Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD ist die Partei des deutschen Sozial- und Nationalstaates und lehnt deswegen ganz grundsätzlich die stufenweise Umwandlung desselben
Unter der Modebezeichnung „Public Private Partnership“ – zu Deutsch: öffentlich-private Partnerschaften – wollen interessierte Wirtschaftskreise und ihre politischen Lautsprecher immer mehr Kommunen die Entstaatlichung kommunaler Kernaufgaben durch Privatisierung schmackhaft machen. Immer mehr Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge sollen der staatlichen Organisationskompetenz entzogen und privaten Entscheidungsträgern übertragen werden, so etwa die Versorgung mit Gas, Wasser und Elektrizität, Bahnverbindungen, Krankenhäuser, Telefonnetz, Bildung und Autobahnen. Öffentlichprivate Partnerschaften fungieren hier als Türöffner für eine perspektivisch restlose Durchökonomisierung öffentlicher Aufgaben mit der Folge einer schlechteren Versorgung mit Kollektivgütern. Als Argument für diese natürlich aus den USA stammenden Kooperationsformen zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren muss immer wieder die vorgebliche Kostengünstigkeit privater Leistungsanbieter herhalten.
In vielen Kommunen haben sich PPP-Formen aber nicht als Segen, sondern als Fluch für die Stadtväter und ihre Bürger erwiesen. In immer mehr – früher – reformfreudigen Kommunen geht man wieder dazu über, ehedem privatisierte öffentliche Aufgaben zu rekommunalisieren. Ein Beispiel dafür ist die 52 000-Einwohner-Stadt Bergkamen, die seit Sommer 2006 die Mülltonnen nicht mehr von einer Privatfirma leeren lässt, sondern dies jetzt wieder einem eigenen städtischen Betrieb mit eigenen Arbeitern und Angestellten übertragen hat. Obwohl das
kommunale Unternehmen zuerst 1,6 Millionen Euro in neue Fahrzeuge und Logistik investieren musste, sanken die Kosten für die Abfallsammlung seither um 30 %, und die Bergkamener konnten sich schon über zwei Gebührensenkungen in Folge freuen.
Auch ein Beispiel aus Mitteldeutschland erweist öffentlich private Partnerschaften als Weg in die Sackgasse. Im brandenburgischen Kreis Uckermark hatte eineinhalb Jahrzehnte ein Privatunternehmen den Müll weggeschafft, allerdings zu Preisen, die der finanzschwache Landkreis mit seinen 30 000 Hartz IV-Empfängern nicht mehr zahlen konnte. Dann beschloss der Landkreis, selbst zum Unternehmer zu werden, und, wie die Zwischenbilanz zeigt, mit großem Erfolg. Die Abfallentsorgung ist nach Angaben des Landrates im Vergleich zu früher rund 1 Million Euro im Jahr billiger geworden. Zudem kann der Kreis seinen Müllwerkern ein auskömmliches Tarifgehalt zahlen, was bei den Angestellten der Privatfirma nicht der Fall gewesen ist.
Während Bund und Länder – getrieben von der unheiligen Dreifaltigkeit von Privatisierung, Deregulierung und Flexibilisierung – von Universitätskliniken bis zur Flugsicherung alles entstaatlichen, entdecken immer mehr Städte und Landkreise die Rekommunalisierung und fahren damit auch gut. Meistens sinken die Gebühren, und die Einnahmen bleiben vor Ort und wandern nicht auf die Konten ferner Konzernzentralen.
Gerade in den Bereichen Energie und Abfall haben es Großunternehmen mit monopolartigen Strukturen geschafft, zulasten der Bürger beträchtliche Gewinne abzuschöpfen. Die Tendenz zur Rekommunalisierung sieht die private Versorgungswirtschaft und Entsorgungswirtschaft natürlich mit größter Sorge. Wie gut, dass sie sich in der Vertretung ihrer Interessen auf die etablierte Politik, namentlich die Globalisierungsavantgardisten von CDU und FDP, verlassen kann.
Die CDU-FDP-Landesregierung von NordrheinWestfalen erzwingt regelrecht die Beibehaltung des oftmals gemeinwohlschädlichen Privatisierungskurses und will den Kommunen mit Gesetzen unternehmerische Ausflüge nur noch in Ausnahmefällen erlauben – zum Segen der weiter beträchtliche Gelder scheffelnden Privatanbieter. Diesem in vielen Fällen unsozialen und auch wirtschaftlich vernunftwidrigen Privatisierungsdiktat verweigert sich die NPD-Fraktion. Wir lehnen den Antrag der FDP zur Forcierung von PPP-Projekten deswegen ab und werden uns bei dem Koalitionsantrag enthalten, da er ja nur ein Auskunftsbegehren ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Glück werden im Freistaat Sachsen nur bestimmte Unterlagen geschreddert,
andere sind noch problemlos auffindbar. So ist zum Beispiel die Geschichte der Initiativen zum Thema „Public Private Partnership“ hier in der 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages problemlos nachzulesen.
Vor fast zwei Jahren, im September 2005, hat meine Fraktion Öffentlich-Private Partnerschaften in diesem Hause zum Thema gemacht. Wir beantragten, ein PPPKompetenzzentrum innerhalb der Staatsregierung einzurichten, um Kommunen, Gebietskörperschaften und andere Vorhabensträger kompetent zu beraten und gemeinsame Projekte der öffentlichen und privaten Hände in Sachsen voranzutreiben.
Die Mehrheit dieses Hauses wollte das nicht. Die Koalition konnte sich seinerzeit nur – ja, Sie ahnen es schon – auf einen Berichtsantrag einigen. Fast zwei Jahre nach unserem Antrag nimmt die Koalition nun den FDP-Antrag zum Anlass, in gewohnt devoter Haltung an die Staatsregierung heranzutreten, man möge doch einmal mit den Kommunen und Kreisen beraten, ob eine zentrale Anlaufstelle zum Thema ÖPP geeignet erscheint.
Meine Damen und Herren! Herr Dr. Hähle! Herr Prof. Weiss! Statt sich erneut berichten zu lassen, hätten Sie sich vor zwei Jahren oder auch diese Woche einmal eine halbe Stunde an das Telefon setzen und bei irgendwelchen beliebigen Kommunen in Sachsen anrufen können. Das Ergebnis wäre gewesen: Jawohl, eine solche Einrichtung ist sinnvoll und wünschenswert. Sie hätten auch in der aktuellen Studie „Chancen und Risiken von PPP in den neuen Bundesländern“ des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung nachlesen können, da heißt es: „Vielen Kommunen fehlt bisher noch das notwendige Know-how, um PPP-Projekte zu initiieren und erfolgreich umzusetzen. Es ist für eine Verbesserung des Informations- und Wissensstandes zwingend erforderlich, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung aller zuständigen Gremien und Ministerien auf Landesebene aufzubauen.“
Meine Damen und Herren! Wo sehen wir nun die spezifischen Potenziale von PPP in Sachsen? Nach unserer Auffassung ist Public Private Partnership ein sinnvolles und geeignetes Instrument, um die erheblichen Sanierungsbedarfe und Investitionsdefizite der sächsischen Kommunen abzubauen. Für uns kann PPP dazu beitragen, dass öffentliche Investitionen schneller, früher und wirtschaftlicher durchgeführt werden, ohne aufgrund einer Vollprivatisierung die Gesamtverantwortung für die Daseinsvorsorge aus den öffentlichen Händen zu geben.
Mit ÖPP kann man die Finanzierungsvorteile der öffentlichen Hände mit der Effizienz des privaten Sektors verknüpfen. Das bringt in der Regel 20 % mehr oder höhere Wirtschaftlichkeit. Wichtig ist dabei, dass für beide Seiten ein Gewinn entsteht, eine Win-Win-Situation also. Im Ergebnis geht es um einen deutlichen Mehrwert zum selben Aufwand. Wichtig ist, dass Öffentlich-Private
Partnerschaften nicht nur auf die Finanzierung reduziert werden, sondern sich die Partnerschaft auf den gesamten Lebenszyklus der Investition erstreckt – von der Planung über die Finanzierung, das Bauen, das Betreiben und gegebenenfalls auch das Verwerten. Deshalb ist die Gestaltung des Vertrages außerordentlich wichtig. Hier müssen ganz akribisch alle Risiken und Eventualitäten über den gesamten Lebenszyklus der Investition abgebildet werden.
Um PPP für beide Seiten sinnvoll zu gestalten, meine Damen und Herren, muss vor allem der Risikoverteilung allergrößte Aufmerksamkeit zuteil werden. Beispielsweise geht es um Baukostenrisiken, um Betriebskostenrisiken, aber auch um Einnahmevorausschaurisiken. Für die öffentlichen Hände ist die Verteilung der Risiken die wichtigste, aber auch die schwierigste Frage. Letztendlich stellen die zukünftigen Nutzer und der Steuerzahler die finanziellen Mittel für die Investition und die Lebenszykluskosten zur Verfügung.
Meine Damen und Herren! Aber PPP ist auch kein Allheilmittel. Sie wird die Kommune nicht aus der Verschuldungsfalle befreien. Wer kein Geld hat, kann weder Bauherr noch Miteigentümer sein.
Daran ändert ÖPP gar nichts. Auch ist nicht jedes Bauvorhaben für eine Partnerschaft geeignet. Die wirtschaftlich erfolgreiche Durchführung mittels PPP hängt von verschiedensten projektspezifischen Parametern ab. Es gilt daher, im Einzelfall zu entscheiden, ob PPP zu einem Gewinn bei allen Beteiligten führen kann.
Um nun die geeigneten von den ungeeigneten Projekten unterscheiden zu können, sind die Vorhabenträger und Investoren auf Beratung angewiesen. Deshalb haben die meisten Bundesländer inzwischen entsprechende Kompetenzzentren eingerichtet. Erst vorgestern hat das PPPKompetenzzentrum in Rheinland-Pfalz seine Arbeit aufgenommen. Am selben Tag wurde zudem bekannt, dass auch der Bund zusammen mit der Wirtschaft eine Beratungsfirma für ÖPP-Projekte ins Leben rufen wird.
Meine Damen und Herren! Leider treten wir hier in Sachsen seit Jahren auf der Stelle. Die Potenziale, die Öffentlich-Private Partnerschaften haben, können daher in Sachsen immer noch nur von denen genutzt werden, die sich selbst helfen können. Wer auf Beratung der Staatsregierung hofft, bleibt im Regen stehen. Warum, meine Damen und Herren? Weil hier die Staatsregierung eben wieder einmal nur ersucht wird zu berichten, anstatt dass endlich begonnen wird, politisch zu handeln.
PPP heißt nicht, Chancen zu privatisieren und Risiken zu sozialisieren. PPP ist keine feindliche Übernahme, sondern Partnerschaft. PPP ist nicht deshalb schlecht, wenn die handelnden Personen schlechte Verträge machen. Investruinen gibt es schließlich auch bei öffentlichen Investitionen, und wenn Herr Stolpe mit seiner Cargolifter-Halle ein PPP-Projekt gemacht hätte, dann hätte jetzt
In der Diskussion geht es immer nur um schwarz oder weiß, um ja oder nein. Begreifen wir das als zusätzliche Chancen. Dafür ist die Beratung notwendig, und deshalb ist der FDP-Antrag der richtigere von den beiden. Natürlich kann man auch nur dem CDU- und SPD-Antrag zustimmen.
Das war die erste Runde. Gibt es Bedarf für eine zweite Runde? – Das kann ich nicht erkennen. Möchte die Staatsregierung sprechen? – Ja, Herr Finanzminister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zu dieser Problematik will ich mich ausdrücklich für die Ausführungen von Herrn Prof. Bolick und Herrn Pecher bedanken.
Danke. – Somit kämen wir zu den Schlussworten. Das Schlusswort für die Koalition für den ersten eingereichten Antrag hält Prof. Bolick; bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diejenigen, die hier immer PPP fordern, möchte ich einmal mit jemandem vergleichen, der einen beschimpft, der ein Häusel gebaut hat. Er hat es aus Eigenmitteln gebaut oder aus Ererbtem oder sonst wie und wird beschimpft, weil er die Möglichkeiten der Kreditwirtschaft nicht nutzt.
Nein, das geht überhaupt nicht. Sie bzw. Herr Schmalfuß haben vorhin gerade erzählt, dass die Kreditwirtschaft ganz nach vorn gegangen ist und schon Konferenzen darüber abgehalten hat. Dann sage ich: Nachtigall, ick hör’ dir trapsen.
Nein; hören Sie erst einmal zu, Herr Schmalfuß. – Wenn Sie sagen, dass die sächsische Bauindustrie hiervon etwas hat, dann haben Sie noch nicht auf die Bautafeln eines solchen PPP-Projektes
geschaut, welche Firmen dort draufstehen. Dort finden Sie keine sächsischen Firmen und dann können Sie mir nicht erzählen, dass wir gegen die sächsische Bauindustrie arbeiten. Im Gegenteil: Unser Staatshochbauamt gibt sich viel Mühe, größere Aufträge so zu zerpflücken, dass die Mittelständler eine Chance haben, sich zu bewerben und einen Auftrag zu bekommen. Das ist Förderung des Mittelstandes, und so machen wir es in Sachsen.
Ich glaube, es ist einigen noch nicht klar geworden, dass PPP nur für die etwas ist, die nichts in der Tasche haben – ich sage es einmal so. Darin muss ich auch meinem Kollegen Mario Pecher widersprechen: Wenn man etwas in der Tasche hat, dann kann man möglicherweise mit PPP noch mehr machen, das sehe ich ein; aber man kann damit auch für viele Jahre eine Menge Projekte erst einmal anschieben und hat in fünf oder zehn Jahren überhaupt keinen Handlungsspielraum, weil man nur die Finanzierung für die Verpflichtungen, die man mit diesen Projekten eingegangen ist, abdienen muss.
Aus diesem Grund sagen wir: PPP muss mit einer scharfen Brille gesehen werden, und wir sehen es im Freistaat so: Ist denn das Wesentliche, dass wir PPP haben, oder ist das Wesentliche, dass wir in Sachsen bauen? Wir bauen in Sachsen mehr als alle anderen, und das ist doch das Primäre. Ich weiß nicht, was Sie immer wieder kritisieren wollen – es geht nicht um PPP, es geht darum, dass wir im Land vorankommen.