Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn die Anpassung des Landeserziehungsgeldes etwas spät kommt, möchte ich an dieser Stelle ganz klar sagen, dass wir die Beibehaltung natürlich begrüßen.
Sachsen ist eines der wenigen Länder, die diese Leistung überhaupt zahlen. Und das ist auch gut so. Aber der vorliegende Entwurf weist einige so entscheidende Mängel auf, dass uns eine Zustimmung unmöglich sein wird.
Schon vor der Anhörung, genauer gesagt am 16. Mai dieses Jahres, brachte meine Fraktion einen Änderungsantrag ein, der die Hauptkritikpunkte aufgriff. Unsere Bedenken wurden in der Anhörung bestätigt, und auch die anderen Oppositionsparteien legten den Finger in dieselben Wunden.
Es ist uns einfach unverständlich, wie bei einer so tollen Sache wie unserem Landeserziehungsgeld so viel falsch gemacht werden kann; mal ganz abgesehen von den unnötigen Kompliziertheiten. Die Staatsregierung und die Koalition handeln hier wider besseres Wissen.
Unser Hauptkritikpunkt liegt vor allem im Zeitpunkt und im Zeitraum, in dem das Landeserziehungsgeld gezahlt wird. Das Landeserziehungsgeld wird erst im dritten Lebensjahr gezahlt und nicht – wie wir es vorgeschlagen hatten – direkt im Anschluss an das Bundeselterngeld.
Damit haben die Eltern, die die Betreuung ihres Kindes selbst übernehmen wollen, neun Monate zu überbrücken, in denen die Erziehungsleistung keinerlei Berücksichtigung findet, sofern sie das Geld vom Bund nicht strecken wollen oder können.
Für Alleinstehende, denen gemäß Bundeserziehungsgeldgesetz lediglich zwölf Monate lang Leistungen zustehen, verlängert sich diese Zeit noch einmal um weitere Monate. Damit – auch das kam in der Anhörung ganz klar zutage – wird diese Personengruppe diskriminiert. Wenn man bedenkt, dass regional bis über ein Drittel der Elternteile alleinerziehend sind, kann man hier wohl kaum von einer Gleichbehandlung sprechen.
Ein weiteres Kernproblem liegt in der unzureichenden Möglichkeit, zumindest stundenweise eine Betreuung zuzulassen. Die Koalition wollte hier zwar nachbessern. Aber das betrifft letztlich nur einige wenige Kinder.
Unsere Vorstellung ist, dass für alle Kinder, deren Eltern das Landeserziehungsgeld beziehen, bis 15 Stunden pro Woche die Möglichkeit besteht, an Aktivitäten in den Kitas teilzunehmen und so durch den Umgang mit Gleichaltrigen zu lernen und soziale Kompetenzen zu erwerben.
Letztlich steht auf unserer Mängelliste die Leistungshöhe. Zwar erhöht sich das Landeserziehungsgeld beim zweiten Kind um 45 Euro. Dafür wird beim ersten und ab dem dritten Kind gekürzt. Wir lehnen eine Staffelung pro Kind ab und haben das auch in unserem Änderungsantrag festgeschrieben.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie hätten durchaus die Möglichkeit gehabt, diesen Gesetzentwurf entsprechend anzupassen. Mit unserem Änderungsantrag, der – wie schon erwähnt – von den eingeladenen Experten eindrucksvoll bestätigt wurde, sind die Grundlagen dafür gelegt.
Sie haben immer noch die Möglichkeit, sich uns anzuschließen und so zumindest die größten Missstände des Gesetzentwurfes zu beheben. Ich wiederhole noch einmal: einerseits die Zulassung auf Besuch einer Kita bis zu 15 Wochenstunden auch bei Bezug des Landeserziehungsgeldes, Anspruch des Landeserziehungsgeldes sofort nach dem Bundeselterngeld ohne Kürzungen sowie Anhebung des Betrages auf 500 Euro pro Kind ohne Staffelung.
Für die NPD-Fraktion sind alle Kinder gleichwertig, egal ob es das erste, zweite oder dritte Kind ist.
Wir möchten die Leistung nicht unter dem Hartz-IVNiveau angesiedelt wissen. Ganz abgesehen davon, dass die Erziehungsleistungen der jungen Muttis mehr wert sind als – pauschal gesagt – 200 bis 250 Euro, wäre dies ein Schritt in Richtung des von uns seit Langem geforderten Müttergehaltes.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, damit aus dem guten Ansatz des Landeserziehungsgeldes eine echte Unterstützung für unsere jungen Familien wird. Stimmen Sie also dem Antrag zu und sagen Sie damit Ja zur Zukunft!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es nach wie vor für eine große Errungenschaft, dass eine Elternzeit von drei Jahren ermöglicht wird. Das sind drei – auch einzeln nehmbare – Jahre, die Eltern ganz ihrem Kind bzw. ihren Kindern widmen können.
Dass eine Elternzeit – in der man keine Erwerbsleistung erbringt und deshalb kein Erwerbseinkommen erzielt, jedoch eine enorme Erziehungsleistung erbringt – nicht ohne finanzielle Mittel auskommt, ist unumstritten. Umso wichtiger ist es, Klarheit für die finanzielle Unterstützung während dieser Zeit zu erhalten. Dass der Freistaat Sachsen weiterhin für ein Landeserziehungsgeld steht, ist ein wichtiges Signal, doch wie es aussehen soll, ist völlig unklar.
Ende April 2007 kam der unausgegorene Gesetzentwurf in den Landtag. Nach einer langen Bedenkzeit – immerhin haben Sie, Frau Orosz, schon im Frühjahr 2006 selbst auf eine notwendige Änderung hingewiesen – sollte man meinen, dass ein abgestimmter Gesetzentwurf hier zur Diskussion kommt. Doch die unterschiedlichen Auffassungen in und zwischen den Koalitionsfraktionen CDU und SPD sind längst noch nicht ausgeräumt.
Bis zum heutigen Tag gibt es kein beschlossenes, neues Landeserziehungsgeldgesetz. Bis zum heutigen Tag können Eltern noch nicht planen, ob und wie sie Landeserziehungsgeld ab dem 1. Januar 2008 bekommen können. Bis zum heutigen Tag müssen Familien wichtige Entscheidungen aufschieben. Wie lange wird Landeserziehungsgeld gezahlt? Vertragen sich Landeserziehungsgeld und Krippenbesuch miteinander? Wie unterstützt der Freistaat die verschiedenen Lebens- und Erziehungsmodelle in Sachsen? Wie sollen Familien über den beruflichen Wiedereinstieg, die Anmeldung für einen Krippenplatz oder eine weitere häusliche Erziehung und Bildung entscheiden, wenn die notwendigen Antworten durch die Koalition von CDU und SPD so spät gegeben werden?
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition! Mit Ihrem Streit und Ihrer Uneinigkeit haben Sie zur Verunsicherung sächsischer Familien beigetragen. Der
Entwurf aus dem Hause von Frau Staatsministerin Orosz war und ist nicht beschlussfähig, geschweige denn praktikabel.
Wer die Beschlussvorlage des Ausschusses, der erst vor 14 Tagen darüber diskutieren durfte, liest und sie mit dem Entwurf der Staatsregierung vergleicht, wird bestenfalls eine Verschlimmbesserung feststellen. Was die Staatsregierung als Entwurf in das Parlament einbrachte, war inhaltlich völlig unausgegoren.
Bei der öffentlichen Anhörung fiel das Gesetz mit Pauken und Trompeten durch. Der Landtag durfte selten eine Anhörung erleben, in der ein solch wichtiges Gesetz der Staatsregierung von fast allen Sachverständigen so negativ bewertet wurde: unpassend für Alleinerziehende, eine Kürzung von 205 auf 200 Euro für das erste Kind und eine völlig unpraktikable Regelung bei der Bezugsdauer. Wer das Landeserziehungsgeld im zweiten Lebensjahr des Kindes im Anschluss an das Bundeselterngeld beantragt, bekommt nur fünf Monate lang Landeserziehungsgeld; wer aber ein Jahr ohne weiteres Geld auskommt, darf im dritten Lebensjahr des Kindes mit neun Monaten Bezugsdauer rechnen.
Für mich stellt sich die Frage: Ist es einfach nur Unfähigkeit oder ist es der Wille der Kürzung durch die Hintertür?
Frau Nicolaus, um auf Sie einzugehen: Erziehungsleistung wertschätzen. Ist eine Erziehungsleistung im zweiten weniger wert als im dritten Lebensjahr? Ist das Ihre begnadete Anpassung an das Bundeselterngeld? – Nein, ich glaube nicht. Unser Änderungsantrag zielt genau darauf ab, dort den Anschluss zu bringen.
Doch was macht die Koalition aus der Anhörung? – Nichts. Da wurde an der Bezugsdauer für das zweite Kind und an dem Thema der Vereinbarkeit von Kita-Besuch und Landeserziehungsgeld gebastelt. Eine wirkliche Verbesserung war das alles nicht. Wer jetzt sein Kind misshandelt oder vernachlässigt und dies ihm ärztlich bescheinigt wird, darf sein Kind in die Krippe geben und Landeserziehungsgeld bekommen. Das ist eine Regelung, die bei mir, bei vielen Paaren, aber auch bei Alleinerziehenden nur Kopfschütteln auslösen dürfte. Das ist eine Farce und wahrscheinlich nur ein zähneknirschendes Geschenk der CDU an eine sich schmächtig aufbäumende, soziale SPD.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lange Zeit galten wir als das familienpolitische Musterland: genügend Plätze in Kindertageseinrichtungen, ein Landeserziehungsgeld und gute Hilfsstrukturen. Doch mittlerweile überholen uns andere Bundesländer. So gibt es in Sachsen-Anhalt einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz; anderswo plant man kostenlose Schulvorbereitungsjahre. Mittlerweile ist Sachsen im ostdeutschen Vergleich Letzter, was die Betreuungsquote für unter Dreijährige angeht. Was ich am Schlimmsten finde: Minister der Staatsregierung kritisieren den Ausbau von Angeboten für
unter Dreijährige. Nahtlos knüpft sich daran der vorliegende Gesetzentwurf an, kann ich dazu nur sagen. Die Staatsregierung und mit ihr die Fraktionen von CDU und SPD sind drauf und dran, das familienpolitische Erbe hier in Sachsen zu verspielen.
Immer mehr entfernt man sich von dem Ziel, das familienfreundlichste Bundesland zu werden. Sie müssen nachbessern, meine Damen und Herren der Koalition! Sollte die Ausschussvorlage zur Abstimmung kommen, kann ich meiner Fraktion nur die Ablehnung empfehlen; denn die Gesetzesvorlage, wie sie zurzeit ist, zeigt nur eines: Die Entscheidung, ob ich mein Kind im zweiten Lebensjahr institutionell betreuen lasse oder es selbst zu Hause erziehen möchte, kann in Sachsen nur noch der gut Situierte treffen und sich dies wirklich leisten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute nicht um alle möglichen familienpolitischen Leistungen, die Frau Nicolaus aufgezählt hat, sondern es geht um das Landeserziehungsgeld und im besten Fall noch darum, wie sich Landeserziehungsgeld in diese familienpolitischen Leistungen und Ziele hier in Sachsen und unserem Land BRD eingliedert. Deshalb muss man darüber nachdenken und bestimmte Punkte im Hinterkopf haben, wenn man dieses Gesetz diskutiert. Diese Punkte heißen zum Beispiel Familienfreundlichkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Stellenwert frühkindlicher Bildung und die große Frage der demografischen Entwicklung in Sachsen.
Ja, Sachsen hat ein Landeserziehungsgeld. Es gehört damit zu einem der drei Bundesländer, die dies überhaupt haben. Das ist lobenswert.
Damit ist aber noch nichts über den Inhalt dieses Landeserziehungsgeldgesetzes ausgesagt und darüber, ob der Inhalt das Lob in diesem Maße verdient. Es ist keine verlässliche Politik – das hat Frau Schütz schon ausgeführt –, wenn wir zum heutigen Zeitpunkt über eine Novellierung des Landeserziehungsgeldgesetzes diskutieren. Dabei müssen sich Eltern in Sachsen seit Januar dieses Jahres entscheiden, wie sie Bundeselterngeld nehmen: ob sie es über 24 Monate splitten oder ob sie sich entschließen, es für zwölf oder 14 Monate zu beantragen.
Die Kritikpunkte der Sachverständigen in der Anhörung könnten dazu beitragen, dass die Lebenswirklichkeit der Bürger in Sachsen stärker ins Bewusstsein der Staatsregierung dringt und damit Änderungen in der heutigen Vorlage umgesetzt werden könnten. Das ist mitnichten der Fall. Auch darauf hat Frau Schütz hingewiesen. Die
Kritikpunkte der Sachverständigen sind schon benannt worden. Das ist zum einen die unterschiedliche Bezugsdauer des Landeserziehungsgeldes, je nachdem, ob sie das Landeserziehungsgeld sofort im Anschluss an das Bundeselterngeld nehmen – nämlich im zweiten Lebensjahr des Kindes, die Bezugsdauer beträgt dann fünf Monate – oder ob sie sich entschließen und es finanziell verkraften können, das Landeserziehungsgeld erst im dritten Lebensjahr des Kindes zu nehmen.
Dabei muss man sich fragen: Welches Ziel steckt hinter dieser Option, dieser Wahlfreiheit, die den Eltern dafür gelassen wird? Das Ziel ist nicht schwer zu erkennen. Das Ziel heißt einfach: Eltern sollen zu Hause bei ihren Kindern bleiben und möglichst bis zum dritten Lebensjahr keiner Berufstätigkeit nachgehen. Das wiederum steht im Gegensatz zu der Intention – das ist hier gesagt worden – des Bundeselterngeldes. Dies genau ist aber eine Schwierigkeit: den Menschen diese verschiedenen Ziele zu vermitteln. Wollen wir Vereinbarkeit von Familie und Beruf, oder wollen wir das eben nicht? Genau an dieser Stelle drückt es sich aus.
Worüber hier noch gar nicht gesprochen wurde, ist die Leistungshöhe des Landeserziehungsgeldes für Studenten, denn für Studenten und Azubis wurde die Leistungshöhe von vormals 307 Euro auf 200 Euro gekürzt. Es stellt sich die Frage, wie das mit der demografischen Entwicklung in Einklang zu bringen ist. Wenn wir nämlich davon ausgehen – und so ist dieses Landeserziehungsgeld gestrickt –, dass wir Eltern wollen, die sich für mehr als ein Kind entscheiden, dann heißt das, frühzeitig Kinder zu bekommen. Denn wenn die Kinder erst geboren werden, wenn die Ausbildung beendet und der Einstieg in den Beruf geschafft ist, dann werden es nicht mehr als ein Kind oder höchstens zwei Kinder. Wenn wir mehr Kinder wollen, müssen wir junge Eltern fördern, und das Gesetz macht genau das Gegenteil.
Zum dritten Kritikpunkt ist bereits etwas gesagt worden: gleichzeitiger Bezug von Landeserziehungsgeld und KitaBesuch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier macht die Staatsregierung einen fatalen Fehler. Wir haben in der Vergangenheit darüber diskutiert, dass Erziehung und Bildung in Kitas nicht etwa eine Sache ist, die man so nebenbei macht und bei der man den Eltern die Entscheidungsfreiheit lässt – entweder Kita oder Landeselterngeld –, sondern es handelt sich um eine Bildungsaufgabe, die ergänzend zu der Familienerziehung zu betrachten ist. Deshalb steht hier nicht den Eltern die Wahlfreiheit zu – und das wird dann als Gerechtigkeit verkauft –, sondern wir müssen es aus der Sicht der Kinder betrachten: Hier wird Kindern der Zugang zu Kita und Bildung verwehrt.
In dem Änderungsantrag, den die Koalition hierzu eingebracht hat, heißt es doch tatsächlich: „… wenn ein ärztliches Attest ausweist, dass der stundenweise Besuch einer Kindertageseinrichtung für den Therapieerfolg hinsichtlich einer umschriebenen Entwicklungsauffälligkeit des Kindes erforderlich ist“, dann ist es möglich, dann können