Die Lausitz nämlich ist – genauso wie Finnland – schon heute ein beliebtes Reiseziel für viele Urlauber. Zukünftig soll die Lausitz aber noch mehr an Attraktivität gewinnen. Zwischen Berlin und Dresden wird in den nächsten 20 Jahren das Lausitzer Seenland, Europas größte künstliche Wasserfläche und zukünftig Deutschlands viertgrößtes Seengebiet, entstehen.
Zusätzlich zu den bereits vor vielen Jahren aus dem Tagebau entstandenen und bei den Urlaubern beliebten Seen – Senftenberger, Knappen- und Silbersee – werden durch die Flutung ehemaliger Tagebauflächen schrittweise weitere 15 Seen auf sächsischem und brandenburgischem Gebiet hinzukommen. Allein im Kernbereich des Lausitzer Seenlands wird eine mit schiffbaren Kanälen zu einer Seenkette verbundene Wasserfläche entstehen, die mehr als doppelt so groß sein wird wie die der Müritz, Deutschlands größten Sees. Es entsteht damit – ich hoffe, Sie können den Vergleich nachvollziehen – ein kleiner Bruder der Finnischen Seenplatte.
Gleichwohl wird die Region einen ganz eigenen Charakter erhalten, der sich deutlich von dem traditioneller Wassersportregionen abheben wird. Der Schwerpunkt wird dabei auf einem aktiven sportlichen Urlaubserlebnis inmitten einer außergewöhnlichen Landschaft mit ungewöhnlichen Angeboten liegen, wie es sie sonst kaum geben wird. So werden viele Übernachtungs- und Freizeiteinrichtungen nicht nur am Wasser, sondern auch auf dem Wasser entstehen, zum Beispiel in Form von schwimmenden Häusern und Inseln. Schritt für Schritt entstehen Sportboothäfen, ein Wasserflugplatz, Rad- und Reitwege, neue Unterkünfte und vieles mehr. Eingerahmt wird dies alles vom Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“.
Obwohl das zurzeit noch Zukunftsmusik ist, legen wir heute den Grundstein für die Nutzung von morgen. Bei aller Euphorie und Zukunftshoffnung, die man berechtigterweise an den Tag legen kann, hat sich in den vergangenen Monaten ein Schatten über dieses sächsische Projekt gelegt. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. agierte und engagierte sich als Träger sehr aktiv für das im Entstehen befindliche Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ südlich von Hoyerswerda. Die erste Phase des Projekts, die Planungsphase, wurde im Juli letzten Jahres abgeschlossen und umfasste die Aufstellung und Abstimmung eines Pflege- und Entwicklungsplans. Dieser enthält neben der Festsetzung von naturschutzfachlichen Zielen und Maßnahmen eine sozioökonomische Analyse, mittels der Synergieeffekte mit Nutzungsansprüchen und Kooperationsmöglichkeiten mit Flächeneigentümern herausgearbeitet werden sollten.
Als Leitbild dieser sozioökonomischen Studie wurde formuliert, dass das Projekt integrativer Bestandteil der naturräumlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region Lausitzer Seenland sein soll. Das Projekt soll im Einklang mit den Bedürfnissen der einheimischen Bevölkerung, den Entwicklungszielen der Region und den Nutzungsansprüchen der Landwirtschaft, des Fremdenverkehrs und der handwerklichen und gewerblichen Unternehmen umgesetzt und genutzt werden. Dabei sollte das Projekt insgesamt einen positiven Beitrag für die ansässige Bevölkerung leisten.
Nach dieser ersten – theoretischen – Phase zogen aber sehr schnell dunkle Wolken auf. Zwischen den Anliegern, der Deutschen Umwelthilfe und dem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft kam es zu Meinungsverschiedenheiten, die im Dezember 2004 dazu führten, dass sich die Deutsche Umwelthilfe als Träger des Projekts verabschiedete. Es kursierten über diesen Ausstieg zahlreiche Gerüchte. Der Höhepunkt war schließlich eine Presseerklärung der Umwelthilfe mit der Überschrift „Unser Naturschutzgroßprojekt scheiterte an Ost-West-Ressentiments“. Ich zitiere:
„Das Landeskabinett in Dresden hatte am 07.12.2004 nach monatelangem Hinhalten beschlossen, die für die naturnahe Wiederherstellung ehemaliger Braunkohlentagebaue vorgesehenen Flächen nicht dem bisherigen Projektträger Lausitzer Seenland gGmbH, dessen Hauptgesellschafter die Deutsche Umwelthilfe e. V. ist, zu übereignen. Stattdessen soll der kommunale Zweckverband Elstertal zum Zuge kommen. Mit dieser Entscheidung bestätigte sich die Befürchtung der seit mehr als vier Jahren an dem Projekt arbeitenden Naturschützer, aber auch engagierter Bürger, Lokal- und Regionalpolitiker in der Gemeinde Elsterheide und im Landkreis Kamenz, dass nach dem erfolgreichem Abschluss der Projektphase 1 seit dem Sommer 2004 sachfremde Erwägungen die Oberhand über den ökologischen Kern des Naturschutzvorhabens gewonnen haben.“
Wenn diese Kritik, meine Damen und Herren, von der hier ansässigen Opposition gekommen wäre, dann hätte ich vielleicht noch ein gewisses Verständnis dafür gehabt. Aber von der Umwelthilfe, die seit mehr als einem Jahr augenscheinlich hervorragend mit dem SMUL und den dort agierenden Personen zusammengearbeitet hat, hätte ich dies nicht erwartet.
Eines lassen Sie mich aber noch dazu sagen: In meiner gesamten Abgeordnetentätigkeit habe ich noch nie OstWest-Ressentiments im SMUL kennen gelernt und ich werde mich an dieser Stelle auch schützend vor die handelnden Personen im SMUL stellen. Einerseits ist die betroffene Person selbst nicht aus den neuen Bundesländern, andererseits ist es eine Unverschämtheit, einem CDU-geführten Ministerium einen derartigen Vorwurf zu machen. Wir haben an der staatlichen Einheit Deutschlands in Freiheit stets festgehalten und in einer historisch einmaligen Situation dieses Ziel mit Einverständnis unserer Nachbarn und Partner verwirklicht. Der Wille der Menschen in Ostdeutschland zu Freiheit und Einheit ist in der friedlichen Revolution zum Durchbruch gekommen. Mit der Einheit ist eine Vision Wirklichkeit geworden, die Vision „Freiheit für alle Bürger in Deutschland“.
Ich möchte auf diese Thematik hier auch nicht weiter eingehen. Vielmehr muss uns jetzt interessieren, wie es weitergeht. Hierzu haben die Koalitionsfraktionen eindeutige Vorstellungen.
Punkt 1: Es muss so schnell als möglich ein neuer Träger des Projekts her, der die fachliche Qualifikation für ein solches Projekt besitzt.
Punkt 2: Bei aller naturschutzrechtlichen Euphorie darf nicht vergessen werden, dass die Region die besagten Flächen auch anderweitig nutzen kann und nutzen muss. Das heißt, neben dem Naturschutz muss auch die Wirtschaft – und damit auch Arbeitsplätze – eine Chance erhalten. Wie bei fast jeder guten Entscheidung liegt auch hier der Königsweg genau in der Mitte. Wir fordern deshalb ein gütliches Nebeneinander aller Interessen. Einseitige Bevorzugung der einen oder der anderen Seite darf es nicht geben.
Punkt 3: Die zugesagten und bereitstehenden Fördermittel von Bund und Land dürfen nicht verfallen und müssen im vorgesehenen Sinn verwendet werden.
Punkt 4: Das Sanierungsgebiet gehört in die Eigentümerschaft der Anlieger, das heißt, in die Hände des Zweckverbands Elstertal.
Sehr geehrte Damen und Herren! In den genannten vier Punkten liegen der Sinn und der Zweck dieses Antrages. Das Naturschutzgroßprojekt stellt eine hervorragende Ergänzung zu allen anderen Projekten aus dem Bereich Tourismus und gewerbliche Wirtschaft dar. Es ist eine Art Ruhepol zwischen all diesen Aktivitäten.
Deshalb bitten wir die Staatsregierung, sich weiterhin aktiv dafür einzusetzen, dass das Projekt „Kleines sächsisches Finnland“ realisiert werden kann. Uns liegt sehr viel am Gelingen dieses Projekts und deshalb bitten wir um die Zustimmung aller demokratischer Parteien in diesem Hohen Haus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Braunkohlentagebau hat eine geschundene Landschaft hinterlassen. Das Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ bietet die Möglichkeit, die betroffene Region zu revitalisieren. In der Lausitz soll ein Musterbeispiel entstehen, das auf der einen Seite die Belange der Ökologie und auf der anderen Seite die Interessen von Tourismus und Wirtschaft berücksichtigt. Nur ein solcher Dreiklang ermöglicht eine nachhaltige Entwicklung der Region. Weil es hier darum geht, verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen, ist es wichtig, dass nach dem Aussteigen der Deutschen Umwelthilfe eine Organisationsform gefunden wird, die die kommunalen Interessen einbindet. Zum Beispiel bietet ein kommunaler Zweckverband der beteiligten Kommunen die Möglichkeit einer bürgernahen Projektumsetzung und der Mitsprache über die Dauer der Projektlaufzeit hinaus.
Die Sorge um die Weiterführung dieses regional so bedeutsamen Projektes sowie die Sicherung der Fördermit
tel haben uns dazu veranlasst, unser besonderes Augenmerk auf dieses Projekt zu richten. Es geht dabei nicht nur um die Landschaft, es geht auch um eine Perspektive für die Region. Ein Teil dieser Perspektive ist der Tourismus und deshalb ist das Projekt „Lausitzer Seenland“ das richtige Projekt zur richtigen Zeit und verdient unsere Unterstützung.
Die Erfahrungen der Sächsischen Schweiz zeigen, dass ein Engagement der NPD sich negativ auf die Touristenzahl und die Zahl möglicher Investitionen auswirken würde.
Wenn von „Hexerei“ gesprochen wird, bitte ich schon um Mäßigung. Das habe ich gehört, Herr Leichsenring.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ ist aufgrund seiner ganzheitlichen Konzeption ein für Sachsen einzigartiges Projekt, mit dessen Umsetzung sich unser Land eigentlich schmücken könnte. Die Bewältigung der Folgen des Braunkohlenabbaus, die Aufwertung der gesamten Region unter dem Aspekt des Erholungsnutzens und verschiedener Bewirtschaftungsformen, aber auch die Umsetzung ökologischer Zielstellungen bilden in ihrer Gesamtheit ein seltenes Zusammenspiel. Hier bietet sich die Möglichkeit, in dieser Region einen Prozess der ökonomischen und ökologischen Neuorientierung in Gang zu setzen, ohne dass die beiden Aspekte in Konkurrenz zueinander stehen könnten. Diese seltene Harmonie zwischen wirtschaftlicher und umweltpolitischer Entwicklung findet zudem in der vor Ort ansässigen Bevölkerung eine breite Akzeptanz. Ein Scheitern dieses Projektes wäre folglich für das Ansehen der Politik wie auch in besonderem Maße für die Menschen in dieser Region katastrophal, dies nicht zuletzt deshalb, weil bereits in der Planungsphase erhebliche öffentliche Gelder geflossen sind.
Aufgrund der in den letzten Monaten zutage getretenen Sachverhalte sah sich nun die NPD-Fraktion gezwungen, einen entsprechenden Antrag einzubringen, um das Projekt vor etwaigen sachfremden Erwägungen zu schützen und die Phase 2, also die praktische Umsetzung der abgeschlossenen Planungen, so schnell wie möglich zu realisieren, bevor die vom Bundesministerium bewilligten Mittel wieder zurückgezogen werden, wodurch das gesamte Projekt de facto vor dem Aus stehen würde. Die Deutsche Umwelthilfe wurde gezwungen, sich nach Abschluss der Planungsphase als Träger zurückzuziehen, weil das Sächsische Staatsministerium plötzlich festgestellt hat, dass die DUH nicht in Sachsen ansässig sei und somit keine Flächen im Freistaat käuflich erwerben könne.
Herr Abg. Paul, Sie haben gerade darüber gesprochen, dass Sie das Projekt vor etwaigen sachfremden Erwägungen schützen wollen.
Ja! In Ihrem Antrag steht dann, dass Sie einen Projektträger suchen, der eine Priorisierung des ökologischen Kerns des Vorhabens sichert.
Ja! Können Sie mir sagen, was Sie unter „Priorisierung“ verstehen? Könnte man das nicht auch auf Deutsch sagen und ist das nicht eine Gefährdung der Substanz der deutschen Sprache?
Wir wollen damit sicherstellen, dass der ökologische Aspekt angesichts der Bevorzugung wirtschaftlicher Interessen nicht verloren geht. Ich habe gerade gesagt, dass beides im Einklang miteinander stehen muss, auf der einen Seite der ökologische und auf der anderen Seite der wirtschaftliche Aspekt. Es geht darum, dass keines von beiden bevorzugt wird und dass hier auch Prioritäten gesetzt werden.
(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sie könnten doch „Schwerpunkt“ sagen! – Uwe Leichsenring, NPD: Wie wir es sagen, überlassen Sie uns am besten selbst! – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das ist richtig, aber Deutsch können Sie nicht, stelle ich fest! – Uwe Leichsenring, NPD: Ich weiß nicht, wofür Sie einen Professorentitel haben!)
Entschuldigung, Herr Porsch, ich würde gern fortfahren. Aufgrund dieses Sachverhaltes gelange ich zu der Vermutung, dass die Deutsche Umwelthilfe schlichtweg auf
grund ihres Engagements – wieder ein Fremdwort! – und ihrer fachlichen Kompetenzen lediglich für die Planung ausgenutzt wurde. Die Deutsche Umwelthilfe erklärte hierzu – ich zitiere –: „Es ging in diesem langfristig angelegten Großprojekt um die naturnahe Heilung einer geschundenen Landschaft, nicht um die Okkupation sächsischen Bodens durch westdeutsche Umweltschützer.“
Das Argument, man wolle sicherstellen, dass Flächen des Freistaates nur an Sachsen vergeben werden, erscheint mir lediglich als Ausrede, da man in anderen Fällen die Herkunft des Käufers auch außer Acht ließ. Ich erinnere nur an den Verkauf der Mothäuser Heide an einen Frankfurter Immobilienmakler vor einigen Jahren.
Was mir ebenfalls rätselhaft erscheint, ist die Favorisierung des Zweckverbandes Elstertal, obwohl sich nun auch der Naturschutzbund Sachsen als Projektträger angeboten hat. Der Naturschutzbund Sachsen war ohnehin bereits in der Planungsphase aktiv. Die Bevorzugung des Zweckverbandes wird in erster Linie damit begründet, dass im Dezember 2004 die Satzung des Verbandes nachträglich um den naturschutzfachlichen Teil erweitert worden sei und dadurch einer Flächenübertragung nichts im Weg stünde, was eigentlich zu denken geben sollte. Ich glaube, dass dies nur geschehen ist, um das Projekt für sich in Anspruch nehmen zu können und somit andere mögliche Träger auszuschließen. Es liegt zumindest die Vermutung nahe, dass der Zweckverband Elstertal keine wirklichen naturschutzfachlichen Kompetenzen besitzt bzw. dass man an seiner Ernsthaftigkeit zweifeln muss, sonst wäre der ökologische Aspekt von Anfang an Bestandteil gewesen.
Weil die Deutsche Umwelthilfe und die Lausitzer Seenland gGmbH sich des Projektes annahmen, war die notwendige Eigenkapitaldecke für den Landtag nach eigenen Aussagen vorhanden. Die Deutsche Umwelthilfe hat auf Treu und Glauben mit der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungsgesellschaft mbH einen Kaufvertrag für das Gelände Lausitzer Seenlandschaft abgeschlossen. Der NABU ist mit 16 % daran beteiligt. Inzwischen ist die Kaufsumme zur Zahlung fällig. Das Problem ist nur, dass der Zweckverband das Geld nicht hat oder zumindest nicht bereit ist, es auszugeben. Nun muss der Naturschutzbund Zinsen für die noch nicht beglichene Schuld zahlen.
Ich gehe davon aus, dass die Staatsregierung weiterhin an der Trägerschaft des Zweckverbandes festhalten wird. Fraglich ist nur die Realisierung der angestrebten Trennung zwischen Grundeigentümer und Projektträger. Wir fordern daher die Staatsregierung auf, in den kommenden Verhandlungen auch weitere mögliche Träger, wie zum Beispiel den Naturschutzbund und andere Naturschutzverbände hier in Sachsen, einzubeziehen.