren. Es gibt – das gehört zu einer lernenden Politik – sicher gute Gründe, dort zu korrigieren.
Frau von Schorlemer, Sie haben auch gesagt, die Bewerberzahlen sind gut und übersteigen die Studienplätze. Für Dresden trifft das so nicht mehr zu. Dresden hatte bei den Bachelorstudierenden im laufenden Studienjahr erstmals sinkende Bewerberzahlen. Das ist für mich völlig nahe liegend. Wenn ich weiß, ich kann hier nur einen Bachelor machen, wenn ich an die Grund- und Mittelschule gehen will, warum soll ich dann in Dresden überhaupt anfangen? Damit ist dieser Studiengang für viele nicht mehr attraktiv.