Protocol of the Session on March 11, 2010

So urteilt ein Professor und Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht.

Weitere Beteiligte an dem Geschehen waren Polizeibeamte. Ich will hier aus der Pressemitteilung der Deutschen Polizeigewerkschaft vom 15. Februar 2010 zitieren. Dort heißt es unter anderem: „Linke Gewalttäter führen den Staat und seine Institutionen an der Nase herum, was nicht zuletzt im vorigen Jahr in Berlin und in Hamburg deutlich geworden ist, und werden in der Berichterstattung in den Medien nicht oder kaum erwähnt … Wir als DPolG-Sachsen sind erschüttert, wie sich vom Steuerzahler bezahlte Demokraten des Bundestages von linken Gewalttätern und Systemgegnern instrumentalisieren und für ihre Zwecke einsetzen lassen.“

Herr Storr, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern. Aber bitte die Zeit anhalten.

Ja, machen wir.

Herr Kollege Storr, wurde durch das sogenannte Mutlangen-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht festgestellt, dass Blockaden rechtmäßig sind?

Vielen Dank, Herr Abg. Schimmer, dass Sie diese Frage hier aufwerfen. In der Tat grassiert diese Behauptung durch die Medien. Der „Spiegel“, Ausgabe vom 19.01.1987 – darin geht es nämlich um das Mutlangen-Urteil –, schreibt zum Beispiel: „Vier Verfassungsrichter hatten Sitzdemos nach dem MutlangenMuster für straffrei erklärt. Vier andere allerdings, deren Ansicht für das Urteil den Ausschlag gab, überließen es den Gerichten, ob sie nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls Strafen aussprechen wollen.“

Ich beantworte weiterhin Ihre Frage und zitiere aus den „Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“, herausgegeben von Hartmut Rensen und Stefan Brink im De-Gruyter-Verlag. Dort heißt es: „Seit dem Mutlangen-Urteil ist es andererseits auch geklärt, dass Art. 8 GG nicht etwa deshalb, weil sein Schutzbereich eröffnet ist, auch eine Einstufung jeglicher Blockadeaktion als rechtmäßig verlangt.“

Weiter heißt es – –

Herr Kollege Storr, Ihre Redezeit in dieser ersten Runde läuft aus.

Gut. Ich habe zumindest schon die Quellen genannt, wo man das nachlesen kann. Leider habe ich zeitlich nur die Möglichkeit, einige wenige Schlaglichter auf die Frage zu werfen.

Es zeigt sich – eigentlich ein skandalöser Vorgang –, dass nicht etwa nur Linksextremisten – –

Ihre Redezeit geht jetzt zu Ende. Sie können dann nochmals reden. Sie haben noch fünf Minuten.

Gut. Danke.

(Beifall bei der NPD)

Wir gehen entsprechend der weiteren Reihenfolge in der ersten Runde vor. Möchte ein Mitglied der CDU-Fraktion das Wort nehmen? – Herr Kollege Schiemann spricht für die CDU-Fraktion.

(Holger Apfel, NPD: Schön die Blockaden rechtfertigen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Titel der Aktuellen Debatte vernimmt, weiß man nicht so richtig, was der Einreicher uns eigentlich sagen will. Er hat uns von Rechtsbrüchen berichtet und zitiert, was in Chemnitz stattgefunden hat.

Herr Präsident, mit Verlaub: Der Titel der Debatte lautet: „13. Februar in Dresden“. Ich frage mich, wieso der Redner der einreichenden Fraktion hier über Chemnitz sprechen kann. Dennoch muss ich sagen, dass ich für Rechtsbrüche – –

Herr Kollege, darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie es mir überlassen müssen, inwieweit ich auf die Einhaltung des Themas achte.

Die vorgetragenen Rechtsbrüche sind sicherlich nicht Gegenstand einer aktuellen Debatte. Der Rechtsstaat ist in Gefahr, das ist das, was Sie hier ansprechen. Ich gehe davon aus: Wir haben weder „Rechts- noch Linksstaat“, sondern wir haben einen demokratischen Rechtsstaat.

(Beifall bei der CDU – Andreas Storr, NPD: Wo Gerichtsurteile nicht umgesetzt werden!)

Der demokratische Rechtsstaat erduldet auch Demonstrationen von Ihnen. So weit geht der demokratische Rechtsstaat.

(Andreas Storr, NPD: Er muss nicht erdulden, sondern es garantieren!)

Der demokratische Rechtsstaat hat auch durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen die Demonstrationen in Dresden am 13.02.2010 zugelassen.

(Holger Apfel, NPD: Dann lassen Sie die linken Kettenhunde los!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was die Einreicher mit dieser Aktuellen Debatte bezwecken. Die Arbeit der Polizei kann an der Stelle nur so bewertet werden, dass die Polizei der Garant der Umsetzung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes und damit des demokratischen Rechtsstaates ist.

(Holger Apfel, NPD: Ach nee!)

Ein demokratischer Rechtsstaat ist der, dessen Sie sich immer nur dann bedienen, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie Ihre Agitation aus dem Landtag in die Öffentlichkeit verlegen müssen.

Dennoch frage ich mich: Ist es berechtigt, dass diese Fraktion mit dem 13.02.2010 hier in Dresden kokettieren kann?

Womit hat das alles begonnen? Mit der Abschaffung der Demokratie hat es 1933 begonnen.

(Zurufe von der NPD)

Das Parlament, die Meinungsfreiheit, das Demonstrationsrecht,

(Zuruf von der NPD: Zum Thema!)

die Unabhängigkeit der Justiz sind abgeschafft worden. Die Reichsregierung hatte das Sagen und hatte allein entschieden, welche Gesetze und welches Unrecht in diesem Deutschen Reich gelten sollen, bis hin zum Jahre 1934, als auch das Land Sachsen am Ende war.

(Holger Apfel, NPD: Zum Thema!)

Bevor Bomben auf Dresden gefallen sind, sind Bomben auf Coventry, Warschau und Kiew gefallen. Das Dorf Lidice in der Nähe von Prag ist dem Erdboden gleichgemacht worden. Alle wehrfähigen Männer bis zu 65 Jahren sind erschossen worden, weil der Reichsstatthalter durch Partisanen erschossen worden ist. Dafür sind Menschen hingerichtet worden. Sie haben nicht das Recht, hier den demokratischen Rechtsstaat in Frage zu stellen, der Ihnen auch die Demonstration garantiert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der 13.02.2010 in Dresden war ein 13. Februar, dem der Rechtsstaat gedient hat, nämlich der Erinnerung an die Opfer des Krieges und des Nationalsozialismus. Ich bin froh, dass 15 000 Menschen die Chance genutzt haben, daran zu erinnern und dieses demokratische Recht im Rechtsstaat zu nutzen, aber nicht zu Ihrer Demonstration zu laufen.

Dresden darf nicht künftig zum Aktionstourismus missbraucht werden. Dresden braucht weder Rechts- noch Linksterrorismus in dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Dresden ist kein Tummelplatz für Extremisten, egal welcher Couleur. Sie können in den Internetseiten nachlesen, unter welchem Motto verschiedene Gruppierungen dieses Dresden missbrauchen wollen.

Ich gehe davon aus: Niemand wird mit den Chaoten, die Mülltonnen anzünden, Brandflaschen werfen und Autos demolieren, gemeinsame Sache machen und das als friedliche Demonstranten bezeichnen.

(Holger Apfel, NPD: Fragen Sie Bonk und Co.!)

Wer genehmigte Demonstrationen blockiert und behindert, handelt natürlich auch ordnungswidrig bis hin zur Rechtswidrigkeit.

Der Polizei kann man in Dresden nichts anlasten. Sie hat dafür gesorgt, dass es eben nicht zu Ausschreitungen größeren Maßes gekommen ist.

(Holger Apfel, NPD: Sie hätte Blockaden auflösen müssen!)

Sie hat Zusammenstöße verhindert. Sie hat das demokratische Recht für Demonstrationen mit ihrer Präsenz garantiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe nicht, warum wir es zulassen, dass die NPD-Fraktion hier mit diesem Thema kokettieren kann. Ich appelliere daran, dass wir friedlich mit den Opfern verbunden sind, die in dieser Stadt in dieser Bombennacht ums Leben gekommen sind. Wir werden auch künftig für den 13. Februar und die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkrieges und der 50 Millionen Opfer kämpfen.

Das soll auch in Zukunft das Signal aus dieser Landeshauptstadt Dresden in die Welt sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Schiemann. Als nächste Fraktion in der Reihenfolge der ersten Runde hat DIE LINKE das Wort. Herr Prof. Besier, bitte.