Protocol of the Session on November 9, 2007

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPDFraktion, Herr Abg. Delle.

Frau Präsidentin! Ich werde meine Rede zu Protokoll geben.

(Beifall bei der NPD – Zurufe von der Linksfraktion)

Seien Sie froh!

Die FDP-Fraktion, Herr Dr. Martens.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Tischendorf, in der Tat, ich gebe den Antragstellern darin recht, dass man die Mitarbeiter, die Beschäftigten mitnehmen muss und dass man das frühzeitig tun muss, wenn es darum geht, die Regelungen im Zusammenhang mit der Überleitung von Arbeitsverhältnissen infolge der Funktionalreform zu klären. Das ist bisher in Sachsen nach unserem Dafürhalten nur unzureichend geschehen. Das muss ich ganz deutlich sagen. Da geht es aber den Arbeitnehmern und den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst in Sachsen nicht anders als dem Parlament, wenn ihm erst kurz vor der Sommerpause ein Gesetzentwurf zugeleitet wird, der, wie man jetzt weiß, ganz erheblichen Nachbesserungsbedarf hat. Wenn man daran jetzt zeitlos herumdoktern möchte, dann ist das, um es neudeutsch zu formulieren, „suboptimal“.

In der Tat gibt es im Zusammenhang mit dem Personalübergang etliche Probleme. Kollege Brangs hat einige genannt. Diese Probleme müssen natürlich behandelt werden. Es gibt einige Fragen, die noch ungeklärt sind. Ich denke beispielsweise an den im Gesetzentwurf vorgesehenen Tatbestand eines Sonderkündigungsgrundes bei der Überleitung von Arbeitsverhältnissen. Da stellt sich die Frage, ob so etwas rechtlich zulässig ist. Das ist inzwischen geklärt.

Aber eine zweite Frage habe ich mir auch vorgenommen: Warum muss das jetzt außerdem noch in einem Sondertarifvertrag geklärt werden und nicht in einem Gesetz? Bei dem Kostenvolumen, das im Zusammenhang mit dem Personalübergang bewegt wird, würde ich es für angemessen halten, dies dem Gesetzgeber vorzulegen und nicht in einem Tarifvertrag nebenher zu regeln, sosehr ich die entsprechenden Wünsche auch verstehen kann. Aber diese Verwaltungsreform muss der Landtag verantworten. Deswegen sind die wichtigen Dinge vom Landtag im Gesetz zu regeln und nicht in einem Tarifvertrag.

Was den Inhalt des Tarifvertrages angeht, so muss ich Ihnen, Herr Tischendorf, sagen: Das ist so etwas wie die Sendung „Wünsch Dir was!“ gewesen. Zehn Jahre Kündigungsschutz – das kann man ja einmal versuchen. Was mich erstaunt hat, ist die Unverfrorenheit, diesen Vorschlag, nachdem er schon drei Mal abgelehnt wurde, nochmals zu präsentieren. Zehn Jahre Kündigungsschutz? Da können Sie den Entwurf bleiben lassen! Ich habe den Verdacht, dass genau das damit auch erreicht werden sollte.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Zehn Jahre Kündigungsschutz für alle, toll! Wo hat es das überhaupt schon einmal gegeben?

(Zuruf: In Baden-Württemberg 15 Jahre!)

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Vor zehn Jahren!)

Vor zehn Jahren? In Baden-Württemberg? Für welche Gruppen?

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Vor 15 Jahren?

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Vor zehn Jahren!)

Bitte ans Mikrofon treten und Zwischenfragen stellen!

Zehn Jahre Kündigungsschutz – da wünsche ich Ihnen wirklich viel Vergnügen. Wenn Sie meinen, dass Sie das bei allen Beschäftigten der sächsischen Verwaltung durchbekommen, so glaubt Ihnen kein Mensch, dass die Landkreise die damit verbundenen Kosten stemmen könnten.

Außerdem muss ich fragen: Warum diese Privilegierung der von der Verwaltungsreform Betroffenen gegenüber allen anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst? Diese Privilegierung ist für mich nicht nachvollziehbar. Welcher Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft hat einen Kündigungsschutz von zehn Jahren aus Anlass von betrieblichen Veränderungen? Das zeigt, dass Sie mit Ihren Vorstellungen und mit Ihrem Wunsch nach diesem Tarifvertrag in einer völlig anderen Welt leben. Sie haben Vorstellungen, die mit dem wirklichen Leben relativ wenig zu tun haben.

Deswegen werden jedenfalls wir diesem Antrag mit Sicherheit nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Weichert.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht wundert Sie das, aber ich mache mir große Sorgen um die Stärke und die Kraft der Gewerkschaften in Sachsen. Warum? Der Antrag der Linksfraktion erweckt den Eindruck, die Gewerkschaft ver.di benötige dringend die Hilfe und Unterstützung der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, um gewerkschaftliche Positionen zu formulieren und durchzusetzen. Das wäre ein Armutszeugnis für die Organisation der Arbeitnehmer hier im Freistaat.

Aber, meine Damen und Herren, so weit ist es zum Glück noch nicht. Selbstverständlich braucht eine so umfassende Reform, die tief in die Rechte der Beamten und Angestellten eingreift, die Begleitung durch die Interessenvertretung, und zwar durch die Gewerkschaften.

Mit dieser Reform kommt es bei den Bediensteten zu einem Zweiklassenrecht. Abgeleitet aus ihrem besonderen Status hätten die Beamten die geringsten Rechte, gegen eine Versetzung an einen anderen Dienstort zu protestieren. Da bei dieser Reform die Beamten aber den Dienstherrn wechseln müssen – von der Landes- in die Kreis- oder Kommunalverwaltung –, sind ausgerechnet die

Beamten bei der Funktionsreform geschützt. Ihr besonderes Treueverhältnis bezieht sich juristisch nur auf den Dienstherrn, nicht auf die öffentliche Hand im Allgemeinen. So kommt es zur Umkehrung der Verhältnisse: Für die Beamten gibt es volle Wahlfreiheit, für die Angestellten gibt es Druck – eine Kuriosität des öffentlichen Dienstrechts.

Allerdings, meine Damen und Herren, habe ich bisher nicht den Eindruck gewonnen, dass die Vertreter von ver.di ihrem Gegenüber, nämlich der Staatsregierung, ausgeliefert sind. Die Stellungnahmen der Gewerkschafter zur Verwaltungsreform haben mir im Gegenteil gezeigt, dass diese Damen und Herren sehr genau wissen, wovon sie sprechen und was sie erreichen wollen. Dass die Staatsregierung eine andere Position vertritt und daher auch eine andere Taktik verfolgt, liegt in der Natur der Sache. Ich wüsste aber nicht, warum wir uns als Landtag zum gegenwärtigen Zeitpunkt in die Tarifautonomie einmischen sollten. Dazu sehe ich keinen Grund außer den, sich parteipolitisch profilieren zu müssen. So werte ich die Initiative der Linksfraktion.

Meine Damen und Herren, gegen Verhandlungen zwischen Staatsregierung und Gewerkschaften zu diesem Zeitpunkt kann man nicht sein. Daher kann man diese Initiative nicht ablehnen. Folglich werden wir uns bei diesem Antrag enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Herr Minister Tillich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Tischendorf, gestatten Sie mir eine Bemerkung vorweg: Sie haben im Zusammenhang mit dem Koalitionsvertrag von dem Märchenbuch der Staatsregierung gesprochen. Lassen Sie mich Ihnen erläutern, dass der Koalitionsvertrag kein Werk der Staatsregierung ist, sondern Koalitionsverträge werden zwischen Parteien verhandelt und letztlich auch geschlossen.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Und wer muss es dann umsetzen?)

Zu Herrn Martens möchte ich nur Folgendes sagen: Ich hatte das Gefühl, dass Herr Martens es am Anfang schwer hatte, die Oppositionsrolle zu spielen, sie aber am Ende insofern gespielt hat, als er der Staatsregierung in ihrem Verhalten beim Umgang mit diesem Gesetz letztlich recht gegeben hat. Denn der Antrag der Linksfraktion zielt darauf ab – da haben Sie recht, Herr Martens –, sofortige Verhandlungen für einen Tarifvertrag zur Verwaltungs- und Funktionalreform aufzunehmen. Ein solcher Tarifvertrag ist aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Erstens. Der Personalübergang soll gesetzlich geregelt werden. Dem Landtag liegt ja der Gesetzentwurf vor. Die Bestimmungen zum Personalübergang sind im Artikel 2 des Gesetzes zur Neuordnung der sächsischen Verwaltung

enthalten. Im Vorfeld wurde eine Arbeitsgruppe Personalübergang mit Vertretern aller betroffenen Ressorts der Staatsregierung und der kommunalen Spitzenverbände eingerichtet. Es ist richtig, wenn Herr Brangs darauf hingewiesen hat, dass es hierzu sowohl zwischen den Koalitionsfraktionen als auch in der Staatsregierung Diskussionen gegeben hat.

Anders als Sie, Herr Brangs, war ich in den Sitzungen des Lenkungsausschusses nicht dabei. Aber ich weiß, dass zumindest der Lenkungsausschuss ein Einvernehmen erzielt hat, dieses auf dem Gesetzeswege zu regeln. Deswegen wurde dann in dieser Arbeitsgruppe auch mit großer Mehrheit beschlossen, den Personalübergang per Gesetz zu regeln und von einem Überleitungstarifvertrag abzusehen. Ausschlaggebend dafür waren Gründe der Rechtssicherheit und Klarheit für den Personalübergang, auch im Sinne der Beschäftigten. Die Vertreter der Gewerkschaften und Verbände wurden einbezogen, ihre sachlichen Forderungen wurden so weit wie möglich berücksichtigt.

Zweitens. Die gesetzliche Regelung ist unserer Auffassung nach umfassend, abschließend und vor allem auch sozial ausgewogen. Darauf haben sowohl Herr Pietzsch als auch Herr Brangs hingewiesen. Ich will es trotzdem noch einmal betonen. Natürlich gibt es den Kündigungsschutz. Betriebsbedingte Kündigungen sind für die übergehenden Arbeitnehmer und Auszubildenden für die Dauer von drei Jahren ausgeschlossen. Manche haben mehr gefordert – das ist korrekt –, manche haben aber auch weniger gefordert. Da galt es, letztendlich eine Übereinkunft zu erzielen, und ich denke, dass wir einen akzeptablen Ausgleich geschaffen haben.

Beim Personalübergang gilt ein Schlechterstellungsverbot für die übergehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausgleich schafft eine Besitzstandszulage. Zum Augenblick des Übergangs Mitte 2008 wird der Besitzstand gewahrt. Somit gibt es eine Einkommens- und Beschäftigungssicherung und keine Einbuße, wie es der Antrag der Linksfraktion nennt bzw. beschreibt.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Was? Es gibt keine Einbußen? Das klingt gut!)

Sie haben eine Einkommens- und Beschäftigungssicherung gefordert und diese gibt es.

Bei der Personalauswahl und -verteilung werden Sozialkriterien zugrunde gelegt, die auch mit den betroffenen Hauptpersonalräten abgestimmt sind. Bei unvermeidbarem Arbeitsortwechsel, Herr Tischendorf, greifen die vorhandenen Regelungen zur Umzugskostenvergütung und zum Trennungsgeld. Der Freistaat übernimmt somit die durch einen Wechsel des Dienst- oder Wohnortes entstehenden finanziellen Aufwendungen

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Nur bei einem Wechsel!)

und wird seiner Fürsorgepflicht gegenüber den betroffenen Beschäftigten gerecht.

Ein Tarifvertrag im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen ist rechtlich nicht erforderlich. Dementsprechend haben auch einige andere Bundesländer in vergleichbaren Fällen darauf verzichtet, wie es Ihnen auch der Freistaat Sachsen in seiner Übereinkunft und letztendlich in diesem Gesetzesvorschlag vorgelegt hat.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Schlusswort hat die Linksfraktion; Herr Tischendorf, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schon etwas lustig, dass mir ein Staatsminister erklärt, er wisse nicht, wozu ein Koalitionsvertrag da sei.