Protocol of the Session on November 7, 2007

Wir haben aber gesagt: Es ist undenkbar, dass wir hier ein Gesetz beschließen, in dem – im Abgeordnetengesetz – auf Paragrafen in der Gemeindeordnung verwiesen wird. Das geht nun wirklich nicht. Wir haben darum gebeten, dass man sich einfach noch einmal der Übung unterzieht, einen Gesetzestext anzubieten, der dann mehr oder weniger originär die Frage aufnimmt und nicht im Abgeordnetengesetz auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen verweist.

Das ist nun in jedweder Form der Gesetzgebung völlig unüblich. Es gibt eine Art Gesetzgebungsethik oder wie man es bezeichnen will. Das ist nicht gemacht worden. Deshalb können wir zu unserem Bedauern dem Änderungsantrag zumindest in dieser Fassung nicht zustimmen, obwohl wir es rechtspolitisch begrüßen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Gibt es weitere Meinungsäußerungen dazu? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag mit der Drucksache 4/10260. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

(Unruhe im Saal)

Damit rufe ich die Nr. 1 des Artikels 1 zur Abstimmung auf.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie sehr darum, auch mir hier vorn die Möglichkeit zu geben, meine Arbeit ordentlich zu machen. Die Unruhe im Saal trägt nicht dazu bei. Wenn Sie etwas zu kritisieren haben, dann gehen Sie bitte an das Mikrofon.

Also, ich rufe auf Artikel 1 Nr. 1 in der Fassung des Ausschusses. Gehen Sie damit d’accord? – Gut. Wer diesem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist die Nr. 1 des Artikels 1 mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe auf die Nr. 2. Dazu gibt es wieder einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 4/10261, und zwar hier konkret zu der angeführten Nr. 1. Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Änderungsantrag wollen wir den ausgebliebenen System

wechsel vollziehen. Durch Zusammenfassung von Grundentschädigung und der im Gesetzentwurf geregelten Kostenpauschale zu einem insgesamt steuerpflichtigen Einkommen wird die Gleichstellung der Abgeordneten mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes erreicht.

Wir sehen eine steuerfreie Kostenpauschale weder verfassungsrechtlich geboten noch als sachgerecht an. Es soll uns als Abgeordneten wie allen Bürgerinnen und Bürgern überlassen werden, unsere Aufwendungen bei der Einkommensbesteuerung im Einzelnen nachzuweisen und geltend zu machen. Das ist natürlich mühselig gegenüber dem Finanzamt und manchmal auch lästig. Aber das ist genau diese Mühsal, der sich die anderen Bürgerinnen und Bürger auch unterziehen müssen.

Das kann auch einen positiven Nebeneffekt haben. Ich halte viel davon, dass Menschen, die Gesetze machen, ganz direkt mit den Folgen dieser Gesetze befasst sind. Verbesserungen von Regelungen in der Einkommensbesteuerung könnten ein positiver Effekt einer solchen Regelung sein.

Das, was dort für Abgeordnete zu tun ist, hat NRW bereits in einer Broschüre zusammengefasst. Die können wir übernehmen. Das Ganze läuft dort bemerkenswert problemlos. Es gibt eine Klärungsstelle beim Landtag, wo ganze zwei Abgeordnete bisher angefragt und sich beraten lassen haben.

Die Summe, die wir hier in einer Höhe von 6 981 Euro hineingeschrieben haben, umfasst die Zahl, die im derzeitigen Gesetzentwurf festgeschrieben ist, und die Pauschale in Höhe von 2 500 Euro, die die Kommission vorgeschlagen hat. Wir haben das zusammengefasst zu dieser Gesamtentschädigung, die zu versteuern wäre.

An dieser Stelle würde ich gern Martin Dulig noch einmal widersprechen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass auf die steuerfreie Pauschale sozusagen erst einmal ein Brutto errechnet werden müsste, um das einzubeziehen. Auch ich bin diesem Irrtum zeitweise unterlegen gewesen.

Die Kommission in Nordrhein-Westfalen hat sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt. Sie war sehr breit besetzt. Auch die Deutsche Steuergewerkschaft, also die Finanzbeamten selbst, war vertreten. In dieser Kommission ist geklärt worden, dass es nicht notwendig ist, ein Brutto einzubeziehen, sondern dass Abgeordnete bei ihrer Einkommensbesteuerung in dem Maße, wie sie Aufwendungen steuerlich geltend machen können, diese auch absetzen und damit steuerfrei stellen können.

(Beifall bei den GRÜNEN – Martin Dulig, SPD: Einkommensteuer wird höher!)

Gibt es dazu Aussprachebedarf? – Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, Herr Dr. Gerstenberg, danke ich Ihnen für die Sachlichkeit Ihres Redebeitrages. Sie haben sich positiv von Ihren Vorrednern abgehoben.

Sie haben uns vorgeworfen, uns wäre auf halber Strecke die Puste ausgegangen. Ihnen ist scheinbar auch auf halber Strecke die Puste ausgegangen, denn Sie schlagen jetzt nur einen Teil dieses nordrhein-westfälischen Modells vor.

Noch einmal zum Hintergrund: In Nordrhein-Westfalen beträgt die Gesamtdiät 9 500 Euro.

(Zuruf von der Linksfraktion: Hört, hört!)

In diesem Betrag enthalten ist der Beitrag zur Altersvorsorge, der dort in ein Versorgungswerk eingezahlt werden muss, weil alle Pflichtmitglieder sind. Der Beitrag zum Versorgungswerk beträgt 15,79 %. Nageln Sie mich jetzt nicht auf die letzte Stelle hinter dem Komma fest; aber ich glaube, das ist die Zahl. Das sind rund 1 500 Euro, die die Abgeordneten in das Versorgungswerk einzuzahlen haben.

Sie schlagen jetzt eine Gesamtdiät von 6 981 Euro vor, in der aber der Beitrag zur Rentenversicherung noch nicht enthalten ist. Im Prinzip beträgt die Gesamtdiät, die Sie vorschlagen und die dann auch zu versteuern wäre, 7 886,45 Euro. So ehrlich muss man schon sein, auch wenn Sie das jetzt in zwei Änderungsanträge gepackt haben.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich glaube, ich habe richtig gerechnet. Ich weiß jetzt nicht, warum Sie im Prinzip auf halber Strecke stehen bleiben, warum Sie das Versorgungswerk ablehnen. Darüber können wir vielleicht noch einmal reden, wenn Sie Ihren Änderungsantrag zur Altersversorgung einbringen.

Ich hatte vorhin schon einmal dargelegt, dass wir durchaus Sympathie für diesen Vorschlag haben. Dann muss es aber eine Gesamtdiät sein, die auch diesen Versorgungswerkbeitrag einschließt. Aber uns fehlt im Prinzip das, was in Nordrhein-Westfalen passiert ist. Als dort die Diskussion im Landtag ins Stocken geraten ist, hat die Öffentlichkeit mobil gemacht – der Bund der Steuerzahler und der Medienpartner – und das Thema noch einmal forciert. Aus der Bevölkerung heraus kam der Impuls. Das fehlt in Sachsen. Wir sind der Meinung, wenn wir die Debatte hier führen, dann muss sie langfristig in einer breiten Öffentlichkeit geführt werden. Das können wir im Moment noch nicht erkennen. Deshalb geben wir diesem Vorschlag jetzt keine Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Gibt es dazu weiteren Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/10261, Nr. 1. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimm

enthaltungen und Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Nr. 2 in der Fassung des Ausschusses. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen wenigen Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Stimmen dagegen ist Nr. 2 mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe Nr. 3 auf. Hierzu gibt es den bereits genannten Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. In der Nr. 2 des Änderungsantrages ist das Problem versteckt, das die GRÜNEN geändert haben möchten. Herr Dr. Gerstenberg, möchten Sie dazu noch einmal sprechen?

In Nr. 3 ist die Mandatsausstattung geschildert, wie sie verbleibt, nachdem das von uns angestrebte Abgeordnetengehalt zusammengefasst worden wäre. Ich habe das indirekt bereits begründet. Da das Gehalt jetzt abgelehnt wird, müssen wir noch über die Mandatsausstattung abstimmen, aber ich werde die restlichen Punkte nicht noch einmal getrennt begründen.

Gibt es dazu noch Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/10261, Nr. 2, ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Nr. 3 im Artikel 1 in der Fassung des Ausschusses. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen wenigen Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Stimmen dagegen ist Nr. 3 mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe in der Fassung des Ausschusses die Nrn. 4 bis 6 auf. Hierzu gibt es keine Änderungsanträge. Wer diesen Nummern seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dagegen sind die Nrn. 4 bis 6 mehrheitlich beschlossen worden.

Wir kommen zu Nr. 7. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie finden ihn in Drucksache 4/10262, und zwar mit Nr. 1 beziffert. Möchten Sie ihn noch einmal einbringen?

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt geht es um die Altersversorgung.

Kollege Bräunig, Ihre Frage kann ich gleich beantworten. Wir haben uns mit diesen Änderungsanträgen einfach der Systematik des Gesetzentwurfes der Koalition angepasst, um klar zu definieren, was eine steuerfreie Aufwandsentschädigung und eine Neuordnung der Altersversorgung ist. Ich denke, das wäre sonst nicht mehr transparent zu gestalten. In einem eigenen Gesetzentwurf würden wir diese Zahlen auch zusammenfassen.

Mit diesem Änderungsantrag beabsichtigen wir, dass die bisherige staatliche Altersversorgung entfallen soll. Im Gegensatz zur Koalition wollen wir aber kein Versorgungswerk errichten, sondern diese Altersversorgung in die Hände der Abgeordneten, in ihre eigene Verantwortung legen. Eine solche Regelung existiert bereits in Schleswig-Holstein. Die Mitglieder des Landtages BadenWürttemberg haben in einem interfraktionellen Antrag erklärt, dass sie eine Reform in dieser Richtung wollen. In anderen Landtagen wird das diskutiert.

Wir sind davon überzeugt, dass ein solches System der Eigenverantwortung der Altersversorgung der Freiheit des Mandates wesentlich besser gerecht wird als eine Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk. Verwaltungs- und Personalkosten würden entfallen. Aus unserer Sicht spricht auch nicht das Argument, dass ein Versorgungswerk eine Solidargemeinschaft der Abgeordneten ist, gegen eine solche Lösung. Nach unserer Überzeugung ist vielmehr die Freigabe der Altersversorgung in die Eigenverantwortung der Abgeordneten der einzige solidarische Weg; denn nur dadurch wird es ermöglicht, dass Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion! Wenn die Koalition recht hat, dann hat sie recht. Auch wir haben untersucht, ob es nicht möglich wäre, eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung zu organisieren. Das ist nicht rechtssicher zu gestalten. Sie scheitern damit vor Gericht. Ich sage Ihnen, wenn Sie sich wenigstens einmal die Mühe gemacht hätten, einen Änderungsantrag zu erarbeiten, dann wären Sie auch auf diese Lösung gestoßen.

Wenn wir eine Freiheit in der Altersversorgung haben wollen, dann gibt es nur diesen Weg. Wir nehmen dort den Betrag auf, der aus unserer Sicht transparent und nachvollziehbar ist: nämlich den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit diesem Änderungsantrag sorgen wir auch dafür, dass alle weiteren staatlichen Versorgungsleistungen – wie Hinterbliebenenversorgung, Versorgungsabfindung usw. entfallen. Auch diese haben die Versicherten, wie alle anderen Bürger dieses Landes, in eigener Verantwortung zu regeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darauf gibt es eine Erwiderung. Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich gibt es verschiedene Modelle, wie man die Versorgungslücke und die Altersvorsorge der Abgeordneten regeln kann. Über die Höhe sind wir uns ja einig. Wir wollen den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Aber ich hatte vorhin dargelegt, dass uns der Abwägungsprozess innerhalb der Koalition zu dem Ergebnis gebracht hat, dass die Versorgungswerklösung die vorzugswürdigere ist, da sie die größtmögliche Gleichbehandlung aller Abgeordneten bei der Altersvorsorge garantiert. Deshalb bleiben wir bei unserem Votum.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Abg. Lay.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist mehrfach erwähnt worden: Unser Vorzugsmodell wäre natürlich die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenkasse. Wir haben die Rechtsauffassung, dass dies juristisch zu regeln wäre. Wir sehen allerdings, dass der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine deutliche Verbesserung gegenüber den von der Koalition vorgelegten Regelungen zur Altersversorgung darstellt. Deshalb werden wir diesem Änderungsantrag zustimmen.