Meine Damen und Herren! Einige Vorschläge des Gesundheitschecks würde ich sogar als Eingriff mit Lebensgefahr bezeichnen. Die vorgesehene Regelung, größeren Betrieben ab 2009 trotz zugesicherter Planungssicherheit bis zu 45 % der EU-Mittel zu streichen, heißt für mich: Alarmstufe Rot! Für Sachsen bedeutet das – es ist schon zum Ausdruck gekommen – jährlich 56 Millionen Euro weniger. Das sind 56 Millionen Euro, die unseren Betrieben an Einkommen bzw. für notwendige Investitionen fehlen.
Betroffen sind 660 Unternehmen. Dort sind 60 % der Arbeitskräfte beschäftigt, werden knapp drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaftet und 80 % der Milchkühe gehalten. Diese Betriebe, Herr Weichert, haben nun wirklich keine Reichtümer angehäuft. Deshalb bitte ich darum, dass wir sorgsam und sorgfältig damit umgehen. Das betrifft nicht nur die Betriebe im konventionellen Landbau, sondern auch die Ökobetriebe. Mir ist völlig schleierhaft, Herr Weichert, dass Sie in Ihrer Presseerklärung so mir nichts dir nichts diese geplanten Maßnahmen der EU-Kommission auch auf den Ökolandbau ausgedehnt haben wollen. Um es klar zu sagen: 6 % der Betriebe sind Ökolandbaubetriebe, die mit 40 % der Fläche und einem Viertel der entsprechenden Arbeitsplätze genauso davon betroffen sind. Ich als Landwirtschaftsminister kann diese Vorschläge im Sinne des ökologischen Landbaus ebenfalls nicht gut heißen. Wir werden genauso für den ökologischen Landbau kämpfen. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dem nach gründlicher Überlegung auch einmal anschließen könnten.
Wer eine solche Regelung wirklich will, muss sich im Klaren sein, dass er damit die bisherigen Erfolge beim Aufbau der Agrarwirtschaft in den neuen Ländern gefähr
det. Eine der Stärken der sächsischen Betriebsstrukturvielfalt liegt eben genau darin, dass wir neben zahlreichen Kleinbetrieben, die zweifellos viele wichtige Funktionen im ländlichen Raum erfüllen, auch große Landwirtschaftsbetriebe haben, welche für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Landwirtschaft und die sächsische Ernährungswirtschaft von großer Bedeutung sind.
Geht es nach den Kürzungsplänen der Kommissarin, würde fast die Hälfte der anfallenden Kürzungsbeträge in der EU allein auf die Landwirtschaft in Ostdeutschland zukommen – Geld, mit dem unsere Unternehmen ihre Planung bis 2013 gemacht haben, das für dringend benötigte Investitionen oder für den Kauf der BVVG-Flächen eingeplant ist. Allein Letzteres wird schätzungsweise 200 Millionen Euro binden.
Wir haben daher alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle genutzt, um gegen diese Pläne zu intervenieren. Ich habe im Namen aller ostdeutscher Agrarminister an Frau Fischer Boel geschrieben und eine Reise Ende November nach Brüssel unter anderem dazu benutzt, um den Vertretern der Kommission die Auswirkungen eines solchen Vorschlages noch einmal deutlich zu machen.
Keine Frage, unsere Landwirte müssen sich auf eine geringere Zahlung einstellen, aber nicht vor 2013. Unsere europäische Landwirtschaft befindet sich in einem historisch einmaligen Anpassungsprozess von der Staats- zur verstärkten Marktsteuerung. Gewähren wir doch der Landwirtschaft auch das, was man der Deutschen Bahn oder der Deutschen Telekom auf dem Weg in die Marktwirtschaft zugesteht, nämlich faire Rahmenbedingungen und Planungssicherheit!
Die vorgeschlagene Erhöhung der Modulation lehnen wir aus diesem Grund ebenso ab. Wir haben unseren Entwicklungsplan für Sachsen auch in den Bereichen Umwelt, Landmanagement und ländlicher Raum bereits gut aufgestellt. Hierzu gibt es derzeit keinen Handlungsbedarf.
Handlungsbedarf gibt es hingegen bei einigen von der Kommissarin genannten neuen Herausforderungen wie Risikomanagement, Bioenergie und Wasserwirtschaft. Ich sehe es genauso wie die Kommissarin, dass zum Beispiel ein zielführendes Risikomanagement den unterschiedlichen Bedürfnissen der Regionen in Europa entsprechen muss. Spezifische Lösungen, wie sie bei der EUMarktordnung Obst und Gemüse eingeführt worden sind, finden unsere Zustimmung. Mein Haus arbeitet bereits an der Umsetzung dieses Themas.
Auch in Sachen Bioenergie muss man über die richtigen Instrumente nachdenken. Meiner Meinung nach gibt es mittlerweile bessere Steuerungselemente als die Energiepflanzenprämie, zumal 45 Euro pro Hektar ein hoher Verwaltungsaufwand im Antrags- und Kontrollverfahren gegenübersteht. Zur im sogenannten Health Check angesprochenen Verantwortung für Artenvielfalt Folgendes: Dem Erhalt der Artenvielfalt wurde bereits mit der Einführung von Agrar-, Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen im Jahre 1993 in Sachsen Rechnung getragen.
Selbstverständlich bleiben wir auch mit den Maßnahmen der neuen Förderperiode 2007 bis 2013 weiter am Ball.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft hat seit der Agrarreform von 2003 wichtige Fortschritte gemacht. Wir dürfen auf halber Strecke nicht stehen bleiben, sondern müssen den weiteren Reformprozess mit Augenmaß weiter vorantreiben. Von unüberlegten und unnötigen Notoperationen wie der Degression und der Erhöhung der Modulation sollten wir die Finger lassen. Die richtigen Mittel sind vielmehr Maßnahmen zur Stärkung der Marktausrichtung, die Vereinheitlichung des Direktzahlungssystems hin zu einer regional einheitlichen Flächenprämie, Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau sowie faire Regelungen ungeachtet der Rechts-, Erwerbs- oder Betriebsform. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Unternehmen und
Ich danke dem Sächsischen Landtag für seine bisherige Unterstützung des ländlichen Raumes und bitte alle Vertreter dieses Hohen Hauses weiter um ihre Mitwirkung bei der Umsetzung unserer Position.
Mitverschulden der Staatsregierung bei der Mehrbelastung der sächsischen Kommunen bei den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger
Der Antragsteller hat zunächst das Wort und danach die gewohnte Reihenfolge. Die Linksfraktion; Herr Abg. Dr. Hahn, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Landrat, Michael Geisler, CDU – CDU, Herr Dr. Hähle –, hat mir im Oktober einen Brief geschrieben.
In diesem Brief hat er mich gebeten, über den Landtag darauf hinzuwirken, dass durch die geplanten Kürzungen der Bundeszuschüsse für die Kosten der Unterkunft auf den Landkreis keine weiteren finanziellen Belastungen zukommen. Wir sollten – so schrieb Landrat Geisler – mit dafür Sorge tragen, dass die Staatsregierung im Bundesrat gegen die beabsichtigten Kürzungen votiert.
Ich vermute, dass auch meine Kollegen von der CDU Dr. Metz und Gregert diesen Brief des Landrates bekommen haben. Gehandelt haben nur wir, DIE LINKE.
Wir haben dazu im November einen Dringlichen Antrag in den Landtag eingebracht, um die Streichungen noch zu verhindern. Ich sage Ihnen: Das hätten wir natürlich auch ohne die Aufforderung des Landrates getan, denn wir wussten schließlich von den drohenden Mehrbelastungen für die sächsischen Kommunen in Höhe von 40 Millionen Euro. Ich frage mich: Was haben meine beiden anderen Landtagskollegen aus der Sächsischen Schweiz diesbezüglich getan?
Vor gut einem Monat wurde dieser Dringliche Antrag hier aufgerufen. Damals erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Herr Lehmann, hier im Landtag, dass auch die Koalitionsfraktionen das Problem sehen würden,
aber dennoch unseren Dringlichen Antrag nicht auf die Tagesordnung lassen, da sich der Bundesrat angeblich nur erstmals mit dem Thema befassen werde. Eine Abstimmung, so Herr Lehmann, stünde nicht an und unser Antrag könne daher problemlos im Dezember behandelt werden.
Wie wir heute wissen, Herr Lehmann, war das glatt gelogen. Der Bundesrat hat am 30. November abschließend darüber entschieden und damit die Kürzungen, die die sächsischen Kommunen in erheblicher Weise belasten werden, beschlossen. Der Stenografische Bericht der Sitzung liegt mir vor. Ein Widerstand des Freistaates Sachsen gegen die Kürzungen ist aus dem Protokoll des Bundesrates nicht ersichtlich.
Meine Damen und Herren von der Staatsregierung! Erst laut tönen, dass Sie an der Seite der Kommunen stehen und diese in ihrem Begehren nach Abwenden der Zusatzkosten unterstützen werden, und dann im Bundesrat kneifen – das ist aus meiner Sicht ebenso unehrlich wie unverantwortlich!
Ich sagen Ihnen, das Ganze kann auch nicht mit dem fragwürdigen Deal bezüglich der Bundesbeteiligung an
den Kosten für die Grundsicherung im Alter begründet werden, womit den Kommunen neues Ungemach droht. Was die vage Zusage der Bundesregierung angeht, ihren Zuschuss zur Grundsicherung im Alter vielleicht doch nicht von derzeit 20 % auf die beabsichtigten 7 % abzusenken, bleibt abzuwarten, was diese Zusage tatsächlich wert ist.
Die heutige Aktuelle Debatte ist allein schon deshalb notwendig, um der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass der Landtag durch die Koalition einmal mehr getäuscht wurde. Eine rechtzeitige Entscheidung im Parlament wurde durch die Falschaussagen von Herrn Lehmann verhindert.
Unser Dringlicher Antrag hätte zwingend im November behandelt werden müssen – wie wir es auch begründet haben –, um noch Schaden abwenden zu können. Jetzt ist der Schaden eingetreten. Einen finanziellen Ausgleich des Landes für die Kommunen zu fordern, erübrigt sich nach der Debatte von heute früh wohl leider auch.
Nicht erübrigt hat sich allerdings unsere Forderung nach einer öffentlichen Erklärung der Staatsregierung, weshalb sie die Kommunen in dieser Frage im Stich gelassen hat. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, die Sächsische Staatsregierung ist damit für die neuerlichen Zusatzbelastungen für die kommunale Seite mitverantwortlich.
Zur fachlichen Seite, zu unserer generellen Haltung zu den Kosten der Unterkunft wird mein Fraktionskollege Dr. Pellmann dann noch sprechen.
Ich wollte Ihnen die Notwendigkeit dieser Aktuellen Debatte begründen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Thema der Aktuellen Debatte ist das Mitverschulden der Staatsregierung. Die Begriffe Schuld und Mitschuld werden bei diesem Thema in einer Art und Weise strapaziert, die nicht ganz angemessen ist.
Was ist das Problem? Kollege Pellmann soll ja darauf eingehen. Kollege Hahn, ich greife vor: Wir sehen deutlich – wie andere auch – vor uns, dass der Bund an den Kosten der Unterkunft beteiligt ist. Das Ziel war eine Entlastung der Kommunen unter Berücksichtigung der sich aus dem Hartz-IV-Gesetz ergebenden Einsparung der Länder. Deshalb – es wurde damals als großer Erfolg gefeiert – haben wir ja eine Bundesbeteiligung von
31,8 % an diesen Kosten erreicht. Das war damals ein sehr gutes Ergebnis und alle waren eigentlich froh.