Protocol of the Session on November 7, 2007

In dem Änderungsantrag, den die Koalition hierzu eingebracht hat, heißt es doch tatsächlich: „… wenn ein ärztliches Attest ausweist, dass der stundenweise Besuch einer Kindertageseinrichtung für den Therapieerfolg hinsichtlich einer umschriebenen Entwicklungsauffälligkeit des Kindes erforderlich ist“, dann ist es möglich, dann können

Kinder in die Kita gehen. Also in dem Moment, da das Kind in den Brunnen gefallen ist – wenn Ärzte bescheinigen, dass dort Vernachlässigung stattfindet –, können Kinder die Kita besuchen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Kollegin, könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass aus der Herdprämie der Union die Prügelprämie der Koalition geworden ist?

(Allgemeine Verwunderung)

Herr Kollege, ich werde mein Fazit am Ende ziehen; so hart, wie Sie es gesagt haben, würde ich es nicht ausdrücken.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Wenn Vernachlässigung bescheinigt worden ist, dann ist Kita-Besuch möglich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das beißt sich eklatant mit dem Frühwarnsystem. Dort werden Hebammen eingesetzt, Familienhebammen, die genau den Auftrag haben zu schauen, wie Familie mit Kindererziehung klarkommt; und diese Hebammen haben überhaupt keinen Einfluss, sie sind nicht einmal benannt. Wenn sie eine Schwierigkeit signalisieren, spielt das keine Rolle.

Fazit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Dieses Gesetz ist eine Sparbüchse, weil es dazu beitragen wird, dass viele Eltern nicht neun Monate – wie bisher – in Anspruch nehmen, sondern nur fünf. Dieses Gesetz schafft Zugangskriterien für Kinder in Kindertagesstätten, die wir genau nicht haben wollen und bei denen wir immer wieder betont haben, dass wir diese nicht wollen. Das Gesetz ist auch nicht nachhaltig, wenn wir uns die demografischen Auswirkungen ansehen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Krauß, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bleibt meines Erachtens festzuhalten, dass heute ein guter Tag für die Familien in Sachsen ist, denn wir haben das Landeserziehungsgeld weiterentwickelt und verbessert.

Frau Kollegin Herrmann, es ist eben keine Sparbüchse, sondern wir geben für das Landeserziehungsgeld nicht nur weiterhin 30 Millionen Euro aus, sondern erhöhen diesen Betrag leicht.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Wir haben gesagt, wir erhöhen auch die Einkommensgrenze. Das bedeutet, dass mehr Menschen das Landeser

ziehungsgeld in Anspruch nehmen können, indem wir die Einkommensgrenze um 600 Euro erhöhen. Wir wollen dahin kommen, dass wir diese Quote – bisher nehmen es 52 % in Anspruch – leicht steigern können; das ist unser Wunsch und Wille.

Welcher Gedanke steht hinter dem Landeserziehungsgeld? Wir wollen – das wird in dem Gesetz deutlich –, dass Familien mit mehreren Kindern bessergestellt sind oder dass die Ungerechtigkeit, die durch den Mehraufwand entsteht, den man mit mehreren Kindern hat, etwas abgebaut wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es ist also ein Puzzlesteinchen, damit sich Menschen für mehr Kinder entscheiden. Wir haben derzeit in Sachsen eine Geburtenrate von 1,3 Kindern je Mann und je Frau. Wie kommt es zu diesem statistischen Wert?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wir haben miteinander ein Kind!)

Das freut mich, okay. Wir wollen dorthin kommen, dass sich Familien für mehr Kinder entscheiden, Herr Kollege Porsch, und dass sie dann zum Beispiel auch drei Kinder haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ich habe drei Kinder – immer mit einer Frau eines gemeinsam! – Heiterkeit)

Mit einer sogar, gut.

(Heiterkeit)

Wir wollen fortsetzen, sonst wird es zu speziell, ehe wir die Familienverhältnisse bei Ihnen geklärt haben.

Es gibt einen gewissen Unterschied zwischen West und Ost. Die geringe Geburtenrate im Westen hängt vor allem damit zusammen, dass sich dort viele Frauen für gar kein Kind entscheiden. Dort ist die Anzahl derjenigen Frauen und Männer, die kein Kind haben, besonders hoch. Im Osten, insbesondere in Sachsen und vor allem in unseren Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern, ist es so, dass sich die Familien für ein Kind entscheiden. Viele entscheiden sich für ein Kind, aber dann hört es auf. Genau diesen Effekt wollen wir umkehren.

Es gibt das bekannte Gutachten des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung „Demografische Entwicklung im Freistaat Sachsen – Analyse und Strategien zur Familien- und Bevölkerungspolitik“. In diesem Gutachten hat man uns ins Stammbuch geschrieben: „Soll Familienpolitik geburtenfördernd wirken, wäre für Sachsen der Schwerpunkt, die Bedingungen für die Geburt des zweiten Kindes zu verbessern.“ Genau das wollen wir tun: Wir wollen die Bedingungen für das zweite Kind verbessern, sodass sich mehr Familien für das zweite oder für das dritte Kind entscheiden und vielleicht dorthin kommen, wo Martin Dulig, unser großes Vorbild, ist;

(Heiterkeit und Beifall)

damit sich Martin Dulig dann auch für das siebente und achte Kind entscheidet.

(Allgemeine Heiterkeit)

An die Adresse der Linkspartei. Es wird also deutlich: Wenn Sie sagen, wir wollen Menschen von der Erwerbsarbeit abhalten, dann ist das Quatsch. Wir wollen es mit diesem Gesetz schaffen, dass Familien mehr Gerechtigkeit erfahren, insbesondere die, die mehrere Kinder erziehen.

(Beifall bei der CDU)

Es wird außerdem deutlich: Hier gibt es keine soziale Ausgrenzung. Wenn die FDP sagt, nur die gut Situierten – nebenbei: Seit wann ist die FDP das soziale Gewissen des Landtages? –

(Torsten Herbst, FDP: Seit Längerem! – Heiterkeit)

, nur die gut Situierten würden von der Familienpolitik profitieren, ist das alles andere als die Wahrheit, denn es gibt bekanntermaßen diese Einkommensgrenze, die dazu führt, dass diejenigen, die sozial bedürftig sind, das Landeserziehungsgeld in Anspruch nehmen, und diejenigen, die ein besonders hohes Einkommen haben, es überhaupt nicht in Anspruch nehmen.

(Peter Schowtka, CDU: Weil sie besser verdienen!)

Herr Neubert, Sie haben den Eindruck erweckt, als ob frühkindliche Bildung nur im Kindergarten stattfindet. Frau Herrmann hat in einem Nebensatz erwähnt, dass die frühkindliche Bildung vor allem in der Familie stattfindet. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, das muss man einmal klarstellen: Die frühkindliche Bildung findet vor allem in der Familie statt und der Kindergarten ist ergänzend.

(Beifall bei der CDU – Caren Lay, Linksfraktion: Das ist Blödsinn!)

Ansonsten schüttet man das Kind mit dem Bade aus – wenn man so tut, als ob man sein Kind im Kindergarten abgibt, dort wird es erzogen und am Nachmittag holt man es wieder ab und setzt es zu Hause vor den Fernseher. So funktioniert das nicht; jedenfalls ist das nicht unser Familienbild.

(Caren Lay, Linksfraktion: Sie haben nichts von der aktuellen Diskussion verstanden!)

Ich weiß nicht, ob man es als Tipp annehmen soll, dass man Kinder schlägt – die FDP kommt auf das Wort „Prügelprämie“, wenn es um Familienpolitik geht, und die PDS empfiehlt, dass man seine Kinder prügelt, damit Landeserziehungsgeld bezahlt wird, wenn man das Kind nebenher in den Kindergarten bringen will. Wenn Sie beim Thema Familienpolitik vom Prügeln von Kindern sprechen und sich damit auf einem solch tiefen Niveau bewegen, dann kann man sich nur noch an den Kopf greifen. Aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie tun so, als ob es das Gesetz nicht gäbe!)

Thema Unklarheit für Eltern. Klar ist, wir hätten uns gewünscht, dass wir mit dem Gesetz ein bisschen zügiger durchkommen, damit wir es vielleicht schon eher gehabt hätten, das ist keine Frage; Sie wissen, wie das Gesetzgebungsverfahren ist. Sie wissen aber auch, dass das Sozialministerium relativ frühzeitig die Weichen gestellt hat, indem es den Eltern klargemacht hat, in welche Richtung es geht. Daran hat sich auch nichts verändert; es hat sich nur ein bisschen verbessert. Aber es ist niemand heruntergefallen und jeder konnte planen, wie er das Bundeselterngeld gestaltet, um das Landeserziehungsgeld in Anspruch nehmen zu können. Aber der Vorwurf, Eltern wären in Unklarheit gelassen worden, ist falsch.

Auch der Vorwurf, die Staatsregierung sei gegen den Ausbau der Kinderbetreuung, ist falsch.

Entschuldigung! Wenn ich mir anschaue, wo wir in Sachsen und wo andere Bundesländer – Bayern, BadenWürttemberg, die westlichen Länder insgesamt – stehen, dann ist für mich ganz klar, dass der Schwerpunkt bislang auf der frühkindlichen Betreuung auch im Kindergarten gelegen hat; wir haben sehr großen Wert darauf gelegt.

Wenn Sie daran denken, wie wir den Landeshaushalt 2005/2006 ausgestaltet haben – wir haben die Beträge für die Kindertagesbetreuung erhöht –, dann wird auch für Sie deutlich, dass Investitionen im Bereich der Kindertagesstätten einer der Schwerpunkte waren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Weil Sie Angst vor uns haben!)

Von Herrn Neubert war der Vorwurf zu hören, der Gesetzentwurf, der heute zur Abstimmung steht, sei in unveränderter Form von der Koalition übernommen worden. Das stimmt so nicht; denn sonst hätten wir nicht unsere Änderungsanträge gestellt. Wir meinen: Für diejenigen, die das Landeserziehungsgeld direkt im Anschluss an das Bundeselterngeld nehmen, wird es für das zweite und dritte Kind einen Monat länger gewährt, als es der Vorschlag der Staatsregierung vorsah. Das führt auch dazu, dass wir mit dem Geld ein bisschen noch oben gehen. Darauf möchte ich schon hinweisen.