Protocol of the Session on January 21, 2005

(Vereinzelt Beifall bei der PDS und den GRÜNEN)

Ich finde, Ihr Verweis auf die Sahara ist auch wieder nur ein Trick, um den Kopf in den Sand stecken zu können und davon abzulenken, dass die Hauptursache für die Feinstaubemission im Straßenverkehr liegt.

(Unruhe)

Wenn Sie das abstreiten, dann bezeichnen Sie den Deutschen Städtetag und seine 17-seitige Orientierungshilfe für die Kommunen als Lügner, denn es ist der Deutsche Städtetag, der ebenfalls noch einmal deutlich unterstrichen hat: Hauptverursacher für die Feinstaubemission ist der Straßenverkehr.

Als wir vor reichlich einem Monat in diesem Landtag schon einmal über Emissionen gesprochen haben, kritisierten Sie, Frau Deicke von der SPD, am GRÜNEN-Antrag, dass man sich vor allem auf den Verkehr konzentriere, und Sie sagten, Feinstaub sei nicht nur ein Verkehrsproblem. Sie kündigten in dem darauf folgenden Antrag an, diesen Kritikpunkt zu verbessern. Nun

habe ich Ihren Antrag mehrmals gelesen und hatte, ehrlich gesagt, gehofft, Sie nennen jetzt noch andere Handlungsfelder, wie man Staubemissionen außerhalb des Verkehrsbereiches reduzieren kann. Ich muss sagen, ich habe an konkreten Handlungsfeldern jenseits des Verkehrs, den Sie benennen, nichts finden können, und selbst im Verkehrsbereich reduzieren Sie sich auf eine einzige Forderung, nämlich auf die Nachrüstung von Partikelfiltern. Das ist zwar eine löbliche Sache und es ist richtig und schön, dass Sie das fordern, aber angesichts der Brisanz der Lage ist es verdammt wenig, zumal wir schon vor fünf Wochen die Chance hatten, über einen Antrag, der wesentlich weitergeht, abzustimmen und ihm zuzustimmen.

Bei diesem Antrag habe ich wieder ein bisschen das Gefühl, Sie wollen nur den Eindruck erwecken, dem Land seien in dieser Frage, wenn es um konkrete Maßnahmen geht, die Hände gebunden; das Einzige, was man machen könne, sei, in Richtung Bund zu blicken und dort noch einmal die Nachrüstung der Partikelfilter einzufordern. Ich finde, das ist Augenwischerei. Das Land hat sehr wohl Instrumente, auch die verkehrsverursachten Emissionen zu reduzieren. Wir haben vor fünf Wochen schon sehr ausführlich darüber gesprochen; deswegen nenne ich hier nur noch einige Stichworte.

Wir können sehr wohl als Land entscheiden, wie viel Prozent der Gemeindeverkehrsfinanzierungsgelder wir in den öffentlichen Personennahverkehr stecken und wie viel wir in den Straßenbau stecken.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS und den GRÜNEN)

Wir können sehr wohl entscheiden, wie stark wir Bus und Bahn fördern.

Frau Windisch, Sie setzen immer nur auf das Wundermittel Autobahnbau. Dass das in manchen Fällen nicht nur wirkungslos, sondern auch kontraproduktiv ist, wird uns leider immer wieder vor Augen geführt, aber Sie sind da trunken von dem Irrglauben, man könne mit mehr Straßenbau das Problem lösen.

Um es auf den Punkt zu bringen: All das, was heute in dem Antrag der Koalition steht, hätten wir bereits vor fünf Wochen beschließen können, und zwar eher, wesentlich konkreter, wesentlich verbindlicher und vor allen Dingen wesentlich konsequenter. Aber immerhin, dieser Antrag ist ein Schritt, wenn auch ein winzig kleiner Schritt in die richtige Richtung. Die PDS-Fraktion will sich sozusagen dem Erkenntniszugewinn seitens der Koalition nicht in den Weg stellen. Auch wenn er reichlich spät, reichlich halbherzig kommt und wenn er der Nachhilfe durch den kleinen Koalitionspartner zu verdanken ist, werden wir diesem Antrag trotzdem zustimmen, wohl wissend, dass man deutlich weitergehen muss, als die Koalition bereit ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat die NPD-Fraktion. Herr Abg. Paul, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Dringlichkeit der Reduzierung der Luftschadstoffe im Freistaat Sachsen war bereits auf der Plenarsitzung vom 10. Dezember im Bereich der Reduzierung von Feinstaub auf der Tagesordnung, damals mit einem Antrag der GRÜNEN, der eben angeführt wurde. Wir hatten den damaligen Antrag aufgrund seines Inhalts und aufgrund seiner Ausrichtung abgelehnt; denn was wir in unserem Land benötigen, ist unserer Auffassung nach eine Verkehrspolitik, die einerseits umweltfreundlich ist – das ist unbestritten –, die sich andererseits jedoch nicht wirtschaftshemmend auswirkt. Dafür müssen klare und zukunftsweisende Konzepte erarbeitet werden, was nicht durch einen übersteigerten und blinden Aktionismus zu lösen ist.

Darum gilt es, wie im Antrag gefordert, die Werte, die Zusammensetzung und die Herkunft der Schadstoffe in der Luft zu untersuchen, bevor man reagieren kann. Wie im Einzelnen die daraus resultierenden Maßnahmen zur Reduzierung bzw. zur Einhaltung der Grenzwerte umgesetzt werden sollen, stellt meiner Meinung nach eine sehr hohe Herausforderung für die Staatsregierung dar. Wir sind gespannt, welche Maßnahmen da eingeleitet werden sollen.

In Bezug auf die EU-Luftreinhalterichtlinie und aus Verantwortung für die Gesundheit unserer Landsleute ist deren Umsetzung ohnehin notwendig. Darum wird die NPD-Fraktion dem vorliegenden Antrag von CDU- und SPD-Fraktion zustimmen. Unserer Auffassung nach ist diese EU-Richtlinie ausnahmsweise begrüßenswert. Es muss ohnehin reagiert werden, da einzelne Bürger die Einhaltung der Grenzwerte einklagen können. Der BUND und die Deutsche Umwelthilfe haben bereits Entsprechendes angekündigt und hier muss gehandelt werden, bevor die Kommunen dadurch Nachteile erleiden.

In Sachsen haben wir eine relativ hohe Belastung durch Feinstaub in den Ballungsgebieten von Dresden, Chemnitz und Leipzig sowie nach einer Studie aus dem Jahr 2002 auch in Görlitz, meist hervorgerufen durch den dichten Verkehr einer wachsenden Zahl von Kraftfahrzeugen und vor allem durch die Masse von Lastwagen. Hier könnte eine Prüfung der Verkehrsplanung der betreffenden Städte Abhilfe schaffen. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre, die Verlagerung von Transporten auf die Schiene für die Unternehmen lukrativer zu gestalten.

Ein Meilenstein wäre die heute schon angesprochene und vom Bundeskanzler für 2005 versprochene Förderung von Rußfiltern für Dieselfahrzeuge, doch dies scheint aufgrund der aktuellen Entwicklung leider noch in weiter Ferne zu liegen. Die Forderung, dass die Bundesregierung im Hinblick auf die Probleme durch Ferneintrag von Feinstaub aktiv wird, ist äußerst begrüßenswert. Es ist mittlerweile allerdings kein Geheimnis mehr, dass zum Beispiel der VW-Konzern, welcher allein einen 40-köpfigen Bereich für Regierungsbeziehungen unterhält und von dem nun auch bekannt wurde, dass hochrangige Politiker der SPD auf der Gehaltsliste des Konzerns stehen, erreicht hat, eine parlamentarische Entscheidung zur Förderung des Partikelfilters um Monate zu verzögern, bis dies seitens der EU angemahnt wurde. Dies macht einmal mehr deutlich, welchem Einfluss durch Lobbyisten die derzeitige Bun

desregierung in ihrer Entscheidungsfindung unterliegt. Hier besteht nach Ansicht unserer Fraktion dringender Handlungsbedarf, was durch die heutige Entscheidung über den Bundesrat transportiert werden könnte.

Wir wünschen uns bzw. rufen dazu auf, sich nachhaltig dafür einzusetzen, dass erstens die Richtlinie eingehalten wird, aber auch zweitens, dass die Politik in diesem Bereich frei von Einflüssen durch Lobbyisten entscheiden und handeln kann.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Das Wort hat die FDP-Fraktion. Herr Günther, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion stimmt für den Antrag der Koalition

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

und fordert die Staatsregierung auf, diesen Antrag mit aller Gründlichkeit und ohne Hektik umzusetzen, gehen doch die Ansätze in die richtige Richtung. Wir brauchen in Sachsen eine Sonderwirtschaftsregion, auch und insbesondere im Umweltschutzbereich. Die Wichtigkeit, auch in diesem Bereich eine Sonderwirtschaftsregion in Sachsen zu haben, hat unser Ministerpräsident am 11.11. zur DHL-Debatte hier ausgeführt. Ich möchte nur einmal kurz zitieren: „Wir müssen uns in Sachsen die Frage stellen, was im Augenblick mehr bedroht ist, ob unser Hauptproblem die Schaffung von Arbeitsplätzen ist oder ob es darum geht, auch hier in Sachsen Standards durchzusetzen, die nirgendwo außerhalb Deutschlands akzeptiert werden.“

Genauso sehe ich den Antrag der Koalition, insbesondere wenn man bedenkt, dass es zum Feinstaub einen Beschluss des Bundesrates vom 11. Juni 2004 gibt. Dabei geht es um die Nichteinhaltbarkeitsgrenze dieser EURichtlinie: „Der Bundesrat bittet darüber hinaus die Bundesregierung, sich angesichts der Schwierigkeiten bei der fristgemäßen Einhaltung der Grenzwerte für eine Verlängerung der Einhaltungsfristen bei der Europäischen Kommission einzusetzen.“ Das ist praxisnah der Beschluss des Bundesrates.

Gestatten Sie zwei Zwischenfragen?

Frau Präsidentin, wenn der Herr Lichdi erklären möchte, warum er den Umweltausschuss geschwänzt hat, ja.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der FDP)

Die Frage können Sie ihm sicherlich nicht vorgeben, aber gestatten Sie ihm eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Abg. Lichdi.

Herr Günther, ist Ihnen bekannt, dass die Fragen, die wir jetzt bezüglich Feinstaub und Reinhaltung der Luft diskutieren, auf einer EURichtlinie basieren? Stimmen Sie mir zu, dass die Bundesrepublik Deutschland Teil der EU ist?

Sie haben durchaus Recht. Eben deswegen bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bei der EU für eine Verlängerung der Fristen einzutreten.

Gestatten Sie noch die zweite Zwischenfrage?

Aber gern.

Frau Abg. Kipping, bitte.

Ich möchte nachfragen, ob Sie tatsächlich meinen, dass es angesichts der Tatsache, dass zum Beispiel pro Jahr 14 000 Menschen an durch Feinstaub verursachten Krankheiten sterben, angemessen ist, an dieser Stelle Arbeitsplätze und die Gesundheit und das Leben von Menschen gegeneinander auszuspielen.

Ich bin nicht bereit, das gegeneinander ausspielen zu lassen, aber ich habe eine große Sorge. Arbeitsplätze bedeuten für viele Menschen, besonders junge Menschen in Sachsen, eine starke Zukunft. Alles, was wir tun, sollten wir daran ausrichten, dass diese jungen Menschen in Sachsen eine Zukunft haben. Wenn sie einen Arbeitsplatz haben – das hat die letzte Wahl gezeigt –, wählen sie eben nicht so was, sondern wählen im demokratischen Spektrum. Deshalb finde ich dieses Ausspielen, was Sie mir versuchen in den Mund zu legen, nicht richtig.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Vielen Dank für die Richtigstellung, dass Sie das nicht gegeneinander ausspielen, aber würden Sie mir Recht geben, dass zur Zukunft von Menschen aller Generationen in diesem Land auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Gesundheitsschutz gehört?

Ja, darum stimmen wir diesem Antrag ja auch zu. Ich möchte noch einmal auf die Nichteinhaltbarkeit dieser Richtlinie in der Praxis zurückkommen. Wenn ich mir vorstelle, dass die Wirtschaft und die Industrie noch nicht so weit sind, dass wir in jedes Dieselauto und jeden Diesel-Lkw, der jetzt fährt, Rußpartikelfilter einbauen können, und wir jetzt schon alles konsequent messen und umsetzen wollen, dann kann es zum Bei

spiel sein – nehmen wir einmal das Beispiel Dresden –, dass 35 Mal im Jahr dieser Höchstgrenzwert überschritten wird. Das wird im Frühjahr so sein, wie die Praxis beweist. Im Sommer wird die Überschreitung nicht allzu groß sein. Die Überschreitung kommt dann erst im Winter und wir stellen fest, dass im November die 35-MalHöchstgrenze überschritten worden ist. Dann wird Dresden gesperrt, und das zum Striezelmarkt – na, danke schön! Also müssen wir in der Praxis dafür sorgen, die Wirtschaft aufzufordern, dass Diesel-Lkws diese Filter haben.

Herr Tillich, für eine praxisnahe Umsetzung aller EURichtlinien im Sinne von Arbeitsplätzen in Sachsen werden Sie in der FDP immer einen Partner haben.

Danke schön.