Protocol of the Session on November 9, 2007

Dr. Rößler hat bereits einige Rahmenbedingungen und Daten genannt. Wer sich den Gemeindefinanzbericht von Sachsen 2006/2007 verdeutlicht und dort hineingeschaut hat, sieht, dass die Kommunalfinanzen durchaus sehr differenziert wiedergegeben werden.

Vielleicht noch einmal einige Aspekte dazu: Richtig ist, dass sich die grundsätzliche finanzielle Situation der sächsischen Kommunen seit 2004 positiv entwickelt hat. Gleichzeitig wird in diesem Artikel zu Recht klargestellt, dass aus diesem positiven Finanzierungssaldo nicht prinzipiell abgeleitet werden kann, dass sich die Finanzsituation nachhaltig verbessert hat.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Richtig!)

Vielleicht dazu noch einmal ein paar andere Beispiele: Durch den Verkauf der WOBA in Dresden wurde der bis 2005 sehr negative Trend der kreisfreien Städte im Finanzierungssaldo gestoppt, und es entstand ein positiver Saldo. Allerdings ging dieser Effekt neben dieser Einmaligkeit auch zulasten des städtischen Vermögens und hat leider, wie wir in den letzten Tagen der Presse entnehmen mussten, nicht dazu geführt, dass es die Stadt geschafft hat, grundsätzlich ihren Haushalt zu konsolidieren.

Gleichzeitig muss mit in Betracht gezogen werden, dass Finanzerhöhungen in den kreisfreien Städten gerade in den letzten zwei, drei Jahren auch durch die Erhöhung der Hebesätze erfolgt sind.

Ein anderes Beispiel: Die kreisangehörigen Gemeinden verzeichneten ab 2004 einen stetig ansteigenden Finanzierungssaldo im Gegensatz zu dem, was die Landkreise aufzuweisen hatten. Darauf ist Kollege Rößler bereits eingegangen. Dies ist im Durchschnitt zwar richtig, im Einzelfall aber wieder nicht. So sind es in einem Landkreis nur zwei Gemeinden gewesen, die einen erheblichen Zuwachs, und zwar von einmal 2 Millionen und einmal 9 Millionen Euro, hatten. Andere Gemeinden erreichten gerade einmal eine schwarze Null und wieder andere waren noch knapp darunter.

Grundsätzlich bleibt also festzuhalten, dass die Einnahmeseite der Kommunen bis auf wenige Ausnahmen dringend auf die Gelder aus dem Finanzausgleich angewiesen ist und dies für die zukünftigen Jahre auch bleiben wird. Für die Beurteilung der Finanzsituation bleibt die damalige Einschätzung zur Switchklausel weiterhin relevant. Das heißt, der Steuerkraftzuwachs bei den Kommunen konzentriert sich auf nur ganz wenige Beispiele. Das lässt sich an den Zahlen im Finanzvergleich insgesamt nachweisen. Das heißt, das Problem differenzierter Behandlung der Kommunen sollte man vielleicht einmal aufgreifen.

Zur Ausgabenseite. Auch hier ist einiges benannt worden: die unterschiedliche Handhabung der Organisation bei der Vermittlung von Arbeitslosen – auch hier verzeichnen wir unterschiedliche Finanzierungsmodelle –; die Absenkung der KdU oder Grundsicherung für Ältere, die angekündigt ist; die steigenden Kosten in anderen Bereichen. Gerade da sind wir im Land wieder in der Verpflichtung, gegenüber dem Bund deutlich zu machen, dass wir für das, was der Bund mit KdU und Ähnlichem weiterleitet, ein Garant für die Kommunen sind, dass so viel Geld wie möglich weitergeleitet wird.

Ein letzter Punkt, den ich aufgreifen muss und den ich immer wieder betonen möchte: die Evaluierung des FAG. Dieser Punkt ist auf die Agenda 2008 zu setzen, damit wir die Chance haben, tatsächlich inhaltlich zu gestalten und den Kommunen für die zukünftigen Jahre eine sichere Basis zu geben. Nicht unerheblich oder – besser gesagt – nicht unbeachtet sollte bleiben, dass wir für bestimmte Jahre, in denen es sicherlich wieder kon…, konju…, Entschuldigung –

Konjunkturell.

– Schwankungen in der Konjunktur gibt – da muss man es eben so herum machen, wenn man stolpert –, ein Vorsorgemodell einrichten; das ist bereits in der Diskussion gewesen, um die Chance zu haben, in mageren Jahren aus diesem für die Kommunen wieder Gelder zur Verfügung zu stellen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Ich erteile der Linksfraktion das Wort. Herr Weckesser, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was den kargen Titel dieser Debatte betrifft, haben sich unsere Ahnungen vollauf bestätigt, besser gesagt, wurden sie durch die beiden Einreicher bestätigt. Sie haben einerseits die Selbstlobleier gedreht.

(Dr. Matthias Rößler, CDU: Ach nein!)

Andererseits haben Sie schon ein differenziertes Bild gezeichnet; das will ich hier anerkennen. Ich möchte aber auf einen anderen Aspekt eingehen, sozusagen ein wenig auf das Globale, und eine andere Logik dagegensetzen.

Erstens. Wir schreiben heute Freitag, den 9. November. Am vergangenen Dienstag, dem 6. November, hatte das Kabinett die nächste mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2007 bis 2011 verabschiedet. Das ist einerseits lobenswert zeitig, andererseits ist es aber auch bemerkenswert zeitig; denn es gibt keinen Zeitdruck und gesetzlich ist die Staatsregierung erst zum 31. Dezember 2007 verpflichtet, eine solche mittelfristige Finanzplanung vorzulegen.

Ich sage das deshalb, weil der Arbeitskreis Steuerschätzung die neue Steuerschätzung einen Tag später vorgelegt hat. Die dazugehörige regionalisierte Steuerschätzung für Sachsen wird – konnte ich einer Presseerklärung des Finanzministers entnehmen – in circa einer Woche vorgelegt werden. Was hätte also dagegen gesprochen, diese Zahlen noch abzuwarten und einzubeziehen? Einen Handlungsdruck, das heute zu tun, sehe ich an keiner Stelle.

Diese mittelfristige Finanzplanung wird immerhin die Planungsgrundlage des nächsten Doppelhaushaltes sein. Man hätte also noch warten können. 14 Tage oder vier Wochen später wäre das immer noch zeitig genug gewesen.

Zweitens. Wie wir mittlerweile wissen, gibt es tatsächlich mehr Geld, wenn auch nicht viel. Doch immerhin, im laufenden Jahr könnten es vielleicht 200 Millionen Euro für Sachsen werden. Das entspräche einem halben Prozent unseres Haushaltsvolumens. Aus der ungleichmäßigen Verteilung auf Land und Kommunen würde entsprechend dem Regelungsmechanismus des FAG wiederum ein neuer Abrechnungsbetrag zugunsten der Kommunen zustande kommen. Somit ist das eigentlich kein Thema für eine Aktuelle Debatte. Der Rest dieses Geldes bleibt

aber auf jeden Fall beim Land, und zwar jetzt schon. – Ich komme darauf zurück.

Wie bereits erwähnt, ist es nicht sehr viel, aber Kleinvieh macht auch Mist.

Drittens. Für das Jahr 2008 gibt es voraussichtlich kein erhöhtes Aufkommen, sodass wir darüber nicht zu sprechen brauchen. Es hat also auch keine Auswirkungen auf die Kommunen.

Wenn man in den Gemeindefinanzbericht schaut – Kollege Scheel wird das noch etwas vertiefen –, kann man feststellen, dass wir bei den Gesamtzuweisungen des Landes im Länderdurchschnitt und unter den ostdeutschen Ländern am Ende liegen. Der Anteil der allgemeinen Schlüsselzuweisungen innerhalb dieser Säule ist dagegen der höchste überhaupt. Das ist zwar erfreulich, aber die Summe selbst bleibt die niedrigste. Beides erfolgte mit Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände. Diese wissen selbstverständlich die Vorteile eines geregelten Verfahrens zu schätzen, den höheren verfügbaren Anteil ebenfalls.

Viertens. Die derzeit gültigen Zahlen resultieren aus dem Doppelhaushalt 2007/2008. Sie wurden vor einem Jahr auf der Grundlage der Annahmen von 2006 beschlossen. Vorgestern, also am 7. November 2007, haben wir hier erfreulicherweise eine Nachbesserung des FAG für die Jahre 2007/2008 beschlossen. Es wurden 176 Millionen Euro draufgelegt. Darauf wurde bereits eingegangen. Das ist aber weniger, als die Kommunen für erforderlich halten, denn es besteht eigentlich ein Rechtsanspruch der Kommunen auf dieses Geld. Darauf wurde ebenfalls bereits hingewiesen.

Ich möchte es auf den Punkt bringen. Es erfolgt anschaulich – das ist in Sachsen üblich – eine zeitliche Verschiebung des Geldes der Kommunen auf der Zeitachse. Das ist zwar legitim, aber nur im Rahmen der Gesetzlichkeit, wie sie hier herrscht. Im Kern verschafft sich damit die Staatsregierung immer wieder einen strategischen Puffer, mit dem sie die Verstetigung absichert, um sich anschließend für ihre Finanzpolitik feiern zu lassen, wie auch heute wieder.

Abschließend kann ich es mir einfach nicht verkneifen, auf Folgendes hinzuweisen: Kurz vor Ende der vergangenen Wahlperiode hatten wir ebenfalls eine Aktuelle Debatte zur kommunalen Finanzausstattung, damals unter dem markigen Titel „Die sächsischen Kommunen im Würgegriff der Staatsregierung“, nicht von der Linksfraktion beantragt – damals noch PDS –, sondern von der sächsischen SPD.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Delle, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition möchte heute

über die Finanzausstattung der sächsischen Kommunen sprechen. Dies kann man natürlich gern tun, doch hätte es zweifelsohne einen besseren Zeitpunkt dafür gegeben. Es hätte sogar einen besonders guten Zeitpunkt dafür gegeben, und zwar vor fast einem Jahr.

Im Dezember letzten Jahres, als es um das Kommunale Finanzausgleichsgesetz ging und der Doppelhaushalt verabschiedet wurde, wäre die Gelegenheit gewesen, über die Finanzausstattung der sächsischen Kommunen nicht nur zu sprechen, sondern auch etwas dafür zu tun.

In diesem Zusammenhang möchte ich es Ihnen nicht ersparen, wenn wir schon darüber sprechen, Sie an die drei Änderungsanträge der NPD zum Einzelplan 15 und an unseren Änderungsantrag zum FAG zu erinnern. Diese Anträge hätten eine echte Verbesserung der kommunalen Finanzen zur Folge gehabt. Sie alle, meine Damen und Herren, haben diese Anträge aber abgelehnt.

Jetzt zur Sache und zu meinen Vorrednern von der Koalition. Es hat mich nicht verwundert, dass Sie diese Aktuelle Stunde dazu nutzen, eine ungerechtfertigte Laudatio auf die Regierungspolitik vorzutragen und ein Bild zu zeichnen, als würde sich in Sachsens Kommunen ein überragender „Juliusturm“ aufrichten. Es ist doch aber vielmehr so, dass seitens des Freistaates politischer Handlungsbedarf besteht, um zur Entspannung einer nach wie vor finanziell angespannten Lage der Kommunen beizutragen.

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass die Mehrzahl der Mitglieder in diesem Haus den sächsischen Gemeindefinanzbericht zur Kenntnis genommen hat, dem für die heute anstehende Debatte zu diskutierende interessante Daten entnommen werden können. Ich spreche hierbei vom Steueraufkommen der Kommunen, den allgemeinen Deckungsmitteln, den Auswirkungen der Hartz-Reformen, den Gewerbesteuerhebesätzen usw.

Die NPD-Fraktion sieht es als problematisch an, dass die sächsischen Kommunen nur 58 % des bundesdurchschnittlichen Steueraufkommens erreichen und die Steuerdeckungsquote zwar nicht den Vergleich mit den anderen neuen Bundesländern zu scheuen braucht, aber den mit den alten Bundesländern dafür umso mehr. Das lässt befürchten, dass zur Aufgabenwahrnehmung künftig wesentlich höhere allgemeine Schlüsselzuweisungen vonnöten wären. Doch wie realistisch ist dies unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden sinkenden Landeseinnahmen aus dem Solidarpakt II und den EU-Strukturfonds? Nicht zu vergessen ist, dass Sachsens Pro-Kopf-Zuweisungsniveau sogar noch unter dem der neuen Bundesländer liegt.

Aus diesem Grund drängte die NPD-Fraktion bei den Haushaltsberatungen darauf, den Kommunen unter die Arme zu greifen, solange der Freistaat noch von höheren Transferleistungen profitiert. Genau aus diesem Grund stellte die NPD-Fraktion bei der Debatte über das Kommunale Finanzausgleichsgesetz den Gleichmäßigkeitsgrundsatz infrage.

Meine Damen und Herren! Wer über die Finanzsituation der Kommunen sprechen möchte, der darf über Hartz IV nicht schweigen. Aus Gründen der Redezeit beschränke ich mich auf ein Zitat aus dem aktuellen Gemeindefinanzbericht, Seite 23, links unten: „Die Hartz-IV-Reform hat daher ausgabenseitig zu einer relativen Verschlechterung der Finanzsituation der sächsischen Kommunen geführt.“ – Mehr braucht man dazu im Augenblick nicht zu sagen.

Einem weiteren Aspekt sollte nach Ansicht der NPDFraktion ebenfalls nachgegangen werden, und zwar dem mit nur 57 % des bundesdurchschnittlich deutlich unterdurchschnittlichen Einnahmeniveaus aus Gebühren. Hierzu wirft der Gemeindefinanzbericht zu Recht die Frage auf, inwiefern dies auf einen eventuell zunehmenden Trend von Auslagerungen zurückzuführen ist oder – was noch bedenklicher wäre – auf die Streichung von Leistungen und die Schließung von Einrichtungen.

Meine Damen und Herren! Folgenden Punkt möchte ich nicht unerwähnt lassen: Der NPD-Fraktion ist bei der Bewertung der Finanzausstattung der sächsischen Kommunen nicht daran gelegen, die aus einem kommunalen Vermögensverzehr resultierenden Einmaleffekte, zum Beispiel der WOBA-Verkauf in Dresden oder der anstehende Verkauf der Stadtwerke in Leipzig, im Sinne von politischen Nebelkerzen als positive Trendmeldungen zu verkaufen.

Meine Damen und Herren! Ich sprach eingangs die Gewerbesteuer an. Auch wenn das Aufkommen aus der Gewerbesteuer im Vergleich zu den alten Bundesländern noch nicht berauschend ist, so zeichnet sich Sachsen bei den Gewerbesteuerhebesätzen leider als Hochsteuerland aus. Seit fast zehn Jahren ist in Sachsen die Entwicklung des Gewerbesteuerhebesatzes steigend, was eine große Belastung für die Gewerbetreibenden darstellt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss sagen, dass diese Debatte nach Ansicht der NPD-Fraktion deutlich macht, dass Schönreden beim Thema Kommunalfinanzen fehl am Platze ist, das Land noch viele Hausaufgaben zu erledigen hat und wir mit Sicherheit nach einer von der Staatsregierung durchgepeitschten Verwaltungsreform weiterhin Anlass haben werden, uns diesem Thema widmen zu müssen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Zastrow, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da wir über dieses Thema erst am Mittwoch diskutiert haben und mir im Gegensatz zu Herrn Dr. Rößler und Frau Weihnert nicht klar ist, wieso wir zwei Tage später das gleiche Thema noch einmal aufmachen, möchte ich mich in dieser Debatte auf zwei Punkte konzentrieren.

Es geht um die Frage, wie wichtig Ihnen im Sächsischen Landtag die Themen Freiheit und kommunale Eigenverantwortung sind. Bund und Land mischen sich permanent in die kommunale Finanzpolitik ein und rauben den Kommunen zunehmend wichtige Entscheidungsspielräume – leider oftmals nicht nur zum Vorteil der Kommunen, wenn ich an die Mehrwertsteuererhöhung, die Unternehmensteuerreform, die Kosten der Unterkunft oder auch das bereits am Mittwoch angesprochene Finanzdebakel bei der Sachsen LB denke –, und das, obwohl es aus Sicht der FDP sehr gute, hervorragende Beispiele für das verantwortungsbewusste finanzpolitische Agieren von sächsischen Kommunen gibt.

Schauen wir zum Beispiel nach Dresden.

(Heiterkeit des Abg. Heinz Lehmann, CDU – Jürgen Gansel, NPD: Schon wieder neue Schulden!)

Die Landeshauptstadt hat im letzten Jahr durch den mutigen Komplettverkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft ihren Haushalt auf einen Schlag in Ordnung gebracht und ist jetzt im Besitz ganz neuer finanzieller Möglichkeiten. Die Diskussion, die Sie übrigens gerade in Dresden sehen, ist genau die Diskussion um diese neuen finanzpolitischen Spielräume. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht jedem Wunsch, der von denen, die übrigens dem WOBA-Verkauf damals nicht zugestimmt haben, geäußert wird, nachgeben, meine Damen und Herren.