Protocol of the Session on March 31, 2010

Es können neue Kommunen hinzukommen. Herr Kollege Herbst hat es schon angesprochen. Wir haben in unserem Land derzeit fünf neue Landkreise, die in ihrem Gebiet die Option leben. Sie müssen sich jetzt entscheiden, was sie wollen, damit in einem Landkreis eine Regelung herrscht. Die Frage ist – das werden Detailverhandlungen in den kommenden Wochen zeigen –, ob es möglich ist, dass vielleicht noch ein, zwei Kommunen hinzukommen. Wir wissen, dass bei unseren Landkreisen, aber sicherlich auch bei der einen oder anderen kreisfreien Stadt ein großes Interesse daran besteht, sich selbst um die Langzeitarbeitslosen zu kümmern. Wenn wir das erreichen, wäre das ein noch größerer Erfolg als der, den wir ohnehin schon haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worüber ich mich auch freue, ist der stärkere Wettbewerb, den es jetzt über die Zielvereinbarungen, die die ARGEn, aber auch die Optionskommunen haben, gibt. Es wird einen Vergleich geben, wer dabei am erfolgreichsten ist. Wie sinkt die Zahl der Langzeitarbeitslosen? Wie viele Menschen werden in den ersten Arbeitsmarkt integriert? Wie viele Alleinerziehende sind ohne Arbeit? All das sind die Prüfsteine, um zu sehen, wer wie gut arbeitet. Jede ARGE und jede Optionskommune muss sich ordentlich ins Zeug legen und zeigen, dass sie sich wirklich für Langzeitarbeitslose einsetzt. Gerade auf die Geschäftsführer kommen dabei neue Herausforderungen zu. Deren Rolle ist übrigens gestärkt worden.

Ich will kurz erwähnen, dass die Länder natürlich in der Verantwortung stehen. Hier bin ich dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er die Interessen unseres Bundeslandes, aber auch der anderen Bundesländer gewahrt hat, dass die Fachaufsicht über die Kommunen, die in den ARGEn organisiert sind, beim Land bleibt. Das betrifft auch die

Aufsicht über die Optionskommunen. Hier wurden die Interessen unseres Freistaates Sachsen gut gewahrt.

Lassen Sie es mich zusammenfassen: Bund und Länder haben sich zügig auf eine Neuregelung geeinigt. Ich danke noch einmal herzlich dem Ministerpräsidenten für diese wasserfeste Lösung, mit der wir die Leistungen weiterhin aus einer Hand vergeben können und mit der wir die Kommunen gestärkt haben, damit sie sich stärker um Langzeitarbeitslose kümmern können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Für die CDU-Fraktion sprach der Abg. Krauß. – Wir kommen als Nächstes zur Fraktion DIE LINKE; Herr Kollege Kind, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das, was der Ministerpräsident hier vorgestellt hat, kann auf keinen Fall als Kompromiss oder als gute Lösung gelten. Es gab vier Politiker vor der Kamera, und zwar von der CDU und der SPD. Ich frage mich: Regiert die FDP in diesem Land überhaupt mit, obwohl sie ja formal in der Koalition ist?

(Christian Piwarz, CDU: Das ist kleinlich!!)

Das zementiert den Zustand, den wir jetzt haben: die weitere Trennung der Arbeitslosen in Arbeitslose erster und zweiter Klasse.

(Alexander Krauß, CDU: Ach!)

Mitnichten ist das Ziel erreicht, das zum Anfang der Reform angedacht war: für alle Arbeitslosen eine gemeinsame Anlaufstelle zu errichten und die gemeinsame Verantwortung aus einer Hand sicherzustellen. Genau das ist nicht passiert.

Wir wissen bis heute nicht genau, was verabredet wurde. Es gibt darüber kein Papier. Heute wird im Kabinett über den Gesetzentwurf entschieden. Alles andere sind vage Vorgespräche, die keine Lösung aufzeigen – und erst recht keine Lösung nach vorn. Es wurde einfach – und das ist bedenklich – nicht auf das Urteil des Verfassungsgerichts zur Rechtswidrigkeit in Grundgesetzfragen eingegangen, sondern man versuchte das Grundgesetz zu ändern. Ist das der Umgang mit unserem Rechtsstaat? Daran habe ich wirklich Zweifel. An welcher Stelle wollen wir das Grundgesetz noch biegen,

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

wenn uns die Verfassungsrichter sagen, dass hier grundgesetzwidrig gehandelt wurde?

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das geschah bei dem Gesetz doch nicht zum ersten Mal.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es gibt doch mehrere Urteile, die beweisen, dass dieses Gesetz handwerklicher Pfusch ist und es von der Zielrich

tung her nicht erreicht, was es erreichen wollte. Es erreicht nur die weitere Knebelung der vom Arbeitsmarkt Ausgeschlossenen. Es werden keine Lösungen aufgezeigt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Zum Ansatz für Sachsen: Wir wissen bis heute nicht: Wer wird in Sachsen weiter optieren wollen? Soll die BA als der kleinere Partner entwickelt werden? Es sind jetzt sechs Kommunen in der kommunalen Verantwortung. Durch die mögliche Ausweitung werden es sechs Landkreise sein. Wie der Buschfunk trommelt, will Frau Orosz in Dresden auf die Option setzen. Damit ist die erste Großstadt heraus. Dann können wir weiter rechnen, was noch übrig bleibt. Übrig bleiben eventuell zwei Großstädte und ein Landkreis in der Verantwortung der BA, die es in Form der ARGEn weiter umsetzen werden.

(Alexander Krauß, CDU: Da haben Sie mit dem Zählen Probleme, wir haben zehn Landkreise!)

Zehn sind auch noch im Gespräch. Sie werden das doch wissen. Ihr Ministerpräsident war doch bei den Verhandlungen. Es sind zehn Optionen für Sachsen angedacht. Das sind doch keine Neuigkeiten, die ich hier erzähle.

(Alexander Krauß, CDU: Da wissen Sie mehr als andere! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Wir werden uns in Kürze wieder sprechen, ob ich recht behalte oder Sie.

Kommen wir zurück zu den Problemen, die Sie lösen wollten.

(Robert Clemen, CDU: Er arbeitet nebenbei als Wahrsager!)

Wir sprechen uns dann wieder.

Wo ist die Evaluierung der Ergebnisse der optierenden Kommunen? Wo ist die Sicherheit, dass sich der Bund nicht sukzessive, so wie er es in den letzten Jahren getan hat und in seiner Finanznot weiter tun wird, aus der finanziellen Verantwortung zurückziehen wird? Wo sind die besseren Ergebnisse in den Vermittlungszahlen bei den Optionskommunen? Wo ist dort die Verantwortung für die Arbeitslosen in der Region, sie nicht nur im Kreis zu vermitteln, sondern als bundeseinheitliches Problem zu sehen und die Arbeitsvermittlung auch überregional zu betreiben? Dieser Beweis ist nie angetreten worden. Die Evaluierung, die eigentlich nach sechs Jahren erfolgen sollte, hat nicht stattgefunden. Das wollen wir an dieser Stelle einmal festhalten.

Ich kann es auch nicht verstehen, wenn sich der Ministerpräsident hier hinstellt und sagt, dass sechs Jahre an dem Problem gearbeitet wurde. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil war vom 20.12.2007. In einer Notverhandlung in den letzten Wochen ist es zu einem Kompromiss gekommen, den man nicht als solchen bezeichnen kann.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das ist ein fauler Kompromiss. Schon bei der Einführung der Gesetze hat Frank-Jürgen Weise es als Mitternachts

bierdeckelkompromiss bezeichnet, als Ministerpräsident Koch damals handstreichartig die Optionskommunen in die Verhandlung eingebracht hat. Genau auf dieser Ebene ist es jetzt wieder gelaufen, dass es die Koalition nötig hatte, bei der SPD betteln zu gehen, damit sie ihr hilft, über das Stöcklein zu springen. Das ist das Problem, weil die Koalition keine Handlungsfähigkeit nachweisen kann.

(Christian Piwarz, CDU: Sie können nur meckern, aber nichts umsetzen! – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Das ist das Problem.

Herr Kollege, Ihre Redezeit läuft ab!

Ich komme zum Schluss.

Wir können das nicht als Kompromiss bezeichnen. Das einzig Positive an der Sache ist, dass die getrennte Aufgabenwahrnehmung vom Tisch ist.

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war Herr Kind für die Fraktion DIE LINKE. – Als Nächstes kommt die SPD-Fraktion mit dem Abg. Brangs an die Reihe.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Titel der Aktuellen Debatte gelesen habe, habe ich mich zunächst gefragt: Was ist denn daran der sächsische Erfolg? Nachdem der Ministerpräsident ans Mikrofon getreten ist, um zu erklären, wo der Erfolg liegt, ist mir klar geworden, dass hier viele Beteiligte ihre Verantwortung wahrgenommen haben. Es liegt in der Natur der Sache, dass man für Länderinteressen streitet, aber natürlich auch auf der Ebene des Bundes versucht, die Interessen zu wahren. Ein bisschen ist mir das Bild in den Sinn gekommen, dass bei den Ferienfliegern nach der Landung alle klatschen.

(Christian Piwarz, CDU: Sie auch?)

Aber eigentlich ist es ja selbstverständlich, dass der Kapitän diese Maschine nach unten bringen muss. Ich denke, dass es auch Aufgabe des Ministerpräsidenten ist, unsere Interessen gut im Bund zu vertreten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Passiert ja selten!)

Insofern ist das Gesagte richtig. Wir haben dort gemeinsam einen Kompromiss erzielt. Dieser Kompromiss kann nur begrüßt werden, weil er in der Tat Klarheit schafft für die Betroffenen, aber vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter. Ich sage nur ganz deutlich: Das hätten wir alles schon viel früher haben können. Der damalige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz hat bereits 2009 die Bildung der Zentren für Arbeit und Grundsicherung vorgeschlagen. Da war es unter anderem der Ministerpräsident Hessens, Koch, der gesagt hat: Das ist mit uns nicht zu machen. Auch Herr Kauder hat gesagt, dass man eine getrennte Aufgabenwahrnehmung wolle.

Insofern ist es erfreulich, dass man auch gemeinsam mit der SPD zu einem Kompromiss gekommen ist. Bekanntlich ist die SPD in der Opposition, sodass es nicht selbstverständlich ist, dass sie sich am Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Aber wir sehen durchaus unsere Verantwortung, und wir nehmen diese Verantwortung auch wahr.

Dieser Kompromiss ist auch deshalb richtig, weil in vielen Bereichen das eine oder andere wieder durchkommt, was ich schon einmal unter der Bezeichnung „Zentren für Arbeit und Grundsicherung“ gelesen habe.

Worum es im Kern aber eigentlich geht – und dazu habe ich noch nichts gehört –, ist die Frage: Wie gehen wir denn jetzt mit der Situation um, wenn wir aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben wollen und wenn wir diese jetzt in der Neuorganisation durch eine Grundgesetzänderung voranbringen wollen? Noch einmal an DIE LINKE gerichtet: Diese Grundgesetzänderung ist notwendig,