Protocol of the Session on July 10, 2014

Aber noch schlimmer: Die Fahrzeiten Dresden – Berlin und Dresden – Leipzig haben sich verschlechtert. Sie haben bestehende Chancen, durch gemeinsame Bestellungen mit anderen Ländern lang laufende Bahnangebote zu bestellen, zum Beispiel von Gera nach Chemnitz, nicht genutzt. Die Thüringer hätten es gern gehabt. Das haben Sie nicht geprüft.

Bitte verstecken Sie sich jetzt nicht wieder hinter den Verkehrszweckverbänden. Nach § 2 Abs. 2 unseres ÖPNV-Gesetzes haben Sie als Regierung die Pflicht, die überregionale Zusammenarbeit zu koordinieren und es mit den Aufgabenträgern abzustimmen. Ich spreche dabei noch nicht einmal von den Verbindungen von Chemnitz nach Düsseldorf oder von Leipzig nach Frankreich, die wir einmal hatten. Ich sage aber auch: Nach einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2012 zur Schienenpersonenverkehrsanbindung lagen deutsche Großstädte wie Leipzig auf Platz 58 – der beste Platz –, Dresden auf Platz 75 und Chemnitz auf Platz 78 von insgesamt 80 Plätzen. Vielleicht ist Chemnitz jetzt ganz hinten.

Was bei Ihnen völlig auf der Strecke bleibt, ist der Ausbau des sächsischen Bahnnetzes in der Fläche.

Zu mehr Effizienz, zu mehr Kostenwahrheit: Sie konzentrieren sich nicht auf das Machbare, sondern setzen auf langfristige Projekte ganz von vorn und laufen Gefahr, dass Sie dadurch nur Luftschlösser erzeugen und auch das Machbare, den wichtigen Ausbau der Strecke Dresden – Görlitz, nicht durchsetzen. Durch die Kürzungen im

Haushalt, die Sie jetzt nur minimal korrigieren wollen: 6 % mehr bei einer Kürzung von 25 % – –

Die Redezeit geht zu Ende.

Ich bin gleich am Schluss. – Durch diese Kürzungen vergrößern Sie den Finanzierungsdruck im Verkehr, und Sie verschlechtern die Chancen Sachsens, hier wirklich etwas zu verbessern und durchzusetzen. Deshalb sehen wir der Verkehrsministerkonferenz morgen mit sehr viel Unruhe entgegen.

Mehr zur Finanzierung in der zweiten Runde.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das war die Einbringerin, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es sprach Frau Kollegin Jähnigen. – Weitere Reden in folgender Reihung: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht. Jetzt ergreift für die CDUFraktion Frau Kollegin Springer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was mich ein wenig wundert, ist, dass Frau Jähnigen fast ausschließlich auf das Papier des Wirtschaftsministeriums eingegangen ist, das gerade erst herausgekommen ist. Worüber wollten Sie denn eigentlich sprechen? Was hätten Sie gemacht, wenn das Papier erst nächste Woche herausgekommen wäre?

(Heiterkeit und Lachen bei der CDU und der FDP – Zuruf von den GRÜNEN – Gegenruf von der FDP)

Zur Kürzung, die Frau Jähnigen angesprochen hat: Wir wissen, dass wir alle nicht sehr glücklich darüber waren, aber das ist eine Tatsache aus dem Jahre 2009. Zwischenzeitlich hat sich die Welt verändert. Sie sagen, dass die Leistungsfähigkeit der Angebote unserer Zweckverbände infrage steht. Das möchte ich ausdrücklich verneinen. Die Zweckverbände Sachsens bieten hervorragenden, belastungsfähigen Nahverkehr an. Den Zweckverbänden, den Mitarbeitern und all jenen, die dafür Sorge tragen, dass wir in Sachsen einen guten Nahverkehr haben, gebührt ein herzlicher Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn wir von Zahlen sprechen, gehört auch dazu, dass wir davon sprechen, dass in den letzten Jahren viele Dinge in Sachsen korrigiert wurden. So sind zum Beispiel die Ausbildungsverkehre wesentlich in ihrer Finanzierungsgrundlage gestärkt worden. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Faktoren der Fläche und Schülerzahlen von besonderer Bedeutung sind. Im Jahr 2014 hatten wir 57 Millionen Euro zur Verfügung. Im Jahre 2016 haben wir nach den jetzigen Planansätzen 59 Millionen Euro zur Verfügung. Gehen wir davon aus, dass die Mittel, die wir vom Bund als Regionalisierungsmittel bekommen, uns im Nahverkehr zur Verfügung stehen, und wenn man die 8,74 Millionen Euro für die sächsi

schen Schmalspurbahnen abzieht, wie es die Finanzierungsverordnung vorsieht, dann wird der gesamte Rest – außer einem kleinen Investitionsanteil – den Zweckverbänden zur Verfügung gestellt. Der Investitionsanteil kommt allen Sachsen zugute.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Das sind Tricks!)

Frau Jähnigen, ich halte es für unredlich, wenn Sie so tun, als wäre dem nicht so.

Schauen wir uns einmal das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz an. Schauen wir uns das Chemnitzer Modell an. Was ist dabei hervorzuheben? Die Investition auch in die Fahrzeuge wird mit Landesmitteln unterstützt. Gerade die beiden genannten Modelle führen dazu, dass es einen Aufwuchs an Zugkilometern gibt. Davon haben Sie nicht gesprochen. Dass wir dabei ein einheitliches Tarifsystem erarbeiten müssen, wissen wir.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Hier sind aber die Zweckverbände wesentlich weiter in den Gesprächen untereinander, als Sie es darstellen. Wir bevormunden die Zweckverbände in keiner Weise in ihrer Arbeit. Im Gegenteil: Wir unterstützen sie. So stehen im aktuellen Haushalt 2013/2014 insgesamt 4 Millionen Euro zur Verfügung, damit die Zweckverbände untereinander ihre Systeme besser angleichen können.

Wir finden es bedauerlich, dass diese gute Arbeit, die hier geleistet wird, nicht genügend Würdigung findet, sondern dass man immer ein negatives Fazit zieht. Wir können uns dem negativen Fazit nicht anschließen. Wir bedanken uns sehr herzlich für das, was hier geleistet wird. Ein „besser“ geht natürlich immer, und wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit in den kommenden Jahren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Kollegin Springer sprach für die CDU-Fraktion. – Für die Fraktion DIE LINKE ergreift Herr Kollege Stange das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Springer, das ist eben immer das Problem, wenn man nur die eine Seite der Medaille betrachtet, nur die eine Hälfte des Satzes zitiert, nur die eine Hälfte der Wahrheit wiedergibt.

Nehmen wir den Ausbildungsverkehr: Es mag ja sein, dass 57 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Aber davon sind 54 Millionen Euro aus Bundeszuschüssen abgezweigt. Das ist die Wahrheit, wenn es um den ÖPNV in Sachsen geht.

Fakt ist: Wenn Sie Investitionen aus Regionalisierungsmitteln bezahlen wollen, dann ist das nicht wirklich im Sinne des Regionalisierungsgesetzes ausgegeben, denn in § 6 Abs. 1 steht ganz klar, dass insbesondere Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren ist, also nicht einmal das, was über Umleitungswege beim ÖPNV landet, denn das müsste der Freistaat über die Mittel, die er der kommuna

len Hand zur Verfügung stellt, aus eigenen Mitteln finanzieren. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Mit anderen Worten: Investitionen – Stichwort CityTunnel – haben Sie zum großen Teil über Regionalisierungsmittel abfinanziert. Chemnitz – Leipzig, Elektrifizierung, Vorstudie: Das müsste eigentlich ebenso aus eigenen, sächsischen Mitteln und nicht aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden usw. Das ist einfach sächsische Realität. Wir verkleistern uns die Augen und sagen: Wunderbar, wir sind am tollsten.

Jetzt sage ich Ihnen eines, Frau Springer: Ja, die Zweckverbände organisieren einen leistungsfähigen

SPNV/ÖPNV. Jedoch: Wie lange noch? Das ist die zentrale Frage, die uns in den nächsten Jahren beschäftigt – im Übrigen: ab morgen wahrscheinlich in den nächsten Wochen ganz intensiv beschäftigt, nur fallen wir da politisch ins Sommerloch, weil das Parlament nicht mehr zusammentritt.

Die Frage wird sein: Wie viel vom großen Kuchen bekommt Sachsen ab – Stichwort Einwohnerzahl? Es sickern schon Informationen durch – die kommen allmählich, der Herr Staatsminister wird sicherlich nachher noch darauf eingehen –, wie der Schlüssel zusammengesetzt sein soll. Dann wird das Bein eventuell doch dick für Sachsen bei der zukünftigen Ausfinanzierung des SPNV in Sachsen.

Fakt ist: Dieser Staatsminister hat sich bisher nicht dafür eingesetzt, dass die Aufgabenträger die wachsenden Infrastrukturkosten im SPNV in Sachsen anständig ausfinanzieren.

(Beifall bei den LINKEN)

Das ist der erste zentrale Irrtum – jetzt sind wir wieder bei Irrtümern, das bleibt bei Ihnen so – in der ÖPNV-Politik in Sachsen.

Der Leipziger Hauptbahnhof wird zwar bei den Stationspreisen viel günstiger – da hat sich die Bahn einmal richtig aus dem Fenster gelehnt, sie sagt: Wir senken die Kosten der Stationshalte von 44,91 Euro auf 26,23 Euro. Das Fatale an der Geschichte ist nur, dass der ICE-Halt genauso billiger wird –, jedoch halten immer noch dieselbe Anzahl ICEs und ICs im Leipziger Hauptbahnhof, und es finden wesentlich mehr S-Bahn-Halte mit dem S-BahnNetz statt. Ergo zahlt am Ende der Nahverkehr die Stationshalte für den Fernverkehr, der eigentlich eigenwirtschaftlich laufen sollte, gleich noch mit. Tolle Rechnung! Das ist Finanzierungsart à la Deutsche Bahn.

So zieht sich das durch verschiedene Instrumente der Deutschen Bahn durch – bis hin zu den Investitionen in Trassen, die über massive Zinsen die Aufgabenträger zu bezahlen haben. Das anzugehen, Herr Staatsminister, haben Sie innerhalb von fünf Jahren versäumt. Das werden Sie jetzt auf die letzten Tage sicherlich auch nicht mehr hinbekommen. Es wird die Aufgabe der zukünftigen Staatsregierung sein, hier im Verbund mit anderen Ländern massiv auf die Finger zu klopfen, um endlich eine

vernünftige und vor allem tragbare Infrastrukturfinanzierung durch die Aufgabenträger zu organisieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE)

Kollege Stange sprach für die Fraktion DIE LINKE. – Kollege Pecher ergreift jetzt als Nächster das Wort; er spricht für die SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste, dass Frau Springer erst einmal mit dem Dank arbeitet – das möchte ich auch tun: Dank an die kommunalen Aufgabenträger, an die Busfahrer, an die Straßenbahnfahrer; Dank an die Verkehrsverbünde; Dank an die Mitfahrer, an unsere Kundinnen und Kunden; Dank an diejenigen, die keine Scheiben zerkratzen und Graffiti sprühen; Dank an diejenigen, die das Material am Rollen halten.

(Leichte allgemeine Heiterkeit und Beifall)

In der Regel ist damit der substanzielle Teil bei der CDU beendet – ich möchte fortführen.

(Frank Heidan, CDU: Sie sind aber so nett, Herr Pecher!)

Wenn Sie aufmerksam zugehört haben, werden Sie gemerkt haben: Ein Dank fehlt: der Dank an den Minister. Den bekommt er auch von mir nicht,

(Oh-Rufe von der CDU)

weil dieser Minister nicht begriffen hat, dass für uns öffentlicher Nahverkehr eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist, die ein Grundnetz zur Sicherung eines Grundbedarfes an Mobilität sicherstellt und nicht ein Grundnetz nach Auslastung.

Die Regionalisierungsmittel werden nach unserer Auffassung zu 30 % fehlverwendet, und das wird uns in der Finanzdebatte vielleicht auf die Füße fallen. Da wir in diesem Bereich im Laufe der letzten Jahre

132 Millionen Euro gekürzt haben, nützt es jetzt nichts, noch einmal 20 oder 30 Millionen Euro dazuzugeben. Das ist so, als wenn Sie vorher einen Eimer herausnehmen und nachher eine Tasse hineinschütten; das ist Augenwischerei.