Protocol of the Session on January 21, 2005

Danke schön.

Ich bitte Herrn Wehner, PDS-Fraktion, die Frage Nr. 20 zu stellen.

Frau Präsidentin! Ich habe eine Anfrage zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Vor In-Kraft-Treten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) wurden für chronisch Kranke und behinderte Menschen bei entsprechender medizinischer Indikation in bestimmten Fällen Leistungen auf den Gebieten der Physiotherapie, des Reha-Sportes sowie der Sprachund Heilerziehung als Dauerleistungen erbracht.

Ich bitte die Staatsregierung um Beantwortung folgender Fragen:

1. Wodurch ist es gerechtfertigt, dass mit dem In-KraftTreten des GMG in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst bei chronisch Kranken und behinderten Men

schen, für die ein langfristiges Behandlungsprogramm festgelegt worden war und die auf dieses angewiesen sind, die Leistungen nach zwölf Wochen abgebrochen bzw. unterbrochen werden?

2. Widerspricht eine solche Praxis nicht langjährigen medizinischen Erkenntnissen der Rehabilitation?

Frau Ministerin, ich bitte um Ihre Antwort.

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Wehner, die von Ihnen angesprochenen Veränderungen sind nicht auf das In-Kraft-Treten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zurückzuführen. Die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung haben nach wie vor Anspruch auf Leistungen der Rehabilitation sowie auf die medizinisch notwenige Versorgung mit Heilmitteln. Zu diesen Heilmitteln gehören Physiotherapie, Sprachtherapie und Ergotherapie. Die von Ihnen genannten Beispiele stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung der Heilmittelrichtlinie. In dieser Richtlinie wird die Verordnung von Heilmitteln im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung geregelt. Eine Änderung der Heilmittelrichtlinie wurde notwendig, weil es Probleme in der praktischen Anwendung der Richtlinie gab und weil es zu einem überproportionalen Anstieg der Kosten bei der Heilmittelversorgung gekommen war.

Die Heilmittelrichtlinie wird, wie Sie sicherlich auch wissen, vom gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen und ist in ihrer geänderten Fassung am 1. Juli 2004 in Kraft getreten. Der neue Heilmittelkatalog gibt Verordnungsmengen vor, die nach Diagnosen differenziert sind. Bei schweren Erkrankungen, die eine längerfristige Behandlung erfordern, legt die Heilmittelverordnung größere Verordnungsmengen für einzelne Diagnosegruppen fest. Damit hat der Arzt in medizinisch begründeten Fällen die Möglichkeit, längerfristige Verordnungen auszustellen.

Es ist korrekt, dass die Heilmittelrichtlinie im Regelfall eine Therapiepause nach zwölf Wochen vorsieht. Allerdings sind weitere und insbesondere längerfristige Verordnungen außerhalb des Regelfalles nach wie vor möglich. Diese Verordnungen müssen aber besonders begründet und der Krankenkasse zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Therapie kann in diesen besonderen Fällen ohne Pause fortgeführt werden, auch wenn der Genehmigungsbescheid der Krankenkasse noch nicht vorliegt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für diese Behandlung bis zum Bescheid, auch wenn der Antrag später abgelehnt wird.

So viel dazu.

Herr Apfel bekommt Gelegenheit, die Frage Nr. 7 zu stellen.

Frau Präsidentin! Ich habe zwei Fragen zu Korruption und Korruptionsbekämpfung in Sachsen.

1. Welche Initiativen beabsichtigt die Staatsregierung auf gesetzgeberischem und juristischem Gebiet zu starten – etwa in Gestalt eines Antikorruptionsgesetzes –, um Korruption und illegale Vorteilsnahme künftig mit juristischen Mitteln wirkungsvoller bekämpfen zu können?

2. Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über den Rang Sachsens innerhalb der bundesdeutschen Korruptionsskala vor?

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, die Staatsregierung führt ihren Kampf gegen Korruption nicht allein auf dem Feld der Strafverfolgung. Über „INES“ haben wir heute schon gesprochen. Im Koalitionsvertrag ist unter anderem vereinbart: „Korruption wird in Sachsen entschlossen bekämpft. Die Staatsregierung wird für ein bundesweites Korruptionsregister und eine Kronzeugenregelung initiativ.“ Die Staatsregierung tritt demzufolge entschlossen für eine Verbesserung der Korruptionsbekämpfung ein. Ich will zwei mir wichtige Punkte nennen.

Das eine ist, wie gesagt, die Schaffung eines bundesweiten Antikorruptionsregisters. Die Einrichtung eines solchen zentralen Registers über unzuverlässige Unternehmen ist in dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Vergaberechtes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 8. Oktober 2004 vorgesehen. Dieser Entwurf wird derzeit innerhalb der Bundesministerien und mit den Ländern abgestimmt. Im Freistaat Sachsen wird dieses Gesetzgebungsverfahren federführend begleitet vom Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit unter fachlicher Beteiligung der Staatsministerien des Innern und der Justiz. Einer eigenständigen sächsischen Bundesratsinitiative zur Errichtung eines bundesweiten Korruptionsregisters bedarf es danach derzeit nicht.

Die Aktivitäten der Staatsregierung gehen weiter. Sie unterstützt – wie schon in der Vergangenheit vergleichbare Initiativen – grundsätzlich auch einen am 24. März 2004 vom Bundesrat in den Bundestag eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Kronzeugenregelung im Strafrecht und zur Wiedereinführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten. Davon wären nämlich auch Korruptionsdelikte des Strafgesetzbuches umfasst.

Zu Ihrer zweiten Frage betreffend den Rang Sachsens bei Korruptionsermittlungsverfahren und Korruptionsstraftaten im Länderranking: Ich zitiere Zahlen aus dem vom BKA seit 1994 erstellten Lagebild Korruption in der Bundesrepublik Deutschland, das aktuell für das Jahr 2003 vorliegt, mit Stand 4. August 2004. Danach wurden im Jahr 2003 bundesweit 1 100 Korruptionsermittlungsverfahren mit insgesamt 7 232 Korruptionsstraftaten registriert. 87,7 % der Korruptionsstraftaten fielen auf die so genannten alten Bundesländer; in den neuen Bundesländern wurden insgesamt 892 Korruptionsstraftaten festgestellt. Auf Sachsen entfielen dabei 67 Korruptionsverfahren und -straftaten bei etwa 4,3 Millionen Einwohnern. Sachsen steht damit erfreulich gut da. Nur drei Bundes

länder wiesen bei den Korruptionsstraftaten geringere Fallzahlen aus.

Die Aussagekraft statistischer Daten ist begrenzt. Aufgrund der deliktspezifischen Besonderheiten der Korruptionskriminalität – Stichwort „Holkriminalität“, es gibt keine Opfer, es gibt nur „Gewinner“ – ist davon auszugehen, dass die vom BKA dokumentierten Fälle nur einen Teil des tatsächlichen Kriminalitätsaufkommens ausmachen und dass das Dunkelfeld beträchtlich ist. Die weitere Entwicklung – auch der Statistik – werden wir sorgfältig beobachten.

Die – wenn auch moderate – Zunahme der festgestellten Korruptionsstraftaten in Sachsen im Jahresvergleich 2002 zu 2003 von 60 auf 67 könnte darauf hindeuten, dass es richtig war, mit der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen ein wirksames und schlagkräftiges Instrument der Korruptionsbekämpfung zu schaffen.

Danke schön.

Herr Petzold kann seine Frage zu Energieautarkie-Projekten im Freistaat Sachsen jetzt stellen; Frage Nr. 8.

Frau Präsidentin, ich möchte zwei Fragen an die Staatsregierung richten: 1. Welche Informationen liegen der Staatsregierung darüber vor, ob auch im Freistaat Sachsen EnergieautarkieProjekte betrieben werden wie beispielsweise in Hessen, wo – Presseberichten zufolge – eine Gemeinde im Kreis Göttingen seit kurzem ihre Energieversorgung komplett durch Aufbereitung von Biomasse bestreitet?

2. Welche Untersuchungen hat die Staatsregierung zu der Frage angestellt oder in Auftrag gegeben, in welchem Maße Energieautarkie-Projekte den sächsischen Energiemarkt entlasten und zu sinkenden Energiepreisen für den Endverbraucher führen könnten?

Es antwortet Herr Staatsminister Tillich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abg. Petzold! Zur Frage 1: Der Sächsischen Staatsregierung sind keine Energieautarkie-Projekte im Freistaat Sachsen bekannt. Zur Frage 2: Die energiepolitischen Ziele der Staatsregierung lauten im Ersten: Gewährleistung einer langfristig sicheren und umweltverträglichen Bereitstellung von Energie für alle Verbraucher und zum Zweiten: Festigung und Ausbau der Energiewirtschaft als leistungsstarkes Element der sächsischen Wirtschaftsstruktur – auch nachzulesen im Energieprogramm des Freistaates Sachsen aus dem Jahr 2004.

Energieautarkie-Projekte erfüllen unserer Meinung nach diese Ziele regelmäßig nicht. Entsprechend hat die Staatsregierung keine Untersuchungen zu solchen Energieprojekten in Auftrag gegeben.

Ich bedanke mich.

Meine Damen und Herren, der Zeitrahmen für die Fragestunde ist abgelaufen. Ich bitte die Regierungsmitglieder, die Antworten auf alle Fragen, die aus Zeitmangel oder wegen entschuldigter Abwesenheit des Fragestellers nicht beantwortet wurden, zur Aufnahme in das Plenarprotokoll dem Sitzungsvorstand zu übergeben. Wir bitten den Stenografi

schen Dienst, diese dann in das Plenarprotokoll aufzunehmen.

Meine Damen und Herren, es ist 12:45 Uhr. Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und treffen uns pünktlich um 13:45 Uhr hier im Saal wieder. Guten Appetit!

(Unterbrechung von 12:44 Uhr bis 13:48 Uhr)

Schriftliche Beantwortung weiterer Fragen

Frage Nr. 5 Abwanderung aus dem Freistaat Sachsen

Eine Studie der Fachhochschule Magdeburg-Stendal im Auftrag der Landesregierung Sachsen-Anhalt belegt, dass die Abwanderung junger Menschen aus den neuen Bundesländern seit 1998 wieder angestiegen ist. Als Hauptmotive für diese Entwicklung wurden geringe Qualifikationsangebote und die Arbeitsplatzunsicherheit genannt.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Inwieweit ist ein vergleichbarer Anstieg der Abwanderung auch in Sachsen zu beobachten?

2. Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um den von den betroffenen Menschen angegebenen Beweggründen für die Abwanderung aus dem Freistaat aktiv entgegenzuwirken?

Zu 1.: Seit 1998 ist auch für Sachsen ein Anstieg der Fortzüge festzustellen. Dieser Anstieg erreichte 2002 einen Höhepunkt, verringerte sich jedoch bis 2003. So betrug 2003 der Überschuss der Fortzüge gegenüber den Zuzügen nach Sachsen lediglich zirka 9 000 Personen, in SachsenAnhalt zirka 13 000 Personen. Der Überschuss der Fortzüge je 1 000 Einwohner ist seit 1998 in Sachsen beträchtlich geringer als der Überschuss der Fortzüge je 1 000 Einwohner in Sachsen-Anhalt. Hauptmotiv für die Fortzüge aus Sachsen war die Arbeitstätigkeit außerhalb Sachsens. Zu 2.: Im Mittelpunkt der Anstrengungen der Staatsregierung steht eine aktive und erfolgreiche Wirtschaftspolitik, die unter anderem dazu beiträgt, das Arbeitsplatzangebot in Sachsen (einschließlich der Ausbildungs- plätze) zu stabilisieren. Der Rückgang der Fortzüge 2003 gegenüber 2002 um zirka 14 000 Personen aus Sachsen kann deshalb auch als ein Indiz dafür gewertet werden, dass sich die Arbeits- und Lebensbedingungen in Sachsen verbessert haben.

Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands sind darüber hinaus von weiteren Einflussfaktoren abhängig, wie zum Beispiel von:

einer aktiven Hochschul- und Bildungspolitik,

einer weltoffenen, toleranten und gut gebildeten Bevölkerung,

von den weichen Standortfaktoren (Kulturangebote etc.),

von den Lebenshaltungskosten und nicht zuletzt

vom politischen Klima.

Zur Information:

Vergleich der Wanderungssalden Sachsen und SachsenAnhalt