Protocol of the Session on January 25, 2007

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS: Aha!)

Insofern brauchen wir – liebe Kollegin – Modelle und Instrumente für Jugendliche, wir brauchen sie für Langzeitarbeitslose, und wir brauchen eine Definition des

Arbeitsmarktes. Wir sprechen über den ersten, den zweiten und den dritten Arbeitsmarkt – manche haben noch andere Begriffe dafür –, aber wir müssen, wenn wir über diese Punkte sprechen, auch klar sagen, für welche Maßnahmen welche Instrumente geeignet sind und welche Instrumente für welche Form des Arbeitsmarktes geeignet sind: für den ersten, für einen sogenannten zweiten oder eventuell sogar für andere Formen in einem dritten, wie auch immer er heißen mag.

Ich will dazu einige Sätze aus der Erklärung des SPDParteivorstandes zitieren. Dort heißt es: „Auch erwerbstätige Menschen ohne Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt brauchen eine Perspektive. Wir brauchen deshalb einen sozialen Arbeitsmarkt. Er soll den ersten Arbeitsmarkt ergänzen, und er muss für Männer und Frauen die Perspektive einer Integration in den regulären Arbeitsmarkt bieten. Wir müssen dauerhafte sinnvolle und gesellschaftlich anerkannte Beschäftigung mobilisieren, und wir brauchen dafür mehr Standbeine – sowohl arbeitsmarktnahe und auch in arbeitsmarktfernen Bereichen.“ Dazu kann ich sagen: Genau das ist der Weg.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn Sie es machen wollen, dann machen Sie es doch!)

Warten Sie doch mal ab! Sie wollen eine Debatte; die findet doch gerade statt.

Genau diesen Ansatz verfolgen wir auch als SPD-Landtagsfraktion. Wir haben eine weitere gute Grundlage, und zwar das Gutachten, das vom SMWA, von Prof. Bofinger, in Auftrag gegeben worden ist, der wesentliche Punkte benannt hat, wie die Umsetzung eines solchen Modells funktionieren könnte. Ich bin froh darüber, dass der Bundesarbeitsminister Franz Müntefering dieses Gutachten aufgegriffen hat und dass man sich jetzt Gedanken darüber macht, wie man damit ein positives Signal in Richtung Langzeitarbeitslosigkeit senden kann.

Für die, die es nicht wissen, ein paar Schlagwörter. Es geht in diesem Gutachten darum, dass man Kombilohn in Verbindung mit Mindestlöhnen diskutieren soll, dass man sich für Tätigkeiten im Niedriglohnbereich – einfache Tätigkeiten und einfachste Dienstleistungen – überlegen muss, ob man dort zu einer Bezahlung kommen kann, die menschenwürdig ist und bei der Arbeit nicht zu Armut führt. Es geht außerdem darum, durch Steuergutschriften eine Art Bonus für Arbeit zu erzielen, um Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener erzielen zu können, und es gibt die Möglichkeit – so sagt es Bofinger –, über negative Einkommensteuer Bewegung in diesen Bereich zu bekommen.

Nun könnte man aus Sicht der Linksfraktion sagen – alles, was ich bisher gesagt habe, geht ja in Richtung ihres Antrages; und der Wunsch der Linksfraktion ist groß –, dass wir dem Antrag einfach zustimmen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das geht doch nicht mit der CDU!)

Sie wissen natürlich, dass das nicht nur mit der Koalitionsdisziplin zu tun hat, sondern es geht auch um inhaltliche Fragen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Unabhängig von der Frage der Koalition glaube ich, dass Ihr Antrag zu kurz greift und sich nur speziell auf einen Bereich bezieht. Deshalb sind wir der Auffassung, dass wir uns eher mit einem eigenen Konzept, das im Kontext zu den Überlegungen, die ich Ihnen gerade geschildert habe, steht, diesem Problemfeld nähern sollten.

In diesem Zusammenhang – wir sprechen von einem sozialen Arbeitsmarkt – sollten wir uns über einige Punkte austauschen. Nach meiner Auffassung ist es deshalb dringend notwendig, dass wir über Alternativen zu der Arbeit im ersten Arbeitsmarkt nachdenken und diese schaffen; dass es aber sinnvoll ist, dass diese Alternativen zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit und vor allem zu Integrationsfähigkeit führen und das Selbstbewusstsein der Betroffenen stärken. Deshalb sollten von diesem Bereich entscheidende Impulse ausgehen, damit es zu einer Belebung kommt; denn alle erwerbsfähigen Menschen brauchen eine Perspektive.

Die gesellschaftlichen Folgen, die mit Erwerbslosigkeit verbunden sind, sind allen bekannt. Insofern ist die Grundidee dieses sozialen Arbeitsmarktes richtig: dass man versucht, für die Arbeitslosen, die nicht direkt durch den Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente im ersten Arbeitsmarkt integriert werden können, zeitnah mit befristeten Verträgen in Non-Profit-Bereichen neue Perspektiven zu schaffen. Das bedeutet, um es allen Kritikern direkt zu sagen: Es geht um zusätzliche Angebote und es geht darum, diese mit den Fähigkeiten und Kenntnissen der Einzelnen zusammenzubringen. Das Entgelt für diese Tätigkeiten könnte zum Beispiel im Rahmen einer Pauschale gewährt werden, die über dem durchschnittlichen Anspruch des Arbeitslosengeldes II liegt.

Insofern würden wir mit dem sozialen Arbeitsmarkt, wenn wir bei diesem Begriff bleiben wollen – oder der Bürgerarbeit, wie es manch andere nennen –, flexibel auf die derzeit durchaus schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt reagieren können. Wir könnten mit unkonventionellen Mitteln Menschen wieder in Lohn und Arbeit bringen, und wir könnten vor allem für Aufgaben, die die Kommunen und die öffentliche Hand bisher nicht mehr bewerkstelligen können – gerade im Bereich von sozialen Einrichtungen, von Vereinen, von Kultureinrichtungen –, entsprechende Tätigkeiten schaffen und hätten damit ein Interesse der Allgemeinheit befriedigt.

Insofern wäre es aus unserer Sicht wichtig, zusätzliche Tätigkeiten zu schaffen. Aber diese Tätigkeiten stehen nicht in Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt und dürfen vor allen Dingen nicht als Verdrängungsangebot gesehen werden; denn das wäre kontraproduktiv.

Wenn man sich hier im Landtag über ein solches Konzept verständigen und darüber streiten will – so habe ich Ihren Antrag verstanden –, dann wäre eine Möglichkeit, dass ein solcher sozialer Arbeitsmarkt im Non-Profit-Bereich

genügend Stellen akquiriert, sodass Arbeitslose, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben, über Formen von sozialer Arbeit integriert werden können und damit für die Allgemeinheit sinnvolle Tätigkeiten verrichten.

Weiterhin hätten wir mit einer solchen Überlegung die Chance, konkrete Arbeitsangebote möglich zu machen. Diese könnten vorab lokal – abgestimmt auf die jeweilige Einheit mit Blick auf die Arbeitslosen, die vor Ort existieren – geschaffen werden. Das hätte automatisch eine Bereinigung der Erwerbsbestände zur Folge, weil genau dieser soziale Arbeitsmarkt zeigt – auch in Versuchen in anderen Bundesländern –, dass damit der hohe Anteil von Schwarzarbeit erheblich eingeschränkt werden kann.

Insofern glaube ich, dass das, was unter dem Begriff des sozialen Arbeitsmarktes diskutiert wird und was dort an Überlegungen steht – oder was andere Bundesländer als soziale Bürgerarbeit bezeichnen –, ein aktives Mittel ist, um Menschen wieder im Non-Profit-Bereich mit aktuellen Fördermitteln zu integrieren; dass darin eine Chance liegt, sie wieder in soziale Zusammenhänge und den sozialen Kontext des Arbeitsablaufes zu bringen.

Natürlich ist mir klar, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es bei all diesen Ideen und Themen so ist, dass die Verfechter der reinen Marktwirtschaft sich jetzt fragen, warum der öffentliche Beschäftigungssektor überhaupt noch erforderlich sein soll. Und natürlich ist es so, dass viele die Notwendigkeit bezweifeln. Deshalb will ich noch einige Zahlen nennen und Zusammenhänge darstellen.

Wir haben in Deutschland die Situation, dass jeder zweite Arbeitslosengeldbezieher während der letzten zwei Jahre in keinem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden hat und rund ein Drittel der ALG-IIEmpfänger sogar während der letzten sechs Jahre nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Verhältnis gestanden hat. Das bedeutet, dass wir mehrere hunderttausend Menschen haben, die seit Jahren arbeitsmarktfern sind und dringend eine Heranführung an den Arbeitsmarkt brauchen.

Es gibt eine Reihe von Instituten, die sich mit diesem Problem beschäftigen. Eines davon ist das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Das Institut geht davon aus, dass davon rund 400 000 Menschen betroffen sind. Hier wird überdeutlich, dass wir das Feld der Arbeitsmarktpolitik mit dem Feld der Sozialpolitik vernetzen müssen und dass es nicht nur darum geht, entweder Arbeitsmarktpolitik oder Sozialpolitik zu betreiben. Für die jetzt benannte Gruppe geht es darum, neue Instrumente im Rahmen der Hartz-IV-Reform zu schaffen. Das ist sicher jedem klar. Wir müssen alles tun, damit es zu einer dauerhaften Integration der Menschen in den Arbeitsmarkt kommt. Insofern macht es Sinn, dass jede Form, die dazu führt, eine kleine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schlagen, genutzt werden muss.

Dafür ist es wichtig, dass sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag auf Folgendes verständigt hat:

„In vielen Regionen ist es unerlässlich, gemeinsame Maßnahmen mit den Ländern zur Förderung gesellschaftlich sinnvoller gemeinnütziger Arbeiten für arbeitsmarktpolitisch nicht mehr integrierbare Langzeitarbeitslose in der letzten Phase ihres Erwerbslebens zu schaffen.“ Genau in diese Richtung gehen diese Überlegungen. Gleiches findet sich im Übrigen auch in der EU-Leitlinie für Beschäftigung. Auch der Ombudsrat hat im letzten Bericht davon gesprochen, dass es durchaus sinnvoll ist, über die Einführung eines dritten öffentlich geförderten Arbeitsmarktes nachzudenken und dass man dem sehr aufgeschlossen gegenübersteht.

In Sachsen-Anhalt ist ein erstes Pilotprojekt unter Federführung des CDU-Wirtschaftsministeriums gestartet worden. Ich hoffe, dass dies zumindest den Fachleuten im Hause bekannt ist. In Bad Schmiedeberg ist der Versuch gestartet worden, alle zur Verfügung stehenden Mittel dafür zu nutzen, Arbeit im Non-Profit-Bereich zu schaffen, zum Beispiel in Kultureinrichtungen und Sportvereinen, und zwar unter der Maßgabe, dass die Leute damit ein Auskommen haben. Man hat sich dazu durchgerungen, zwischen 825 und 1 200 Euro, die jetzt schon vorhanden sind, zur Verfügung zu stellen, um Menschen mit ihrer Qualifikation wieder eine Perspektive zu geben.

Es macht sicher Sinn, auch in Sachsen solchen Formen aufgeschlossen gegenüberzustehen. Ich gehe davon aus, dass der Wirtschaftsminister in seinen Ausführungen das eine oder andere dazu sagen wird. Insofern werbe ich dafür, dass wir uns nicht mit einem Antrag beschäftigen, der ausschließlich einen Teilaspekt des Ganzen beinhaltet, sondern dass wir viel stärker die Gesamtsituation betrachten, auch die Schwierigkeiten des Übergangs zwischen Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik. Wir haben eine Menge Informationen und Diskussionsstoff, um daraus die richtigen Schlüsse für Sachsen zu ziehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Ich rufe die NPDFraktion auf. Herr Abg. Apfel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben schon einmal darauf hingewiesen, dass die Praxis der sogenannten Ein-Euro-Jobs mit den Vorstellungen der NPD nicht vereinbar ist. Wir sehen darin eine Beschleunigung des Stellenabbaus, eine Beschleunigung der Lohnspirale nach unten und eine Verdrängung qualifiziert Beschäftigter. Gesamtgesellschaftlich hinterlässt diese Praxis der sozialpolitischen Kapitulation bei den Menschen Hoffnungslosigkeit und Angst.

Die NPD-Fraktion sieht in diesen Beschäftigungsverhältnissen aber auch einen arbeitsmarktpolitischen Widerspruch in der Konstruktion des SGB II. Laut Sozialgesetzbuch sollen die Arbeitsgelegenheiten die Anforderung erfüllen, für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich zu sein. Nach § 16 Abs. 3 SGB II haben sie neben dem Bestehen des öffentlichen Interesses aber auch

zusätzlich zu sein, allein schon deshalb, um Verdrängungseffekte auszuschließen. Wenn man diese Norm zugrunde legt, heißt es einfach, dass für diese Arbeitsgelegenheiten nichts Vergleichbares auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden ist. Damit wiederum ist die Nachvollziehbarkeit für die Erforderlichkeit dieser Arbeitsgelegenheiten zur Eingliederung infrage gestellt. Es stellt sich nur noch die Frage, weshalb für sinnvolle Tätigkeiten des öffentlichen Interesses keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gewährt werden soll, nur weil sie der Markt nicht nachfragt. Dies gilt umso mehr, als auf diesem Wege auch gewährleistet wäre, die Beschäftigten in ihrer rechtlichen Stellung mit regulären Arbeitsverhältnissen gleichzustellen. Wie Sie wissen, verhält es sich so, dass die Arbeitsverhältnisse mit Mehraufwandsentschädigung keine Arbeitsverhältnisse im Sinne des Arbeitsrechts begründen und nur dazu dienen, diesen Personenkreis aus der Arbeitslosenstatistik herauszurechnen.

Meine Damen und Herren! Knapp ein Drittel der ALG-IIBezieher hat seit Jahren keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Deshalb ist es jetzt höchste Eisenbahn, von der fruchtlosen passiven Beschäftigungspolitik der Hartz-Gesetze zu einer aktiven Beschäftigungspolitik überzugehen. Die NPD-Fraktion unterstützt deshalb das Ansinnen, mit der Bündelung und Umwidmung von Finanzmitteln, wie dem Arbeitslosengeld II, Mehraufwandsentschädigungen, KDU- oder unter Umständen auch ESF-Mitteln mehr aktive sozialversicherungspflichtige Arbeitsmarktmaßnahmen zu finanzieren.

Meine Damen und Herren! Langzeitarbeitslose, die in der falschen Region, wie zum Beispiel der Lausitz, wohnen, brauchen keine Ein-Euro-Arbeitserprobung, sondern einen existenzsichernden Erwerbsarbeitsplatz, auch wenn dieser mit öffentlichen Mitteln finanziert werden muss. Die NPD-Fraktion ist im Bewusstsein ihrer sozialanwaltlichen Funktion bestrebt, zu einer entsprechenden Mehrheitsfähigkeit beizutragen. Abgesehen davon darf der psychologische Aspekt nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Es ist verständlich, dass Beschäftigte im Mehraufwandsentschädigungsverhältnis in ihrem subjektiven Empfinden oftmals den Sinn und den allgemeinen Nutzen ihrer Tätigkeit aus den Augen verlieren. Nicht selten fühlen sie sich eher zu Almosenempfängern degradiert, obwohl sie keine Verantwortung für die miesen Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt tragen, die ihnen neoliberale Freihandelsextremisten auf dem globalen Parkett bereiten.

Meine Damen und Herren! Nicht allein Peter Hartz sollte vor Gericht stehen, sondern auch die nach ihm benannten Arbeitsmarktgesetze und all jene, die an diesen Beschlüssen mitgewirkt haben. Die NPD-Fraktion sieht den zunehmenden Wegfall sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse mit großer Sorge und wird dem vorliegenden Antrag die Zustimmung erteilen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich rufe die FDPFraktion auf. Herr Abg. Morlok.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem der Langzeitarbeitslosen dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das ist die gesellschaftspolitische Aufgabe. Herr Brangs, Sie haben bereits auf die Zahlen hingewiesen, die uns im Bereich der ALG-IEmpfänger, aber insbesondere im Bereich der ALG-IIEmpfänger gegenüberstehen. Die FDP-Fraktion hat in der Vergangenheit bereits Vorschläge zur Lösung dieser gesellschaftspolitischen Frage unterbreitet. Wir haben immer gesagt, dass es ein Nebeneinander von Erwerbs- und Transfereinkommen geben muss. Die FDP als Bundespartei hat das schon vor Jahrzehnten im Rahmen ihres Bürgergeldmodells beschlossen.

Wir finden es sehr positiv, dass in dem von Ihnen, Herr Brangs, angesprochenen Gutachten von Herrn Bofinger die Punkte unseres Bürgergeldmodells wieder neu Einzug in die politische Diskussion halten, nämlich die Frage von Steuergutschriften und der negativen Einkommensteuer. Genau das hat die FDP seit vielen Jahren zur Lösung des Problems vorgeschlagen.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Der entscheidende Punkt ist, dass wir die Trennung zwischen den Arbeitsplatzbesitzern und denen, die arbeitslos sind, aufheben. Arbeiten ist aus unserer Sicht mehr als Geld verdienen. Da hängt mehr dran. Der Fehler im Antrag der Linksfraktion.PDS besteht darin, dass mit diesem Modell der Bürgerarbeit das Problem nicht gelöst wird.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus Leipzig nennen, wo wir die sogenannten Busbegleiter eingeführt haben. Das ist auch eine Kombination von verschiedenen Förderleistungen. Wir kombinieren die Leistungen der ARGE, ALG II, die Leistungen der Stadt, KDU und die Leistungen des Trägers, der Verkehrsbetriebe, die Aufwandsentschädigung. Die Leute bekommen eine Uniform gestellt, eine Monatskarte der Verkehrsbetriebe und das vergünstigte Kantinenessen.

Wenn Sie jetzt einmal die Leistungen und Vergünstigungen zusammenzählen und mit den Mitarbeitern im Sicherungsgewerbe vergleichen, stellen Sie fest, dass die Busbegleiter an Geldwert mehr zur Verfügung haben als einer, der regulär im Sicherungsgewerbe arbeitet. Hier haben wir die klaren Verdrängungseffekte. Diese Verdrängungseffekte hätten wir ganz genau bei dieser Bürgerarbeit, die Sie uns hier vorschlagen. Das kann nicht Ziel einer Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sein.

Die Modelle, die wir vorgeschlagen haben – das Bürgergeld, das auch Bofinger vorschlägt –, haben gerade den Charme, dass sie einen Anreiz zu Mehrarbeit bieten. Wer mehr arbeitet, hat auch mehr netto im Portemonnaie, und es ist ein Anreiz zur Aufnahme einer regulären Erwerbstätigkeit. Genau das ist Ihr Modell ja nicht. Ihr Modell zementiert die soziale Situation derer, die Sie mit Bürger

arbeit beglücken wollen. Es gibt keinerlei Anreize, aus dem Umfeld auszubrechen. Sie schaffen hier eine Art Edel-ABM, und das hilft nicht weiter.

(Beifall bei der FDP)

In Ihrem Antrag rechnen Sie die Nettopositionen auf 831 Euro zusammen. Wenn man die Trägerpauschale hinzuzählt, ist man bei 1 081 Euro. Wenn Sie versuchen, das einmal von Netto auf Brutto umzurechnen, dann heißt das, 830 Euro netto sind 1 150 Euro brutto. 1 081 Euro netto sind 1 650 Euro brutto. 1 650 Euro brutto, das sind 9,90 Euro pro Stunde. Wollen Sie denn ernsthaft sagen, dass wir allen ein Äquivalent von 9,90 Euro brutto zur Verfügung stellen können, quasi in der Addition der Sozialleistungen? Stellen Sie sich einmal vor, zwei Personen bilden eine Bedarfsgemeinschaft, aber es gelingt ihnen – ich kenne diese Fälle als Beirat der ARGE in Leipzig –, den Behörden darzustellen, dass sie das genau nicht sind, weil sie in einem Haus nebeneinander zwei verschiedene Wohnungen bewohnen. Dann haben diese Personen bei 1 150 Euro auf einen Schlag ein Haushaltsbruttoeinkommen von 2 300 Euro. Wenn sie den höheren Satz nehmen, also plus Trägerpauschale, dann kommen sie auf ein Haushaltseinkommen von 3 300 Euro brutto. Wenn Sie sich noch weiter vorstellen, es gelingt durch geschickte Darstellung, auch noch den volljährigen Sohn oder die volljährige Tochter an der Bedarfsgemeinschaft vorbei dem Amt darzustellen,

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Was soll das?)

dann kommen sie auf ein Haushaltseinkommen von über 4 000 Euro. Bei 4 000 Euro wird es sogar für MdL interessant, diesem Modell nachzugehen.

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Stellen Sie sich vor, er gewinnt im Lotto!)

Ich frage Sie von der Linksfraktion.PDS ganz ernsthaft, wer bei diesem Modell überhaupt noch arbeiten gehen soll.