Die Landeshauptstadt hat im letzten Jahr durch den mutigen Komplettverkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft ihren Haushalt auf einen Schlag in Ordnung gebracht und ist jetzt im Besitz ganz neuer finanzieller Möglichkeiten. Die Diskussion, die Sie übrigens gerade in Dresden sehen, ist genau die Diskussion um diese neuen finanzpolitischen Spielräume. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht jedem Wunsch, der von denen, die übrigens dem WOBA-Verkauf damals nicht zugestimmt haben, geäußert wird, nachgeben, meine Damen und Herren.
Dresden hat genau das getan, was andere in Sonntagsreden über kommunale Selbstverwaltung immer fordern: Die Stadt hat eine selbstbewusste Entscheidung in eigener Verantwortung getroffen und bereits ein Nettoneuverschuldungsverbot in ihrer Hauptsatzung verankert und ist damit der Landespolitik hier in Sachsen wieder einmal ein Stück voraus.
Auch wenn unser Ministerpräsident – ich glaube, im Halbjahresrhythmus – Ähnliches immer wieder für die Sächsische Verfassung fordert – passiert ist auf Landesebene nach wie vor nichts, und ich sage Ihnen ganz offen: Dresden ist das beste Beispiel dafür, dass wir den Kommunen in Sachsen gerade in finanzpolitischen Fragen ruhig mehr zutrauen können, meine Damen und Herren.
Es gibt noch ein zweites gutes Beispiel. Die Stadt Plauen hat sich – unabhängig von den ministeriellen Amtsstuben in Dresden – getraut, ganz eigene Gedanken über eine Verwaltungsreform zu entwickeln. Aber anstatt sich über die unkonventionellen Gedanken, die man sich im Vogtland gemacht hat, zu freuen, legt die Staatsregierung der Stadt nun Wackersteine oder gar Felsbrocken in den Weg; denn zum Dank für frische Ideen in der Finanzpolitik will man der Stadt nun die Kreisfreiheit rauben, und das, meine Damen und Herren, ist wirklich absolut inakzeptabel.
Was hat die Stadt Plauen getan? Sie hat gemeinsam mit dem Vogtlandkreis die Aufgaben auf Stadt- und Landkreisebene analysiert und herausgearbeitet, wo Schnittstellen bestehen. Man hat das sogenannte vogtländische Modell erarbeitet. Dieses Modell ordnet Aufgaben dort an, wo sie am besten ausgeführt werden können: Mal tut es der Landkreis für die Stadt, mal tut es die Stadt für den Kreis. Niemals werden Aufgaben doppelt erledigt. So spart man Kosten, so schafft man eine übersichtliche Verwaltung. Vorbildlicher kann es eine Stadt nicht machen. Das sollte der Freistaat unterstützen.
Aber anstatt diese Lösung zu unterstützen, rasiert die Staatsregierung mit ihrer Kreisgebietsreform nun die Eigenverantwortung und die Eigenständigkeit von Plauen ab. Ich verstehe ja, dass Sie von der Staatsregierung ein Stück weit neidisch sind: Gerade die Stadt Plauen erfüllt längst die finanzpolitischen Vorgaben der Kreisgebiets- und der Verwaltungsreform. Die Stadt ist bereits dort angekommen, wo Sie im Land erst noch hinwollen.
Dass dafür CDU und SPD die Stadt mit dem Verlust der Kreisfreiheit bestrafen, meine Damen und Herren, halte ich für ziemlich billig. – So viel zum Thema „CDU, SPD und die Stärkung unserer Kommunen“.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Sie merken es schon den einzelnen Redebeiträgen an, dass sich wirklich auch bei bestem Bemühen nicht erschließt, warum diese Debatte aktuell sein soll.
Sie ist natürlich für jemanden interessant, der sich für die Finanzlage der Kommunen in Sachsen interessiert, das ist keine Frage. Insofern darf man die Debatte auch führen, weil es ein ernster Gegenstand ist. Aber aktuell ist sie mitnichten. Dies sei jedoch dahingestellt.
Wenn man den Gemeindefinanzbericht des Städte- und Gemeindetages nicht hätte, dann wüsste dieses Parlament im Prinzip eigentlich nichts über die kommunale Lage und die Finanzen der Kommunen. Das ist eine unbefriedigende Informationslage, und eigentlich ist der Landtag zum Beispiel auch dafür zuständig, den kommunalen Finanzausgleich zu beschließen. Insofern wäre hier also eine sehr hohe Informationsdichte anzuraten.
Wenn man einmal über die Landesgrenzen blickt – wir hatten bereits vor zwei Tagen die Debatte über den Stabilisierungsfonds in Rheinland-Pfalz und was man da vielleicht machen könnte –, so gibt es in MecklenburgVorpommern eine öffentliche Internetplattform, die „RUBIKON“ heißt. Auf dieser ist die finanzielle Situation aller Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch jeder einzelnen Kommune im Überblick zusammengefasst. Die Haushaltsdaten aller Kommunen werden nach 17 Haushaltskriterien bewertet und klassifiziert, und – das hat vielleicht der eine oder andere nicht erwartet – immerhin 75 % der Kommunen in MecklenburgVorpommern haben nach diesem Katalog eine gesicherte Leistungsfähigkeit. Das ist ermutigend. Dann gibt es einige Abstufungen. Das Schlusslicht bilden immerhin 11 % der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, die eine wegfallende dauernde Leistungsfähigkeit haben. Daraus kann man dann Schlussfolgerungen demografischer Natur usw. ziehen.
So etwas wäre eine super Grundlage für Aktuelle Debatten wie die heutige und für die detailreichen und komplizierten Beratungen zum kommunalen Finanzausgleich.
Wir haben eine Kleine Anfrage erarbeitet, da wir nicht genau wissen, ob so etwas in der Sächsischen Staatsregierung existiert oder nicht. Wir hätten es gern genau gewusst. Vielleicht kann der Finanzminister noch in die Debatte eingreifen und etwas dazu sagen; denn solche Planungsinstrumente gehören heutzutage einfach dazu. Wenn zum Beispiel bei der Sachsen LB nun eben doch ein schlechteres Ergebnis herauskommt, als man guten Willens gehofft hat, dann kann dies durchaus für die eine oder andere Kommune ein bedeutendes Haushaltsrisiko darstellen.
Damit bin ich wieder bei der Informationslage. Die Staatsregierung sitzt auf den Informationen zur Sachsen LB wie die Glucke auf den Eiern. Kämmerer können keine vernünftige Risikovorsorge leisten, und die Wertberichtigungen der Sparkassen sind auch nicht klar. Vor diesem Hintergrund bin ich schon einigermaßen erstaunt; denn Sie als Finanzminister haben die Rechtsaufsicht über die Sparkassen, und wir als Parlament haben – zumindest theoretisch – die Kontrolle über den Finanzminister. Das ist zumindest in anderen Bundesländern so geregelt; aber hier im Sächsischen Landtag wird das eben nicht so ernsthaft betrieben. Ich würde Sie schon gern etwas strenger kontrollieren, Herr Tillich, aber dabei müssten noch einige Kollegen mehr mitmachen.
Die Verwaltungsreform spielt in dieser Debatte natürlich auch eine Rolle. Sie ist finanziell für die Kommunen im nächsten Jahr relevant; das können Sie nicht vom Tisch wischen, Herr Pecher. Immerhin wollen Sie von der Koalition den Kommunen 60 Millionen Euro kommunale
Einsparungen aufzwingen. Sie nennen das „Effizienzrendite der Verwaltungsreform“. Im Prinzip tun Sie aber Folgendes: Sie geben Aufgaben, die Sie als Staatsregierung selbst für round about 200 Millionen Euro erledigt haben, künftig an die Kommunen, die dies aber nur für 140 Millionen Euro erledigen dürfen, und die 60 Millionen Euro sind dann die Effizienzrendite. – Ganz großes Kino, kann ich dazu nur sagen.
Die anderen diese Einsparleistung beibringen zu lassen finde ich schon gewagt; und wenn Sie sich mit den Bürgermeistern und Landräten, egal, welcher Partei sie angehören, unterhalten, dann sagen Ihnen diese: Das wird nichts, die 30 % sind eine Luftbuchung. – Das ist der Stand der Diskussionen im Lande. Die derzeitige finanzielle Situation der Kommunen ist im Verhältnis zu einer Reihe von Benchmarks, die wir in anderen finanzschwachen Flächenländern im Westen haben, oder vielleicht auch zu früheren Situationen in Sachsen relativ gut, aber es gibt eben solche Haushaltsrisiken, wie ich sie gerade angedeutet habe, zum Beispiel die Frage der Landesbank. Herr Weckesser, vielleicht ist ja deswegen die Steuerschätzung nicht eingeflossen, damit man noch eine kleine Sparbüchse hat, falls es ganz schiefgeht.
Die Effizienzrendite der Verwaltungsreform ist, wie gerade ausgeführt, offensichtlich eine Luftbuchung.
Dann haben wir noch die Frage Hartz IV und die Kosten für Unterkunft, die ebenfalls relevant sind. Ich nehme an, dass die Staatsregierung in Berlin in dieser Frage mal richtig auf den Putz haut. Außerdem haben wir noch – völlig planmäßig – das Abschmelzen der Zuschüsse, die wir über den Solidarpakt II und den Länderfinanzausgleich von außen bekommen. Der Stabilisierungsfonds, von dem wir gesprochen haben, wird frühestens 2009 in Kraft treten, und wir wissen noch nicht, wie die Einnahmesituation in 2009 ist – ein riskantes Manöver. Ich hätte lieber das Geld, das wir jetzt schon haben, zurückgelegt.
Was die Frage der Unternehmensteuerreform und deren Auswirkungen von 2008 bis 2010 betrifft: Dabei rechnen die kommunalen Spitzenverbände mit Mindereinnahmen für die Kommunen von bundesweit circa 38 Millionen Euro. Das heißt, auch für Sachsen gibt es dabei eine Verschlechterung der Lage. – Das ist der Stand der Dinge. Aktuell ist er nicht, aber wichtig.
Es ist ein Dauerbrenner. Das ist das, was die Leute wirklich interessiert. Im Unterschied zu vielem, was wir hier manchmal stunden- und tagelang diskutieren und was vor allem die kleineren Fraktionen mit ihren Anträgen auf die Tagesordnung setzen, ist das wirklich eine Sache, die nicht nur die Bürgermeister, die Landräte und die gewählten Vertreter in den kommunalen Parlamenten bewegt, sondern auch die Lebensverhältnisse der Menschen beeinflusst.
Wir haben ein sehr differenziertes Bild aufgemacht. Kollege Weckesser hat das ja auch anerkannt, soweit er das konnte und durfte. Die Steuereinnahmen haben sicherlich neue Spielräume eröffnet, und zwar auf zweierlei Ebenen. Sowohl die Gewerbesteuer- als auch andere Steuereinnahmen haben sich erhöht. Aber der Anteil ist natürlich niedrig; denn, meine Damen und Herren, die ostdeutschen Kommunen – und Sachsen ist ein neues Bundesland – haben eine geringe Steuerkraft und sind auf Transfers angewiesen. Umso wichtiger ist es, dass wir sie an dem beteiligen, was wir zusätzlich in die Landeskasse bekommen. Da ist es gut, dass wir unser FAG und den Gleichmäßigkeitsgrundsatz haben. Das haben auch alle anerkannt. Es war richtig, dass wir das Geld, das den Kommunen zusteht, nicht erst im nächsten Jahr, sondern in diesem Jahr gegeben haben. Das hilft wirtschaften, meine Damen und Herren.
Uns bewegt natürlich auch, wie es weitergeht. Die Kommunen und der Freistaat sind auf Transfers angewiesen. Damit beschäftigen wir uns ja in der Föderalismuskommission II. Wir kämpfen an allen Fronten. Wir kämpfen darum, dass zumindest die Mittel, die im Solidarpakt bis 2019 festgeschrieben sind, so kommen, wie wir es uns erhoffen. Wir haben das im Grundsatzprogramm der CDU festgeschrieben. Ich kann die FDP und die GRÜNEN in diesem Haus nur auffordern, sich genauso für den Solidarpakt einzusetzen wie wir hier in der CDU.
Das Nächste ist, dass wir nicht am Länderfinanzausgleich rühren lassen dürfen. Alle Diskussionen, die jetzt laufend über Entschuldungsformen und andere Mechanismen, über Steuerzuschläge und – bei der FDP, Herr Kollege Zastrow – auch über Steuerabschläge geführt werden, gehen auf unsere Kosten. Deshalb müssen wir auch dafür sorgen, dass in der Föderalismuskommission II die Interessen der neuen Länder und besonders Sachsens gewahrt werden.
Meine Damen und Herren, die Kollegin von der SPD und ich, wir haben überhaupt nicht um die Risiken herumgeredet, die auf uns zukommen. Natürlich ist es ein aktuelles Problem, das da mit den Kosten der Unterkunft auf uns zukommt. Wir alle haben die entsprechenden Briefe von Bürgermeistern und Landräten bekommen. Wenn im nächsten Jahr die Bundesbeteiligung in Sachsen von 31,2 auf 28,6 % absinkt, bedeutet das einen Einnahmeaus
fall von 25 Millionen Euro für unsere Kommunen und für unsere Landkreise allein von 14 Millionen Euro. Das bedeutet, dass der Überschuss, den die Landkreise in diesem Jahr erwirtschaften, halbiert wird. Das müssen wir einfach im Blick haben. Darum haben wir überhaupt nicht herumgeredet.
Das Gleiche betrifft die Entwicklung der Grundsicherung. Sie hat sich seit 2003 verdoppelt. Die weitere Entwicklung lässt sich noch gar nicht absehen. Das alles müssen wir im Blick haben; denn wir wollen ja, dass die Kommunen weiter nachhaltig wirtschaften, was sie auch tun. Die Kommunen betreiben eine vernünftige Anpassung ihres Personalbestandes. Sie tilgen Schulden und machen wirklich eine nachhaltige Haushaltspolitik.
Das geschieht übrigens nicht nur in Dresden, Kollege Zastrow. In den kleinen kreisangehörigen Gemeinden wird oftmals eine viel, viel bessere Finanzpolitik gemacht als in den großen Wachstumspolen. Das sind nämlich oftmals auch in ganz bestimmten Kostenbereichen Wachstumspole.
Meine Damen und Herren, wir müssen die Kommunen in ihren Bemühungen unterstützen. Wenn wir auf Landesebene von Nullverschuldung und von Tilgung sprechen, dann muss das für unsere kommunalen Partner ganz genauso gelten. Auch dort will man im Interesse der nachwachsenden Generation von der Schuldenlast herunterkommen.
Vielleicht müssen wir auch diesen oder jenen kleinen bürokratischen Stau beseitigen, den wir selbst verursacht haben. Das betrifft beispielsweise den Schulausbau. Wir haben dort Anträge in Höhe von etwa 400 Millionen Euro auf Halde. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, Herr Kultusminister, wenn wir nicht über eine vernünftige Anpassung von Förderrichtlinien diesen Förderungsstau auflösen würden.
Manchmal können wir auf unserer Ebene den Kommunen auch helfen, wenn wir da und dort Bürokratie flexibilisieren und vielleicht neue Wege finden, um Mittel vernünftig einzusetzen. Dabei sitzen Land und Kommunen in einem Boot. So sollte es auch bleiben.