Protocol of the Session on January 22, 2008

Weil wir als FDP – auch Opposition – keine Fundamentalopposition betreiben, sondern konstruktiv sind, haben wir für diese Abstimmung logischerweise auch eine getrennte Abstimmung. Wir nehmen unser Mandat ernst,

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

dass wir unserem Gewissen verpflichtet sind.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Oder ihr wisst nicht, was ihr macht!)

In der vorhergehenden Diskussion, bei der es um die Kreisstadt Grimma ging, haben wir ganz eindeutig gesagt: die Stärken stärken. Wer für Grimma argumentiert, muss für Annaberg stimmen. Annaberg ist die größte Stadt im Erzgebirge und sie liegt zentral. Bei der gesamten Kreisreform haben wir hier eine Besonderheit im Erzgebirge: Hier schließen sich vier Kreise zusammen und von den Volksvertretungen, den Kreistagen, haben sich drei für Annaberg entschieden und eine für Aue. Auch das muss man berücksichtigen.

Ich als Vertreter auch des Kreistags im Mittleren Erzgebirgskreis muss sagen: Bei der gesamten Diskussion Aue/Annaberg wird vollkommen ausgeblendet, dass es einen Mittleren Erzgebirgskreis gibt und dass es Stollberg gibt. Es scheint sich nur auf Aue und Annaberg zuzuspitzen. Nein, bei dieser Kreisreform im Erzgebirge müssen alle vier Kreise und alle Einwohner in allen Kreisen mitgenommen werden. Die Diskussion zur Erreichbarkeit von Aue aus dem Mittleren Erzgebirgskreis – da fahre ich durch Annaberg hindurch, um dann in Aue zu sein. Die Diskussion über die Kreistage und die Anfahrtsstrecken und dass wir möglichst viele Menschen mitnehmen wollen, würde bedeuten, dass die Menschen – auch die Abgeordneten – aus dem Mittleren Erzgebirgskreis weiter fahren müssen.

Das Thema Autobahnanschluss ist schön, aber es ist kein Argument für Aue. Ich freue mich und es ist super, dass Aue einen besseren Autobahnanschluss als Annaberg hat. Umgekehrt: Wir müssen für Annaberg auch etwas tun, dass dort die Infrastruktur besser wird.

Zur Diskussion, die wegen der Kaserne in Schneeberg aufkam: Wenn ich als Argument bringe, dass der Autobahnanschluss in Aue vorhanden ist, ist das ein Argument für Aue. Genauso gut hätte man „Marienberg“ sagen können, da in Marienberg die Kaserne erhalten bleibt. Dann wäre das ein Argument für Marienberg. Das ist also Unfug.

Nach dieser Abstimmung sollten wir auf jeden Fall gemeinsam nach vorn schauen und die Zukunft des Erzgebirgskreises in Angriff nehmen. Ich möchte ganz am Rande drei Zahlen nennen, die den zukünftigen Erzgebirgskreis insgesamt betreffen. Im Erzgebirgskreis sind knapp 15 000 Unternehmen ansässig. Das sind mehr als 10 % des Landes Sachsen. In der Stadt Chemnitz sind es knapp 10 000. Im verarbeitenden Gewerbe sind im Erzgebirge 385 Unternehmen im Gegensatz zum zukünftigen Landkreis Zwickau tätig, in dem es 237 sind. Der Tourismus hat im Erzgebirge mit reichlich 1,7 Millionen Übernachtungen logischerweise die Spitze in Sachsen erreicht.

Das sollte für uns Erzgebirgler Ansporn genug sein, gemeinsam mit der Kreisstadt Annaberg in die Zukunft zu gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Steffen Flath)

Frau Windisch, bitte. Danach habe ich noch Herrn Lichdi auf der Rednerliste.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Günther hat den öffentlichen Eindruck schon ein wenig relativiert, der nach der bisherigen Debatte entstehen muss, dass der Landkreis Erzgebirge möglicherweise nur aus den Landkreisen Aue-Schwarzenberg und Annaberg gebildet wird. Nein, es gibt auch noch Stollberg und Marienberg. Das sage ich ausdrücklich auch im Namen meines Kollegen Günther Schneider, der sich nicht noch einmal extra zu Wort melden möchte.

Ich möchte noch einmal feststellen, dass drei Landkreise – nämlich Stollberg, Marienberg und Annaberg – dem Vorschlag der Staatsregierung in ihren Stellungnahmen zugestimmt haben und ebenso – ich kann jetzt nur für meinen Wahlkreis sprechen – die überwiegende Anzahl der angehörten Kommunen. So viel dazu.

Die vorgetragenen Argumente im Änderungsantrag möchte ich ein wenig auf die Schippe nehmen; auch das muss erlaubt sein. Wenn die Verkehrsanbindung das entscheidende Kriterium ist, dann gäbe es nur einen Kreissitz Stollberg. Wir haben sogar zwei Autobahnanschlussstellen.

(Beifall des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Meine Damen und Herren, die Bürger kommen doch zum Kreissitz nicht über die Autobahn, oder?

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Die zentrale Lage des Kreissitzes ist ein gutes Argument für die gewonnene Entscheidung für Annaberg. Meine Damen und Herren, die Stärke der Region Aue im Silberbergverbund und der bisherigen Kreisstadt Stollberg liegt doch darin, dass sie sehr eng in die Wirtschaftsregion Chemnitz/Zwickau eingebunden sind. Das möchte ich nicht für den Status Erhalt des Kreissitzes eintauschen. Diese Anbindung ist viel, viel wichtiger als alle hier genannten Argumente. Im Übrigen bin ich auch Fan vom FC Erzgebirge Aue,

(Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

obwohl ich sonst ein relativ unsportlicher Typ bin. Mir ist aber bis heute nicht bekannt, dass das ein Raumordnungskriterium wäre.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Der Abg. Lichdi, bitte. Danach können sich die Schriftführer bitte wieder bereithalten, wenn es keine weiteren Redebeiträge gibt.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, noch ein wenig Geduld. Herr Lichdi, bitte, Sie können sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedauere doch, dass diese Frage ein wenig in der allgemeinen Freude auf den Feierabend untergeht. Ich denke, dafür ist sie zu wichtig.

Ich bedanke mich noch einmal bei den zwei einbringenden Kollegen von der CDU-Fraktion – ich denke, das gehört sich so –, dass sie entgegen der Mehrheitsmeinung diesen Antrag einbringen. Ich möchte aber die Hoffnung nicht zu sehr ins Kraut schießen lassen. Meine Fraktion wird im Ergebnis der Abwägung dann doch für AnnabergBuchholz votieren. Ich bin deshalb nach vorn gegangen, weil ich noch einmal ein Licht auf die ach so „ergebnisoffenen“ Beratungen im Innenausschuss werfen möchte.

Vor allem ist hier das Argument der landesplanerischen Bedeutung hervorgekramt worden, Annaberg-Buchholz sei echtes, originäres Mittelzentrum und Aue bzw. der Städteverbund Silberberg sei es eben nur als Städteverbund. Dazu muss ich schon sagen, dass ich das für ein sehr formalistisches Argument halte. Warum ist denn eine Stadt Mittelzentrum? Eine Stadt ist deshalb Mittelzentrum, weil sie gewisse zentralörtliche Funktionen erfüllt. Wenn es nun mal so ist, dass dies dem Städteverbund Silberberg im Landesentwicklungsplan zugesprochen wird, dann kann man nicht wieder mit der Berufung auf den Landesentwicklungsplan kommen und sagen: In dem Falle stimmt es nun nicht. Wir haben euch zwar als Städteverbund, als Mittelzentrum, anerkannt; aber jetzt, wenn es darum geht, das anzuwenden, nehmen wir das nicht mehr so ernst.

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Vielen Dank, Herr Colditz. – Ich denke, das ist einfach unredlich und das muss man so klar sagen. Ich stehe auch nicht an, es noch ein wenig auf die Spitze zu treiben.

(Beifall der Abg. Thomas Colditz, CDU, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Wir haben uns nämlich im Innenausschuss recht lange mit dieser Frage beschäftigt und sehr intensiv nachgefragt, weil das nämlich nicht nur mir, sondern auch anderen Kollegen nicht sehr schlüssig erschien – auch Kollegen, die im Ergebnis die Argumente für Annaberg-Buchholz sehen.

Nach sehr vielen Fragen hatten wir die Staatsregierung schließlich – sie weicht ja immer aus – so weit, dass sie zugegeben hat, wenn es diesen Städtebund Silberberg jetzt schon als Einheitsgemeinde, als einheitliche Stadt, gäbe, wie es denn dann aussehen würde. Nach zwei

Stunden hatten wir – Herr Friedrich wird sich vielleicht erinnern – die Frage frei präpariert.

Meine Damen und Herren, die mir zuhören, was ist dann passiert? Dann habe ich genau diese Frage an den Staatsminister gestellt. Ich habe aber keine Antwort bekommen.

(Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich habe nicht deshalb keine Antwort bekommen, weil der Staatsminister sie – wie so oft – nicht beantwortet hätte, sondern weil Frau Weihnert diese Frage nicht zugelassen hat.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

In dieser Debatte war es mir wichtig, diesen Fakt auch denen, die sich für Aue einsetzen, öffentlich mitzuteilen und nachlesbar im Protokoll zu vermerken; denn der Prozess war aus meiner Sicht nicht sauber. Er war im Vorfeld nicht sauber und er war im Innenausschuss nicht sauber.

Im Ergebnis kommen wir dennoch zu der Abwägung, dass Annaberg-Buchholz – vom Wesen her nicht falsch – zum Kreissitz bestimmt worden ist aufgrund – es wurde schon gesagt – der räumlichen Situation und der Voten der anderen Kreise. Ich denke, Aue und die gesamte Region haben eine gute Entwicklung genommen. Damit hat Frau Kollegin Windisch recht: Aue ist in den Raum Chemnitz eingebunden, sodass ich nicht glaube, dass ein Abbruch der positiven Entwicklung zu befürchten ist. Ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass durch die Heraushebung von Annaberg-Buchholz als Kreissitz eine weitere Stärkung dieser Region möglich ist. Von daher werden wir im Ergebnis für Annaberg-Buchholz stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Können wir zur Abstimmung kommen oder gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Colditz hat eine sachliche Richtigstellung beantragt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine sachliche Richtigstellung vornehmen. Kollege Mario Pecher hat hervorgehoben, dass es die SPD von Aue war, die in besonderer Weise die Initiative für den Kreissitzerhalt gemacht hat.

Dem muss ich deutlich widersprechen. Es gab ein überparteiliches Engagement, für das ich sehr dankbar bin. Es ist von allen Parteien im Stadtrat getragen worden. Wenn es jemanden gab, der sich besonders für den Erhalt des Kreissitzes Aue engagiert hat, dann waren es der Bürgermeister von Aue und die Industrie- und Gewerbevereinigung.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich bitte vor der Abstimmung darum, dass sich die Schriftführer wieder zur Verfügung stellen.

Alle stehen auf ihrer Position. Dann kann ich jetzt über den Änderungsantrag der Abg. Thomas Colditz und Alexander Krauß abstimmen lassen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –

Sind die Jastimmen jetzt alle klar? – Dann bitte ich um die Neinstimmen. – Jetzt bitte die Enthaltungen. –