Protocol of the Session on January 22, 2008

Meine Damen und Herren, ich würde jetzt gern die Artikel 49 bis 59 hintereinander aufrufen. Es gibt dazu keine Änderungsanträge. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Somit rufe ich auf: Artikel 49, Änderung des Sächsischen Krankenhausgesetzes, Artikel 50, Änderung des Sächsischen Landestierseuchengesetzes, Artikel 51, Änderung des Sächsischen Sammlungsgesetzes, Artikel 52, Änderung des Sächsischen Spätaussiedlereingliederungsgesetzes, Artikel 53, Änderung des Sächsischen Bestattungsge

setzes, Artikel 54, Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und zu weiteren Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten, Artikel 55, Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierschutzgesetz und zu weiteren tierschutzrechtlichen Vorschriften, Artikel 56, Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen, Artikel 57, Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes im Freistaat Sachsen, Artikel 58, Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Fleischhygienegesetz, Artikel 59, Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Geflügelfleischhygienegesetz.

Wer diesen von mir vorgetragenen Artikeln zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Gegenstimmen wurde diesen Artikeln dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe Artikel 60, Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Sozialverband Sachsen, auf. Ich lasse über den Änderungsantrag der Linksfraktion, Nr. 9, abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Nr. 1 auf, Drucksache 4/10993, Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, und bitte Frau Herrmann um Einbringung.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Pellmann, Sie haben gesagt, ich hätte mich vorhin zu einem Detail der Verwaltungsreform geäußert. Das werde ich jetzt noch einmal tun. Ich gehe deshalb auf Details ein, weil daran exemplarisch deutlich wird – ich sagte es schon –, wo die Kritik anzusiedeln ist und weshalb wir der Meinung sind, dass eine Aufgabenkritik notwendig gewesen wäre, bevor wir uns der Verwaltungsreform hätten zuwenden sollen.

Es geht jetzt um das Detail – ich bin der Meinung, dass es sehr große Bedeutung hat – der Heimaufsicht. Auf Antrag der GRÜNEN-Fraktion fand im Juni eine Anhörung zur künftigen Wahrnehmung der Aufgaben der Heimaufsicht statt. Das Ergebnis der Anhörung war deutlich: Die Sachverständigen haben sich gegen die Übertragung der Heimaufsicht auf den Kommunalen Sozialverband ausgesprochen. Einzige Ausnahme war – verständlicherweise – Herr Werner, der Geschäftsführer des Kommunalen Sozialverbandes.

Wie lauteten damals die Argumente? Ich möchte zwei zentrale Punkte hervorheben, die gegen die Übertragung der Heimaufsicht auf den Kommunalen Sozialverband sprechen: Der erste lautet – kurz gefasst –: Wer das Geld gibt, kann nicht unabhängig kontrollieren. Als zweiter Punkt ist zu nennen – das möchte ich noch einmal verdeutlichen –, dass Heimgesetz und Heimaufsicht dem

Heimbewohnerschutz und damit dem Verbraucherschutz dienen. Menschen, die in Heimen wohnen, sind in besonderer Weise abhängig und schutzbedürftig. Deshalb brauchen sie eine unabhängige Instanz, die darüber wacht, dass ihre Würde gewahrt bleibt.

Über dieses Thema wurde im Sozialausschuss ausgiebig debattiert. Letztlich ist auch Herr Werner die Antwort auf die Frage, wie die genannten Mindestforderungen erfüllt werden können, wenn der Kommunale Sozialverband für die Heimaufsicht zuständig wird, schuldig geblieben. Ich wiederhole: Die Heimbewohner brauchen eine unabhängige Instanz, die im Zweifelsfall auch ordnungsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten hat.

Nach der genannten Anhörung haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der auf die Streichung des entsprechenden Passus in Artikel 60 des Sächsischen Verwaltungsneuordnungsgesetzes abzielt. Heute kann ich feststellen – ich freue mich darüber –, dass unsere Argumentation offenbar auch die Meinung bei einigen innerhalb der Koalition ändern konnte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch bei Ihnen will man mehrheitlich die Heimaufsicht bei den Landesdirektionen, wie sie nun heißen, belassen. Das ist nicht zuletzt angesichts der Skandale, die in Pflegeheimen in Dresden und im Vogtland zutage getreten sind, ganz wesentlich.

Der Änderungsantrag der Koalition bzw. das, was Ihnen heute als Beschlussempfehlung vorliegt, ist aber leider von der Sorte:„aufgeschoben und nicht aufgehoben“. Sie schieben den Übergang der Heimaufsicht an den Kommunalen Sozialverband nur hinaus, und zwar bis zum 1. Januar 2013. Auf meine wiederholte Frage im Ausschuss, wie Sie auf dieses Datum gekommen sind, konnten Sie mir nicht antworten. Ihre Haltung ist deshalb auch nicht plausibel. Entweder Sie teilen unsere Auffassung, dass die Heimaufsicht aufgrund der Interessenkollisionen, die schon in der Begründung des Referentenentwurfs deutlich angesprochen worden sind, nicht an den Kommunalen Sozialverband übertragbar ist; dann müssen Sie diesen Passus streichen. Oder Sie sind der Meinung, dass die Heimaufsicht übertragen werden kann, dann besteht eigentlich keine Notwendigkeit des Aufschiebens.

Ich möchte Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Dann haben wir heute klare Verhältnisse. Wir entscheiden uns dafür, dass die Heimaufsicht bei den Landesdirektionen verbleibt, und brauchen diese Diskussion 2013 nicht erneut zu führen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer möchte sich zu diesem Änderungsantrag äußern. Herr Abg. Dr. Pellmann, danach die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Frau Herrmann, ich gebe Ihnen gern zu, dass man anhand

von wichtigen Details eine ganze Entwicklung plastisch und überzeugend darstellen kann. Insofern habe ich keine Kritik an Ihnen geübt.

Zu Ihrem Änderungsantrag. Wir stimmen ihm zu, weil wir keine andere Meinung haben. Ich wundere mich nur darüber, weshalb heute überhaupt vorgegriffen und in das Gesetz etwas Derartiges hineingeschrieben wird. Wenn Sie von CDU und SPD der Auffassung sind, dass im Jahre 2013 – ob Sie dann noch in Gemeinsamkeit regieren, bezweifle ich allerdings – Regelungsbedarf entstehen könnte, dann sollten Sie nicht heute, im Vorgriff, eine solche Regelung in das Gesetz aufnehmen, sondern dann erarbeitet man 2012 ein anderes Gesetz.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie sprechen immer davon, dass wir den künftigen Generationen – damit meine ich auch künftige Politikergenerationen – keine unnötigen Hausaufgaben übertragen sollten. Was Sie hier machen, ist nichts anderes. Vielleicht ist es aber auch ganz gut. Es wird, wenn wir dann einmal soweit sind, einer unserer ersten Anträge sein, dieses Gesetz zu ändern.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Abg. Bandmann, bitte.

Herr Dr. Pellmann, wir kennen ja Ihre Ausfälle.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Dennoch sollten wir an dieser Stelle sachlich bleiben. Der Termin 2013 ist wegen der Pflegeversicherung gewählt worden; ich gehe jetzt auf den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein. Wir sollten nicht einer Behörde von vornherein unterstellen, sie handele nicht nach Recht und Gesetz. Aber das ist offensichtlich Ihre übliche Diffamierungspraxis; wir kennen das.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Diese Praxis gibt es seit mehr als 18 Jahren. Herr Lichdi, Sie sind zu jung, um das zu wissen.

In Bezug auf die Unabhängigkeit heißt es ausdrücklich: „Zur Wahrnehmung der Aufgabe bildet der Kommunale Sozialverband Sachsen eine eigenständige Organisationseinheit, die in fachlicher Hinsicht die Heimaufsicht unabhängig und wettbewerbsneutral wahrnimmt. Die Fach- und Rechtsaufsicht bleibt unberührt.“

Weiter wird ausgeführt: „Der Verbandsdirektor hat sicherzustellen, dass die Aufgabenwahrnehmung nicht durch Interessenkollisionen gefährdet oder beeinträchtigt wird.“

Das sind klare rechtliche Normen, die deutliche Schranken setzen.

Wenn Sie hier zum wiederholten Male versuchen, etwas anderes zu verbreiten, dann ist das nicht Gesetzeslage, sondern allenfalls Ihre persönliche Meinung. Deswegen lehnen wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

der offensichtlich mit der Intention der Linksfraktion übereinstimmt, ab.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann lasse ich über diesen jetzt abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 2 Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür wurde der Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe jetzt die Nr. 1, wie in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen wurde der Nr. 1 mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe zu Artikel 60 die Nrn. 2 bis 4, wie in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen wurde den Nrn. 2 bis 4 dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Ich lasse über Artikel 60, wie in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen, in Gänze abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dagegen wurde Artikel 60 mit Mehrheit zugestimmt.

Wenn es keinen Widerspruch gibt, würde ich die nächsten drei Artikel zusammenfassen. Es handelt sich um Artikel 61, Änderung des Heilberufezuständigkeitsgesetzes, Artikel 62, Änderung des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Diplom-Sozialarbeitern, DiplomSozialpädagogen und Diplom-Heilpädagogen im Freistaat Sachsen, und Artikel 63, Änderung des Weiterbildungsgesetzes Gesundheitsfachberufe. Wer diesen Artikeln die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dagegen wurde den Artikeln mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/10994, Einfügen eines Artikels 63a, auf. Bitte, Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt nehmen wir uns noch ein anderes Ziel Ihrer Verwaltungsreform vor, nämlich das Ziel Bürgernähe. Sie wollen mehr Bürgernähe herstellen. Ich gebe Ihnen recht: Mehr Vertrautsein mit den Problemen der Bürger vor Ort soll Entscheidungen ermöglichen, die weniger bürokratisch nach Aktenlage als vielmehr zielgenau den Bedürfnissen der Bürgerinnen bzw. Bürger entsprechend erfolgen. Aber was tun Sie? – Genau das Gegenteil. Für Menschen mit Behinderung werden im Freistaat neue Hürden errichtet. Im Zuge der Verwaltungsreform verlieren sie das im Sächsischen Integrationsgesetz festgeschriebene Recht des barrierefreien Zugangs zu bestimmten für sie wesentlichen Aufgaben,

dann nämlich, wenn die Kommunen für die Aufgaben zuständig sein werden. Das Sächsische Integrationsgesetz gilt verpflichtend nur für die Landesebene. Betroffen sind von dieser Änderung zum Beispiel Menschen, die eine Schwerbehinderung amtlich feststellen lassen oder Landesblindengeld beantragen wollen. Diese Regelung, die Sie jetzt vorhaben, ist ein Rückschritt. Sie bedeutet, dass Bescheide nicht mehr so verfasst sein müssen, dass die Betroffenen sie selbst lesen können, also zum Beispiel in Blindenschrift. Zu befürchten ist, dass auch ein Gebärdensprachdolmetscher nur dann zur Seite steht, wenn dafür Geld in der kommunalen Kasse übrig ist.

Barrierefrei bedeutet, liebe Kolleginnen und Kollegen, weit mehr als bauliche Voraussetzungen zu schaffen. Gerade das Gefühl, aufgrund einer Behinderung in der Kommunikation eingeschränkt zu werden, weil die notwendigen Voraussetzungen vor Ort nicht vorhanden oder weil sie gar nicht im Blick sind; gerade dieses Gefühl von Abhängigkeit behindert die Menschen oft mehr als das Handicap selbst.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das Sächsische Integrationsgesetz regelt deshalb für Behörden und andere öffentliche Stellen: „Ziel des Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine bestimmte Lebensführung zu ermöglichen.“

Im zweiten Abschnitt werden dann insbesondere Kommunikationsbarrieren und die sich ergebende notwendige Unterstützung thematisiert, wie Gebärdensprache, Gebärdensprachdolmetscher usw.

Ohne Kommunikation, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Bürgernähe gar nicht möglich. Ohne Kommunikation ist es den Betroffenen auch piepegal, wie weit die Behörde entfernt ist. Sie bleibt ihnen fremd.

Mit dem Wegfall des Rechtsanspruches auf den barrierefreien Zugang verlieren Betroffene wieder ein Stück ihrer Selbstständigkeit. Das nehmen die Staatsregierung und Sie als Koalition auf Betreiben der kommunalen Spitzenverbände bewusst in Kauf.