Protocol of the Session on November 7, 2007

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Weihnert, Sie haben recht zu formulieren, dass der kommunale Finanzausgleich in den kommenden Jahren vor großen Anforderungen stehen wird und wir deswegen über diesen Finanzausgleich im nächsten Jahr intensiv werden sprechen müssen. Gleichzeitig habe ich Sie aber hoffentlich richtig verstanden, dass wir uns nach wie vor darin einig sind, dass die Auswirkungen der Verwaltungs- und Funktionalreform, so wie es im Gesetzentwurf vorgeschlagen worden ist, mittels des Mehrbelastungsausgleiches abgedeckt werden. Das ist zumindest unserer Auffassung nach nicht Inhalt der zukünftigen FAG-Gespräche, sondern es wird jetzt im Gesetzesvorhaben mit berücksichtigt.

Wir werden nach neuen Wegen suchen müssen, Frau Hermenau bzw. alle anderen Redner, die dies angesprochen haben, wie wir Schwankungen im Finanzausgleich begegnen können, um eine kontinuierliche Entwicklung der Schlüsselmasse zu gewährleisten. Aber, Frau Hermenau, es war nicht Ihre Idee allein, sondern mein Amtsvorgänger, Kollege Dr. Metz, hat mit den kommunalen Spitzenverbänden seit Juli über dieses Gesetz, worüber Sie heute zu beschließen haben, gesprochen, und genau dort ist im Protokoll miteinander vereinbart worden, dass man über ein Glättungsinstrument nachdenken will, wie man dieses für die Zukunft gestaltet, um Spitzen und Täler zu vermeiden.

Deshalb, Frau Hermenau, ist das, was heute zum Beschluss vorgelegt worden ist, ein erster Schritt in diese Richtung: im Jahr 2008 große Sprünge zu vermeiden, Ihnen dieses heute im FAG zum Beschluss vorzulegen und bestimmte Beträge bereits vorzuziehen. Denn Sie wissen, dass wir in der Vergangenheit hohe Abrechnungsbeträge zugunsten des Landes hatten. Diese Beträge haben die Kommunen auch erheblich gefordert. Sie mussten in den Jahren 2002 bis 2005 die überzahlten Mittel an das Land zurückzahlen – deshalb dieses gemeinsame Anliegen –, und ich freue mich, dass auch die Opposition bereit ist, uns dabei zu unterstützen.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass der kommunalen Ebene diese Bugwelle – das ist ein Begriff, den man durchaus gewohnt ist – durch kräftig steigende Steuereinnahmen auf der kommunalen Seite rückzahlbar geworden ist. Die Steuereinnahmen auf der kommunalen Ebene haben sich von 1,35 Milliarden Euro im Jahr 2002 auf immerhin 1,96 Milliarden Euro im Jahr 2006 entwickelt. Zusätzlich konnten die Kommunen mit einem Darlehen in Höhe von insgesamt 200 Millionen Euro durch das Land unterstützt werden; und durch eine gemeinsame Kraftanstrengung haben wir erreicht, dass diese Bugwelle der Abrechnungsbeträge inzwischen abgetragen ist. Bei all dem haben wir uns bemüht, für die allgemeinen Deckungsmittel eine berechenbare und kontinuierliche Entwicklung sicherzustellen. Ich denke, dies ist auch im Zusammenwirken aller Partner erreicht worden.

In den künftigen Jahren werden wir vor ähnliche Herausforderungen gestellt. Zum einen wird die durch die Abrechnungsbeträge niedrig gehaltene Schlüsselmasse auf ein Normalniveau zurückgeführt. Zudem sind nunmehr Abrechnungsbeträge zugunsten der Kommunen zu erwarten. Zum anderen werden sich langfristig der Bevölkerungsrückgang und die Abschmelzung der Solidarpaktmittel in der Finanzausstattung bemerkbar machen. Auch darauf hatte gerade Frau Hermenau hingewiesen. Hierfür müssen wir Antworten finden, deshalb werden wir das auch im nächsten FAG tun.

Der erste Schritt hierzu liegt Ihnen heute mit dem Vorschlag zur Beschlussfassung vor. Wir wollen den Abrechnungsbetrag, der in Höhe von 122 Millionen Euro aus dem Jahr 2006 zugunsten der Kommunen entstanden ist, zeitnah abfinanzieren. Dafür soll bereits die Finanzaus

gleichsmasse 2008 um diesen Betrag angehoben werden. Der Betrag fließt ausschließlich den sogenannten Schlüsselzuweisungen zu. Zusätzlich werden im Jahr 2008 54 Millionen Euro aus dem Ausgleichsstock, die für diesen Zweck zurzeit nicht benötigt werden, in die Schlüsselmasse umgeschichtet; denn diese Mittel stehen den Kommunen zu und sollen in den Haushaltskreislauf zurückgeführt werden. Dies haben wir auch im Haushalts- und Finanzausschuss so diskutiert. Herr Dr. Friedrich hat darauf hingewiesen, aber auch seitens der Staatsregierung wurde dies ausreichend begründet. Deshalb halte ich diesen Änderungsantrag der GRÜNEN in diesem Punkt für entbehrlich.

Die somit in Summe um 176 Millionen Euro erhöhten Schlüsselzuweisungen werden in einem Umfang von 60 % bei den Städten und Gemeinden und zu 10 % bei den Landkreisen investiv gebunden. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf Kollegen Dr. Rößler verweisen und ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass es gut ist, dass auch die Kommunen verstärkt investieren. Letztendlich tut es allen gut. Das ist eine Investition in die Zukunft, und es sind notwendige Investitionen in die weitere Entwicklungsfähigkeit unserer Kommunen und des Landes insgesamt. Damit verfolgen wir gemeinsam – das heißt, die kommunale Ebene und das Land – den finanzpolitischen Grundsatz, Investitionen zu stärken und damit Zukunftsvorsorge zu betreiben.

Wir haben uns als Land bei diesem Vorgehen einmal mehr als verlässlicher Partner der Kommunen erwiesen. Dies zeigt auch das heutige Gesetzesvorhaben. Aber auch die Kommunen haben mit ihrer verantwortungsvollen Ausgabenpolitik in den letzten Jahren diese Partnerschaft gefördert und durch eine hohe Investitionsquote bei rückläufiger Verschuldung maßgeblich zum viel beachteten Erfolg sächsischer Finanzpolitik beigetragen. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt diese gemeinsame Politik fort.

In seinem Gemeindefinanzbericht 2007 lobt der Deutsche Städtetag die von mir geschilderte Kontinuität im sächsischen Zuweisungssystem sowie die konsensorientierte Reaktion auf haushaltsrelevante Entwicklungen. Darin schreibt der Deutsche Städtetag: „In Sachsen hat sich zwischen Land und Kommunen auf dem Politikfeld ‚Kommunaler Finanzausgleich’ ein enger Dialog entwickelt. Auch schwierigste Finanzausgleichsprobleme können nicht zuletzt im Finanzausgleichsbeirat auf dem Kompromissweg gelöst werden.“

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, damit wir auf diesem Wege voranschreiten können, dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, artikelweise abzustimmen. – Es gibt keinen Wider

spruch. Wir stimmen auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 4/10154, ab.

Ich lasse nun über die Überschrift abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Einstimmigkeit; damit angenommen.

Ich rufe Artikel 1, Änderung des Finanzausgleichsmassegesetzes 2007/2008, auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! – Auch hier wieder Einstimmigkeit. Damit ist Artikel 1 beschlossen.

Artikel 2, Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, die Nr. 1. Dazu liegt mir ein Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN vor. Wird noch mal Einbringung gewünscht? – Frau Abg. Hermenau.

Ich will nur auf die vorweg gemachten Äußerungen, zum Beispiel des Ministers und anderer, eingehen. Die Begründung des Antrags spricht für sich und ich habe hier deutlich gemacht, dass es kein Problem ist, das Geld zurückzulegen, zu verzinsen und die Diskussion in Ruhe im Detail zu führen.

Aber eines sage ich Ihnen, Herr Tillich: Sie wissen, jetzt gerade frisch im Amt, wie das ist, wenn der Finanzminister mehr Geld hat, als eigentlich gut sein kann. Jetzt stehen alle da, alle wollen jetzt etwas von Ihnen. Die Lage kann sich wieder ändern. Die einzige Zeit, der einzige Zeitpunkt, den man als Finanzminister hat, um so etwas wie einen Fonds anzulegen, in dem Geld angespart wird, ist die Zeit, in der mehr Geld da ist als erwartet.

Deswegen haben wir von den 180 Millionen Euro im Prinzip die 54 Millionen Euro abziehen wollen. Das ist erträglich. Die Kommunen bekommen trotzdem etwas und wir legen noch etwas zurück. Das wäre ein vernünftiges haushälterisches Verfahren.

Wer möchte sich zum Änderungsantrag äußern? – Keiner. Dann lasse ich jetzt über diesen abstimmen. Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN, Drucksache 4/10259, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe jetzt die Nr. 1 in der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses auf. Wer gibt der Nr. 1 die Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dagegen wurde die Nr. 1 so angenommen.

Ich rufe Artikel 2 Nr. 2 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen! – Die Stimmenthaltungen! – Wenige Stimmenthaltungen, ansonsten mit Mehrheit Zustimmung.

Ich rufe jetzt noch einmal den Artikel 2 in Gänze, wie in der Beschlussempfehlung vorgeschlagen, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Gegenstimmen ist dem Artikel 2 mehrheitlich so zugestimmt.

Artikel 3, Inkrafttreten. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen wurde dem Artikel 3 mehrheitlich zugestimmt.

Da es in der 2. Beratung keine Änderung gegeben hat, kann ich gleich in die 3. Beratung gehen und rufe jetzt das Gesetz zur Änderung von Gesetzen des kommunalen Finanzausgleichs auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen?

Bei wenigen Stimmenthaltungen wurde dem Gesetzentwurf mit Mehrheit zugestimmt und dieser ist damit als Gesetz beschlossen.

Auch hier kommt wieder die freundliche Bitte auf unverzügliche Ausfertigung.

(Zurufe der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und Torsten Herbst, FDP)

Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit verfahren wir so und ich schließe den Tagesordnungspunkt 8.

Der ursprüngliche Tagesordnungspunkt 9 wurde heute Morgen abgesetzt und wir kommen nun zum neuen

Tagesordnungspunkt 9

1. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz über das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine (Sächsisches Tierschutzverbandsklagegesetz – SächsTVG)

Drucksache 4/10193, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ich bitte um die Einbringung. Frau Abg. Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2002 hat Deutschland als erstes Land in der EU den Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen. Nachdem die Union jahrelang eine entsprechende Verfassungsänderung blockiert hatte, stimmte nach dem Bundestag im Jahr 2002 auch der Bundesrat fast geschlossen zu. Auch bei der Abstimmung im Bundestag einen Monat zuvor gab es fast geschlossene Zustimmung. Ich erwähne das, weil es auf einen breiten Konsens hinweist.

Mit der Verfassungsänderung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde der Artikel 20a um drei Wörter ergänzt: „Der Staat schützt demnach die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere.“ Das Tier ist damit zum Rechtssubjekt mit Verfassungsrang geworden,

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Was?)

was auch gewisse gesetzgeberische Folgeverpflichtungen nach sich zieht. Insbesondere das Tierschutzgesetz ist diesem hohen Rang des Tieres verpflichtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch der EU-Reformvertrag fordert mittlerweile in Artikel III-121 die Union und die Mitgliedsstaaten der Union auf, den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Tierschutz als ein in der Verfassung verwurzelter Grundwert muss also auch in der Legislative berücksichtigt werden.

In der Praxis fehlt es bisher an den Umsetzungsmöglichkeiten. Grund hierfür ist, dass Tierrechte nicht stellvertretend geltend gemacht werden können. Anders als zum Beispiel beim Naturschutz ist bisher für das Tier kein gesetzlicher Vertreter vorgesehen. Zurzeit kann die Verletzung von Tierinteressen nur in strafrechtlichen

Anzeigen und Verfahren verfolgt werden. Das ist einerseits nicht angemessen und andererseits zeigt die Erfahrung, dass solche Verfahren der Problematik häufig nicht gerecht werden können.

Auch im Verwaltungsverfahren selbst besteht eine gravierende Ungleichheit. In der Praxis sieht dies so aus: Wird eine Genehmigung für ein tierschutzrelevantes Vorhaben beantragt, kann das Verfahren aus der Sicht des Tieres nicht über die Ebene der behördlichen Entscheidung hinausgehoben werden. Selbst im Falle einer konkreten tierschutzwidrigen Entscheidung kann mangels Klagebefugnis nicht weiter vorgegangen werden.

Ganz anders im umgekehrten Fall: Der Antragsteller einer solchen Genehmigung hat jederzeit die Möglichkeit, bei Ablehnung den Rechtsweg unter Berufung auf seine Berufs-, Eigentums- oder Wissenschaftsfreiheit zu beschreiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das legt die Vermutung nahe, dass die Behörde, um möglichst unangreifbar zu sein und Folgeverfahren zu vermeiden, im Zweifelsfall zugunsten des Antragstellers entscheiden wird.

Aus diesen Gründen ist es notwendig, mit Blick auf den Verfassungsrang bestimmten anerkannten Tierschutzvereinen Mitwirkungs- und Vertretungsrechte einzuräumen. Derzeit haben Vereine keine Mitwirkungsrechte in Verwaltungsverfahren. Auch eine Klagebefugnis in relevanten Verfahren ist nicht gegeben, da nach der Verwaltungsgerichtsordnung grundsätzlich nur dann geklagt werden kann, wenn der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist.

In anderen Rechtsbereichen wird dieses Problem auf dem Wege der Stellvertretung gelöst. In diesen entsprechenden Fällen wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Betroffenen Rechte haben, bei deren Umsetzung und Durchsetzung sie der Hilfe bedürfen. Selbst in abstrakte

ren Fällen ist mittlerweile eine rechtliche Stellvertretung vorgesehen: Erstens dürfen Verbraucherschutzverbände für ihre Mitglieder Klagerechte wahrnehmen und zweitens ist es auch in einem dem Tierschutz ähnlichen Gebiet gelungen, ein Verbandsklagerecht zu etablieren, nämlich im Bereich Naturschutz. Hier gibt es seit den Achtzigerjahren Gesetze auf Landesebene, die Mitwirkungs- und Klagerechte für Naturschutzvereine in bestimmten – gesetzlich genau geregelten – Fällen vorsehen.

Im Jahr 2002 wurde dann eine bundeseinheitliche Regelung getroffen, die das Vereinsklagerecht im Bundesnaturschutzgesetz verankert hat. Dies hat zur Folge, dass Naturschutzvereinen unter bestimmten – durchaus restriktiven – Bedingungen ein Einsichtsrecht im Rahmen von naturschutzrelevanten Verwaltungsverfahren gewährt wird und in bestimmten Fällen ein stellvertretendes Klagerecht besteht.

Analog zu diesen Regelungen des Naturschutzrechts bietet es sich angesichts des nunmehr anerkannten besonderen Schutzwertes des Tieres an, ein Verbandsklagerecht zu etablieren. Das muss gleichzeitig auch die logische Folge des Staatsziels Tierschutz sein. Sachsen würde sich damit in eine Reihe mit einigen anderen Bundesländern stellen, die ähnliche Vorhaben auf den Weg gebracht haben. In Bremen hat der Rechtsausschuss mehrheitlich für den dortigen Entwurf votiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der engen Auswahlkriterien für die Anerkennung mitwirkungs- und klagebefugter Vereine besteht nicht die Gefahr einer zu erwartenden Prozessflut. Im Gegenteil: Wir haben dann die Chance, dass der Sachverstand dieser kompetenten Vereine in die Verwaltungsverfahren und die Rechtsprechung einfließen kann.