Meine Damen und Herren! Befinden sich Abgeordnete im Saal, die ich noch nicht aufgerufen habe? – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Ist noch jemand im Saal, der nicht aufgerufen wurde oder noch nicht abgestimmt hat? – Dann schließe ich die Abstimmung, wenn die Letzten gewählt haben. – Die Wahlkommission hat ebenfalls gewählt. Damit schließe ich die Abstimmung und bitte die Wahlkommission um die Auszählung der Stimmen.
Meine Damen und Herren! Wir setzen unsere Beratung fort. Bevor wir zum Tagesordnungspunkt 4 kommen, möchte ich Ihnen das Ergebnis der geheimen Abstimmung zur Erteilung der Zustimmung des Landtages zur Ernennung des Vizepräsidenten des Rechnungshofes des Freistaates Sachsen vortragen.
Es wurden 114 Stimmscheine abgegeben. Davon war ein Stimmschein ungültig. Für den Antrag des Ministerpräsidenten haben sich 77 Abgeordnete entschieden. Mit Nein haben 31 Abgeordnete gestimmt. 5 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten.
Damit ist dem Ministerpräsidenten die Zustimmung des Landtages, Herrn Dr. Karl-Heinz Binus zum Vizepräsidenten des Rechnungshofes des Freistaates Sachsen zu ernennen, erteilt.
Ich greife der Ernennung vor. Herzlichen Glückwunsch, Herr Dr. Binus, und viel Erfolg in der Arbeit!
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: Es beginnen CDU und SPD als Einreicherinnen, danach Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Krauß, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Sachsen gibt es ein reichhaltiges ehrenamtliches Engagement, ob in den Kirchen, im Kindergarten, im Sport, in der Kultur, in der Musik, in der Behindertenhilfe oder in anderen Bereichen. Menschen engagieren sich ehrenamtlich, egal ob sie jung sind oder alt, ob in der Jugendfeuerwehr oder in der Seniorengruppe.
In Deutschland gibt es insgesamt eine Million Vereine, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen. Jeder dieser eine Million Vereine ist ein Mosaikstein. Alle Mosaiksteine zusammen ergeben das Bild einer solidarischen Gesellschaft.
Aus Umfragen wissen wir, dass das ehrenamtliche Engagement gerade in den neuen Bundesländern und gerade auch bei jungen Menschen gewachsen ist. Die Bereitschaft, sich einzubringen, wächst also. Das Wir-Gefühl ist in unserer Gesellschaft auf dem Vormarsch. 70 %, das
heißt zwei von drei Bürgern, die über 14 Jahre alt sind, engagieren sich aktiv in einem Verein oder in einer Organisation.
Dafür dürfen wir dankbar sein, denn das Ehrenamt bereichert die Gesellschaft, das Ehrenamt gibt der Gesellschaft ein menschliches Gesicht. Doch das ehrenamtliche Engagement ist nicht nur ein Gewinn für die Gesellschaft, sondern auch für den ehrenamtlich Engagierten, denn Ehrenamt macht Spaß, führt Menschen zusammen und ermöglicht neue Erfahrungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was tut der Freistaat Sachsen für die ehrenamtlich Engagierten? Da ist als erster Punkt die Ehrenamtsförderung zu nennen, von der 21 400 Menschen bei uns im Freistaat Sachsen profitieren. Der Freistaat Sachsen gibt in diesem Jahr für die Ehrenamtsförderung 7,3 Millionen Euro aus. Das ist eine Steigerung um 1,2 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Ehrenamt heißt natürlich in erster Linie, dass etwas ehrenamtlich passiert, also ohne Bezahlung. Dennoch können wir mit dieser Ehrenamtsförderung eine Aufwandsentschädigung von 40 Euro pro Monat für jene zahlen, die sich 20 Stunden pro Monat ehrenamtlich engagieren.
In der Ehrenamtsförderung haben wir einen neuen Weg beschritten. Das Geld wird über die Bürgerstiftung ausgezahlt. Dieser Weg ist meines Erachtens unbürokratisch und kostensparend. Er ist kostensparender, als wenn wir das Geld zum Beispiel über die Landratsämter ausreichen würden. Deswegen an dieser Stelle auch vielen Dank an die Bürgerstiftung, die das Geld verwaltet und auszahlt. Wir haben mit der Bürgerstiftung sehr gute Erfahrungen gemacht.
Daneben beteiligt sich Sachsen auch an dem sogenannten Tauris-Projekt und zahlt dafür 4,3 Millionen Euro an ehrenamtlich Engagierte, die arbeitslos sind, aus. Hier werden 78 Euro pro Monat gezahlt, wenn man sich mindestens 56 Stunden pro Monat ehrenamtlich einbringt. Auch dieses Angebot wird rege genutzt.
Bei der Ehrenamtsförderung, von der ich vorhin gesprochen habe, haben wir in diesem Jahr aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben, einige Neujustierungen vorgenommen, sodass die Mittel zielgerichteter eingesetzt werden können. Die Projektträger erhalten mehr Freiheit. Sie können eigenverantwortlich entscheiden, welcher ehrenamtliche Helfer wie viel Geld bekommt. Wenn das Geld einmal knapp ist, kann man eben steuern und sagen, der Betreffende bekommt es von Januar bis Dezember, ein anderer vielleicht nur von April bis Dezember.
Welche Angebote macht der Freistaat noch für ehrenamtlich Engagierte über die Ehrenamtsförderung hinaus? Hier ist vor allem der Versicherungsschutz für bürgerschaftlich Engagierte zu nennen, den wir in diesem Jahr verstärkt haben. Versicherungsschutz meint zwei Bereiche, nämlich Haftpflichtversicherung und Unfallversicherung.
Ich möchte Ihnen dazu zwei Beispiele zum Thema Haftpflichtversicherung nennen: Wenn sich eine Selbsthilfegruppe, die sich um Diabetes kümmert, in der Wohnung eines Gruppenmitglieds trifft und bei diesem Treffen die Vase aus Meißner Porzellan unbeabsichtigt herunterfällt, besteht die Möglichkeit, dass der Schaden über diese Versicherung gedeckt wird.
Oder nehmen wir eine Seniorengruppe, die auf Wanderschaft geht. Der Wanderführer kennt sich nicht ganz so gut aus und führt die Gruppe auf den falschen Weg. Jemand stürzt den Abhang hinunter, verletzt sich und klagt gegen den Wanderführer. Auch dann kann diese Versicherung einspringen und den Schaden übernehmen.
Zum Thema Unfallversicherung ebenfalls ein plastisches Beispiel: Wenn ein Verein, der sich um Hilfsprojekte in der Ukraine oder in Bosnien-Herzegowina kümmert, in die Ukraine fährt und der Fahrer bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt, springt die Unfallversicherung ein, die wir als Freistaat Sachsen abgeschlossen haben.
Also – das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen – vielen Dank an all jene, die sich ehrenamtlich engagieren.
Vielen Dank dafür, dass auch die Abgeordneten das so deutlich unterstrichen haben. Es freut mich auch, dass die Staatsregierung diesen Dank sehr deutlich mit verschiedenen Auszeichnungen unterstreicht, die der Freistaat Sachsen bereithält. Ich denke an den Verdienstorden des Freistaates Sachsen, den ehrenamtlich Engagierte bekommen können, ich denke an Einladungen zu Empfängen für ehrenamtlich Engagierte, ich denke an den Joker im Ehrenamt, der im Bereich Kultus verliehen wird, oder an die Annen-Medaille im Bereich Soziales für Verdienste in der Sozial- und Familienarbeit.
Ich bitte die Staatsregierung, diese Formen der Auszeichnung fortzuführen. Sie sind aus meiner Sicht erfolgreich und machen auf das Ehrenamt aufmerksam. Und ich bitte die Medien, weiterhin mit so großem Interesse über diese Verleihungen, über diese ehrenamtlich engagierten Menschen zu berichten; denn das sind sehr positive Beispiele, die Schule machen sollten.
Wenn wir über den Themenkomplex Ehrenamt reden, werden wir auch über das sprechen müssen, was auf Bundesebene an Positivem geschieht. In diesem Monat stehen im Bundesrat Veränderungen positiver Natur an. Kollege Gerlach wird darauf näher eingehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte Ihnen zeigen, dass das bürgerschaftliche Engagement durch den Freistaat Sachsen in hervorragender Weise gefördert wird und dass der Landtag die finanziellen Mittel für die Ehrenamtsförderung bereitstellt. Das wollen wir fortsetzen. Wir möchten auch die nächsten Haushaltsberatungen nutzen, um über die Förderung des freiwilligen Bürgerengagements zu sprechen. Wir möchten die Ehrenamtsförderung fortsetzen und ausbauen.
(Beifall bei der CDU und der SPD, vereinzelt bei der NPD und Beifall des Abg. Klaus Baier, fraktionslos)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Interesse und die Bereitschaft, sich in der Gesellschaft zu engagieren, nehmen wieder zu. Mein Kollege hat das gerade ausgeführt. Immer mehr Menschen haben den Wunsch, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich konkret da einzusetzen, wo in ihrer Umgebung Hilfe gebraucht wird. Das ist ein gutes Zeichen für den Freistaat Sachsen und das ist auch ein gutes Zeichen für unser Land.
Danke schön. – Bürgerschaftliches Engagement ist mehr als Ehrenamt. Wer sich freiwillig und unentgeltlich engagiert, kann das in den unterschiedlichsten Bereichen tun. Neben den sogenannten klassischen Aufgaben, also Vereine, Leitung von Gruppen, Feuerwehr, Gemeinderat
und was man sich Ähnliches alles vorstellen kann, gibt es aber noch andere Dinge in befristeten Projekten. Man kann sich in der Kirchengemeinde oder in der Nachbarschaft engagieren, man kann es auch durch Sammeln von Spenden tun oder durch politische Betätigung, wie auch immer.
Auf diese veränderten und im Alltag bereits praktizierten verschiedenen Formen des Engagements müssen nun auch die Rahmenbedingungen zugeschnitten werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Initiative des Bundes. Der Deutsche Bundestag beschloss im Juli dieses Jahres das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements – so heißt das Gesetz –, und damit wird die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in den Katalog der gemeinnützigen Zwecke aufgenommen. Mit der Zustimmung im Bundesrat vor Kurzem ist damit die größte Reform des Gemeinnützigkeitsrechts der letzten Jahre beschlossene Sache.
Veränderungen betreffen unterschiedliche Bereiche des bürgerschaftlichen Engagements. Unter anderem werden Übungsleiter und Spender an gemeinnützige Organisationen in Zukunft deutlich bessergestellt. Es wird der Spendennachweis bei Summen unter 200 Euro erleichtert, die Höchstgrenzen für den Spendenabzug werden angehoben, der Freibetrag für Übungsleiter wird von 1 848 Euro auf 2 100 Euro erhöht und auch Großspenden an Stiftungen werden erleichtert. Es gibt noch eine Menge Details, die ich jedoch nicht einzeln aufführen möchte, denn dann müsste ich zu sehr ins Detail gehen.
Bürgerschaftliches Engagement braucht gute Rahmenbedingungen und auch wir in Sachsen sind seit Jahren auf einem guten Weg. Mit der „Aktion 55“ haben wir in der vergangenen Zeit etwas bewahrt und ausgebaut, was bundesweit einmalig ist. Die SPD hat im Jahr 2004 – damals noch in der Opposition – einen Antrag zur Weiterführung und zum Ausbau der Förderung ehrenamtlichen Engagements in den Landtag eingebracht, über den abgestimmt wurde. Bezeichnend für die hohe Wertschätzung dieser Arbeit war, dass dieser Antrag einstimmig angenommen wurde. Es war einer der letzten Anträge in der letzten Legislaturperiode.
Die Koalitionsverhandlungen boten dann eine gute Gelegenheit, die Vorstellungen der SPD weiter auszubauen, wobei es richtig ist, dass wir besonders bei den Sozialpolitikern des Koalitionspartners eigentlich überhaupt keine Überzeugungsarbeit zu leisten hatten. Unsere heutigen Ergebnisse, die in der Stellungnahme der Staatsregierung dokumentiert sind und die auch mein Vorredner benannt hat – bzw. wird Herr Krauß wohl noch darauf eingehen –, können sich bundesweit sehen lassen. Bereits die Enquetekommission des Bundestages hatte in den Berichten über die Bundesländer neben vielfältiger Kritik darauf hingewiesen, dass diese Art der konkreten Förderung dem ehrenamtlichen Engagement guttut.
Wer sich freiwillig engagiert, freut sich auch über Anerkennung. Er freut sich aber nicht nur über Auszeichnungen und symbolische Anerkennung, sondern auch über
konkrete Hilfe, wie Versicherungsschutz – er wurde genannt –, Beratung und Fortbildung und natürlich über die Aufwandsentschädigung, die hier im Freistaat gezahlt wird, wie sie mit der „Aktion 55“ eingeführt und mit der Richtlinie „Wir für Sachsen“ ausgedehnt wurde. Dies hilft insbesondere den Menschen, bei denen zu Hause nicht gerade Meißener Porzellan herunterfällt, sondern einfaches Tongeschirr – auch für diese machen wir das –, und den Menschen, die nicht die Ressourcen haben, sich von ihren eigenen Mitteln zu engagieren. Das Ehrenamt kann nicht eine bevorzugte Sache von Menschen sein, die sozial abgesichert sind und die sich die Aufwendungen, die daraus entstehen, leisten können. Darauf haben wir großen Wert gelegt und das ist in Sachsen auch entsprechend umgesetzt.