bisherigen Maßnahmen in Sachsen sind unzulänglich. Die zentrale Innenrevision, die schon erwähnt wurde, ist bisher nur angekündigt, steht aber auch noch nicht.
Im Freistaat Sachsen sieht die Lage nicht besonders gut aus – dazu ein Zitat: „Im Freistaat Sachsen ist die Korruptionsbekämpfung bisher ein unklar geordnetes Thema.“ – Das stammt aus dem SPD-Wahlprogramm zur Landtagswahl 2004.
Meine Damen und Herren, es ist bisher zwar so geblieben, aber Sie sollten etwas dagegen tun, und mit unserem Antrag haben Sie dazu Gelegenheit. Stimmen Sie ihm bitte zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einen kurzen Vergleich. Man fühlt sich bei den hier zur Debatte stehenden drei Anträgen ein wenig an eine andere Diskussion erinnert, die wir im Freistaat Sachsen ebenfalls schon eine ganze Weile zelebrieren – leider ebenfalls ohne jedes Ergebnis. Die Rede ist von der demografischen Entwicklung. Damit beschäftigen sich bekanntermaßen mindestens zwei Expertengremien in Sachsen; eine dieser Kommissionen ist sogar direkt im Sächsischen Landtag angegliedert. Den dort versammelten Experten ist das Problem seit Langem gut vertraut.
Nur, um die eine einzige Frage, die wirklich von Belang ist, streichen alle diese Expertengremien wie die Katze um den heißen Brei herum.
Genau das Gleiche erleben wir jetzt bei der Korruptionsbekämpfung, denn auch bei diesem Problem versuchen sich alle drei antragstellenden Fraktionen irgendwie darum herumzudrücken, dass die Korruption letzten Endes bekämpft werden muss und nicht nur dokumentiert werden soll.
Natürlich, meine Damen und Herren, sind alle drei vorliegenden Anträge gut und richtig – aber warum denn nur wollen Sie es alle dabei belassen, über Fälle von Korruption nur zu berichten, ein Korruptionsregister anzulegen, Auskunft darüber zu geben, wie die Korruption vielleicht künftig einmal wirksamer unterbunden werden könnte? Muss es uns, die wir in der politischen Verantwortung dem Bürger und dem Steuerzahler gegenüber stehen, denn nicht vielmehr darum gehen, Korruption im Vorfeld zu bekämpfen, und zwar sofort und möglichst effizient?
Meine Damen und Herren, die unabhängige Antikorruptionsorganisation Transparency International führt seit vielen Jahren Buch darüber, welche Länder besonders korruptionsanfällig sind und welche Länder einigermaßen korruptionsresistent sind. Deutschland steht im internationalen Vergleich dieser Organisation leider nicht so gut da, wie wir es alle gern hätten: Deutschland belegt dort
Das sollte uns schon ein wenig zu denken geben, zeigt es doch, dass wir einen Grund hätten, bei Korruption noch genauer hinzuschauen und uns eben nicht damit zu begnügen, Fälle von Bestechung auch und gerade in der öffentlichen Verwaltung nur zu beschreiben und zu dokumentieren, sondern die gesetzgeberischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Korruption endlich wirksam bekämpft werden kann.
Darüber hinaus kritisiert Transparency International seit Langem – ich darf ein kurzes Zitat anführen –, „dass es in Deutschland eine Rechtslücke bei der Strafbarkeit von Politikerbestechung gibt“. Durch fehlende Regelungen zur Bekämpfung von Politikerkorruption seien bundesdeutschen Gerichten seit Langem die Hände gebunden. Zudem verliere die Bundesrepublik in der Korruptionsbekämpfung immer mehr an Glaubwürdigkeit.
Die NPD-Fraktion wäre deshalb zum Beispiel dafür, endlich einen Straftatbestand der Amts- bzw. Haushaltsuntreue einzuführen sowie die Strafvorschriften gegen Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB zu verschärfen. Auch sollte Deutschland endlich die UN-Konvention gegen Korruption unterzeichnen.
Das alles, meine Damen und Herren, könnte getan werden, wenn wir die Korruption wirklich bekämpfen wollen. Alles andere ist Augenwischerei und Kosmetik.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir überbordende Einigkeit über die Verwerflichkeit der Korruption und den Handlungsbedarf, der in Sachsen besteht, feststellen können. Ich hoffe, Sie werden es mir nachsehen, dass ich es nicht lassen kann darauf hinzuweisen, dass meine Fraktion im letzten Plenum im März genau zu diesen Fragen in der Drucksache 4/8210 ein Antikorruptionsgesetz vorgelegt hat. Deswegen mutet mich diese Debatte etwas gespenstisch an. Bei der Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt habe ich mich gefragt, ob ich meine Einbringungsrede zur 1. Lesung noch einmal halten oder ob ich Sie auf die Lektüre des Gesetzentwurfes verweisen soll. Dort stehen die vielen richtigen Dinge drin, die alle fraktionsübergreifend angeführt haben.
Es ist schön, wenn wir uns zunächst darüber verständigen, dass wir alle dieser Meinung sind. Ich nehme die heutige Debatte als Hinweis darauf, dass alle Fraktionen bereit sind, über unseren Gesetzentwurf in den Ausschüssen, wo übrigens schon im Juni, also ungefähr in vier bis fünf Wochen, die Fachanhörung stattfinden wird, in einen ordentlichen Diskurs einzutreten.
Herr Schiemann, es handelte sich um den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, Drucksache 3/7175, eingebracht im Jahr 2002, von Ihrer Fraktion abgelehnt im Frühjahr 2004.
Wenn Sie das Thema ansprechen, möchte ich es Ihnen nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass die inhaltlichen Punkte in unserem Gesetzentwurf allemal enthalten sind. Wir haben die Verwaltungsvorschrift, die in Sachsen seit 2001 besteht, in Gesetzesform gegossen. Wir haben dort strengere Handhabungen vorgesehen. Das gilt für das Vieraugenprinzip, für die Zuständigkeitstrennung, für die Rotation in korruptionsanfälligen Bereichen und für die Offenlegung. Ich würde mir wünschen, dass wir über die plakativen Anträge „wir müssen mal etwas machen“ hinauskommen und wirklich in die Sachdiskussion eintreten. In unserem Gesetzentwurf ist auch das Landeskorruptionsregister einschließlich der verfassungsrechtlich äußerst schwierigen Frage der Verdachtseintragung geregelt. Dazu habe ich heute von meinen Vorrednern leider auch nichts gehört. Vielleicht kommt es ja noch.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass meine Fraktion gestern einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Gemeinde- und Kreisräte eingebracht hat, der auch die Einführung eines gemeindlichen Untersuchungsausschusses enthält. Das halte ich für ein ganz wesentliches Mittel, denn wenn wir die Korruption auf allen Ebenen verhindern und die Korruptionsstraftaten aufklären wollen, müssen wir dafür sorgen, dass dort, wo die Verantwortung ist – und die ist auf der kommunalen Seite nun einmal bei den Gemeinderäten –, die Instrumente in die Hand gegeben werden, um Missbräuche kontrollieren und aufdecken zu können. Daran fehlt es in Sachsen.
Wenn wir über das Thema Korruption reden, müssen wir auch über das Thema Informationsfreiheitsgesetz reden. Die Linksfraktion.PDS hat zu Beginn dieser Legislaturperiode ein entsprechend ausgereiftes Gesetz vorgelegt, dem wir zustimmen konnten. Ich erinnere mich noch an den Herrn Justizminister, der sich mit großer Grandezza hingestellt und gesagt hat, so ein unnötiges Gesetz brauchten wir nicht. Herr Schiemann, vielleicht können Sie in dieser Frage einen Umschwung im Denken Ihrer Fraktion herbeiführen. Das würde mich freuen.
Ich erinnere an den Gesetzentwurf zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten, der korruptionspräventiv auch von Transparency seit Jahren gefordert wird und im Geschäftsgang vorliegt. Dem können Sie alle zustimmen.
Zum Koalitionsantrag. Wir begrüßen, dass Sie jetzt ein Landeskorruptionsregistergesetz ankündigen und ein Bundeskorruptionsregister fordern, aber ich kann das nicht so richtig glauben. Unser GRÜNEN-Abgeordneter Peter Hettlich hat im April bei der Bundesregierung nachgefragt, wie weit es mit den Arbeiten dazu ist. Er hat von Staatssekretär Dr. Otremba aus dem Bundeswirtschaftsministerium zur Antwort bekommen: „Für die Bundesregierung haben derzeit Arbeiten am materiellen
Vergaberecht Vorrang. Anschließend wird die Bundesregierung nochmals die Möglichkeiten für die Errichtung eines bundesweiten Korruptionsregisters prüfen.“ Prüfen! „Dabei sind auch die Erfahrungen des teilweise auf Länderebene existierenden Korruptionsregisters auszuwerten.“ Auf Deutsch: In Berlin rührt sich gerade gar nichts. Ich möchte ganz genau wissen, wie die Staatsregierung oder die jeweils beteiligten Fraktionen bisher in Berlin vorstellig geworden sind – es handelt sich jeweils um CDU/SPD-Koalitionen – und was dort passiert ist. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass im Zuge des A-72Skandals schnell Aktivität demonstriert werden musste, indem ein Korruptionsregistergesetz gemacht wird, und man versucht das jetzt auf die lange Bank zu schieben mit dem Verweis auf Berlin. Berlin verweist auf die Länder. Dann hofft man, dass Gras über die Sache wächst und man nicht tätig werden muss. Ich sage Ihnen, dass das mit unserer Fraktion nicht möglich sein wird.
Zum Antrag der Linksfraktion.PDS. Es ist alles gut und richtig, die Antwort der Staatsregierung ist erschöpfend und zufriedenstellend. Ich würde gern die Ergebnisse erfahren. Dass Sie die Revisionsgruppe eingerichtet haben, ist sehr verdienstvoll, aber ich möchte gern wissen, wann Sie zu einem Schluss kommen und wie die Ergebnisse aussehen werden. Vielleicht können Sie etwas dazu sagen.
Zum FDP-Antrag. Richtig wird festgestellt, dass es keinen Lagebericht über die Korruption gibt. Das können Sie alles in unserem Gesetzentwurf in § 13 nachlesen. Dort fordern wir einen jährlichen Korruptionsbericht, der genau das beinhalten soll, was Sie auch fordern. Sie sehen, wir sind schon ein Stückchen weiter.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion wird nichtsdestotrotz allen drei Anträgen gern zustimmen in der Hoffnung, dass wir bei Ihnen eine sachgerechte und offene Diskussion über unseren Gesetzentwurf erwarten können. Ich hoffe, dass wir bei diesem Thema insgesamt weiterkommen.
Wird weiter von den Fraktionen das Wort zur Debatte gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Minister Jurk, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Korruption, also das Anbieten und Versprechen eines Vorteils, Bestechung oder Schmiergeldzahlung auf der einen Seite bzw. Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit auf der anderen Seite findet in Sachsen keine Duldung. Werden entsprechende Fälle bekannt, gehen die zuständigen Stellen entschieden dagegen vor. Die Sächsische Staatsregierung hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Tatsache, dass unter Leitung der Staatsanwaltschaft Chemnitz Büros von Auftragnehmern und Behörden in Sachsen durchsucht wurden, die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört unter anderem: Mitarbeiter im Geschäftsbereich
des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit, die im Zuge der Ermittlungen in den Blickwinkel der Staatsanwaltschaft gelangt waren, wurden auf andere Dienstposten versetzt. Ich habe eine Ad-hoc-Prüfgruppe eingesetzt, die losgelöst von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen die Vergabe von Aufträgen und deren Abrechnung im Bereich des Autobahnbaus genauestens unter die Lupe nimmt. Auch die Antwort auf den vorliegenden Antrag der Linksfraktion.PDS macht das deutlich.
Mein Haus hat noch im Februar dieses Jahres das Gesetzgebungsverfahren nach den in Sachsen geltenden Regeln mit dem Bericht zur Erforderlichkeit eines Gesetzes zur Einrichtung und Führung eines sächsischen Korruptionsregisters eingeleitet.
Wesentlich ist, die Möglichkeit zu bekommen, dass Stellen, die öffentliche Aufträge vergeben, also unsere Steuermittel ausgeben, Informationen bekommen, ob derjenige Bieter, der den Zuschlag erhalten soll, zuverlässig ist, sprich strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist. Der bisherige Stand der Überlegungen ist, dass in meinem Hause eine zentrale Informationsstelle über Vergabeausschlüsse eingerichtet wird. Diese führt ein Register, in das diejenigen einzutragen sind, die wegen Unzuverlässigkeit von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen wurden. Die Informationen aus dem Korruptionsregister dienen den Vergabestellen zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Bieter oder Bewerber, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen. Allerdings bedeutet eine Eintragung im Korruptionsregister nicht zwingend einen Ausschluss aus dem Vergabeverfahren; vielmehr indiziert die Eintragung eine Unzuverlässigkeit. Die Vergabestelle prüft selbstständig, ob die Voraussetzungen für einen Ausschluss vorliegen. Dies bedeutet, dass die Vergabestelle verantwortlich für Eintragung und Ausschluss bleibt, nicht die registerführende Stelle.
Des Weiteren ist eine Beschränkung nur auf die Verfehlungen vorgesehen, die einen Bezug zum Vergaberecht haben. Hier kommen hauptsächlich die Tatbestände Betrug, Untreue, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Vorteilsgewährung und Bestechung in Betracht. Die Vergabestellen sollen verpflichtet werden, für Vergabeentscheidungen oberhalb des Schwellenwertes für freihändige Verfahren – das sind momentan 13 000 Euro für Lieferungen und Leistungen bzw. 25 000 Euro für Bauleistungen – beim Korruptionsregister Informationen einzuholen, ob der Bieter, der den Zuschlag erhalten soll, eingetragen ist.
Zwar wäre ein bundesweites Korruptionsregister vorzuziehen – darum hat sich ja auch die Debatte gedreht, sodass der Informationsaustausch bundesweit und einheitlich erfolgen könnte –, aber darauf können und sollten wir nicht warten.
Der Bund, insbesondere das Bundeswirtschaftsministerium, hat nach meinem Kenntnisstand bislang noch keine Tätigkeit entfaltet, um in Kürze ein Korruptionsregistergesetz zu erlassen.
Mein sehr geschätzter Kollege Martens, Sie hatten gerade Grund zur Freude, aber ich weiß nicht, warum; es sei Ihnen gegönnt. Auch die FDP möchte ich ansprechen, Sie hatten bis 1998 die Verantwortung in der Bundesregierung, insbesondere auch für das Wirtschafts- und Justizressort. Jeder muss sich an die eigene Nase fassen, was er unternommen hat und was möglicherweise nicht getan worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schneller sind wir zunächst natürlich mit dem Erlass eines Gesetzes für ein Landeskorruptionsregister. Sollte ein bundesweites Korruptionsregister eingeführt werden – wofür sich die Staatsregierung auch weiterhin einsetzen wird –, können die bis dahin gesammelten Informationen in das Bundeskorruptionsregister eingetragen werden. Eines Landeskorruptionsregisters bedarf es dann nicht mehr.
Hinsichtlich der Ermittlungen beim Autobahnbau stehen wir natürlich in Kontakt mit dem Bundesverkehrsministerium und den bei ihm eingesetzten Prüfgruppen.
Weiterhin werden die zur Korruptionsbekämpfung vorgesehenen Maßnahmen, unter anderem das Vieraugenprinzip, Rotation von Mitarbeitern, Bestellung von Antikorruptionsbeauftragten etc., evaluiert und daraufhin überprüft, ob sie gegebenenfalls erweitert oder verbessert werden können.
Daraus können Sie ersehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Staatsregierung hat erforderliche Maßnahmen ergriffen und wird sie auch weiterhin ergreifen, um den Missbrauch eines öffentlichen Amtes zur Erlangung eines Vorteils für sich oder einen Dritten, der zu einem Nachteil oder zu Schaden für die Allgemeinheit führt, einzuschränken.